Aktuelle Dermatologie 2012; 38(08/09): 331-339
DOI: 10.1055/s-0032-1309872
Tagungsbericht
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Dresdner Dermatologische Demonstration 2012[*]

Zugleich Tagung der Sächsischen Dermatologischen Gesellschaft am 28. April 2012Dresden Dermatologic Demonstration 2012Meeting of the Saxonian Society of Dermatology, Dresden, April 28, 2012
G. Hansel
Klinik für Dermatologie und Allergologie, Krankenhaus Dresden-Friedrichstadt, Städtisches Klinikum, Akademisches Lehrkrankenhaus der TU Dresden
,
A. Koch
Klinik für Dermatologie und Allergologie, Krankenhaus Dresden-Friedrichstadt, Städtisches Klinikum, Akademisches Lehrkrankenhaus der TU Dresden
,
U. Wollina
Klinik für Dermatologie und Allergologie, Krankenhaus Dresden-Friedrichstadt, Städtisches Klinikum, Akademisches Lehrkrankenhaus der TU Dresden
› Author Affiliations
Further Information

Korrespondenzadresse

Prof. Dr. Uwe Wollina
Klinik für Dermatologie und Allergologie
Krankenhaus Dresden-Friedrichstadt
Städtisches Klinikum
Akademisches Lehrkrankenhaus der TU Dresden
Friedrichstraße 41
01067 Dresden

Publication History

Publication Date:
17 July 2012 (online)

 

Tuberkulose im Generalisationsstadium unter dem Bild des SAPHO-Syndroms

D. Langner, U. Wollina

Anamnese: Ein 33-jähriger Patient aus dem Nordsudan stellte sich mit rezidivierenden Fieberschüben und einer schmerzhaften Bewegungseinschränkung zervikal und Schultergelenk links vor. In internistischen Voruntersuchungen war eine broncho-alveoläre Lavage zum Ausschluss einer Tuberkulose (Tb) durchgeführt worden – mit negativem Ergebnis.

Untersuchungsbefund: Es fand sich eine fluktuierende Resistenz über rechtem Sternoklavikulargelenk ([Abb. 1]) neben subkutanen Resistenzen der linken Schulter. Es wurde die Verdachtsdiagnose eines SAPHO-Syndroms gestellt.

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Abb. 1 Tuberkulose unter dem Bild des SAPHO-Syndroms mit Schwellung sternoklavikulär.

Bildgebende Diagnostik: MRT Hals/BWS: liquide Raumforderung (RF) retropharyngeal paravertebral HWK 1 – 3, prästernal und prävertebral BWK 5 – 9. CT-Thorax: unklare noduläre RF der Lungenspitze rechts, Osteolysen BWK 6 – 8. Sonografie Abdomen: Hepatomegalie.

Labor: BSG 79, CRP 73, ß2-Mikroglobulin und IL2-Rezeptor erhöht, TB-Spot positiv, Cholestase- und Leberparameter erhöht.

Mikrobiologie: Punktat RF Schulter links und prästernal: säurefeste Stäbchen, PCR auf Mycobacterium tuberculosis positiv. Sputum: Kultur positiv auf Mycobacterium tuberculosis.

Therapie und Verlauf: Unter der Diagnose einer Tuberkulose im Generalisationsstadium mit prästernalem Abszess, offener Lungenbeteiligung, Knochen- und Leberbeteiligung wurde die systemische Behandlung mit Isoniazid 250 mg/d, Rifampicin 600 1 ×/d, Pyrazinamid 500 3 ×/d und Ethambutol 250 5 ×/d für vier Monate durchgeführt. Danach erfolgte eine Zweierkombination mit Isoniazid und Rifampizin über ein halbes Jahr. Die Tb hat auf diese Therapie gut angesprochen. Die Entzündungen waren rasch rückläufig.

Kommentar: Das European Centre for Disease Prevention and Control (ECDC) hat 2008 ein Tb-Surveillance-Programm initiiert, welches die Ausbreitung der Erkrankung überwachen und kontrollieren soll. Es reiht sich in das WHO-Projekt der Eradikation der Tb ein und arbeitet mit diesem zusammen. Die Inzidenz liegt hier bei 14,6 pro 100 000 der Bevölkerung. In den letzten 5 Jahren ist die Zahl der Tb-Fälle in EU/EEA um > 4 % zurückgegangen. Die Behandlung war in nahezu 80 % der Fälle erfolgreich [1].

Der Sudan ist ein Land mit hoher Tb-Inzidenz von 209 Fällen pro 100 000 der Bevölkerung. Multidrug-Resistance liegt bei 5 % der unbehandelten Patienten vor. Dabei ist die Rate für den Nordsudan höher als für den Osten [2].

Die Früherkennung von Tb-Patienten und deren suffiziente Therapie ist eine Voraussetzung zur Durchsetzung des ECDC/WHO-Programms. Die Tb sollte bei unklaren Fällen eines SAPHO-Syndroms in der Differenzialdiagnose berücksichtigt werden [3].


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Literatur

1 Sandgren A, Hollo V, Huitric E et al. Epidemiology of tuberculosis in the EU/EEA in 2010 – monitoring the progress towards tuberculosis elimination. Euro Surveill 2012; 17. pii: 20124

2 Sharaf Eldin GS, Fadl-Elmula I, Ali MS et al. Tuberculosis in Sudan: a study of Mycobacterium tuberculosis strain genotype and susceptibility to anti-tuberculosis drugs. BMC Infect Dis 2011; 11: 219

3 Wollina U, Unger L, Wollschläger S et al. Tuberculosis: a differential diagnosis of SAPHO syndrome. Salud i Ciencia 2011; 18: 679 – 680


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Dermatomyositis

C. Krönert, T. Feigenspan

Anamnese: Es handelt sich um einen 48-jährigen Patienten, der sich mit einer deutlich eingeschränkten Leistungsfähigkeit, Müdigkeit, Abgeschlagenheit und Nachtschweiß erstmalig im Oktober 2011 vorstellte. Gewichtsabnahme und Appetitmangel wurden verneint.

Allgemeinbefund: Kraftminderung des rechten Armes, der Hüftbeuger und -strecker sowie der Adduktoren (Janda 4).

Hautbefund: Periorbital fanden sich Ödeme und livide Erytheme, im Schulterbereich, am Dekolletee und den Extremitäten-Streckseiten teils großflächig konfluierende, livid-erythematös glänzende Papeln, am Rumpf flächige Erytheme, am Rücken poikilodermatische Veränderungen, an den Handrücken livid-glänzende polygonale Gottronsche Papeln ([Abb. 2]). Im Bereich der Kutikula waren derbe atrophische Veränderungen mit erweiterten Gefäßen sichtbar. Die Schleimhäute waren unauffällig. Des Weiteren bestand ein weinerlicher Gesichtsausdruck.

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Abb. 2 Gottronsche Papeln und Keinigk-Zeichen (schmerzhafter, verdickter proximaler Nagelfalz) bei Dermatomyositis.

Histologie: Befundkombinationen einer chronischen oberflächlich perivaskulären Dermatitis mit lichenoidem Aspekt und diskreter Infiltrateosinophilie sowie vaskulitischer Komponente und interstitiellen Muzinablagerungen.

Laborbefunde: ANA 1 : 80, U1RNP-Antikörper (AK) 12 U/ml (< 5), CK 5,48 µkat/l (< 2,9).

EMG: Kein Hinweis auf eine Myositis oder Myopathie – eher leichte chronisch-neurogene Veränderungen ohne Hinweis auf Floridität.

Bildgebende Diagnostik: Kontrastmittel-CT des Thorax, Sonografie des Abdomens, Koloskopie, Echokardiografie ohne wesent-liche Auffälligkeiten.

Therapie und Verlauf: Die Befundkonstellation führte zur initialen Diagnosestellung Dermatomyositis (DM) sine Myositis mit Einstellung auf Quensyl 200 mg/d in Kombination mit einer lokalen Steroidbehandlung. Einen Monat später kam es zur Verschlechterung des Allgemeinzustandes mit Muskelschwäche und einer Erhöhung der CK. Unter der unverzüglichen Gabe von Prednisolon 100 mg/d konnte eine deutliche Verbesserung von Allgemeinzustand und Hautbefund erzielt werden. Nach Dosisreduktion und Hinzutreten eines Infektes der oberen Luftwege rezidivierte die Erkrankung Anfang 2012 erneut. Zur Verstärkung des anti-inflammatorischen Effektes und zur Minderung der Prednisolondosis kombinierten wir mit Azathioprin.

Kommentar: Im Rahmen der Autoimmunerkrankungen stellt die DM eine seltene systemische, chronisch-entzündliche Muskelerkrankung unklarer Ätiologie dar. Neben dem Befall der Haut und bevorzugt der Skelettmuskulatur werden häufig auch Lungen-, Herz-, Ösophagus- und Gelenkbeteiligung beobachtet. Epidemiologische Untersuchungen zeigten zudem ein erhöhtes relatives Risiko (2,4 – 3,8) für Malignome. Besonders häufig wurden Karzinome der Ovarien, der Lunge, des Pankreas, des Magens und Non-Hodgkin-Lymphome beobachtet [1].

Leitsymptome der Erkrankung sind die auch bei unserem Patienten aufgetretenen typischen Hautveränderungen und die proximal betonte Muskelschwäche. Gestützt wird die Diagnose durch erhöhte Muskelenzyme, verkleinerte Amplituden oder polyphasische Potenziale im EMG, ein im MRT sichtbares Ödem der betroffenen Muskulatur und entzündliche Prozesse im histologischen Muskelpräparat. In eigenen Untersuchungen zur Autoantikörper-Expression konnten wir Jo-1-AK bei 11 % der DM-Patienten beobachten, wobei häufig ebenfalls SSA/Ro-AK vorhanden waren [2]. Durch eine fehlerhafte Apoptose-Regulation lassen sich einige der histologischen Befunde erklären [3].

Es ist bekannt, dass sich Malignome auch erst im weiteren Verlauf manifestieren können, weshalb regelmäßige Kontrolluntersuchungen in den nächsten Jahren von großer Bedeutung sind [1, 4].

Erste Wahl in der Therapie sind systemische Glukokortikoide (0,5 – 1,5 mg/kg KG/d). Alternativ oder zur Wirkverstärkung können Methotrexat, Azathioprin, Cyclosporin, Cyclophosphamid oder Immunglobuline zur Anwendung kommen. Für Etanercept, Infliximab und Rituximab wurden Einzelbeobachtungen veröffentlicht [4].


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Literatur

1 Hill CL, Zhang Y, Sigurgeirsson B et al. Fequency of specific cancer types in dermatomyositis and polymyositis: a population-based study. Lancet 2001; 357: 96 – 100

2 Dourmishev L, Wollina U, Hipler U-C et al. Myositis-specific and myositis-associated autoantibodies in dermatomyositis and polymyositis. Clin Appl Immunol 2006; 5: 553 – 556

3 Dourmishev LA, Wollina U. Dermatomyositis: Immunopathologic study of skin lesions. Acta Dermatovenereol Alp Panonica Adriat 2006; 15: 45 – 51

4 Dourmishev LA, Dourmishev AL. Dermatomyositis. Advances in Recognition, Understanding and Management. Berlin – Heidelberg: Springer 2009


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Pansklerotische Sklerodermie, Z. n. Stammzelltransplantation

B. Heinig, G. Kretschmer

Anamnese: Seit 11/2008 bemerkte der 48-jährige Patient fortschreitende Hautverhärtungen im Bereich der Schultern, die sich rasch auf Arme und Hände, nachfolgend auf Rücken und Bauch ausdehnten. Hinzu kamen ein Leistungsknick und 16 kg Gewichtsverlust. Als kardiovaskulärer Risikofaktor besteht eine arterielle Hypertonie.

Allgemeinbefund: Wir sahen den Patienten initial 04 /2009 in reduziertem Allgemeinzustand. Es bestanden eine ubiquitär eingeschränkte Gelenkbeweglichkeit mit beginnenden Beugekontrakturen aller Finger und eine Belastungsdyspnoe.

Hautbefund: Die Körperhaut zeigte sich glänzend-gespannt, teilweise diskret ödematös und mit weißlichen, hypopigmentierten Arealen. Hautfalten ließen sich nicht abheben ([Abb. 3]). Es bestand ein Raynaud-Syndrom der Hände. Rodnan-Skin-Score 37 Punkte. Digitale Nekrosen.

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Abb. 3 Pansklerotische Sklerodermie.

Histologie: Bedeckende Epidermis unauffällig mittelbreit mit geringer Hyperorthokeratose. Reteleistenrelief erhalten. Bandförmige Melaninhyperpigmentierung der Basalzellen. Angiektasien im Papillarkörper. Dermales Bindegewebe verbreitert mit parallel zur Hautoberfläche orientierten, dichten Kollagenfasern. Elastische Fasern ebenfalls parallel orientiert. Rudimentärer Haarfollikel mit lymphomonozytoider Infiltration in Mastzellnähe. Ekkrine Schweißdrüsen oberhalb der Korium-Subkutis-Grenze in kollagenes Bindegewebe eingemauert. Eisenreaktion negativ. Direkte Immunfluoreszenz negativ.

Laborbefunde: Ery 3,99 Tpt/l; Hb 7,40 mmol/l; Lymphopenie 16,0 %; BSG 35 mm; CK 3,61 µkat/l. ANA 1 : 1260; SCL70-AK 65,7 IU; Cardiolipin IgM-AK 82,4 IU. Cardiolipin IgG-AK, c- und p-ANCA, Rheumafaktoren, Citrullin-AK, Beta-2-Glykoprotein-IgG und -IgM – alle negativ.

Bildgebende Diagnostik: Kontrastmittel-CT mit progredienten fibrotischen Lungengerüst-Veränderungen. Reisboluspassage des Ösophagus mit gering verminderter Peristaltik.

Bodyplethysmografie: Mittelschwergradige Diffusionsstörung, keine Verteilungsstörung.

Therapie und Verlauf: Der foudroyante Sklerosierungsprozess wurde von 07/2009 bis 09/2009 mit Cyclophosphamid-Dauertherapie (kumulativ 5,8 g) behandelt. Nach Hochdosis-Chemoimmuntherapie (Anti-Thrombozytenglobulin, Cyclophosphamid) 11/2009 erfolgte 01/2010 die autologe Stammzelltransplantation (Komplikationen: neutropenisches Fieber, ESBL-Bakteriämie). Zusätzlich erhält der Patient seit 02/2011 Bosentan (Tracleer 125 mg 1-0-1). 02 /2011 brachte eine Ilomedinserie i. v. Linderung. Da therapeutisch offenbar nur geringe Einflussmöglichkeiten auf den Verlauf bestehen, sind die Weiterführung von Tracleer und eine zweite Behandlungsserie mit Ilomedin geplant. Wegen der progredienten Pansklerose mit Sklerodaktylie sowie Kontrakturen der Finger und insbesondere Elastizitätsverlust der Gesichtshaut erfolgte 02/2012 die Wiederaufnahme in die Klinik für Dermatologie und Allergologie zur Creme-PUVA (Enddosis 3,0 J/cm2, Gesamtdosis 24,0 J/cm2) mit intensiver Hautpflege. Krankengymnastik auf neurophysiologischer Basis (PNF-Muster), manuelle Lymphdrainage für das gesamte Integument, Atemtherapie mit Fokus auf pulmonale Konditionierung und Pectoralisdehnung, Bewegungsübungen der Füße im Ölbad sowie ergotherapeutisch-funktionelle Behandlung (einschließlich mild geführter manualtherapeutischer Traktionen) komplettierten die Behandlung. Trotz subjektiver Besserung der Beschwerden rieten wir zu einer anschließenden Kurmaßnahme.

Kommentar: Pathophysiologisch ist die Sklerodermie durch Vaskulopathie, Fibrose infolge exzessiver Ablagerung von Kollagen und extrazellulären Matrixkomponenten sowie Autoimmunprozessen charakterisiert. Die fortschreitenden vaskulären Veränderungen beinhalten atypische endotheliale Zellaktivitäten, Intimaverdickung, Gefäßwandaufspaltung, Gefäßverengung bis zur Obliteration und Apoptose. Es resultieren Gefäßtonusveränderungen und reduzierter Kapillarblutfluss mit Gewebehypoxie. Defekte der Vaskulogenese mit veränderter Anzahl und Dysfunktionen endothelialer Stammzellen können zur Vaskulopathie beitragen [1]. Symptomatische und immunsuppressive Therapien entsprechend der involvierten Organe und des Immunsystems sind üblich. Mit zunehmendem Krankheitsverständnis sollen jedoch medikamentöse Therapien auch auf die pathogenetischen Mechanismen von Fibrose, Vaskulopathie und Autoimmunreaktionen Einfluss nehmen. Hierzu zählen endotheliale Rezeptorblocker, Phosphodiesterase-Inhibitoren, Tyrosinkinase-Inhibitoren und autologe Stammzell-Transplantation [2]. Speziell nach autologen Stammzell-Transplantationen (autologous hematopoietic stem cell transplantation – HSCT) wurden eindrucksvolle Besserungen von Haut und Organfunktionen sowie eine gesteigerte Lebensqualität berichtet. Randomisierte HSCT-Studien bei systemischer Sklerose (ASSIST: American Systemic Sclerosis Immune Suppression versus Transplant, SCOT: scleroderma cyclophosphamide versus Transplant, ASTIS: Autologous Stem Cell Transplantation International Scleroderma) sind aktuell [3]. In unserem Fall konnte der Progress jedoch nicht aufgehalten werden. Zu diskutieren ist theoretisch auch eine mögliche Graft-versus-Host-Reaktion, die die Sklerose verstärken kann. Unverzichtbarer Bestandteil des Gesamttherapieregimes ist die kontinuierliche physio- und ergotherapeutische Behandlung zum Erhalt von Hautelastizität und Muskelaktivität, zur Kontraktur-Prophylaxe und -Therapie, zur Sicherung pulmonaler Ventilation und Perfusion sowie zur Schulung von Aktivitäten des täglichen Lebens.


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Literatur

1 Manetti M, Guiducci S, Ibba-Manneschi L et al. Mechanisms in the loss of capillaries in systemic sclerosis: angiogenesis versus vaculogenesis. J Cell Mol Med 2010; 14: 1241 – 1254

2 Khanna D. Diagnostic and treatment of systemic and localized scleroderma. Expert Rev Dermatol 2011; 6: 287 – 302

3 Milanetti F, Bucha J, Testori A et al. Autologous hematopoietic stem cell transplantation for systemic sclerosis. Curr Stem Cell Res Ther 2011; 6: 16 – 28


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Benigne symmetrische Lipomatose Launois-Bensaude bei Diabetes mellitus und bullösem Pemphigoid

G. Vashina-Georgi, M. Hoffmann

Anamnese: Es handelt sich um eine 79-jährige Patientin. Vor ca. 25 Jahren bemerkte sie erstmals Fettgewebeveränderungen am Oberkörper. Sie fühlte sich in keiner Weise eingeschränkt sowie schmerz- und druckfrei. Aus diesem Grund lehnte die Patientin jegliche medizinische Maßnahmen bzw. operative Eingriffe ab.

Fünf Jahre später trat bei der Patientin ein Diabetes mellitus auf, der zunächst mit oralen Antidiabetika behandelt wurde. In den letzten zehn Jahren wurde die Therapie auf Insulin umgestellt.

Hautbefund: Klinisch zeigten sich bei der Aufnahme der Patientin am Nacken, der Schultergürtelregion sowie beidseitig am Thorax und parallel zur Brust symmetrische große, gut abgrenzbare bzw. diffuse infiltrative Lipome mit einem Durchmesser von 10 bis 30 cm. Retroaurikulär, supraklavikulär, supra- und parasternal fanden sich weitere kleine, schlecht begrenzte, weiche Hautwülste ([Abb. 4]). Nebenbefundlich ist ein bullöses Pemphigoid bekannt, welches der eigentliche stationäre Aufnahmegrund war.

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Abb. 4 Benigne symmetrische Lipomatose mit bullösem Pemphigoid.

Laborbefunde: Hepatitis A-AK > 1500 (0 – 20 IU/l) sowie Glukose 10,80 (4,1 – 5,9 mmol/l). Pemphigoid-AK positiv. Hepatitis B-, Hepatitis Bc- und Hepatitis C-AK waren negativ.

Bildgebende Diagnostik: unauffällig.

Therapie und Verlauf: Die Patientin wurde über die Interventionsmöglichkeiten aufgeklärt, die zur Entfernung der benignen Tumoren möglich wären. Die Patientin lehnte ein aktives operatives Vorgehen ab. Das bullöse Pemphigoid wurde immunsuppressiv behandelt.

Kommentar: Die benigne symmetrische Lipomatose (Launois-Bensaude-Syndrom) ist eine seltene Erkrankung, die 1848 durch Brodie zum ersten Mal beschrieben wurde. In den Jahren 1888 und 1898 erfolgte schließlich ihre Charakterisierung durch Madelung sowie seitens Launois und Bensaude. Ihre Inzidenz bei Erwachsenen beträgt 1 : 25 000, wobei die Ratio zugunsten der Männer verschoben ist mit 15 : 1 bis 30 : 1 [1]. Es finden sich multiple symmetrische, ungekapselte Fettgewebshypertrophien am Nacken, den Oberarmen und dem oberen Torso [2].

Entsprechend der bevorzugten Lokalisation wird die Erkrankung in drei klinische Typen unterteilt:

  • Typ I: Madelung-Fetthals oder zervikonuchaler Typ;

  • Typ II: Schultergürtel- oder pseudoathletischer Typ;

  • Typ III: Beckengürtel- oder gynäkoider Typ. [3]

Das Launois-Bensaude-Syndrom zeigt Assoziationen zu Alkoholabusus, Leberpathologie, metabolischem Syndrom und malignen Tumoren der oberen Atemwege, ohne dass sich hieraus pathogenetische Erklärungen für seine Entwicklung ableiten lassen [2].

Die Patientin wies sowohl Merkmale des zervikonuchalen als auch des pseudoathletischen Typs auf. Von den assoziierten Erkrankungen war bei ihr ein langjähriger Diabetes mellitus bekannt. Zusätzlich bestand ein koinzidentes bullöses Pemphigoid.

Die Therapie der benignen symmetrischen Lipomatose ist schwierig, auch operative Verfahren einschließlich der Liposuktion führen nicht zur dauerhaften Komplettremission [2].


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Literatur

1 González-García R, Rodríguez-Camp FJ, Sastre-Pérez J. Benign symmetric lipomatosis (Madelung's disease): case reports and current management. Aesthetic Plast Surg 2004; 28: 108 – 112

2 Pauchot J, Golay A, Gumener R. About 10 cases of Launois-Bensaude disease. Ann Chir Plast Esthet 2009; 54: 135 – 145

3 Novak N, Petrow W, Bieber T. Benigne symmetrische Lipomatose Launois-Bensaude Typ II mit ausgeprägter Systembeteiligung und Psoriasis. Hautarzt 2000; 51: 427 – 430


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Keratosis palmoplantaris striata Brünauer-Fuhs-Siemens

G. Hansel, B. Gerlach

Anamnese: Vor ca. 10 Jahren beobachtete der 32-jährige Patient streifige Verhornungen an den Handflächen. Auch an den Füßen habe er gelegentlich Probleme. Beim Vater und der Tochter sind ähnliche Veränderungen bekannt.

Hautbefund: An beiden Handflächen imponieren entlang der Finger streifige, gelb schimmernde Hyperkeratosen und Hyperkeratosen der Fingerendglieder, diese besonders stark ausgeprägt an Digitus IV und V rechts nach einer Verletzung in der Kindheit ([Abb. 5]). An den Fußsohlen finden sich hyperkeratotische Plaques in den druckbelasteten Arealen von Ferse, Großzehenballen und Endglied der 1. und 5. Zehe beidseits.

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Abb. 5 Streifige Hyperkeratosen.

Epikutantestung: Paraben-Mix+ nach 24 Stunden, Duftstoff-Mix+ nach 48 Stunden.

Therapie und Verlauf: Nach Ausschluss von Kontraindikationen erfolgte die Einstellung auf Neotigason 50 mg/die. Zur Lokalbehandlung verwendeten wir Ungt. acid. salicyl. 10 % an den Händen, über Nacht unter Folieokklusion, in Kombination mit einer wiederholten mechanischen Abtragung der Keratosen mittels Schleifgerät.

Wir empfahlen, die hohe Acitretindosis über 2 – 4 Wochen beizubehalten und dann schrittweise bis auf die kleinste noch wirksame Dosis zu reduzieren.

Aus beruflichen Gründen waren regelmäßige Arztbesuche für den Patienten nur schwer zu realisieren, sodass er Neotigason nur über einen kurzen Zeitraum eingenommen hat. Es kam prompt zum Rezidiv.

Kommentar: Die hereditären Palmoplantarkeratosen sind eine heterogene Gruppe von Störungen der Keratinisierung, gekennzeichnet durch lokalisierte oder diffuse Verdickung der Epidermis an Handflächen und Fußsohlen. Sie unterscheiden sich durch ihre spezifische Morphologie, Verteilung und Schweregrad der Keratosen, Erkrankungsbeginn, Art der Vererbung und histologischen Befund [1, 2]. Acht genetisch determinierte Palmoplantarkeratosen sind derzeit bekannt.

Die Keratosis palmoplantaris striata wird autosomal dominant vererbt. Es liegen Mutationen auf den Chromosomen 18q12 und 6p21 vor. Diese Genmutationen führen zu einer Störung von Desmoglein und Desmoplakin. Synonym wird von der Keratosis palmoplantaris areata Siemens bzw. der Keratosis palmoplantaris varians gesprochen. Brünauer und Fuhs beobachteten 1923 und 1924 die striäre Form. Siemens beschrieb 1929 eine inselförmige Hyperkeratose. 1963 fand Wachters in einer Familie beide Formen ausgeprägt [2].

Die Erkrankung manifestiert sich im 15. bis 30. Lebensjahr mit striären, inselförmigen oder diffus-membranösen Keratosen in Abhängigkeit von der mechanischen Belastung. Eine fokale Hyperhidrose kann assoziiert sein [3]. Systemische Retinoide sind gut wirksam, jedoch nur morbostatisch.


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Literatur

1 Padial A, Morales V, Armario-Hita JC. Keratoderma palmoplantaris varians (striata et areata). A form of chronic idiopathic acrokeratosis described by Degos. Actas Dermosifiliogr 2008; 99: 134 – 137

2 Miteva L, Schwartz RA. Hereditary keratosis palmoplantaris varians of Wachters (keratosis palmoplantaris striata et areata). Acta Dermatoven APA 2010; 19: 33 – 37

3 Wollina U, Barta U. Keratosis palmoplantaris areata sive linearis mit Hyperhidrosis und Morbus Basedow. Akt Dermatol 1991; 17: 144 – 147


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Chronische Ulzera nach alter Pfählungsverletzung, Entlastungsorthese in Leichtbauweise

B. Heinig, C. Braun, B. Gerlach

Anamnese: Im Jahre 1959 erlitt der jetzt 73-jährige Patient ein Pfählungstrauma des linken Beines. Dabei kam es zu Läsionen der A. fem. superf. sin. und des N. peronaeus comm. sin. sowie zu ausgedehnten Verletzungen des Muskel-Sehnen-Apparates. Mittels Keilosteotomie wurde das linke Sprunggelenk versteift. Nach einer Gangrän musste die Endphalanx Dig. V amputiert werden.

Hautbefund: Disseminierte, fibrinbelegte, diskret foetide Ulzerationen im Bereich des Malleolus lat. sin. von 7 × 3 cm bzw. 12 × 5 cm Ausdehnung zur stationären Aufnahme 03/2012. Zustand nach vorangegangenen Hautransplantationen ([Abb. 6]).

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Abb. 6 Kombiniertes Ulkus vor Therapie.

Laborbefunde: Hypochrome Erythrozyten ↑ 3,1 %, MCHC ↓ 19,4 mmol/l, Lymphozyten ↓ 16,0 %.

Mikrobiologie (Wundabstrich 03/2012): Pseudomonas aeruginosa sehr viel. E. coli und Staphylococcus aureus jeweils viel.

Bildgebende Diagnostik: Schwere Sekundärarthrose des linken oberen Sprunggelenkes mit Fehlstellung. Kein sicherer Nachweis osteomyelitischer Defekte. Heterotrope Verknöcherungen im Bereich der Membrana interossea. Demineralisation der Fußwurzelknochen ([Abb. 7]).

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Abb. 7 Schwere knöcherne Veränderungen des linken Fußes.

Therapie und Verlauf: Nach mehrfachen Erysipelen des linken Beines bietet der Patient seit 02/2007 rezidivierende Unterschenkelulzera links. Die chronischen Trophikstörungen der lokalen Haut werden durch Arthrodese mit sekundärer Arthrose und Avitalität bzw. Funktionslosigkeit der Strecksehnen und damit fehlender Waden-Muskel-Gelenk-Pumpe, Störungen des peripheren arteriellen Outflows sowie einer peripheren sekundären Polyneuropathie nach Nervenläsion begünstigt. Außerdem führt die knöcherne Fehlstellung im Sprunggelenksbereich während des Ganges lateralseitig zu permanenten Druckspitzen trotz Tragens maßgefertigter orthopädischer Schuhe. Zur Ulkustherapie erfolgte mehrfach tiefes Shaving mit Meshgraft-/Reverdintransplantationen unter Antibiotikaprophylaxe. Bei entsprechenden Lokalverhältnissen kam die VAC®-Therapie prä- und postoperativ zum Einsatz. Komplexe physikalische Entstauungstherapie unterstützte die dermatologische Therapie. Dennoch zeigten sich nach Entlassung des Patienten und erneuter lokaler Druckbelastung im Schuh stets Rezidivulzera, sodass wir uns zu einer postoperativen orthopädie-technischen Entlastung des Transplantatbereiches mit einer maßgefertigten Orthese zur Minimierung mechanischer Irritationen entschlossen ([Abb. 8] und [Abb. 9]).

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Abb. 8 Maßgefertigte Orthese. Innenansicht.
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Abb. 9 Maßgefertigte Orthese. Außenansicht.

Der Patient wurde gebeten, die Orthese bis zur Transplantatstabilisierung und dem kompletten Wundschluss zu tragen.

Kommentar: Die suffiziente Therapie chronischer Wunden basiert auf deren exakter Analyse. Neben der notwendigen Perfusion ist eine effektive Druckentlastung zur Heilung der Geschwüre essentiell [1]. Lokalisationen, die während des Gehens beansprucht sind, bedürfen zuweilen einer orthopädie-technischen Versorgung. Als Orthese bezeichnet man einen orthopädischen Apparat zur Stabilisierung, Entlastung, Ruhigstellung, Führung oder Korrektur von Gliedmaßen oder des Rumpfes. Externe Applikation zur Modifizierung struktureller und funktioneller Charakteristika neuromuskulärer und skelettaler Systeme sind kennzeichnend [2]. Aufgrund ihres geringen Gewichtes bei hoher Stabilität bieten sich Carbonfasern, industriell hergestellte Fasern aus kohlenstoffhaltigen Ausgangsmaterialien, als ideales und häufig verwendetes Fertigungsmaterial für Orthesen an. Folgende Arbeitsschritte sind in der Abfolge für die maßgenaue Fertigung der vorgestellten Entlastungsorthese erforderlich: 1) Umfangsmessung und Gipsabdruck des Extremitätenbereiches zur Erstellung eines Gipsmodells, 2) Ausguss dieses Gipsmodells und Entfernung der Negativschale, 3) Änderung des Gipsmodells, sodass an diesem Be- und Entlastungsstellen einmodelliert werden können, 4) Zufügen der Fußbettung auf das Gipsmodell, wobei Schichtaufbau und -qualität (es existieren verschiedene Shorehärten = Messprinzip der Festigkeit des Polstermaterials) der Sohleneinlage entsprechend des klinischen Befundes und des entnommenen Fußabdruckes gewählt werden, 5) Abschleifen der Fußbettung in die definitive Form des Auftritts, 6) Antidekubitusfell zur Innenpolsterung wird warm um das Modell gezogen; diese Polsterung formt sich beim Abkühlen aus, 7) eine weitere Polsterschicht (Plastazote = geschäumtes Polyethylen) wird warm um das Modell geformt, 8) über dieses Gipsmodell wird feucht-instabile PVA-Folie gezogen, auf welche die Laminate von Carbonfasern aufgebracht werden; nach nochmaligem Aufbringen einer PVA-Folie erfolgt die Entlüftung der Schichten, 9) Verfüllen der Schichten mit Kunstharz, 10) die fertige Orthesenschale kann nach der Aushärtung ausgesägt, beschliffen und individuell nachgeformt werden. Regulär sind ein bis drei Anproben für die Herstellung einer Orthese erforderlich. Die Kosten der demonstrierten Orthese variieren zwischen 1500 und 2300 €.


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Literatur

1 McGinnis E, Stubbs N. Pressure-relieving devices for treating heel pressure ulcers. Cochrane Database Syst Rev 2011 (7); 9: CD005485

2 International Organization for Standardization. ISO 8549 – 1: Prosthetics and orthotics-vocabulary, Part 1: General terms for external limb prostheses and external orthoses. Geneva: International Organization for Standardization, 1989: 1 – 6


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Rezidivierende postthrombotische Ulcera cruris durch ektope Kalzifizierung

J. Strehle, E. Borchert

Anamnese: Die 80-jährige Patientin leidet an einer Varikose der unteren Extremitäten seit > 20 Jahren. Vor ca. 20 Jahren traten am linken Unterschenkel die ersten Ulzerationen bei Zustand nach tiefer Beckenvenenthrombose links auf. Im Verlauf entwickelte sich ein Gamaschenulkus bei gleichzeitig dermatoliposklerotischen Veränderungen des Unterschenkels. Zusätzlich besteht seit ca. 2000 ein Lymphödem des linken Beines. Im Jahre 2011 kam es auch zum Auftreten eines Ulkus über dem rechten medialen Malleolus.

Hautbefund: Lymphödem des linken Vorfußes über Unterschenkel bis zum mittleren Oberschenkel reichend mit Pachydermie der Zehen und Vorfüße, Stemmer-Zeichen positiv. Linker Unterschenkel dermatoliposklerotisch verändert. Tiefes, stark sezernierendes, fötides Gamaschenulkus ([Abb. 10]).

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Abb. 10 Gamaschenulkus, Aufnahmebefund Oktober 2011.

Histologie: Grobschollige Verkalkungen in Dermis und subkutanem Fettgewebe.

Laborbefunde: Erythrozyten 3,92 Tpt/l; Hb 7,10 mmol/l; HKT 0,355 l/l; Natrium 134 mmol/l; Transferrinsättigung 10,2 %. Hypochrome Erythrozyten 3,40 %; Fibrinogen 5,27 g/l; Blutsenkung 1 h 33 mm; CRP 10,6 mg/l.

Mikrobiologie (Abstrich Ulkus links): Staphylococcus aureus (sehr viel), Enterokokken (mäßig viel), Serratia marcescens (sehr viel), Morganella morganii (sehr viel), Pseudomonas (viel), Proteus (nachgewiesen).

Röntgen Unterschenkel mit Sprunggelenk in 2 Ebenen bds.: Linksseitig kolbige Auftreibung der distalen Tibia und der distalen Fibula mit deutlichen periostalen Knochenappositionen. Hochgradige Osteoporose, fleckförmige Calcinosis cutis, links etwas stärker ausgeprägt als rechts.

Therapie und Verlauf: Nach zunächst eingeleiteter intensiver Vorbereitung bestehend aus antiseptischer und antientzündlicher Lokaltherapie, einer komplexen physikalischen Entstauungstherapie, erfolgte am 19. 04. 2012 die Shaveexzision und Abtragung der festhaftenden Kalkspangen mit anschließender Meshgraft-Transplantation an beiden Unterschenkeln ([Abb. 11]). Aufgrund einer freiliegenden Sehne am lateralen Unterschenkel links wurde hier die Sandwich-Transplantation mit Matriderm-Template durchgeführt. Der erste Verbandswechsel erfolgte am 6. postoperativen Tag. Während des stationären Aufenthaltes wurde die komplexe physikalische Entstauungstherapie fortgeführt. Eine Kompressionsbandagierung (Zehenkappe, US-Strumpf, Bermudahose) wurde angepasst.

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Abb. 11 Entlassungsbefund 10. 02. 2012 nach 1. Shaveexzision mit Meshgraft-Transplantation.

Kommentar: Die häufigste Ursache für ein Ulcus cruris im Rahmen gefäßbedingter Ulzerationen liegt in einer chronisch venösen Insuffizienz (CVI) (57 %). Diese manifestiert sich neben der klassischen Varikosis mit Stammveneninsufizienz auch als postthrombotisches Syndrom [1].

Bei oben vorgestellter Patientin liegt sowohl eine Stammveneninsuffizienz als auch ein posthrombotisches Syndrom als Ursache für das Ulkus vor. Als zusätzliche Ursache für die Therapieresistenz sind das chronische Lymphödem und die entstandenen Kalkspangen zu sehen. Diese ektope Kalzifizierung ist Grundlage der verzögerten primären Wundheilung und für Rezidive. Aus diesem Grunde besteht zum einen die optimale operative Therapie in der aggressiven Shave-Exzision und anschließender Meshgraft-Transplantation [2]. Über Sehnen bietet sich die Sandwich-Transplantation mit Elastin-Kollagen-Template (Matriderm®) an [3]. Zum anderen ist die Fortführung einer Kompressionstherapie in Kombination mit einer intensiven Entstauungstherapie mittels Lymphdrainage ein wichtiges Fundament in der Therapie des chronischen Ulcus venosum. Im Allgemeinen sollte zusätzlich eine varizenausschaltende Therapie in Erwägung gezogen werden.


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Literatur

1 Meyer V, Kerk N, Meyer S et al. Differenzialdiagnosen und Therapie des Ulcus cruris. J Dtsch Dermatol Ges 2011; 9: 1035 – 1053

2 Wollina U, Hasenöhrl K, Köstler E et al. Dystrophic calcification in chronic leg ulcers – a clinicopathologic study. Dermatol Surg 2009; 35: 457 – 461

3 Wollina U. One-stage reconstruction of soft tissue defects with sandwich technique: collagen-elastin dermal template and skin grafts. J Cutan Aesthet Surg 2011; 4: 176 – 182


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Erythropoetische Protoporphyrie

A. Koch, K. Schubert

Anamnese: Seit dem 3. Lebensjahr leidet die 41-jährige Patientin an brennenden und schmerzenden Hautsensationen bei Aufenthalten in der Sonne. Hinzu kamen im Verlauf ödematöse Schwellungen sowie Rötungen der betroffenen Hautareale. Im September 2011 erfolgte erstmals die Vorstellung zur Abklärung der geschilderten Hautveränderungen.

Allgemeinbefund: Unauffällig.

Hautbefund: Die Haut war recht blass und ließ im Bereich des linken Schulterblattes leichte Kratzexkoriationen erkennen. Am Abdomen zeigten sich vereinzelte Follikulitiden. Blasse sichtbare Schleimhäute.

Laborbefunde: Diagnostisch wegweisend war der drastisch erhöhte Gehalt an freiem Protoporphyrin von 13 113 nmol/l in den Erythrozyten (Normbereich 9 – 89 nmol/l). Weiterhin pathologisch auffällig zeigten sich Eisen mit 3,6 µmol/l (Normbereich 4,5 – 27,9 µmol/l), Ferritin mit < 6 µg/l (Normbereich 15 – 160 µg/l), Transferrinsättigung mit 4,5 % (Normbereich 16 – 45 %), hypochrome Erythrozyten von 6,8 % (Normbereich < 2,5 %). Die Urinporphyrine sowie das Koproporphyrin-Isomer I waren ebenso unauffällig, wie die typischen Leberenzyme.

Bildgebende Diagnostik: Kein Hinweis auf Leberzirrhose.

Therapie und Verlauf: Nach Sicherung der Diagnose erfolgte eine umfassende Aufklärung der Patientin bezüglich der Erkrankung und der therapeutischen Möglichkeiten. Als wichtigste Option ist die Meidung von Aufenthalten in der Sonne zu nennen. Hier bedarf es der Anwendung von hochpotenten lokalen Lichtschutzpräparaten mit chemischem aber insbesondere auch physikalischem Filter. Gerade physikalische Filter bedingen eine hohe Reflektionsrate und verhindern effektiv das Auftreffen von UV-Licht auf die Haut. Bei notwendigen Aufenthalten in der Sonne empfiehlt sich die orale Einnahme von Polypodium leucotomos-Extrakt (Heliocare oral®).

Kommentar: Die erythropoetische Protoporphyrie (EPP) wird zu den nicht akuten kutanen Porphyrien gerechnet. Sie gehört mit einer Prävalanz von 1 : 100 000 zu den etwas häufigeren Porphyrien. Geschlechtsunterschiede bezüglich der Häufigkeit bestehen nicht. Es liegt ein genetischer Defekt des Enzyms Ferrochelatase vor, welches im Hämsynthesezyklus für den Einbau von Eisen ins Protoporphyrin-Molekül hin zum Endprodukt Häm verantwortlich zeichnet [1, 2].

Klinisch auffällig werden die Patienten durch eine früh einsetzende Fotosensitivität. Man unterscheidet eine Latenzphase von einer kutanen und erythrohepatischen Phase. Die kutan-morphologischen Zeichen bei der akuten Form der EPP lassen sich mit ödematöser Schwellung, Erythem, Purpura, Vesikulationen, Erosionen sowie Krustenbildung gut beschreiben. Zeichen der chronischen erythropoetischen Porphyrie sind eine verdickte, grobgefelderte fahlgelbe Haut an Licht exponierten Arealen, Narben, Dyspigmentierungen, persistierende Purpura oder seltener auch Onycholysen [3]. In bis zu 25 % der Fälle kann es zu hepatobiliären Störungen kommen, die in 10 % in eine Leberzirrhose münden [2]. Das lipophile Protoporphyrin gelangt über den enterohepatischen Kreislauf in die Leber und wird dort als kristalline Struktur abgelagert. Dies bedingt die Hepatotoxizität. Um rechtzeitig die Patienten mit Übergang in die hepatobiliäre Phase erkennen zu können, bestimmt man stets die Urinporphyrine mit und kann bei einem Anstieg der Koproporphyrin-Isomere I rechtzeitig durch Gabe von Ursodesoxycholsäure oder Cholestyramin einer Leberschädigung entgegenwirken. Lipophile Antioxidantien wie Betacaroten werden bei der EPP ebenso gern ordiniert.

Bei 2 – 5 % der betroffenen Patienten kommt es bei inadäquater Betreuung zu einem toxischen Leberversagen mit möglicher Lebertransplantation oder Todesfolge [2]. Deshalb bedarf es bei der EPP einer konsequenten Nachsorgestrategie.


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Literatur

1 Doss M. Diagnose und Therapie hepatischer Porphyrien. Therapiewoche 1978; 28: 8315 – 8334

2 Doss M, Keller J, Hornstein OP et al. Leberzirrhose bei erythropoetischer Protoporphyrie: erythrohepatischer Protoporphyrie. Internist 1985; 26: 441 – 445

3 Frank J, Poblete-Gutiérrez P. Delayed diagnosis and diminished quality of life in erythropoietic protoporphyria: results of a cross-sectional study in Sweden. J Intern Med 2011; 269: 270 – 274


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Cryptococcus-verdächtige Tinea corporis bei bullösem Pemphigoid

J. Strehle, J. Schönlebe, P. Nenoff

Anamnese: Eine 74-jährige Patientin mit Diabetes mellitus Typ IIb, Vorhofflimmern, Mitral- und Aortenklappeninsuffizienz, arterieller Hypertonie, Hypercholesterinämie, Asthma bronchiale und Hyperthyreose entwickelte im Januar 2011 erstmals Blasen an den Beinen. Eine histologisch-serologische Untersuchung ergab ein bullöses Pemphigoid und die Prednisolon-Azathioprin-Therapie wurde eingeleitet, worunter es rasch zur Remission der Blasen kam. Im Juni kam es zur erneuten stationären Aufnahme.

Hautbefund: An den Beinen und am Gesäß hochrote, z. T. knotig infiltrierte, nekrotische und krustig belegte Plaques und ein flächenhaftes Erythem nahezu des gesamten Unterkörpers mit feiner weißlicher Schuppung und Randbetonung ([Abb. 12]). Eine externe Histologie hatte den Verdacht auf eine Dermatitis herpetiformis Duhring geäußert.

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Abb. 12 Kombination von knotigen Plaques und flächigem Erythem bei bekanntem bullösem Pemphigoid.

Histologie: Akanthotische Epidermis, teils gering spongiotisch aufgelockert mit Hypogranulose und Hyperparakeratose mit Einlagerung von Leukozytentrümmern (sog. Schuppenkrusten). Diskrete entzündliche Exozytose mit schütterer granulozytärer Durchsetzung der verbreiterten Epidermisabschnitte bis in oberflächliche Epidermislagen hinein. Einzelne neutrophile Papillenspitzenabszesse. Begleitend diskrete Erythrozytenextravasate.

Im Papillarkörper und der mittleren Dermis umschriebene gemischtzellig granulierende und angedeutet granulomatöse Entzündungsreaktion unter Beteiligung mehrkerniger Riesenzellen vom Fremdkörpertyp. Dabei gelegentlich auch rundliche und teilweise hantelförmige, PAS-positive und in der Grocott-Reaktion versilberbare Gebilde, die zum überwiegenden Teil von einer Schleimkapsel umgeben werden ([Abb. 13]). Es wurde der Verdacht auf Hefezellen und Cryptococcus neoformans gestellt.

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Abb. 13 Grocott-Färbung (× 60) zeigt Schleimkapseln.

Bildgebende Diagnostik zum Ausschluss eines systemischen Kryptokokkose: CT-Thorax und cCT: ohne pathologischen Befund. Bronchoskopie: Kein Hinweis auf Krytokokkose. Bronchoalveoläre Lavage: PAS-Färbung und Pilz-Kultur negativ.

Labor: Cryptococcus-Antigen: negativ. In der Pilzkultur: Trichophyton rubrum und Malassezia pachydermatis nachweisbar ([Abb. 14]).

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Abb. 14 Pilzkultur mit cremigem Rasen von Malassezia pachydermatis und Trichophyton rubrum-Kolonien.

Therapie und Verlauf: Nach Eingang der Pilzkultur wurde Flukonazol 200 mg 1 × täglich unter regelmäßigen Laborkontrollen verordnet, lokal Ciclopiroxolamin (Batrafencreme®). Darunter rasche Besserung der Erytheme mit Schuppung bis zur kompletten Remission.

Kommentar: Die Tinea corporis (bei Übersehen auch Tinea incognito) kann unter Immunsuppression häufiger beobachtet werden. Ihr Verlauf ist dann teilweise untypisch [1]. Aufgrund der Histologie wurde zunächst auch an eine (kutane) Cryptococcus-Infektion gedacht. Cryptococcus neoformans ist ein bekapselter Sprosspilz. Er gehört zu den Ständerpilzen (Basidiomycota). Die häufigste Infektionsquelle ist der Taubenkot. Es handelt sich um einen opportunistischen Erreger mit Ausbildung von Granulomen bevorzugt in der Lunge und im ZNS (Meningitis, Meningoenzepalitis). Malassezia pachydermatis ist der einzige nicht-lipophile Sprosspilz des Genus. Auch er zählt zu den Ständerpilzen. Die häufigste Infektionsquelle ist der Hund. Dieser opportunistische Erreger führt zu Erythemen, Granulomen, Pruritus und Follikulitiden. In der Histologie ist eine sichere Differenzierung nicht möglich, sodass in jedem Fall eine kulturelle Abklärung erforderlich ist [2].


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Literatur

1 Hansel G, Vennewald I, Wollina U. Tinea incognito. G Ital Dermatol Venereol 2004; 139: 263

2 Sei Y. Malassezia infectious diseases. Med Mycol J 2012; 53: 7 – 11


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* Wissenschaftliche Leitung: Prof. Dr. U. Wollina
Tagungssekretär: Frau OÄ Dr. G. Hansel
Histologie: Frau OÄ Dr. J. Schönlebe
Fotodokumentation: Frau R. Herz
Plenarvorträge:
Dr. T. Mentzel (Friedrichshafen): Sarkome der Haut – was gibt es Neues?
Prof. Dr. F. Pabst (Dresden): Plattenepithelkarzinome im Kopf-Hals-Bereich – aktuelle Aspekte für die Praxis
Prof. Dr. U. Wollina (Dresden): Hämangiome und vaskuläre Nävi



Korrespondenzadresse

Prof. Dr. Uwe Wollina
Klinik für Dermatologie und Allergologie
Krankenhaus Dresden-Friedrichstadt
Städtisches Klinikum
Akademisches Lehrkrankenhaus der TU Dresden
Friedrichstraße 41
01067 Dresden


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Abb. 1 Tuberkulose unter dem Bild des SAPHO-Syndroms mit Schwellung sternoklavikulär.
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Abb. 2 Gottronsche Papeln und Keinigk-Zeichen (schmerzhafter, verdickter proximaler Nagelfalz) bei Dermatomyositis.
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Abb. 3 Pansklerotische Sklerodermie.
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Abb. 4 Benigne symmetrische Lipomatose mit bullösem Pemphigoid.
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Abb. 5 Streifige Hyperkeratosen.
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Abb. 6 Kombiniertes Ulkus vor Therapie.
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Abb. 7 Schwere knöcherne Veränderungen des linken Fußes.
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Abb. 8 Maßgefertigte Orthese. Innenansicht.
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Abb. 9 Maßgefertigte Orthese. Außenansicht.
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Abb. 10 Gamaschenulkus, Aufnahmebefund Oktober 2011.
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Abb. 11 Entlassungsbefund 10. 02. 2012 nach 1. Shaveexzision mit Meshgraft-Transplantation.
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Abb. 12 Kombination von knotigen Plaques und flächigem Erythem bei bekanntem bullösem Pemphigoid.
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Abb. 13 Grocott-Färbung (× 60) zeigt Schleimkapseln.
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Abb. 14 Pilzkultur mit cremigem Rasen von Malassezia pachydermatis und Trichophyton rubrum-Kolonien.