Dialyse aktuell 2011; 15(09): 542
DOI: 10.1055/s-0031-1295601
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Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Nebenschilddrüsen-Hormon-Antagonist Paricalcitol – Effektive PTH-Senkung und Beeinflussung des kardiorenalen Syndroms

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Publication Date:
10 November 2011 (online)

 
 

Auf der 3. Jahrestagung der DGfN im September 2011 in Berlin wurde von führenden Experten der Einsatz von Paricalcitol (Zemplar®) zur effektiven Senkung des Parathormons (PTH) diskutiert. Paricalcitol ermöglicht nicht nur eine effektive PTH-Kontrolle, sondern führt darüber hinaus zu einer positiven Beeinflussung des kardiorenalen Syndroms.

Paricalcitol: überzeugende PTH-Senkung

Wie Prof. Kamyar Kalantar-Zadeh, Torrance (USA), ausführte, handelt es sich bei Paricalcitol nicht um ein aktives Vitamin-D-Präparat, sondern um einen Nebenschilddrüsen-Hormon-Antagonisten. Wegen der selektiven Ansprache der Vitamin-D-Rezeptoren kommt es unter Therapie mit Paricalcitol wesentlich seltener zu Hyperkalzämien, da es in einem viel geringeren Maße als Vitamin-D-Präparate die intestinale Kalziumaufnahme fördert [ 1 ], [ 2 ].

Kalantar-Zadeh verwies auch auf das deutlich verlangsamte Fortschreiten von Gefäßverkalkungen unter Therapie mit Paricalcitol im Vergleich zu Calcitriol [ 3 ], [ 4 ]. Letztlich sei auch die Tatsache, dass unter Paricalcitol die 1,25-Dihydroxycholecalciferol-(1,25-(OH)2D)-Spiegel sogar abfallen [ 5 ], ein klares Indiz für die Selektivität von Paricalcitol.


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Verbessertes Outcome

Mit Paricalcitol ist ein sekundärer Parathyreoidismus (sHPT), wie Kalantar-Zadeh hervorhob, gut kontrollierbar – die PTH-Werte sinken, ohne dass die Kalziumspiegel klinisch relevant ansteigen [ 6 ]. Wie Studien mit großen Patientenpopulationen dokumentieren [ 7 ], [ 8 ], ist die selektive VDR-Aktivierung den Vitamin-D-Präparaten auch hinsichtlich der Mortalität überlegen. In der Kohortenstudie von Teng et al. [ 7 ] mit über 67 000 Hämodialysepatienten, bei der die Studienteilnehmer über 3 Jahre entweder intravenös Calcitriol oder Paricalcitol erhielten, war die Mortalitätsrate im "Paricalcitolarm" um 16 % geringer als im "Calcitriolarm".

Zwar profitieren die Patienten bereits von der Vitamin-D-Gabe [ 9 ], aber der Überlebensvorteil ist bei Therapie mit Paricalcitol deutlich größer [ 7 ], [ 8 ]. Shinaberger et al. [ 10 ] zeigten sogar einen dosisabhängigen Effekt der selektiven VDR-Aktivierung, wie Kalantar-Zadeh ausführte: Bei einem hohen Paricalcitol-zu-PTH-Verhältnis ("Shinabergerindex") wurde ein verbessertes Überleben in dieser Studie beobachtet, die mehr als 34 000 HD-Patienten einschloss.

Kalantar-Zadeh betonte aber, dass für das Outcome der Patienten auch eine frühzeitige Intervention wichtig sei, da bereits in den Prädialysestadien ein Anstieg des Parathormons mit einer erhöhten Mortalität assoziiert sei [ 11 ], [ 12 ]. Paricalcitol ermögliche eine solche rechtzeitige Therapie, da es bereits für die CKD-Stadien 3 und 4 zugelassen ist und auch in Tablettenform vorliegt.


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Positive Beeinflussung des kardiorenalen Syndroms

Einen ganz anderen Aspekt dieser Medikation beleuchtete Prof. Christoph Wanner, Würzburg. Wie er ausführte, rücken Maßnahmen zur Prävention kardiovaskulärer Begleit- und Folgeerkrankungen immer stärker in den Fokus der CKD-Therapie, da sich kardiale und renale Funktionsbeeinträchtigungen gegenseitig aggravieren. Im Oktober letzten Jahres widmete sich sogar eine "KDIGO Update Conference" in London dieser Thematik [ 13 ]. Man sucht nach Risikomarkern, vor allem aber nach effektiven Therapien, um das deutlich erhöhte kardiovaskuläre Risiko von CKD-Patienten zu senken.

Wie Wanner hervorhob, kann der Ausprägungsgrad eines kardiorenalen Syndroms mit Hilfe von Biomarkern verlässlich erfasst werden. Der Albuminurie kommt dabei eine besondere Bedeutung zu, da sie nicht nur ein Biomarker für die renale Schädigung ist, sondern gleichzeitig die CKD-Progression aktiv vorantreibt und zudem auch Marker eines erhöhten kardialen Risikos ist. Durch eine Senkung der Albuminurie könnten daher auch beide Manifestationen des kardiorenalen Syndroms günstig beeinflusst werden.

So zeigten Agarwal et al. [ 14 ], dass der selektive VDR-Aktivator Paricalcitol die Proteinurie vermindert. Dieser renoprotektive Effekt war sogar nachweisbar bei Patienten, die bereits mit ACE-Hemmern (ACE: "angiotensin converting enzyme") bzw. Angiotensin-Rezeptor-Blockern therapiert wurden. Es handelt sich somit um einen additiven Effekt zur RAAS-Blockade (RAAS: Renin-Angiotensin-Aldosteron-System). Auch liegen Daten vor, die eine Verbesserung kardialer Parameter unter Therapie mit dem selektiven VDR-Aktivator Paricalcitol zeigen: Bodyak et al. beobachteten eine signifikante Absenkung des linksventrikulären enddiastolischen Druckes und der Wanddi-cke [ 15 ], beides Marker kardialer Schädigungen. Da die linksventrikuläre Hypertrophie (LVH) bei CKD-Patienten häufig Resultat einer fortgeschrittenen vaskulären Gefäßkalzifizierung ist, insbesondere in Form der Mediasklerose – die Gefäße werden steif und die Herzarterien verlieren mit der Elastizität auch ihre Windkesselfunktion –, könnte hier der kalzifikationsinhibierende Effekt (siehe oben) der selektiven VDR-Aktivierung zum Tragen kommen und der Entstehung einer LVH somit entgegenwirken.

Mit Paricalcitol steht also ein Nebenschilddrüsenantagonist zur Verfügung, dessen Wirkung weit über die reine PTH-Senkung hinausreicht und der über die Beeinflussung kardialer und renaler Parameter das Outcome der Patienten verbessern könnte.

Dr. Martina Berthold, Weimar

Dieser Beitrag entstand mit freundlicher Unterstützung der Abbott GmbH, Ludwigshafen.
Die Beitragsinhalte stammen vom Symposium ”Neueste Studienergebnisse zu Paricalcitol und innovative Therapieansätze aus der Abbott-Pipeline”, veranstaltet von der Abbott GmbH, Ludwigshafen, auf dem Kongress für Nephrologie, Berlin, und wurden im Auftrag der Abbott GmbH, Ludwigshafen, von Frau Dr. Berthold (Medizinerin) zusammengestellt.


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  • Literatur

  • 1 Martin KJ et al. J Am Soc Nephrol 1998; 9: 1427-1432
  • 2 Lund R et al. Nephrol Dial Transplant 2006; 21: iv219-iv220
  • 3 Cardús A et al. J Bone Miner Res 2007; 22: 860-866
  • 4 Mizobuchi M et al. Kidney Int 2007; 72: 709-715
  • 5 Finch JL et al. Am J Physiol Renal Physiol 2010; 298: F1315-F1322
  • 6 Coyne D et al. Am J Kidney Dis 2006; 47: 263-276
  • 7 Teng M et al. N Engl J Med 2003; 349: 446-456
  • 8 Kalantar Zadeh K et al. Kidney Int 2006; 70: 771-780
  • 9 Teng M et al. J Am Soc Nephrol 2005; 16: 1115-1125
  • 10 Shinaberger CS et al. Clin J Am Soc Nephrol 2008; 3: 1769-1776
  • 11 Kovesdy CP et al. Kidney Int 2007; 73: 1296-1302
  • 12 Wolf M et al. Kidney Int 2007; 72: 1004-1013
  • 13 Herzog CA et al. Kidney Int 2011; 80: 572-586
  • 14 Agarwal R et al. Kidney Int 2005; 68: 2823-2828
  • 15 Bodyak et al. Proc Natl Acad Sci U S A 2007; 104: 16810-16815

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