Aktuelle Dermatologie 2012; 38(10): 371
DOI: 10.1055/s-0032-1309493
Editorial
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Die Mitbringsel aus dem Schwimmbad

Souvenir from the Pool Season
C. Bayerl
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Korrespondenzadresse

Prof. Dr. med. Christiane Bayerl
Klinik für Dermatologie und Allergologie
HSK, Wilhelm Freseniusklinik
Städtisches Klinikum Wiesbaden
Aukammallee 39
65191 Wiesbaden

Publication History

Publication Date:
01 October 2012 (online)

 

Verrucae palmares et plantares sind die häufigsten Viruserkrankungen der Haut. Auslöser sind die weltweit verbreiteten Papillomaviren (HPV), von denen mehr als 100 Typen bekannt sind. Die Übertragung erfolgt durch Haut- oder Schleimhautkontakt über Mikroverletzungen – d. h. eine leicht aufgeraute Stelle am Fuß auf den Bodenplatten eines vielbegangenen Schwimmbades ist ein häufiger Infektionsweg. Eine vollständige Replikation ist nur in differenzierten Keratinozyten möglich – und gerade an Handfläche und Fußsohle sind ausreichend Keratinozyten vorhanden. Das Immunsystem wird kaum erreicht, da es durch die dicke Hornschicht abgegrenzt bleibt. Die üblichen Prädispositionsfaktoren sind Atopie, Immundefizienz, Lebensalter, Akroasphyxie, Hyperhidrose und Immundefekte. Die Übertragung erfolgt über direkten Körperkontakt, Schmierinfektion (Feuchtbereiche wie Dusche, Schwimmbad, Fitness-Club, Sauna) und durch Autoinokulation. Die Inkubationszeit beträgt Wochen bis Monate. Daher finden sich häufig latente oder subklinische Infektionen mit einer hohen Rate an Rezidiven.

Therapeutisch wird eine Keratolyse mit salizylsäurehaltigen Pflastern eingesetzt. Dafür wird der Begriff 2-Phasen-Therapie verwendet [1]. Gemeint ist eine intensive Keratolyse mit okklusiven Salizylsäureverbänden (Phase 1) und danach, z. B. alle 3 Tage, vorsichtiges Abtragen der aufgeweichten Warze tangential mit einem Skalpellmesser (Phase 2). Ist nach 6 Wochen trotz guter Compliance kein therapeutischer Erfolg eingetreten, wird üblicherweise auf eine der anderen Therapieoptionen gewechselt. Kryotherapie wirkt über eine thermisch induzierte epidermale und dermale Zellnekrose sowie eine Thrombosierung der Kapillaren. Wiederholte Anwendung ist notwendig. Die Effektivität liegt bei 60 – 90 % mit bis zu 40 % Rezidiven. Üblicherweise erfolgt eine narbenfreie Abheilung. Weitere konservative Therapieoptionen sind Dithranol oder Trichloressigsäure (TCA) 50 – 85 %, direkte 1-mal wöchentliche Applikation mit Wattetupfer. 5-Flurouracil-Lösung wird 2-mal pro Tag über 3 – 6 Wochen eingesetzt. Imiquimod-Creme stimuliert eine spezifische T-Zell-Antwort und wird bei Rezidiven eingesetzt. Bestrahlung mit wassergekühltem Infrarot (wIRA) ist eine weitere Behandlungsoption. Operative Therapieoptionen umfassen die Elektrokoagulation, CO2-Laser-Vaporisation, Exzision, Scherenschlag oder Kürettage.

Es gibt keine einzige Therapie, die bei allen Patienten hilft – daher die vielen therapeutischen Optionen. In einer evidenz-basierten Literaturanalyse [2] erreichte die topische Salicylsäuretherapie den Evidenzgrad A, d. h. es liegen gute, konsistente Studien mit Patienten-orientierter Evidenz vor. Mit Evidenzgrad A wurde aber auch gezeigt, dass Kryotherapie nicht besser als die Salicylsäuretherapie ist. Eine neue Studie aus 2011 hat sich des Problems angenommen, dass nur 2 Studien zur Kryotherapie vorlagen. In einer randomisierten, kontrollierten Studie wurde die Kryotherapie mit der Salicylsäuretherapie verglichen [3].

Bei den 240 Probanden zeigte sich kein Unterschied zwischen Kryotherapie (Flüssigstickstoff, insgesamt 4 Behandlungen alle 2 – 3 Wochen) und Salicylsäuretherapie in 50 %-iger Konzentration. Komplette Abheilung war bei 14 % in beiden Gruppen nach 12 Wochen Therapie zu erreichen. Auch die Abheilungsgeschwindigkeit oder das Ausmaß des klinischen Bildes waren gleich. Auffällig ist, dass die Heilungsraten nach 3 Monaten mit nur 14 % recht gering sind – immerhin sind „First-line“-Therapien überprüft worden!

Kutane vulgäre Warzen werden von unterschiedlichen humanen Papillomviren (HPV) ausgelöst. Die HPV-Typen wurden in einer britischen Studie untersucht [4]. 80 Warzen wurden bei 76 immunkompetenten Patienten entnommen und mit In-situ-Hybridisierung und PCR-Analyse untersucht. HPV-2, -27 und -57 sind nah verwandt und haben eine hohe Homologie. Sie sind typisch für Kinder und die europäische Bevölkerung. Das Ansprechen auf die Therapie korrelierte nicht mit dem HPV-Typ. Jedoch sprachen Warzen, die zeitlich kürzer bestanden, besser auf die Kryotherapie an. Daraus folgt, dass wir keine HPV-Typisierung durchführen müssen, um eine Therapieentscheidung zu treffen. Und wie immer gilt – wehret den Anfängen, besonders bei Warzen.


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Prof. Dr. Christiane Bayerl

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  • Literatur

  • 1 Scheidegger EP, Dommann S. Herausforderung Warzen. Therapie oder Spontanheilung?. Hautnah Dermatologie 2004; 3: 132-136
  • 2 Bacelieri R, Johnson SM. Cutaneous warts: an evidence-based approach to therapy. Am Fam Physician 2005; 72: 647-652
  • 3 Cockayne S, Hewitt C, Hicks K et al. Cryotherapy versus salicylic acid for the treatment of plantar warts (verrucae): a randomised controlled trial. BMJ 2011; 342 d3271
  • 4 Tomson N, Sterling J, Ahmed I et al. Human papillomavirus typing of warts and response to cryotherapy. JEADV 2011; 25: 1108-1111

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Prof. Dr. med. Christiane Bayerl
Klinik für Dermatologie und Allergologie
HSK, Wilhelm Freseniusklinik
Städtisches Klinikum Wiesbaden
Aukammallee 39
65191 Wiesbaden

  • Literatur

  • 1 Scheidegger EP, Dommann S. Herausforderung Warzen. Therapie oder Spontanheilung?. Hautnah Dermatologie 2004; 3: 132-136
  • 2 Bacelieri R, Johnson SM. Cutaneous warts: an evidence-based approach to therapy. Am Fam Physician 2005; 72: 647-652
  • 3 Cockayne S, Hewitt C, Hicks K et al. Cryotherapy versus salicylic acid for the treatment of plantar warts (verrucae): a randomised controlled trial. BMJ 2011; 342 d3271
  • 4 Tomson N, Sterling J, Ahmed I et al. Human papillomavirus typing of warts and response to cryotherapy. JEADV 2011; 25: 1108-1111

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