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DOI: 10.1055/s-0031-1291617
Prognoserelevanz von Body-Mass-Index und Rash für Patienten mit metastasiertem nichtkleinzelligem Lungenkarzinom unter Therapie mit Erlotinib
Eine retrospektive-geschlechtsspezifische AnalysePrognostic Relevance of Body Mass Index and Rash for Patients with Metastatic Non-Small-Cell Lung Cancer under Therapy with ErlotinibA Retrospective, Gender-Specific AnalysisZusammenfassung
Die Therapie mit Tyrosinkinasehemmern der EGFR Signalkaskade, wie z. B. Erlotinib bei Patienten mit nichtkleinzelligen Lungenkarzinomen im Stadium IV, gewinnt zunehmend an Bedeutung. Die Histologie ist ein bekannter Prognosefaktor für das Ansprechen auf diese Therapie, ebenso der EGF-Rezeptor-Mutationsstatus. Weitere Indikatoren, die mit der Prognose assoziiert sind, sind ungenügend definiert, insbesondere fehlen Angaben zur Rolle des Ernährungszustands des Patienten bei einer standardisierten Chemotherapiedosierung der Substanzgruppe. In der vorliegenden retrospektiven Analyse von 275 Patienten, die mit Erlotinib behandelt wurden, wurden weitere klinisch-prognostische Faktoren definiert. Eine stark ausgeprägte Hautreaktion (Rash) war insbesondere bei männlichen Patienten mit einer schlechten Prognose bezüglich des Gesamtüberlebens verbunden. Aktive Raucher entwickeln ebenfalls häufiger intensiven Rash als Nichtraucher und haben auch eine schlechtere Prognose. Patienten mit Untergewicht (BMI < 18) oder starkem Übergewicht (BMI > 30) entwickeln nicht häufiger starken Rash als normalgewichtige Patienten, haben unter Erlotinib jedoch auch ein schlechtes Gesamtüberleben. Klinisch relevante Prognosefaktoren wie z. B. der Ernährungszustand sollen in der Zukunft eine größere Rolle in der palliativen Therapie von Patienten mit NSCLC spielen.
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Abstract
Tyrosine kinase inhibition (TKI) such as erlotinib is a well established treatment option in the palliative care of patients with non small cell lung cancer (NSCLC). Histology and sex have been associated with different prognostic outcome measures in patients treated with erlotinib. Furthermore, the degree of rash, developed during treatment might be a relevant marker in respect to tumor response. To dissect these clinical relevant features we analysed a cohort of 275 patients treated with erlotinib in different lines of chemotherapy in our hospital. Nutrition status plays an important role in the prognosis of patients in a palliative chemotherapeutic setting, we therefore included body mass index measurements (BMI) in our analysis. We found that BMI and smoking status influence different survival patterns. Male patients have a poorer survival based on low BMI, rash development and smoking status. We therefore conclude that both nutritional and smoking status should be taken into account in the surveillance of patients with NSCLC in a palliative therapeutic setting under TKI treatment.
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Einleitung
Das Lungenkarzinom ist einer der häufigsten soliden Tumoren in den westlichen Industrieländern [1]. In Deutschland und Österreich ist es bei Männern nach dem Prostatakarzinom die zweithäufigste maligne Erkrankung, bei Frauen nach Mammakarzinom und kolorektalem Karzinom die dritthäufigste. Seit über 20 Jahren ist die Inzidenz bei Männern rückläufig, während sie bei Frauen kontinuierlich ansteigt [1].
Etwa 75 bis 85 % der Lungenkarzinome zählen zu den nichtkleinzelligen Karzinomen (NSCLC), der verbleibende Rest zu den kleinzelligen Karzinomen (SCLC) [2], deren Therapie und Prognose sich grundlegend von erstgenannten unterscheidet.
Etwa 70 % der Patienten mit Lungenkarzinom haben zum Zeitpunkt der Diagnosestellung ein fortgeschrittenes oder metastasiertes Stadium (Stadium IIIb oder IV), sodass der palliativen und symptomorientierten Therapie bei dieser Erkrankung ein besonderer Stellenwert zukommt.
Die Prognose der Patienten mit Lungenkarzinomen, unabhängig vom Stadium der Erkrankung bei Diagnosestellung und Therapie, ist noch immer schlecht: Die Gesamt-5-Jahres-Überlebensrate liegt bei 15 – 18 %. Im frühesten Stadium der Erkrankung (Stadium I, Tumorgröße unter 3 cm) und operativer Therapie mit R0-Resektion liegt die 5-Jahres-Überlebensrate bei 85 % [11], bereits im Stadium IIa liegt diese nur noch bei 55 %.
In den letzten zehn Jahren wurden einige Studien publiziert, nach deren Ergebnissen sich die mittlere Überlebenszeit der Patienten im Stadium IV verlängert hat (von median 7,9 Monaten auf 11,3 Monate [3] [4]). Diese Beobachtung ist neben den verbesserten supportiven Maßnahmen auch auf die Einführung neuer Substanzen in die Therapie zurückzuführen. So konnte 2008 gezeigt werden, dass durch die Gabe von Pemetrexed zusammen mit Cisplatin in der Erstlinientherapie ein deutlicher Überlebensvorteil für die Patienten mit NSCLC vom Typ Adenokarzinom entsteht [5].
Ende 2005 wurde mit Erlotinib (Tarceva®) in Deutschland der erste EGFR-Tyrosinkinasehemmer (TKI) für die Therapie des fortgeschrittenen Lungenkarzinoms zugelassen [6]. Ab der Zweitlinientherapie stellte Erlotinib eine Alternative zur Chemotherapie dar, insbesondere bei Patienten in reduziertem Zustand und mit eingeschränkter Knochenmarkreserve. Es konnte nicht nur eine Verlängerung der medianen Überlebenszeit von 4,7 auf 6,7 Monate [6], sondern auch eine Verbesserung der tumorbedingten Symptome (Husten, Dyspnoe, Schmerzen) und der Lebensqualität gezeigt werden [7]. Am meisten profitierten die weiblichen Patienten mit Adenokarzinom, Nichtraucher und Patienten asiatischen Ursprungs. Eine Prognoserelevanz des EGF-Rezeptorstatus konnte von Shepherd et al. zum damaligen Zeitpunkt (noch) nicht gezeigt werden [6].
Seit Juli 2009 ist auch Gefitinib (Iressa®) für nichtkleinzellige Lungenkarzinome ab der ersten Therapielinie zugelassen, sofern der Tumor eine aktivierende Mutation des EGF-Rezeptors aufweist [8] [9] [10]. Bei dieser Patienten-Subgruppe konnte ein signifikant verlängertes progressionsfreies Überleben im Vergleich zu den mit einer Standard-Chemotherapie behandelten Patienten gezeigt werden (9,5 bzw. 10,4 Monate versus 6,3 bzw. 5,5 Monate) [9] [10]. Die Ergebnisse der mit asiatischen Patienten durchgeführten Studie, die zur Zulassung von Gefitinib führte, lassen sich auf Patienten anderer Ethnien übertragen, sofern eine aktivierende EGFR-Mutation nachgewiesen wurde. Auch hier waren eine gute Verträglichkeit der Therapie und die wenig beeinträchtigte Lebensqualität hervorzuheben.
Die Wirkungsweise der TKI beruht auf einer reversiblen Hemmung von Anteilen des epidermal growth factor receptors (EGFR- Rezeptor), einem Glykoprotein, das in 80 % der nichtkleinzelligen Lungenkarzinome exprimiert wird. Die Aktivierung des Rezeptors führt in den Tumorzellen zur Förderung von Wachstum, Angiogenese und Metastasierung.
Seit 2004 ist bekannt, dass bestimmte Mutationen des EGF-Rezeptors zu einer stark erhöhten Sensitivität und damit besseren Ansprechen gegenüber TKIʼs führt. So zeigte sich, dass eine Deletion im Exon 19 (45 – 50 % der nachgewiesenen Mutationen), Exon 21 (35 – 40 %), Exon 18 (3 %) und Exon 20 (3 %) mit einer guten Ansprechrate vergesellschaftet ist, wobei die Patienten mit einer Mutation im Exon 19 noch einmal eine bessere Prognose zu haben scheinen als Patienten mit anderen Mutationen.
Die hauptsächlichen Nebenwirkungen der TKIʼs sind Hauteffloreszenzen im Sinne einer Rötung (Rash) der Haut, in schwereren Fällen sind Pusteln und eitrige Superinfektionen zu beobachten. Diese Veränderungen zeigen sich am stärksten im Gesicht, am Rücken und im Dekolleté, eine starke Austrocknung der Haut betrifft das gesamte Integument. Bei längerer Anwendungsdauer kann es zu Nagelwallentzündungen (Paronychien) kommen.
Hautnebenwirkungen treten insgesamt bei etwa 75 % der Patienten unter Erlotinib auf, wobei nur 5,4 % dieser Patienten dritt- oder viertgradige Hautveränderungen haben [23].
Diarrhoen treten als Nebenwirkung von Erlotinib deutlich seltener auf, schwere Diarrhoen (CTC Grad 3) werden in den Studien in einer Häufigkeit von 1,6 bis 6 % angegeben.
Anders als bei anderen tumorspezifischen Therapien ist die Dosis der TKIʼs bisher unabhängig von Größe und Gewicht gewählt worden. Für Erlotinib liegt die Initialdosis bei 150 mg täglich, für Gefitinib bei 250 mg täglich. Eine Dosisreduktion aufgrund von Nebenwirkungen ist für Gefitinib nicht vorgesehen, für Erlotinib können die Dosisstufen 100 und 50 mg eingesetzt werden.
Neben dem Mutationsstatus des EGF-Rezeptors, dem die größte prognostische Bedeutung zukommt, wurde versucht, noch andere prognostische Faktoren zu definieren. Bisher ist bekannt, dass die Histologie (Adenokarzinom), weibliches Geschlecht, Nichtraucherstatus und asiatische Herkunft prognostisch günstige Faktoren darstellen. Da auch Patienten mit sog. genetischem Wildtyp oder Patienten mit Plattenepithelkarzinomen unter den Langzeitüberlebenden unter Erlotinib sind, wurde versucht, noch andere Faktoren herauszufiltern.
Die Intensität der Hautveränderungen unter Erlotinib wurden als früher Wirksamkeitsparameter [6], aber auch als positiv prognostischer Faktor für das Gesamtüberleben gewertet [2]. Hierbei ist die Beurteilung des Ausprägungsgrades jedoch stark untersucherabhängig.
Die Bedeutung des Ernährungsstatus für die Prognose der Patienten unter Erlotinib wurde bisher noch nicht untersucht. Dass Mangelernährung bei Karzinompatienten zum Zeitpunkt des Therapiebeginns eine schlechte Prognose und schlechtere Lebensqualität zur Folge hat, ist gut bekannt [25]. Der Einfluss starker Übergewichtigkeit auf die Prognose und das Therapieansprechen bei Karzinompatienten wurde jedoch noch nie untersucht. Auch Daten zum Zusammenhang von Body-Mass-Index und Wirksamkeit von Tyrosinkinasehemmern unter identischer Dosierung oder zur Nebenwirkungsrate fehlen bisher.
Dass Nichtraucher mit fortgeschrittenen Lungenkarzinomen eine bessere Prognose und besseres Therapieansprechen (unabhängig vom Therapieregime) haben als Ex-Raucher oder Raucher ist aus großen Untersuchungen bekannt [26]. Auch für Erlotinib wurde bereits frühzeitig bekannt, dass Nie-Raucher ein besseres Therapieansprechen zeigen als Raucher [26]. Dennoch konnte gezeigt werden, dass auch männliche Raucher mit Plattenepithelkarzinomen von Erlotinib profitieren können [27]. In jüngster Zeit konnte gezeigt werden, dass Raucher und Nichtraucher eine unterschiedliche Pharmakokinetik für Erlotinib aufweisen: Sowohl die maximale Plasmakonzentration als auch die Konzentration nach 24 Stunden waren bei Rauchern niedriger als bei Nichtrauchern [28].
Während bisherige Chemotherapiedosierungen in Abhängigkeit von der Körperoberfläche gewählt werden, ist die Initialdosierung von Tyrosinkinasehemmern unabhängig von Größe und Körpergewicht. Eine Dosisreduktion ist nur bei relevanten Nebenwirkungen vorgesehen.
Insgesamt fehlen weiterhin Faktoren von prädiktiver und prognostischer Relevanz für die Therapie mit Erlotinib.
In der vorliegenden retrospektiven Analyse von 275 Patienten (233 longitudinal auswertbar), die in der Zweit- und Drittlinie mit Erlotinib behandelt wurden, wurde versucht, die bekannten prognostischen Faktoren weiter zu spezifizieren sowie weitere prognostische Faktoren von hoher klinischer Relevanz herauszuarbeiten.
Neben der Differenzierung des Ausprägungsgrades der Hautnebenwirkungen (Rash Grad 1 – 4), dem Raucherstatus, Geschlecht und Histologie wurde erstmals der Einfluss von Körpergewicht und Größe und der hieraus ermittelte Body-Mass-Index (BMI) auf das Ansprechen und die Nebenwirkungsrate von Erlotinib untersucht. Daten zum Bezug zwischen Geschlecht, Rash und BMI fehlen bisher gänzlich.
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Methoden
Von Oktober 2005 bis Februar 2011 wurden in der Evangelischen Lungenklinik in Berlin-Buch 275 Patienten mit Erlotinib behandelt, von denen 233 Patienten (155 Männer und 78 Frauen) longitudinal auswertbar waren. Es handelte sich um 141 Patienten mit Adenokarzinomen (60,5 %) und 92 Patienten mit Plattenepithelkarzinomen (39,5 %).
175 (75 %) dieser Patienten waren zum Zeitpunkt der Diagnosestellung älter als 60 Jahre.
Die Erlotinib-Dosis lag initial bei allen Patienten bei 150 mg täglich.
Die Patienten wurden in 4-wöchentlichen Abständen in der onkologischen Fachambulanz der Evangelischen Lungenklinik untersucht. Neben der Anamnese, der körperlichen Untersuchung mit Erhebung der Hautnebenwirkungen wurden jeweils Blutbild- und Leberwertkontrollen durchgeführt. Nach 8 Wochen wurde eine Einschätzung des Therapieansprechens mittels konventioneller Röntgen-Übersicht und ggfs. Computertomografie des Thorax durchgeführt.
Die Erhebung der Intensität der Hautnebenwirkungen wurde jeweils nach 4 Wochen Einnahme und dann weiter in 4-wöchentlichem Abstand durchgeführt und dokumentiert. Die Einteilung der Intensität wurde immer von demselben Untersucher vorgenommen.
Die Einteilung erfolgte nach der CTCAE (Common Toxicity Criteria for Adverse Events Version 3.0)-Klassifikation in Grad 1 bis 4:
Grad 1: Makulöse oder papulöse Eruption oder Erythem ohne Begleitsymptome
Grad 2: Makulöse oder papulöse Eruption oder Erythem mit Juckreiz oder anderen Begleitsymptomen, lokalisierte Desquamation auf < 50 % der Körperoberfläche
Grad 3: Schwere generalisierte Erythrodermie oder makulöse, papulöse oder vesikuläre Eruption; Desquamation auf > 50 % der Körperoberfläche, einhergehend mit Schmerzen, Ulzeration oder Desquamation
Grad 4: Generalisierte exfoliative, ulzerative oder bullöse Dermatitis.
Für die Therapie des Rash wurde ab Grad 1 steroidhaltige Salbe (Dermatop-Salbe®) für die betroffenen Partien verordnet. Bei bakterieller Superinfektion wurde Minocyclin 2 × 50 mg/die verordnet. Als Basis der Hautpflege wurden stark fetthaltige Cremes empfohlen (Excipial Fettcreme®, Linola Fettsalbe®).
Bei Rash ab Grad 2 wurde Erlotinib für 14 Tage pausiert. Nach Abklingen der Hautveränderungen wurde die Therapie mit der nächstniedrigen Dosis (100 bzw. 50 mg Erlotinib) fortgeführt.
Für die überwiegende Anzahl der Patienten wurde die Therapie mit Erlotinib als Zweit- oder Drittlinientherapie nach vorheriger platinbasierter Chemotherapie und Taxanen eingesetzt. Von den 141 Patienten mit Adenokarzinomen erhielten 38 Patienten (26,9 %) Erlotinib als Zweitlinientherapie, 72 Patienten (51 %) als Drittlinientherapie und 5 Patienten (3,5 %) als Viertlinientherapie.
Bei den Patienten mit Plattenepithelkarzinomen wurden 26 Patienten (28,3 %) in der Zweitlinie mit Erlotinib behandelt, 52 Patienten (56,5 %) in der Drittlinie und 2 Patienten (2,2 %) in der Viertlinie.
132 Patienten (66 %) waren aktive Raucher oder Ex-Raucher, 68 Patienten (34 %) Nichtraucher, von 33 Patienten konnten keine Daten bezüglich des Raucherstatus erhoben werden.
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Ergebnisse
Das Ergebnis bezüglich des Gesamtüberlebens ab dem Zeitpunkt der Erlotinib-Einnahme ist mit den Daten aus der Literatur vergleichbar ([Abb. 1]). Die Patienten mit Adenokarzinomen haben ein besseres Overall Survival (OS, median 6,48 Monate) als Patienten mit Plattenepithelkarzinomen (median 6 Monate). In unserem Kollektiv wurde die Indikation für den Einsatz von Erlotinib noch nicht vom EGF-Rezeptor-Mutationsstatus beeinflusst, da diese Methode erst später im Beobachtungszeitraum etabliert wurde. So erklärt sich möglicherweise die geringe Differenz zwischen dem Überleben der verschiedenen histologischen Typen, eine Selektion der Patienten mit Adenokarzinomen hatte vorher nicht stattgefunden.
Ebenfalls mit den Literaturdaten in Übereinstimmung zu bringen sind die Ergebnisse zum Gesamtüberleben nach Beginn der Erlotinib-Einnahme und dem Raucherstatus der Patienten ([Abb. 2]). Das längste mediane OS mit 8,3 Monaten haben Patienten, die nie geraucht haben. In unserem Patientengut weisen die ehemaligen Raucher das schlechteste mediane Überleben auf (4,5 Monate), während die aktiven Raucher ein geringfügig besseres medianes Überleben (6,4 Monate) zeigen. Bei fehlender Differenzierung bezüglich der Länge der „Ex-Raucher-Phase“ sind jedoch beide letztgenannten Gruppen in unserer Analyse eher als Einheit zu betrachten.
Von den 233 ausgewerteten Patienten hat kein Patient einen Rash Grad 4 entwickelt ([Abb. 3]). Diskrepant zu den Angaben aus der Literatur weisen in unserem Kollektiv die Patienten mit mittelgradig ausgeprägtem Rash (Grad 1 und 1 – 2) das beste OS auf (median 9 Monate). Sowohl die Patienten ohne Rash (Grad 0 und 0 – 1) als auch diejenigen mit starkem Rash (Grad 2, 2 – 3 und 3) weisen ein schlechteres Gesamtüberleben auf (Grad 0 und 0 – 1 median 4,8 Monate, Grad 2, 2 – 3 und 3 median 7,9 Monate).
Reduziert man die Patienten auf die Gruppe, die Erlotinib als Drittlinientherapie erhielt ( [Abb. 4]), ist diese Tendenz noch klarer zu erkennen ([Abb. 4]): Die Patienten mit mittelgradigem Rash (Grad 1 und 1 – 2) zeigen das beste Gesamtüberleben (median 9,7 Monate), während Patienten ohne Rash und mit stark ausgeprägtem Rash ein schlechteres Gesamtüberleben zeigten (Grad 0 und 0 – 1: 4,6 Monate, Grad 2, 2 – 3 und 3: 7,9 Monate).
Der Raucherstatus beeinflusst offenbar die Wahrscheinlichkeit der Rash-Entwicklung ([Tab. 1]). Nur 6,7 % der Raucher entwickeln unter Erlotinib einen Rash Grad 2, 2 – 3 oder 3, während bei den Nichtrauchern 23,5 % einen Rash Grad 2, 2 – 3 oder 3 entwickeln. Diese Beobachtung könnte die These stützen, dass Tyrosinkinasehemmer bei Rauchern schneller verstoffwechselt werden [28] [29].
n = Anzahl
Die Korrelation des Body-Mass-Index (BMI) mit dem Overall Survival aller Patienten ergibt, dass ein mittlerer bis etwas erhöhter BMI (25 – 30) mit dem besten Gesamtüberleben einhergeht (median 7,4 Monate) ([Abb. 5]). Wie zu erwarten, weisen die Patienten mit sehr niedrigem BMI (< 18,5) das niedrigste Gesamtüberleben auf (median 4,9 Monate). Allerdings haben die Patienten mit sehr hohem BMI (> 30) ein ähnlich schlechtes Gesamtüberleben, was möglicherweise mit der in dieser Gruppe erhöhten Komorbidität (metabolisches Syndrom und die Folgeerkrankungen) zu erklären ist.
Eine Korrelation zwischen niedrigem BMI und starker Ausprägung des Rash unter Erlotinibtherapie konnte nicht hergestellt werden ([Tab. 2]): Nur 14,2 % der Patienten mit einem BMI <18,5 entwickelten einen Rash Grad 2, 2 – 3 oder 3, während 19,2 % der Patienten mit einem BMI > 30 einen höhergradigen Rash (Grad 2, 2 – 3 oder 3) entwickelten. Die Empfehlung einer primären Dosisreduktion bei untergewichtigen Patienten lässt sich aus diesen Daten nicht ableiten.
BMI-Klassen |
Rash |
|||
0 /0 – 1 |
1 /1 – 2 |
2 /2 – 3 /3 |
Total |
|
< 18,5 |
13 |
5 |
3 |
21 |
18,5 – < 25 |
70 |
33 |
17 |
120 |
25 – < 30 |
28 |
18 |
19 |
65 |
> 30 |
14 |
7 |
5 |
26 |
Total |
125 |
63 |
44 |
232 |
Insgesamt haben männliche Patienten deutlich häufiger schwerwiegende Hautreaktionen unter Erlotinib entwickelt als weibliche (24,5 % der männlichen Patienten versus 7,8 % der weiblichen Patienten) ( [Tab. 3] und [Tab. 4]). Bei den Frauen betrug der Anteil an sehr milden Hautreaktionen (Grad 0 und 0 – 1) 65,9 %, bei den Männern betrug er 48,3 %.
BMI = Body Mass Index
BMI = Body Mass Index
Bei der Korrelation von BMI und Rash ergab sich kein wesentlicher Unterschied zwischen Männern und Frauen.
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Diskussion
Bezüglich der prognostischen Relevanz der Histologie der mit TKI behandelten Patienten mit nichtkleinzelligem Lungenkarzinom stützen die vorliegenden Daten die aus der Literatur bekannten Ergebnisse: Patienten mit Adenokarzinomen (unabhängig vom EGF-Rezeptor-Mutationsstatus) haben unter Erlotinib eine bessere Prognose als Patienten mit Plattenepithelkarzinomen.
Die Daten aus der vorliegenden Analyse bezüglich des Rash unter TKI ergänzen die bisher veröffentlichten Ergebnisse [24] [30]. Eine Korrelation des Rash zu anderen prognoserelevanten Faktoren, insbesondere beim Lungenkarzinom wie in der vorliegenden Studie, wurde bisher noch nie hergestellt.
Rash wird als prognoserelevanter Faktor der Behandlung mit einem TKI angesehen.
Bei Patienten mit Pankreaskarzinomen wird die starke Ausprägung der Hautreaktion als klarer Indikator für gutes Ansprechen gewertet [32]. Bei fehlender Hautreaktion wird die Therapie oft abgebrochen.
Auch in der vorliegenden Studie haben die Patienten mit sehr wenig oder fehlender Hautreaktion (Grad 0 und 0 – 1) das schlechteste mediane Überleben, was für einen Zusammenhang der Wirkung auf die Tumorerkrankung mit der Hautreaktion spricht. Der epidermale Wachstumsfaktor (EGF) spielt für die Physiologie von Haut, Schleimhäuten und Haaren eine große Rolle, die genauen Mechanismen und die Ursache für die stark unterschiedliche Ausprägung des Rash bei Patienten unter Erlotinib ist jedoch weiterhin unklar.
In unserem Kollektiv haben die Patienten mit mittelgradigem Rash das beste Gesamtüberleben. Entgegen den Literaturdaten zeigen die Patienten mit stark ausgeprägtem Rash in der vorliegenden Arbeit ein schlechteres Überleben als diejenigen mit mittelgradig ausgeprägtem Rash.
Ursächlich für diese erstmals gemachte Beobachtung könnte eine bei starker Hautreaktion häufig notwendige Dosisreduktion oder Therapiepause sein. Hierdurch kommt es möglicherweise zu einer verringerten Wirksamkeit des Medikaments und somit zu schlechteren Überlebenszeiten der Patienten. In seltenen Fällen zwingt der intensive Rash auch zum Absetzen des TKI nach kurzer Behandlungsdauer, so dass die Behandlungszeit für ein Therapieansprechen nicht ausreicht.
Häufig ist ausgeprägter Rash auch mit starken Diarrhoen vergesellschaftet, was bei vorbestehender Komorbidität auch zu Komplikationen und erhöhter Sterblichkeit führen kann.
Die Ausprägung des Rash weist geschlechtsspezifische Unterschiede auf und ist mit einer unterschiedlichen Prognose assoziiert. Die Annahme, dass ausgeprägter Rash (Grad 3) ein günstiges Prognosekriterium ist, gilt insbesondere für Männer nicht. Trotz deutlich häufiger ausgeprägtem Rash haben sie eine schlechtere Prognose als Frauen in der untersuchten Kohorte. Möglicherweise spielt die mangelnde Therapieadhärenz der Patienten, auch aufgrund der oralen Präparation, eine zusätzliche Rolle.
Zu diskutieren wäre eine unterschiedliche Verstoffwechselung des Erlotinib über die Leber mit resultierenden höheren Plasmaspiegeln bei Männern.
Die Ursache und die klinische Relevanz für den bei Männern häufig stärker ausgeprägten Rash sollte in prospektiven Studien weiter untersucht werden.
Niedrigere Plasmaspiegel für Erlotinib können für aktive Raucher angenommen werden, die in unserem Patientenkollektiv deutlich seltener einen Rash Grad 2, 2 – 3 oder 3 ausgebildet haben. In einem kleinen Kollektiv von 32 Patienten konnte dies von Hamilton et al. bestätigt werden [28].
Bisher ist eine prospektive Studie mit Messung der Plasmaspiegel von Erlotinib aufgelegt (Current S Studie der Fa. Roche), mit der Zielsetzung, einen Unterschied der Prognose bei Rauchern und Nichtrauchern nachzuweisen und durch Dosisadaption auszugleichen.
Die Bedeutung des Ernährungsstatus für das Überleben von Patienten unter TKI wurde bisher nicht untersucht. Pirlich et al. fanden in einer großen Multicenterstudie, dass in deutschen Krankenhäusern bereits bei Aufnahme 27,4 % der Patienten mangelernährt sind. Besonders gefährdet sind Patienten über 60 Jahre, Patienten mit Malignomen sowie Patienten mit Mehrfacherkrankungen [31]. Nicht nur die Lebensqualität, sondern auch die Gesamtprognose der Patienten mit Mangelernährung ist signifikant eingeschränkt, und zwar unabhängig von der Art und Behandlung der malignen Erkrankung [25].
In der vorliegenden Arbeit konnte gezeigt werden, dass der Ernährungsstatus für Patienten mit nichtkleinzelligem Lungenkarzinom unter Therapie mit TKI eine wesentliche Rolle spielt. Mangelernährte Patienten mit einem BMI < 18 weisen das schlechteste Gesamtüberleben unter Erlotinib auf. Völlig neu ist jedoch die Erkenntnis, dass Patienten mit starkem Übergewicht (BMI > 30) eine fast ebenso schlechte Prognose zeigen wie die unterernährten Patienten. Hierzu existieren bisher keinerlei Daten in der Literatur. Möglicherweise spielt die Komorbidität dieser Patientengruppe mit der resultierenden erhöhten Mortalität eine Rolle. Eventuell ist auch die häufig umfangreiche Komedikation mit Beeinflussung der Resorption des TKI von Bedeutung.
In der vorliegenden Arbeit konnte erstmals gezeigt werden, dass Patienten mit niedrigem BMI nicht häufiger starken Rash entwickeln als normalgewichtige Patienten. Auch ein hoher BMI > 30 führt nicht dazu, dass häufiger stärker ausgeprägte Hautreaktionen auftreten. Diese beiden Patientengruppen weisen gleichzeitig das schlechteste Überleben auf, ohne dass hier ein geschlechtsspezifischer Unterschied zu erkennen wäre. Diese erstmals erstellte Korrelation zwischen den klinischen Faktoren Rash und BMI zeigt, dass beide Faktoren von großer prognostischer Bedeutung sind. Eine Dosisreduktion kann bei niedrigem BMI nicht primär empfohlen werden.
Zu diskutieren ist, ob die Begleitmedikation oder die chemotherapeutische Vortherapie der Patienten für die Ausprägung des Rash eine Rolle spielt. Alle unsere Patienten hatten eine platinhaltige Chemotherapie in der Erstlinienbehandlung, kombiniert entweder mit Pemetrexed oder Vinorelbine.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die bisher nicht untersuchten klinischen Faktoren Rash unter TKI und Ernährungsstatus eine große Rolle für die Prognose der Patienten spielen. Dabei ist der häufig bei Männern intensive Rash mit einer ungünstigeren Prognose verbunden, ein reduzierter und adipöser Ernährungsstatus für Männer und Frauen ebenfalls.
Prospektive Studien zum Verständnis des Rash und der geschlechtsspezifischen Prognoseunterschiede sowie zum Einfluss des Ernährungsstatus sind notwendig.
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Interessenkonflikt
B. Böker hat von der Firma Roche in den letzten fünf Jahren zweimal eine Kongressteilnahme erstattet bekommen, hat zweimal einen Vortrag gegen Honorar gehalten und war einmal an einer Studie beteiligt.
H. Lüders gibt an, dass kein Interessenkonflikt besteht.
C. Grohé hat an Advisory Board Meetings der Firma Roche teilgenommen und Vorträge gehalten, die von der Firma Roche unterstützt wurden. Interessenkonflikte bestehen dennoch nicht.
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Korrespondenzadresse
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