Aktuelle Dermatologie 2012; 38(01/02): 40-43
DOI: 10.1055/s-0031-1291488
Tagungsbericht
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Bericht über den Dermatologie-Workshop der Paul-Martini-Stiftung (PMS) am 20. September 2011 in Berlin

Report on the Workshop on Dermatology of the Paul-Martini-Foundation (PMS) on 20 September 2011 in Berlin
S. Throm
Paul-Martini-Stiftung, Berlin
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Dr. Siegfried Throm
Paul-Martini-Stiftung
Hausvogteiplatz 13
10117 Berlin

Publication History

Publication Date:
16 December 2011 (online)

 

Dermatologie ist mehr als „Hautsache“ – Stand und Perspektiven

PD Dr. Sigbert Jahn, Merck Serono GmbH und Vorstandsmitglied der PMS, begrüßt die über 60 Teilnehmer und stellt die Stiftung vor. Er verweist auf die Programmgestaltung durch Prof. Dr. Thomas Luger/Universität Münster und Prof. Dr. Wolfram Sterry/Charité Berlin, der leider heute verhindert ist, und führt kurz in das Thema Dermatologie ein. So sei die Haut nicht nur der Spiegel der Seele, sondern auch von Krankheiten.


Prof. Dr. Thomas Luger
, Direktor der Klinik und Poliklinik für Hautkrankheiten der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster, der den Workshop moderiert, weist einleitend darauf hin, dass die dermatologische Forschung in Deutschland zur Weltspitze gehöre. Gerade in den letzten Jahren habe sich sehr viel in der dermatologischen Forschung getan: So seien einige Präparate zunächst gegen Hautkrankheiten und dann auch gegen andere entzündliche Krankheiten entwickelt worden. Hierfür sei eine wissenschaftliche Kooperation mit Pharma-Unternehmen unerlässlich.


Prof. Dr. Rudolf Stadler
, Hautklinik des Klinikums Minden und Präsident der Deutschen Dermatologischen Gesellschaft, vermittelt einen Überblick über „Die Dermatologie im deutschen Sprachraum – Spitzenleistungen in Patientenbetreuung, Lehre und Forschung“. Die Deutsche Dermatologische Gesellschaft besteht bereits seit 122 Jahren. Derzeit gibt es in Deutschland 34 Universitäten mit Hautkliniken, in denen 500 Fachärzte 2010 rund 77 000 stationäre Behandlungsfälle versorgten. Hinzu kamen 5300 praktizierende Dermatologen, davon 4000 im ambulanten und rund 950 im stationären Bereich. Stadler verweist auf die dramatische Zunahme von Hautkrebs, der seit 2008 mit der Einführung der Hautkrebsprävention begegnet wird, sowie auf die inzwischen über 30 zertifizierten Hauttumorzentren. Er stellt die Forschungsschwerpunkte in der Dermatologie vor und verweist auf die hochrangigen Publikationen und erheblichen Drittmitteleinwerbungen. Weiterhin präsentiert er Fakten zur Versorgung in Universitäts-Hautkliniken aus der versorgungsepidemiologischen Studie 2011. Zusammenfassend stellt er fest, dass Dermatologie ein Organfach mit fester Position in der stationären Versorgung ist und sich als Leistungsträger in Versorgung, Lehre und Forschung erwiesen hat, wobei in den letzten Jahren bereits eine Strukturanpassung erfolgt ist. Erforderlich seien insbesondere eine optimierte Vernetzung zwischen stationärer und ambulanter Medizin, der Abbau bürokratischer Hindernisse, ein freier Zugang für Hochschulambulanzen, die Förderung des Nachwuchses und die Stärkung dermatologischer Teilbereiche.


Prof. Dr. Jan C. Simon
, Klinik für Dermatologie, Venerologie und Allergologie am Universitätsklinikum Leipzig, präsentiert „Dermatologisch-immunologische Forschung am Beispiel der Autoimmunpathogenese der Psoriasis und anderer kutaner Autoimmunerkrankungen“. Psoriasis ist eine weit verbreitete (bei Berufstätigen: 2,1 %; bei Personen ab 50 Jahren: über 4 %) schwere Erkrankung mit langer Behandlungsdauer, von der nicht nur die Haut betroffen ist: Komorbiditäten sind insbesondere Arthritis, metabolisches Syndrom, Morbus Crohn, Diabetes und Colitis ulcerosa sowie kardiovaskuläre Erkrankungen. Dies führt zu Einbußen bei der Lebensspanne, die bei Männern 3,5 Jahre und bei Frauen sogar 4,4 Jahre betrage. In mehreren Fallberichten stellt er dar, wie durch die dermatologisch-immunologische Forschung gezielt in das Krankheitsgeschehen eingreifende neue Medikamente bei Patienten mit Psoriasis bzw. mit systemischem Lupus erythematodes (SLE) entwickelt werden konnten, wodurch eindrucksvolle Erfolge erzielt und Frühverrentungen vermieden werden konnten. Zusammenfassend hält er fest, dass

  • entzündliche Hautkrankheiten wie Psoriasis und SLE schwere Erkrankungen sind, die mit vielen Komorbiditäten und erhöhter Mortalität einhergehen;

  • die dermatologisch-immunologische Forschung wesentliche Pathomechanismen aufklären konnte (modellhaft für andere entzündliche Erkrankungen);

  • dadurch die Entwicklung neuer zielgerichteter Therapien mit Vorteilen bei der wirksamen Verbesserung der Lebensqualität und Senkung der sekundären Kosten möglich war und

  • dermatologisch-immunologische Forschung sich als ein Erfolgsmodell für die Zusammenarbeit von Akademia und forschenden Pharma-Unternehmen zum Wohle der Patienten erwiesen hat.


PD Dr. Sigbert Jahn
, Merck Serono GmbH, Darmstadt, und Vorstandsmitglied der PMS, stellt „Psoriasis als ,Proof of Principle‘ für die Entwicklung von Therapeutika in internistischen Indikationen“ vor. Er erläutert zunächst die Pathogenese der Psoriasis, die der von Morbus Crohn, Rheumatoider Arthritis (RA) und Multipler Sklerose (MS) gleicht. Dessen ungeachtet gibt es Beispiele, bei denen eine Übertragung eines bei M. Crohn und RA erfolgreichen Therapiekonzepts trotz pathogenetischer Gemeinsamkeiten (TNF-Blockade) auf MS nicht gelungen ist.

Eine aktuelle Auswertung des internationalen Studienregisters clinicaltrial.gov erbrachte fast 600 Studien mit Psoriasis-Medikamenten, davon 80 mit Beteiligung deutscher Studienzentren, rund 770 Studien mit MS-Patienten (davon 130 mit Beteiligung Deutschlands) und 280 Studien mit Patienten mit atopischer Dermatitis (davon 50 mit deutscher Beteiligung). Dabei wird eine Vielzahl von Medikamenten geprüft, die an allen bisher identifizierten Schritten der Psoriasis-Pathogenese eingreifen. Anschließend erläutert er die hohe Bedeutung der Biomarker-Forschung auch bei Psoriasis, um den Verlauf der Erkrankung abzuschätzen und das optimale Präparat auszuwählen sowie möglichst früh den Erfolg einer Therapie bzw. eventuelle schwere Nebenwirkungen/Unverträglichkeiten vorhersehen zu können. Zusammenfassend stellt er fest, dass die Psoriasis:

  • eine Modellerkrankung mit teils schweren Verläufen an der Haut für autoimmunpathologische Erkrankungen ist;

  • dank intensiver immunologisch-dermatologischer Forschung in Entstehung und Stadienverlauf gut verstanden wird;

  • die Biologicals in die dermatologische Therapie gebracht hat;

  • als Modellerkrankung die Entwicklung neuer immunologischer Therapeutika für Autoimmunerkrankungen motivieren kann;

  • durch die leichte diagnostische Zugänglichkeit des Zielorgans Haut im Mittelpunkt der klinischen Forschung an Autoimmunerkrankungen steht.


Prof. Dr. Ulrike Blume-Peytavi
, Klinik für Dermatologie, Venerologie und Allergologie, Charité-Universitätsmedizin Berlin, erläutert „Pädiatrische Dermatologie – Besonderheiten und Herausforderungen“. Ihren Schwerpunkt legt sie bei den vielen Besonderheiten und Herausforderungen der Kinderdermatologie auf kinderdermatologische Erkrankungen mit möglicher systemischer Beteiligung wie z. B. bei Mastozytose, Xanthogranulomen, Morbus Fabry, Kollagenosen (Sklerodermie, SLE) und erläutert jeweils deren Diagnose, Manifestation, Verlauf und Prognose. Anschließend geht sie auf die Notwendigkeit des Einsatzes von Systemtherapeutika wie Methotrexat, Ciclosporin, Azathioprin, Mycophenolat Mofetil, Dapson und Hydroxychloroquin ein; diese müssen bei Kindern meist Off-Label eingesetzt werden, da die Zulassung die entsprechende Altersgruppe und/oder Indikation nicht abdeckt. Wichtig ist auch, vor einer immunsuppressiven Therapie den Impfstatus zu überprüfen, da Lebendimpfstoffe kontraindiziert sind und bei Totimpfstoffen der volle Impfschutz möglicherweise nicht erreicht wird. Von den Biologika ist aktuell nur Etanercept für Psoriasis vulgaris im Kindesalter zugelassen, Infliximab nicht für dermatologische Indikationen, und Adalimumab und Ustekinumab werden aktuell in klinischen Phase-III-Studien bei Kindern mit Plaque-Psoriasis geprüft. Als weitere innovative Ansätze beleuchtet Blume-Peytavi die Enzymersatztherapie, Sirolimus, Everolimus gegen Tumoren bei tuberöser Sklerose und Canakinumab bei CAPS-Syndrom (Cryopyrin-assoziiertes periodisches Syndrom). Entscheidend in der Kinderdermatologie seien frühzeitige Diagnose, altersgerechte, rechtzeitige Therapie, sorgfältiges Abwägen zwischen Therapie-Erfordernis und deren Einfluss auf die körperliche und geistige Entwicklung sowie die interdisziplinäre Betreuung der Patienten.


Prof. Dr. Thomas Bieber
, Klinik für Dermatologie und Allergologie am Universitätsklinikum Bonn, referiert zu „Neurodermitis – Facetten einer atopischen Erkrankung der Haut“. Zu den atopischen Krankheiten zählen die Rhinitis, Asthma, IGE-vermittelte Erkrankungen und die atopische Dermatitis (Neurodermitis). Bezüglich Letzterer geht er auf die folgenden Fragen ein: klinische Facetten der Neurodermitis, die „atopische Karriere“, Beginn und Verlauf der verschiedenen Formen der Neurodermitis (Kindesalter/transient, Erwachsenenalter/transient, Kindesalter/permanent und Erwachsenenalter/permanent), die Unterschiede bezüglich nicht-allergischer und allergischer Variante, die Bedeutung des Genotyps für die Klinik und die klinische Relevanz der genetischen Informationen. Hier konnten durch genomweite Assoziierungsstudien (GWAS) eine Reihe von Gen-Kandidaten für eine Sensibilisierung ermittelt werden. Anschließend erläutert er die Möglichkeiten, mit einer frühen Gabe z. B. von Pimecrolimus oder Tacrolimus die Sensibilisierungsproblematik und damit auch eine „atopische Karriere“ zu verhindern. Abschließend stellt er Untersuchungen zur Stratifizierung von Patienten mittels validierter Biomarker vor und erläutert den Einfluss des Genotyps auf den klinischen Phänotyp, das Design von klinischen Studien und regulatorische Aspekte sowie die Entwicklung neuartiger Basistherapeutika und präventiver Maßnahmen.


Prof. Dr. Leena Bruckner-Tuderman
, Universitäts-Hautklinik Freiburg, präsentiert „Erkrankungen mit hohem Medical Need: Hereditäre blasenbildende Dermatosen“. Die hereditären blasenbildenden Dermatosen gehören zu seltenen Erkrankungen der Haut, zusammen mit rund 300 anderen Hautkrankheiten. Die Epidermolysis bullosa-Gruppe wird als Beispiel vorgestellt; die Erkrankungen sind schwer und selten und stellen aus folgenden Gründen einen sehr hohen „unmet medical need“ dar. Sie treten lebenslang auf, sind mit starken Schmerzen verbunden und mit schlechter Wundheilung, Haarverlust, Atrophie und Fibrose sowie Verlust der normalen Funktionen. Auch die Schleimhäute sind betroffen und in extremen Fällen verlaufen sie tödlich. Erschwerend sind folgende Punkte: Wenig bis keine Informationen, sehr wenige Spezialisten, keine Heilungsmöglichkeiten, Multiorganbefall, hohes Hautkrebsrisiko, unklare Prognose, wenig Forschung, hohe psychologische Belastung und Stigmatisierung, Probleme mit der Erstattung. Die Behandlungsmöglichkeiten beschränken sich auf den Schutz vor Traumen, Wundpflege, Schmerztherapie und multidisziplinäres Management. Inzwischen sind im Mausmodell einige Krankheitsmechanismen gut erforscht. Mögliche in Erprobung befindliche Therapiestrategien sind: Gen-, siRNA-, Zellproteintherapie und Einsatz von kleinen Molekülen. Die Knochenmarktransplantation ist wirksam, aber mit hohen Risiken verbunden. Für die Gentherapie werden die bisher verwendeten retroviralen Faktoren kritisch gesehen. Die siRNA-Therapie ist mit wiederholten, sehr schmerzhaften Injektionen verbunden. In der Proteintherapie wird Kollagen VII gegeben; hier sind aber Qualität und Funktionalität des Kollagens noch offen. Abschließend verweist Bruckner-Tuderman auf das Nationale Aktionsbündnis für Menschen mit seltenen Erkrankungen (NAMSE), das Nationale Netzwerk Epidermolysis bullosa mit einem etwa 780 Patienten umfassenden Register, das 2009 gegründete Freiburg Center for Rare Diseases und das European Network of Expert Centers.


Prof. Dr. Thomas Schwarz
, Klinik für Dermatologie, Venerologie und Allergologie am Universitätsklinikum Kiel, stellt in seinem Vortrag „Phototherapie – Licht im therapeutischen Arsenal des Dermatologen“ zunächst die wichtigsten Einsatzgebiete der Phototherapie vor, zu denen insbesondere Psoriasis, atopisches Ekzem und weitere Ekzemerkrankungen, kutane T-Zell-Lymphome, polymorphe Lichtdermatose, Vitiligo, Graft-versus-Host-Disease und Morphaea gehören. Für die Phototherapie spricht, dass sie eine bewährte, ausgereifte, effektive, bezüglich Wirkungen und Nebenwirkungen berechenbare und preiswerte Therapieoption darstellt; Nachteile sind die häufigen Anwendungen, die Berufstätigen Probleme machen und hohe indirekte Kosten verursachen, und dass die Dosierung individuell ermittelt werden muss und daher einen erfahrenen Therapeuten benötigt. Das Bestrahlungsregime ist so weit optimiert worden, dass hier keine sinnvollen Neuentwicklungen mehr zu erwarten sind. Bei der technischen Entwicklung gab es mit der Einführung der 311-Nanometer-Lampe im Jahr 1984 den letzten Fortschritt. Die Vorteile neuerer Entwicklungen wie „denkende“ Geräte, Excimerlaser, „Licht“-Impfung und LED sieht er skeptisch. Schwarz erläutert die immunsuppressiven Effekte von UVB, die Rolle der regulatorischen T-Zellen und die molekularen Zielstrukturen für UVB, insbesondere den Arylhydrocarbonrezeptor (AhR). Derzeit wird geprüft, ob sich mit AhR-Agonisten eine UV-freie Phototherapie realisieren lässt. Niels Ryberg Finsen hatte 1903 den Nobelpreis für die Behandlung der Tuberkulose mit UV-/Sonnenlicht erhalten. Heute weiß man, dass UV-/Sonnenlicht die Vitamin D-Produktion ankurbelt und Vitamin D seinerseits die Bildung des antimikrobiellen Peptids LL37 veranlasst. UV-Licht wirkt immunsuppressiv über die erworbene und stimulierend über die angeborene Immunantwort. Abschließend betont er, dass die Phototherapie erhebliche Beiträge zum Verständnis der Pathogenese von Hautkrankheiten geleistet hat und den Weg für neue Therapien wie die „UV-freie Phototherapie“ bahnen könnte.


Prof. Dr. Harald Gollnick
, Klinik für Dermatologie und Venerologie am Universitätsklinikum Magdeburg, erklärt „Die vielen Gesichter der Akne – was ist Akne eigentlich?“ und weist einleitend auf die weite Verbreitung von Akne hin: 70 – 95 % der Jugendlichen sind betroffen; dies resultiert in 1 % aller Arztkontakte weltweit; 15 – 30 % der Fälle bedürfen einer fachärztlichen Behandlung; sie verursacht starke Einschränkungen der Lebensqualität im emotionalen und sozialen Bereich. Akne kommt in vielen Arten/Subtypen vor; die wichtigsten Gesichtsdermatosen sind Rosazea, Akne, seborrhoische Dermatitis und periorale Dermatitis. Gollnick präsentiert die Unterschiede und Abgrenzungskriterien sowie die Unterschiede zwischen typischer Akne und akneiformen Dermatosen. Akne kann auch durch Medikamente wie Antidepressiva ausgelöst werden; die Behandlung erfolgt durch Absetzen des Medikaments, Electrocauter und topische/systemische Retinoide. Anschließend stellt er die verschiedenen Rezeptoren im Haarfollikel, die derzeitige Aknepathogenese und daraus abgeleitete neue Therapiekonzepte vor, einschließlich der Rolle von Propionibacterium acnes, dessen Erbgut inzwischen entschlüsselt wurde. Dazu gehören orale 5-Lipoxygenase-Inhibitoren, die sich in einer Pilotstudie bereits erfolgreich gezeigt haben. Aber nicht alle theoretisch gut begründbaren Konzepte funktionieren: So blieben Studien mit einem Typ-I-5alpha-Reduktase-Inhibitor (der in die Regulation durch Androgene eingreifen sollte) erfolglos. Bezüglich der möglichen Rolle der Ernährung zeichnet Gollnick die wechselhafte Geschichte nach und skizziert den aktuellen Diskussionsstand bezüglich hohem hypoglykämischen Index, Übergewicht und Milch (Erhöhung des IGF-1-Plasmaspiegels?). Abschließend verweist er auf die Aktivitäten der Global Alliance to Improve Outcomes in Acne, die 2010 eine weltweite Studie zur Adhärenz bei Aknetherapie publiziert hat, und auf eine Pilotstudie zur Verbesserung der Adhärenz sowie auf die S2-Leitlinie zur Behandlung der Akne und die kurz vor dem Abschluss stehende europäische S3-Leitlinie.


Prof. Dr. Dirk Schadendorf
, Klinik für Dermatologie am Universitätsklinikum Essen, erläutert die „Behandlung des Melanoms; neue Ansätze = Fortschritt für den Patienten?“ Er erinnert zunächst an den im Dezember 1971 gemeinsam vom damaligen US-Präsidenten Richard Nixon und dem Vorsitzenden der US-Krebsgesellschaft, Dr. Averill Denton, ausgerufenen „War on Cancer“. Seitdem hat es bei einigen Krebsarten gute Fortschritte gegeben. In Deutschland gibt es jährlich 22 000 neue Melanomfälle, vor allem bei Personen im mittleren Lebensalter; 10 – 15 % versterben an ihrer Melanomerkrankung. Die 10-Jahres-Überlebenswahrscheinlichkeit hängt stark von der Eindringtiefe des Melanoms ab: Bei 1 mm liegt sie bei 90 %, bei 4 mm nur noch bei 30 – 40 %. Daher war die Einführung der Melanom-Früherkennung in Deutschland ein bedeutender Präventionsschritt. Neuerdings gibt es auch bei der Therapie Hoffnung auf dramatische Änderungen. Erstmals seit 40 Jahren konnte mit einem neuen Medikament, dem monoklonalen Antikörper Ipilimumab, ein Überlebensvorteil erzielt werden. Ein weiteres neues Präparat nutzt das stark gestiegene molekulare Verständnis des Melanoms, die 2002 erstmals publizierte BRAF-Mutation, die bei 40 – 60 % aller Melanome zu finden ist und über eine Aktivierung des MAP-Kinase-Signaltransduktionswegs zu Zellproliferation und Apoptose-Resistenz führt. Durch deren Blockade mit einem BRAF-Inhibitor (oder an späterer Stelle dieses Signalwegs mit einem MEK-Inhibitor) konnte ein Therapie-Ansprechen von 70 %, eine Tumorschrumpfung und ein medianes progressionsfreies Überleben von mehr als 7 Monaten erzielt werden.

Allerdings sind Resistenzen möglich, sodass sich eine Kombination der BRAF-Hemmer mit MEK-Inhibitoren empfiehlt.

Zusammenfassend stellt Schadendorf fest, dass das bessere molekulare Verständnis zu neuen Therapieansätzen führt, die ein dramatisches klinisches Ansprechen zeigen. Es besteht die Hoffnung, dass sich durch geeignete Studien/Kombinationen die Überlebenszeit der Patienten deutlich verlängert und sich das Melanom in eine chronische Erkrankung überführen lässt, die vielleicht sogar einmal geheilt werden kann.

Der Vortrag „Kutane Nebenwirkungen von Biopharmazeutika – das HABIT-Register“ ist ersatzlos entfallen, da die Referentin, Prof. Dr. Annegret Kuhn, Klinik für Hautkrankheiten am Universitätsklinikum Münster, verhindert war.


Prof. Dr. Torsten Zuberbier
, Klinik für Dermatologie, Venerologie und Allergologie an der Charité Berlin, legt dar, warum „Allergologie – unverzichtbarer Bestandteil der Dermatologie“ ist. Allergische Erkrankungen, zu denen allergische Rhinitis, allergisches Asthma, Insekten- und Arzneimittelallergien zählen, sind in der öffentlichen Wahrnehmung Bagatellkrankheiten. Dabei handelt es sich aber um die häufigsten chronischen Krankheiten überhaupt, von denen es z. B. allein von der allergischen Rhinitis in der EU 174 Mio. Betroffene gibt. Zwar sind gute Therapien und Leitlinien verfügbar, doch werden – auch wegen schlechter Adhärenz – lediglich 10 % der Patienten korrekt behandelt. Durch die Beeinträchtigung der Leistungsfähigkeit durch die Allergie bzw. müdemachende Antihistaminika kommt es zu deutlichen Einbußen der Leistungen in der Schule und am Arbeitsplatz. Letzteres verursacht neben direkten und indirekten Kosten (Mortalitäts- und Morbiditätskosten) auch intangible (nicht bezifferbare Kosten durch Beeinträchtigung der Lebensqualität) und Opportunitätskosten (50 – 500 Mrd. EUR Produktionsverluste in der EU) und hat damit erhebliche volkswirtschaftliche Bedeutung. Abschließend weist er auf die hohe Bedeutung dermatologischer Kliniken in Deutschland, Österreich und der Schweiz hin, die weltweit führend sind, und auf das große Netzwerk Allergologie (GA²LEN; Global Allergy and Asthma European Network). Dieses soll u. a. frühzeitig neue Allergene identifizieren, bevor diese ein größeres gesundheitliches Problem werden können. Dass dies auch wirklich gelingt, zeigt er an zwei konkreten Beispielen (neues Allergen in einem Lebensmittel und Allergene in nicht sachgemäß behandelten Leder-Sitzmöbeln).


Prof. Dr. Norbert Brockmeyer
, Klinikum für Dermatologie und Allergologie der Ruhr-Universität Bochum, behandelt im letzten Vortrag des Workshops das Thema „Dermatoinfektiologie – der Weg in die Zukunft“. Von Beginn an war die Infektiologie eine tragende Säule der Dermato-Venerologie – einige traditionsreiche Kliniken sind geradezu als Syphilitikum gegründet worden. Auch heute noch stellen Infektionen des Grenzorgans Haut mehr als 30 % der dermatologischen Klientel. Dabei hat sich die Dermatologie immer als Bollwerk gegen Ausgrenzung verstanden, z. B. von Menschen mit Geschlechtskrankheiten. Gleichzeitig haben es die Dermato-Venerologen immer verstanden, neueste wissenschaftliche Erkenntnisse zu nutzen, selbst zu entwickeln und durch Fragestellungen aus ihrem Fachgebiet klinische und grundlagenwissenschaftliche Forschung voranzutreiben. Unter diesem Aspekt war die Zusammenarbeit zwischen dem mikrobiologischen Grundlagenwissenschaftler Schaudinn und dem klinischen Forscher Hoffmann, die zur Entdeckung des Syphiliserregers führte, eine wissenschaftliche Großtat, vergleichbar der Entdeckung von HIV, und ein gelungenes Beispiel „früher Translationsforschung“.

Die Stellung der Infektiologie in der Dermatologie soll in wenigen Beispielen beleuchtet werden. (1) Das Erysipel ist zwar einerseits klinisch leicht zu diagnostizieren, andererseits jedoch sind dem Dermatologen die wichtigen Differenzialdiagnosen bewusst: bullöses-nekrotisierendes Erysipel, nekrotisierende Fasciitis und Pyoderma gangraenosum. Auch modernste PCR-Diagnostik und Procalcitoninbestimmungen können den geschulten Blick nicht ersetzen. (2) Die bei Infektionen der Haut beteiligten Erreger werden immer ausgefallener, die klinischen Bilder zunehmend kompliziert und ungewöhnlich, seit mehr und mehr immungeschwächte Patienten zu betreuen sind. Hier ist der Dermatoinfektiologe zusammen mit Mikrobiologen und Virologen aus dem interdisziplinären Betreuungsteam nicht wegzudenken. (3) Es waren dermatologische Psoriasisforscher und dermatologische Immunologen, die als Erste die enorme Bedeutung der humanen Defensine und dendritischen Zellen für den gesamten Bereich der „innate immunity“ erkannt haben und die Aufklärung ihrer Steuerungsmechanismen vorantreiben. (4) Der dänische Dermatologe und Nobelpreisträger Finsen hat vor mehr als hundert Jahren als Erster die enorme Bedeutung des Vitamin D für die Beherrschung u. a. mykobakterieller Erreger erkannt und die Lichttherapie zur Vitamin D-Aktivierung eingeführt. Heute sind erneut dermatologische Kliniker und Labors an der Aufklärung der zwischen Vitamin D und der Funktionstüchtigkeit sehr avancierten Surveillance-Mechanismen beteiligt. (5) Wie das Erysipel entwickelt sich auch die Zosterreaktivierung zu einem zunehmend diffizilen Geschehen. Hier führt die Zusammenarbeit mit Kollegen aus der Neurologie, Ophthalmologie, Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde und der Virologie zu einem besseren Verständnis einer u. a. miRNA (microRNA)-gesteuerten Replikationsregulation und zu der Erkenntnis, dass der klassische Zoster nur eine Manifestation ist neben Fazialisparese, Enzephalitiden und chronischen Schmerzerkrankungen, aber auch vaskulären Komplikationen. Die Liste ließe sich beinahe beliebig verlängern um häufige (HPV, HSV, MRSA) und seltenere (Dengue, Chikunguya, West-Nil, Rickettsiosen, Leishmaniasis und Histoplasmose) Erkrankungen, bei denen die Hautmanifestationen im Vordergrund stehen oder stehen können. Die Liste wichtiger Publikationen der Vergangenheit und neuester Forschungsergebnisse weist aus, dass die Dermatologen ihren Bereich der Infektiologie weiterhin als Kliniker und als Forscher erfolgreich bearbeiten.


Prof. Dr. Dr. Peter Scriba
, wissenschaftlicher Berater der Paul-Martini-Stiftung, dankt in seinem Schlusswort der Paul-Martini-Stiftung, den Organisatoren, insbesondere dem Moderator Prof. Luger, für die Ausrichtung und Durchführung dieses Workshops, aber auch den Referenten, Diskutanten und Zuhörern für ihre Beiträge.


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