Pneumologie 2011; 65(11): 642
DOI: 10.1055/s-0031-1292625
Pneumo-Fokus
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Akutes Atemnotsyndrom - Geringere Inzidenz durch bessere intensivmedizinische Versorgung?

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Publication Date:
14 November 2011 (online)

 
 

    Das akute Atemnotsyndrom (ARDS: Acute Respiratory Distress Syndrome) ist immer noch mit einer hohen Letalität verbunden. Ob und in welchem Umfang eine verbesserte intensivmedizinische Versorgung die Inzidenz des ARDS reduzieren kann, haben G. Li et al. im Einzugsgebiet von 2 Mayo-Kliniken in Rochester, Minnesota, USA, untersucht.
    Am J Respir Crit Care Med 2011; 183: 59-66

    Die beiden Kliniken sind für die alleinige intensivmedizinische Versorgung der Region Olmsted County (rund 12 5000 Einwohner) zuständig und eignen sich gut für eine gemeindebasierte epidemiologische Studie.

    Im Rahmen der Studie wurden Daten von ARDS-Patienten identifiziert, die mindestens 18 Jahre alt waren und im Zeitraum von 2001 bis 2008 auf den Intensivstationen der Kliniken behandelt wurden. Dabei mussten innerhalb einer einzelnen 24-Stunden-Periode folgende Untersuchungspunkte vorliegen: Blutgasanalyse, Quotient aus arteriellem Sauerstoffpartialdruck (PaO2) und inspiratorischer Sauerstofffraktion (FiO2) < 200 mm/Hg, Thoraxröntgenbild, endotracheale Intubation nach akutem Lungenversagen oder nach Operation über mehr als 12 Stunden sowie Ergebnisse für die Stichwortsuche nach "Ödem", "bilateral" und "Infiltrate".

    Innerhalb des 8-jährigen Studienzeitraums kamen 8034 Patienten auf die Intensivstation. Dabei nahmen die Krankheitsschwere, die Anzahl an Komorbiditäten und die Prävalenz der wichtigsten ARDS-Risikofaktoren zu. Von insgesamt 3139 ARDS-Episoden entsprachen 795 den Kriterien der American-European Consensus Conference (AECC), auf 514 Patienten traf das ARDS-Kriterium "mechanische Beatmung" zu.

    Die Inzidenz des akuten Atemnotsyndroms nahm von 2001 - 2008 von 82,4/100000 auf 38,9/100 000 Personenjahre ab (p < 0,001). Für die Verringerung der Inzidenzdichte war die Abnahme der im Krankenhaus erworbenen ARDS verantwortlich (p < 0,001). Obwohl insgesamt die Sterblichkeit und die Aufenthaltsdauer im Krankenhaus und auf der Intensivstation zurückgingen, veränderte sich die ARDS-Letalität nicht deutlich (p = 0,449).

    Fazit

    Die Inzidenz des akuten Atemnotsyndroms sank innerhalb von 8 Jahren um mehr als 50 %, obwohl in diesem Zeitraum die Krankheitsschwere, Komorbiditäten und Prävalenz der wichtigsten ARDS-Risikofaktoren zunahmen. Die Studienergebnisse korrelieren mit Verbesserungen in der Intensivmedizin. Daher gehen die Autoren davon aus, dass die ARDS-Inzidenz und die medizinischen Konsequenzen besonders durch frühzeitige Erkennung und Behandlung der Hauptrisikofaktoren reduziert werden können.

    Matthias Manych, Berlin


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