Rofo 2012; 184(10): 961-964
DOI: 10.1055/s-0032-1318951
DRG-Mitteilungen
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Teilberufsausübungsgemeinschaft auch im Vertragsarztrecht für Radiologen seit dem 01.01.2012 zulässig – Änderung von § 33 Abs. 2 Ärzte-ZV durch das GKV-Versorgungsstrukturgesetz

Further Information

Publication History

Publication Date:
24 October 2012 (online)

 

Einführung

Die Möglichkeit für Ärzte, sich auch nur beschränkt auf die Erbringung bestimmter einzelner Leistungen in sog. Teilberufsausübungsgemeinschaften (Teil-BAG) oder Teilgemeinschaftspraxen zusammenzuschließen, wurde mit der Änderung des § 3 Abs. 2 der Ärzte-Zulassungsverordnung (Ärzte-ZV) durch das Vertragsarztrechtsänderungsgesetz (VÄndG) mit Wirkung ab dem 01.01.2007 zwar auch in der vertragsärztlichen Versorgung eingeführt, jedoch war Fachärzten für Radiologie und anderen gemäß § 13 Abs. 4 Bundesmantelvertrag-Ärzte (BMV-Ä), § 7 Abs. 4 Bundesmantelvertrag-Ärzte / Ersatzkassen (EKV) auf Überweisung tätigen Fachgebieten (Laboratoriumsmedizin, Mikrobiologie und Infektionsepidemiologie, Nuklearmedizin, Pathologie, Strahlentherapie und Transfusionsmedizin) die Gründung oder Beteiligung an einer solchen Form der Berufsausübung prinzipiell untersagt. Die Regelung in § 33 Abs. 2 S. 3 Ärzte-ZV hatte folgenden Wortlaut:

„[…] Die gemeinsame Berufsausübung, bezogen auf einzelne Leistung, ist zulässig, sofern diese Berufsausübungsgemeinschaft nicht zur Erbringung überweisungsgebundener medizinisch-technischer Leistungen mit überweisungsberechtigten Leistungserbringern gebildet wird.“

Der Gesetzgeber begründete dieses Verbot im Rahmen des VÄndG wie folgt:

„Satz 3 erlaubt die Bildung von Berufsausübungsgemeinschaften zur Übernahme spezifischer, auf die Erbringung bestimmter Leistungen bezogener Behandlungsaufträge, z. B. Kinderarzt und Neurologe bilden – neben ihren weiterhin bestehenden Einzelpraxen – eine Berufsausübungsgemeinschaft zur Behandlung kinderneurologischer Erkrankungen; nicht erlaubt werden allerdings sog. Kickback-Konstellationen, bei denen ein Arzt eines therapieorientierten Fachgebietes (z. B. Gynäkologe) eine Berufsausübungsgemeinschaft eingeht mit einem Arzt eines Methodenfaches (z. B. Labor), um das berufsrechtliche Verbot der Zuweisung gegen Entgelt zu unterlaufen“ (vgl. Gesetzesbegründung zum VÄndG, BT-Drucksache 16 / 2474, zu Nummer 11 b (§ 33), S. 31).

Das Verbot der Teil-BAG bei überweisungsabhängigen Fachgebieten wurde demzufolge damit begründet, dass bei einem Zusammenschluss mit therapeutisch tätigen Fachgebieten die Gefahr eines Verstoßes gegen das Verbot der Zuweisung gegen Entgelt bestehen würde. Eine Ausnahme, wonach in Einzelfällen eine Genehmigung nach § 33 Abs. 3 Ärzte-ZV hätte erteilt werden können, sah die Ärzte-ZV nicht vor. Damit konnten Radiologen bisher nur im privatärztlichen Bereich, aufgrund der Vorgaben in den ärztlichen Berufsordnungen der Landesärztekammern, eine Teil-BAG gründen. Das prinzipielle Verbot war in seiner rechtlichen Stringenz problematisch, da das ärztliche Berufsrecht, welches als Begründung herangezogen wurde, einen anderen Regelungsweg beschritt und gerade kein ausnahmsloses Verbot vorsieht. Darüber hinaus stellte sich die Frage, warum eine Teil-BAG zwischen Radiologen und anderen Fachgebieten unzulässig, jedoch eine reguläre Berufsausübungsgemeinschaft (Gemeinschaftspraxis) in dieser Konstellation zulässig ist. Insbesondere die Vorgabe für die Gründung von MVZ, wonach diese fachübergreifend sein müssen, ließ die Frage aufkommen, welche Rechtfertigung im Sinne der Berufsausübung und des Gleichheitssatzes gemäß Art. 12 Abs. 1, Art. 3 Abs. 1 GG für dieses Verbot überhaupt bestehen.

Der Gesetzgeber des GKV-Versorgungsstrukturgesetzes (GKV-VStG) vom 22.12.2011 (BGBl. I, S. 2983) hat diese Problematik offenbar erkannt und das Verbot in § 33 Abs. 2 Ärzte-ZV nun aufgehoben. Die Regelung wurde in § 33 Abs. 2 S. 3–5 Ärzte-ZV dahingehend geändert, dass nun der Wortlaut der entsprechenden Bestimmungen für Teil-BAG im ärztlichen Berufsrecht herangezogen wurde. Die Bestimmung hat nun folgenden Wortlaut:

„[…] Die gemeinsame Berufsausübung, bezogen auf einzelne Leistungen, ist zulässig, sofern diese nicht einer Umgehung des Verbots der Zuweisung von Versicherten gegen Entgelt oder sonstige wirtschaftliche Vorteile nach § 73 Absatz 7 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch dient. Eine Umgehung liegt insbesondere vor, wenn sich der Beitrag des Arztes auf das Erbringen medizinisch-technischer Leistungen auf Veranlassung der übrigen Mitglieder einer Berufsausübungsgemeinschaft beschränkt oder wenn der Gewinn ohne Grund in einer Weise verteilt wird, die nicht dem Anteil der persönlich erbrachten Leistungen entspricht. Die Anordnung einer Leistung, insbesondere aus den Bereichen der Labormedizin, der Pathologie und der bildgebenden Verfahren, stellt keine persönlich erbrachte anteilige Leistung in diesem Sinne dar.“

Darüber hinaus hat der Gesetzgeber das sog. Verbot der Zuweisung gegen Entgelt, welches bisher nur im ärztlichen Berufsrecht verankert war, durch die Regelungen in § 73 Abs. 7 i. V. m. § 128 Abs. 2 S. 3 SGB V auch in das SGB V transformiert. Diesen Vorschriften zufolge dürfen Ärzte sich seit dem 01.01.2012 für die Zuweisung von Patienten oder Untersuchungsmaterial keine Entgelte oder andere Vorteile versprechen oder gewähren lassen bzw. diese selbst versprechen oder gewähren (vgl. hierzu RöFo 2012; DRG-Mitteilungen 271 ff.).


#

Historischer Hintergrund

Hintergrund der Neuregelung von Teil-BAG durch das VÄndG von 2007 war die gesetzliche Verankerung der bereits berufsrechtlich in § 18 Abs. 1 der Musterberufsordnung für Ärztinnen und Ärzte (M-BO) festgeschriebenen Weiterentwicklung der Strukturen der ärztlichen Berufsausübung sowie der Stärkung der Kooperationen von Ärzten untereinander und mit anderen Gesundheitsberufen. Als Vorteile einer Berufsausübungsgemeinschaft (BAG) und damit auch einer Teil-BAG gelten allgemein die Erhöhung der Patientenzahl durch die gemeinsame Patientenbindung, die Verbesserung der gemeinsamen Wettbewerbssituation auf dem Gesundheitsmarkt, die Spezialisierung und Ausweitung des medizinischen Leistungsangebots sowie natürlich auch die Kostenersparnis im Hinblick auf gemeinsame Praxisräumlichkeiten und Personal. Die gemeinsame ärztliche Tätigkeit in einer Teil-BAG darf jedoch nicht zu einer Umgehung des berufsrechtlich und nunmehr durch das GKV-VStG auch vertragsarztrechtlich manifestierten Verbots der Zuweisung gegen Entgelt führen. Nachfolgend werden in Anlehnung an einen zur Einführung der Teil-BAG bereits im Jahr 2006 (vgl. hierzu RöFo 2006; DRG-Mitteilungen 1041 ff. und 1162 ff.) veröffentlichten Beitrag die Bedingungen aufgezeigt, unter welchen nach der jüngsten Rechtslage eine rechtlich zulässige Ausgestaltung einer Teil-BAG in der vertragsärztlichen Versorgung unter Beteiligung von Radiologen erfolgen kann. Dabei gilt besonderes Augenmerk der nachfolgenden Ausführungen der durch das GKV-VStG erfolgten Umformulierung des § 33 Abs. 2 Ärzte-ZV sowie der einschlägigen Rechtsprechung, insbesondere einem aktuellen Urteil des Oberlandesgerichts (OLG) Karlsruhe vom 27.06.2012 (Az.: 6 U 15 / 11).


#

Voraussetzungen einer Teil-BAG

Dem Wortlaut des § 18 Abs. 1 M-BO zufolge, dürfen sich Ärzte – auch beschränkt auf einzelne Leistungen – zu Berufsausübungsgemeinschaften, medizinischen Kooperationsgemeinschaften, Praxisverbünden sowie zu Organisationsgemeinschaften zusammenschließen. Im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung war, wie einleitend dargestellt, nach § 33 Abs. 2 S. 3 Ärzte-ZV in seiner Fassung bis zum 31.12.2011 die Gründung einer Teil-BAG zulässig, sofern die BAG nicht zur Erbringung überweisungsgebundener medizinisch-technischer Leistungen mit überweisungsberechtigten Leistungserbringern gebildet wurde. So deutlich diese Regelungen auf den 1. Blick scheinen, so unklar war bei ihrer Anwendung, welchen zulässigen Gegenstand eine Teil-BAG insbesondere in Abgrenzung zu der Kooperationsform einer fachidentischen oder fachübergreifenden Gemeinschaftspraxis haben kann.

Festzuhalten ist zunächst, dass Ärztinnen bzw. Ärzten sowohl im privatärztlichen als auch im vertragsärztlichen Bereich grundsätzlich die Möglichkeit eröffnet wird, an der eigenen (Einzel-) Praxis festzuhalten und daneben für die Erbringung bestimmter einzelner Leistungen Kooperationen einzugehen. Im Gegensatz zu den Kooperationsformen der Praxisgemeinschaft oder der Apparategemeinschaft setzt die zulässige Ausgestaltung einer Teil-BAG zwingend eine gemeinsame Berufsausübung der beteiligten Ärzte voraus. Gefordert ist demnach eine gemeinsame ärztliche Tätigkeit aller Gesellschafter der Teil-BAG zur Erreichung eines gemeinsamen Therapie- oder Diagnosezieles. Nicht ausreichend ist die bloße gemeinsame Anschaffung medizinischer Geräte bzw. die gemeinsame Nutzung der Praxiseinrichtung und des Personals. Eine Fachidentität bzw. Fachverwandtheit der an der Teil-BAG beteiligten Ärzte ist zwar nicht erforderlich. Jedoch setzt die Erfüllung des gemeinsamen Behandlungs- und Untersuchungsauftrags voraus, dass nur diejenigen Facharztgruppen beteiligt sind, die die gemeinsame ärztliche Tätigkeit aufgrund ihrer Weiterbildung auch tatsächlich ausüben können und sozialrechtlich, berufsrechtlich bzw. weiterbildungsrechtlich auch ausüben dürfen.

Unter formalen Gesichtspunkten setzt die wirksame Ausgestaltung einer Teil-BAG im Rahmen der privatärztlichen Versorgung gem. § 18 Abs. 1 M-BO die Vorlage der Gründungsverträge der Teil-BAG bei der zuständigen Ärztekammer voraus. Im Gegensatz dazu bedarf eine vertragsärztlich tätig werdende Teil-BAG gem. § 33 Abs. 3 Ärzte-ZV einer vorherigen Genehmigung des Zulassungsausschusses.


#

Keine Kick-Back-Konstellation

Aufgrund der Befürchtung, dass die Kooperationsform der Teil-BAG zu unzulässigen Provisionsgeschäften zwischen Zuweisern und überweisungsgebundenen Ärzten führt, unterliegt die grundsätzliche Zulässigkeit einer Teil-BAG der Einschränkung, dass der Zusammenschluss zur gemeinsamen Ausübung des Arztberufs nicht zu einer Umgehung des Zuweisungsverbots des § 31 M-BO führen darf. Eine Umgehung in diesem Sinne liegt nach dem nachträglich konkretisierten Wortlaut des § 18 Abs. 1 M-BO insbesondere dann vor, wenn sich der Beitrag der Ärztin bzw. des Arztes auf das Erbringen medizinisch-technischer Leistungen auf Veranlassung der übrigen Mitglieder der Teil-BAG beschränke oder der Gewinn ohne Grund in einer Weise verteilt würde, die nicht dem Anteil der persönlich erbrachten Leistungen entspreche. Ferner stellt § 18 M-BO klar, dass die Anordnung einer Leistung aus den Bereichen der Labormedizin, der Pathologie und der bildgebenden Verfahren keine solche persönliche Leistungserbringung darstellt. Diese Regelung macht deutlich, dass allein die Überweisung von Patienten an methodendefinierte Fächer, wie Radiologie und Labormedizin, zur Erbringung medizinisch-technischer Leistungen kein zulässiger Gesellschaftszweck einer Teil-BAG sein darf. Da § 18 Abs. 1 M-BO jedoch kein generelles Verbot der Gründung einer Teil-BAG zwischen überweisungsabhängigen Facharztgruppen und anderen Fachärzten enthält, bedarf es jeweils einer Einzelfallprüfung, unter welchen Voraussetzungen und innerhalb welcher Grenzen eine solche Teil-BAG ausgeübt werden darf. Dabei ist die Einhaltung des Verbots der Zuweisung gegen Entgelt insbesondere bei der gesellschaftsrechtlichen Ausgestaltung der Ergebnisverteilung innerhalb der Teil-BAG zu beachten. So sollte sich der Verteilungsschlüssel hinsichtlich der Gewinne der Teil-BAG maßgeblich nach Faktoren wie dem individuell erwirtschaftetem Umsatz, dem zeitlichen Einsatz des jeweiligen Gesellschafters oder der Übernahme von Geschäftsführungsaufgaben richten. Unzulässig sind hingegen pauschale, vom wirtschaftlichen Gesamtgewinn der Teil-BAG unabhängige Gewinnanteile, die einer bloßen Bezahlung für Patientenüberweisungen gleichen und damit gegen das Verbot der Zuweisung gegen Entgelt verstoßen. An dieser Stelle sei darauf hingewiesen, dass es nicht auf die Formulierung der Vertragsregelungen ankommt, sondern maßgebend allein ist, wie die Kooperation in der Praxis tatsächlich gelebt wird.


#

Neuregelung des § 33 Abs. 2 Ärzte-ZV

Hinsichtlich der Vermeidung derartiger sogenannter „Kick-Back-Konstellationen“ sah der bisherige Wortlaut des § 33 Abs. 2 Ärzte-ZV, wie bereits aufgezeigt, für den vertragsärztlichen Bereich eine härtere Regelung als die berufsrechtliche Fassung des § 18 M-BO vor. Vergangene Diskussionen dahingehend, ob das in § 33 Abs. 2 S. 3 Ärzte-ZV für überweisungsabhängige Fachgebiete enthaltene Gründungsverbot verhältnismäßig und damit rechtmäßig ist, haben aufgrund der aktuellen Änderung des Wortlauts des § 33 Abs. 2 Ärzte-ZV durch das GKV-VStG an Bedeutung verloren.

So wurde mit Wirkung ab dem 01.01.2012 nunmehr die Formulierung des § 33 Abs. S. 3–5 Ärzte-ZV an die berufsrechtliche Regelung des § 18 M-BO angepasst mit der Konsequenz, dass in der vertragsärztlichen Versorgung die Gründung einer Teil-BAG, beispielsweise zwischen Radiologen und therapeutisch tätigen Fachgebieten, wie Internisten und Orthopäden, aber auch mit anderen diagnostisch tätigen Fachgebieten, wie Nuklearmedizinern oder Strahlentherapeuten, gegenwärtig per se nicht mehr untersagt ist, sofern sich der Beitrag des überweisungsabhängigen Facharztes nicht allein auf die Erbringung medizinisch-technischer Leistungen auf Veranlassung des zuweisungsberechtigten Mitgesellschafters beschränkt oder der Gewinn der Teil-BAG nicht nach der persönlichen Leistungserbringung verteilt wird. Die Begründung der bislang geltenden Verbotsregelung im Vertragsarztrecht wurde auf das Argument einer ansonsten eintretenden Legalisierung beschriebener Kick-Back-Konstellationen gestützt. Jedoch waren bereits in der Vergangenheit vermehrt kritische Stimmen dahingehend laut geworden, dass das angestrebte Ziel der Vermeidung der Zuweisung gegen Entgelt mindestens in gleicher Weise, wenn nicht sogar besser, durch eine Prüfung der Vertragskonstruktionen im Einzelfall erreicht werden könne, ohne das Kooperationsverhalten der betroffenen Ärzte von vornherein erheblich einschränken bzw. gänzlich unterbinden zu müssen. Die aktuelle Gesetzesänderung hat diese Kritikpunkte aufgegriffen und ist im Hinblick auf zukünftige Kooperationsmöglichkeiten für überweisungsabhängige Facharztgruppen begrüßenswert. Es obliegt nunmehr den Ärzten selbst, die vertraglichen Rechtsgrundlagen der gemeinsamen Berufsausübung in der Weise zu gestalten, dass sie den gesetzlichen Anforderungen entsprechen und nicht zu einer Umgehung des in § 31 M-BO sowie nunmehr auch vertragsarztrechtlich in §§ 73 Abs. 7, 128 SGB V manifestierten Zuweisungsverbots führen.


#

Genehmigungsvoraussetzungen nach § 15a Abs. 5 BMV-Ä / EKV

Für die gemeinsame Berufsausübung in einer Teil-BAG im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung ist neben § 33 Ärzte-ZV auch auf die Regelungen des § 15a Abs. 5 BMV-Ä / EKV hinzuweisen. So ermächtigt § 33 Abs. 3 S. 5 2. HS Ärzte-ZV die Vertragspartner des BMV-Ä / EKV dazu, die Genehmigungsvoraussetzungen für eine BAG näher zu regeln. Dementsprechend bestimmt § 15a Abs. 5 BMV-Ä / EKV, dass eine Teil-BAG nur zulässig ist, wenn das zeitlich begrenzte Zusammenwirken der Ärzte erforderlich ist, um Patienten zu versorgen, die einer gemeinschaftlichen Versorgung der der Teil-BAG angehörenden Ärzte bedürfen, und die Ärzte gemeinschaftlich im Rahmen des § 17 Abs. 1a BMV-Ä / EKV zur Verfügung stehen. Demzufolge wäre eine Teil-BAG, in den die ärztlichen Leistungen in einem zeitlichen Nacheinander und damit nicht in einem zeitlich begrenzten Zusammenwirken erbracht werden, für unzulässig zu erklären. Eine Beachtung dieser Regelung eng am Wortlaut des § 15a Abs. 5 BMV-Ä / EKV erschwert die Gründung einer Teil-BAG neben den Vorgaben des § 33 Abs. 2 Ärzte-ZV erheblich. Aufgrund dessen wird dem entgegensetzt, dass diese zusätzlich geschaffene Genehmigungsvoraussetzung nicht mehr von der Ermächtigungsgrundlage des § 33 Abs. 3 S. 5 2. HS Ärzte-ZV gedeckt sei und deutlich über eine Konkretisierung der gesetzlichen Rahmenbedingungen hinausgehe. Inwiefern die Regelung des § 15a Abs. 5 S. 2 BMV-Ä / EKV in seiner derzeitigen Fassung bestehen bleibt, bleibt abzuwarten. Die Genehmigungspraxis der zuständigen Zulassungs- und Berufungsausschüsse der Kassenärztlichen Vereinigungen zeigt jedoch, dass bereits jetzt die Einhaltung dieser zusätzlichen Genehmigungsvoraussetzung mit Hinweis auf deren Rechtswidrigkeit nicht immer streng gefordert wird.


#

Vorgaben der aktuellen Rechtsprechung

Die Vereinbarkeit gesellschaftsrechtlicher Beteiligung von Ärzten an Unternehmen des Gesundheitsmarktes mit dem in den §§ 31, 34 der M-BO sowie in § 73 Abs. 7 i. V. m. § 128 Abs. 2 S. 3 SGB V geregelten Zuweisungsverbot war in jüngster Vergangenheit vermehrt Gegenstand von gerichtlichen Entscheidungen. So bejahte das Landesberufsgericht für Heilberufe Münster (OVG Münster) in seinem Urteil vom 06.07.2011 – Az. 6 t A 1816/09.T bei einer gesellschaftsrechtlichen Beteiligung zweier Ärzte an einem Zytostatika herstellenden Unternehmen das Vorliegen einer unzulässigen Kick-Back-Konstellation (vgl. hierzu RöFo 2012; DRG-Mitteilungen 271 ff.). In dem zu entscheidenden Fall bestand für das Gericht kein Zweifel an einer durch die Patientenzuführungen veranlassten finanziellen Vorteilsgewährung an die Beschuldigten, denn Vorteile im Sinne des § 31 BO könnten auch Gewinne oder sonstige Einnahmen aus einer gesellschaftsrechtlichen Beteiligung sein. Entscheidend sei allein, ob die Verweisung der Patienten kausal für den dem Arzt zufließenden finanziellen Vorteils ist. Dies gelte auch bei einer mittelbaren Koppelung zwischen dem Zuweisungsvolumen der beteiligten Ärzte und ihrem Gewinnanteil. Nach Ansicht des OVG Münster ist die Grenze einer zulässigen Kapitalbeteiligung dann überschritten, wenn der Arzt durch seine Patientenzuweisungen den Gewinn und damit zugleich den Wert seines eigenen Kapitalanteils steuere. Davon zu unterscheiden ist jedoch die gesellschaftsrechtliche Beteiligung eines Arztes an einem großen Pharmaunternehmen und der gezielten Verordnung von Medikamenten gerade dieses Unternehmens, da in diesen Fällen der Arzt allein durch sein Verhalten den Erfolg des Pharmaunternehmens nicht entscheidend beeinflussen könne (vgl. OLG Stuttgart. Urt. v. 10.05.2007, Az.: 2 U 176 / 06).

Auch wenn diese Entscheidungen des OVG Münster und des OLG Stuttgart nicht direkt die Beteiligung an einer Teil-BAG betreffen, so lassen sich die zur Vermeidung eines Verstoßes gegen das Zuwendungsverbot entwickelten strengen Vorgaben an eine zulässige gesellschaftrechtliche Beteiligung von Ärzten an Gesundheitsunternehmen auch auf die Beteiligung von Ärzten an einer Teil-BAG übertragen. Dies gilt insbesondere dann, wenn sich überweisungsberechtigte Fachärzte mit überweisungsabhängigen Fachärzten zusammenschließen, da in diesen Konstellationen die Gefahr der Einflussnahme auf die eigene Kapitalbeteiligung durch Zuweisung von Patienten untereinander gegen Entgelt sehr hoch ist.

Konkret bezogen auf die Beteiligung von Radiologen an einer Teil-BAG ist auf das aktuelle Urteil des OLG Karlsruhe vom 27.06.2012 (Az. 6 U 15 / 11) hinzuweisen. In dem zu entscheidenden Fall hatten insgesamt 30 Ärzte, darunter 4 Radiologen, eine Teil-BAG betrieben. Nach Ansicht des OLG Karlsruhe verstieß in dem konkreten Einzelfall die Beteiligung der Radiologen an der Teil-BAG gegen § 18 Abs. 1 M-BO, da die an diese überweisenden Mitgesellschafter über die Anordnung hinaus keinen weiteren Anteil an der Erbringung der radiologischen Leistungen hätten. Für einen zulässigen Zusammenschluss in einer Teil-BAG unter Einbeziehung von Angehörigen sogenannter Methodenfächer dürfe sich der Beitrag der beteiligten Radiologen nicht auf die Erbringung medizinisch-technischer Leistungen auf Veranlassung der übrigen Mitgesellschafter beschränken, sondern diese müssten darüber hinaus weitere ärztliche abrechenbare Leistungen erbringen, wie beispielsweise gemeinsame Befundbesprechungen. Diesen Nachweis konnten die betroffenen Radiologen im Streitfall nicht erbringen, sodass das OLG Karlsruhe den Zusammenschluss der Teil-BAG mit den Radiologen aufgrund des Verstoßes gegen das Zuweisungsverbot für unzulässig erklärte. In seinen Entscheidungsgründen weist das OLG Karlsruhe darauf hin, dass ein uneingeschränktes Verbot einer ärztlichen Teil-BAG mit Beteiligung von Radiologen unter rechtlichen Gesichtspunkten zu weit ginge. Die Einschränkung des § 18 Abs. 1 M-BO dahingehend, dass der Zusammenschluss nicht zu einer Umgehung des Zuwendungsverbots führen dürfe und dies insbesondere dann anzunehmen sei, wenn sich der Beitrag eines Gesellschafters auf die Erbringung medizinisch-technischer Leistungen auf Veranlassung der Mitgesellschafter beschränke oder der Gewinn nicht nach der persönlichen Leistungserbringung verteilt werde, sei hingegen verfassungsgemäß. Zwar sei dadurch die ärztliche Berufsausübung betroffen, die Regelung in § 18 Abs. 1 M-BO diene jedoch dazu, die Ausrichtung ärztlicher Maßnahmen am Wohle des Patienten zu sichern, sodass der Eingriff in die grundrechtlich geschützte Berufsausübung durch sachgerechte und vernünftige Erwägungen des Gemeinwohls gerechtfertigt sei.


#

Fazit und Praxishinweis

Die restriktive Rechtsprechung sowie die Entwicklungen der Gesetzgebung zeigen, dass Ärzte bei der Durchführung von Kooperationsvorhaben untereinander oder mit anderen Gesundheitsberufen bzw. -unternehmen darauf achten müssen, dass sie nicht gegen das Verbot der Zuweisung gegen Entgelt verstoßen. Die bloße gesellschaftsrechtliche Beteiligung von Ärzten an Unternehmen mit anderen Ärzten oder anderen Gesundheitsunternehmen unterliegt dabei zunehmend strengeren Vorgaben. Auch wenn einerseits eine Liberalisierung und Flexibilisierung der ärztlichen Leistungserbringung insbesondere vor dem Hintergrund bestehender Versorgungsdefizite und steigendem Kostendruck gefordert wird, so ist andererseits zu befürchten, dass aufgrund der aufgezeigten einschränkenden Zulassungsvoraussetzungen jegliches Kooperationsverhalten der Ärzte zukünftig, wenn auch ungewollt, erheblich eingeschränkt wird. Dass dies nicht dem Interesse des Gesetzgebers entspricht, zeigt die Tatsache, dass für den vertragsärztlichen Bereich das Gründungsverbot für Teil-BAGs zwischen überweisungsberechtigten Fachärzten und Fachärzten der sog. Methodenfächer durch die Umformulierung des § 33 Abs. 2 Ärzte-ZV aufgehoben wurde und die Regelungen an die berufsrechtlichen Vorgaben angepasst wurden.

Damit stellt zukünftig die Gründung oder Beteiligung an einer (Teil-) Berufsausübungsgemeinschaft das probate Mittel für gewünschte Kooperationsvorhaben dar, da eine ärztliche Berufsausübung, die sich an den berufs- und vertragsarztrechtlichen Vorgaben orientiert, prinzipiell zulässig ist. Festzuhalten ist, dass für die Zulässigkeit und damit für den Erfolg eines Zusammenschlusses in Form einer Teil-BAG eine klare rechtskonforme Vertragsgestaltung allein entscheidend ist. Im Rahmen dessen ist zwingend zu empfehlen, die Leistungen, die von den Mitgliedern der Teil-BAG gemeinsam erbracht werden, im Gesellschaftsvertrag exakt zu bezeichnen, um dadurch eine Überprüfung der Zulässigkeit zu vereinfachen. Dies erfordert die Begleitung des Kooperationsvorhabens durch einen fachkundigen Rechtsberater. Denn die nachträgliche Feststellung der Unwirksamkeit der gemeinsamen Berufsausübung und eines damit verbundenen Verstoßes gegen das Zuweisungsverbot kann zu empfindlichen berufsrechtlichen sowie vertragsarztrechtlichen Konsequenzen führen. Dies gilt insbesondere für die im Vertragsarztrecht zulässige Möglichkeit der Rückforderung sämtlicher Honorareinnahmen seitens der Kassenärztlichen Vereinigung.

Dr. Peter Wigge
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Medizinrecht
Dr. Ulrike Tonner
Rechtsanwältin

Rechtsanwälte Wigge
Scharnhorststr. 40
48151 Münster
Tel.: 0251/53595–0
Fax: 0251/53595–99
E-Mail:
kanzlei@ra-wigge.de
Internet: www.ra-wigge.de


#
#