Subscribe to RSS
DOI: 10.1055/s-0032-1304133
Pharmakologie - Helfen Scheinbehandlungen bei Asthma?
Publication History
Publication Date:
15 February 2012 (online)
Bei vielen Erkrankungen haben "Scheinmedikamente" oftmals erstaunlich guten Erfolg. M. E. Wechsler et al. haben nun die subjektive und objektive Wirkung einer Behandlung mit Placebo, einer Nichtbehandlung und einer Behandlung mit dem Bronchodilatator Salbutamol bei Asthma bronchiale verglichen.
N Engl J Med 2011; 365: 119-126
Die Studie zeigte, dass sich die Spirometrie aufgrund der einfachen Durchführbarkeit, geringer Kosten und rascher Wiederholbarkeit zum Nachweis eines Therapieeffekts bei Patienten mit Asthma eignet. Der inhalative Bronchodilatator Salbutamol, nicht aber Placebo oder die Nicht-Behandlung, führte zu einer erheblich gesteigerten forcierten Vitalkapazität (FEV1). Die subjektive Wahrnehmung der Patienten war dagegen anders: Nur die Nichtbehandlung zeigte keinen Erfolg, die übrigen Interventionen halfen alle, und zwar in ähnlichem Ausmaß.
In der doppelblinden Crossover-Studie erhielten die Patienten in zufälliger Reihenfolge 12 Anwendungen: Salbutamol oder Placebo inhalativ, eine Scheinakupunktur oder keine Anwendung. Eine respiratorische Besserung bestand ab einer Zunahme der FEV1 über 12 %. Die Patienten beurteilten ihr Befinden jeweils auf einer 10-Punkte-Skala von der Empfindung "keine Besserung" bis "vollständige Besserung".
Bronchodilatation objektiv besser
Mit Salbutamol nahm die FEV1 bei allen Patienten um mehr als 12 % und durchschnittlich um 21,9 % zu. Die Werte für Placebo, Scheinakupunktur und Nicht-Intervention betrugen 7,5 , 7,3 und 7,1 %. Sie blieben damit unter dem Schwellenwert für eine objektive Atemwegserweiterung. Der Unterschied zwischen dem Medikament und den Alternativen war statistisch signifikant (p < 0,001) und ausgeprägt. Im Gegensatz dazu standen die subjektiven Bewertungen der Patienten. Für die Nichtbehandlung gaben 21 % und für Salbutamol 50 % der Patienten eine Beschwerdebesserung an. Auch 45 bzw. 46 % der Patienten mit Placebo und der Scheinakupunktur-Behandlung empfanden eine bedeutsame Linderung. Die Unterschiede zur Medikamentenwirkung waren nicht statistisch signifikant. Die meisten Patienten glaubten, eine aktive Therapie erhalten zu haben.
Wenngleich objektiv ein dreimal so großer Effekt durch Salbutamol erzielt wurde, empfanden Asthma-Patienten die Scheinbehandlungen als ähnlich effektiv, so die Autoren. Diese Diskrepanz könne durch verschiedene Mechanismen beeinflusst sein. So hätten die Fragebögen beispielsweise keine Punkte zu einer möglichen Verschlechterung enthalten. Die Autoren raten zur Vorsicht bei Patientenangaben, die möglicherweise in deutlichem Gegensatz zur tatsächlichen Lungenfunktion stehen könnten.
Was ist wichtiger: die Wahrnehmung des Patienten oder die des Arztes? D. E. Moerman sieht die Lage entspannt. Die Untersuchung bestätige wieder einmal, dass es auf die "Bedeutung" der Anwendung ebenso ankomme wie auf die objektiven pharmakologischen Effekte. Wenn der Patient sich besser fühle, gelte allein die alte Regel: "do no harm".
N Engl J Med 2011; 365: 171-172
Dr. Susanne Krome, Melle
#
#