Pneumologie 2012; 66(01): 4
DOI: 10.1055/s-0031-1292648
Pneumo-Fokus
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Tuberkulose - Welche prophylaktische Therapie hilft HIV-Patienten?

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Publication Date:
20 January 2012 (online)

 

    Tuberkulose ist vor allem in Afrika die häufigste Todesursache erwachsener HIV-Patienten. Studien haben gezeigt, dass eine prophylaktische Therapie das Tuberkuloserisiko deutlich reduzieren kann, doch nur wenige Patienten kommen auch in deren Genuss. N. A. Martinson et al. haben nun neue Behandlungsschemata in einem Risikogebiet untersucht.
    N Engl J Med 2011; 365: 11-20

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    Myobacterium tuberculosis aus der Familie der Myobakterien unter dem Elektronenmikroskop. Es handelt sich um den wichtigsten Erreger der Tuberkulose beim Menschen. (Bild: CDC/Dr. Ray Butler)

    An der im sudafrikanischen Soweto durchgefuhrten Studie nahmen erwachsene HIV-Patienten teil, die einen positiven Tuberkulintest, aber keine aktive Tuberkulose hatten und keine antiretroviralen Medikamente einnahmen. In einem offenen Design wurden sie randomisiert auf 4 Gruppen verteilt und erhielten entweder 12 Wochen lang einmal wochentlich 900 mg Rifapentin plus 900 mg Isoniazid, 12 Wochen lang 2-mal wochentlich 600 mg Rifampin plus 900 mg Isoniazid oder uber die gesamte Studiendauer (bis zu 6 Jahre) taglich 300 mg Isoniazid. Patienten der Kontrollgruppe erhielten fur 6 Monate 300 mg Isoniazid taglich. Mit jeder Dosis der Tuberkulostatika nahmen die Teilnehmer 25 mg Pyridoxin ein. Wahrend der gesamten Studiendauer fanden regelmasig Kontrolluntersuchungen statt, bei denen unter anderem Symptome einer Tuberkulose erfasst wurden. Im positiven Fall zogen diese eine entsprechende Diagnostik nach sich. Auserdem wurden in festgelegten Abstanden die wichtigsten Laborparameter bestimmt. Primarer Endpunkt war das tuberkulosefreie Uberleben. In die Analyse gingen 1148 Patienten (medianes Alter 30,4 Jahre) ein, davon 83,3 % Frauen. Die mediane Zahl an CD4-Zellen betrug anfangs 484 pro ğr, der mediane Beobachtungszeitraum erstreckte sich je nach Gruppe uber 3,9 . 4,1 Jahre. Wahrend dieser Periode begannen 215 Teilnehmer (18,7 %) eine antiretrovirale Therapie. Eine Tuberkulose wurde bei insgesamt 78 Patienten diagnostiziert, eine Gesamtinzidenz von 1,9 pro 100 Personenjahre entsprechend. Es starben 66 Patienten (1,6 Todesfalle pro 100 Personenjahre). Bezogen auf die einzelnen Behandlungsgruppen betrugen die Raten von aktiver Tuberkulose oder Tod unter Rifapentin plus Isoniazid 3,1; unter Rifampin plus Isoniazid 2,9; unter kontinuierlichem Isoniazid 2,7 und in der Kontrollgruppe 3,6 bezogen jeweils auf 100 Personenjahre. Ernsthafte Nebenwirkungen traten unter kontinuierlichem Isoniazid haufiger auf als in den anderen Gruppen (18,4 vs. 8,7.15,4 pro 100 Personenjahre).

    Fazit

    Auf der Basis der zu erwartenden Tuberkuloserate erwiesen sich alle Behandlungsschemata einschließlich einer 6-monatigen Therapie mit Isoniazid als effektiv, so die Autoren.

    Kommentar zur Studie

    E. Nardell und G. Churchyard stellen als fundamentale Faktoren, welche die Tuberkuloseprohylaxe in Risikogebieten durchkreuzen, die anhaltenden Transmissionen und Reinfektionen heraus. Trotz einer Immunisierung bei der Geburt seien die meisten jungen Erwachsenen in den Endemiegebieten bis zum jungen Erwachsenenalter gegenüber Myobacterium tuberculosis exponiert gewesen und hätten sich infiziert. Epidemiologische Daten zeigten, dass in solchen Populationen Reinfektionen häufig seien, auch bei HIV-negativen Patienten. Nach ihren Worten müsste daher die Transmission besser unter Kontrolle gehalten werden. Hier seien vor allem schnelle Testverfahren zur Diagnosestellung wichtig.

    N Engl J Med 2011; 365: 79-81

    Dr. Johannes Weiß, Bad Kissingen


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    Myobacterium tuberculosis aus der Familie der Myobakterien unter dem Elektronenmikroskop. Es handelt sich um den wichtigsten Erreger der Tuberkulose beim Menschen. (Bild: CDC/Dr. Ray Butler)