Z Orthop Unfall 2011; 149(03): 257
DOI: 10.1055/s-0031-1283066
Für Sie gelesen
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Instabile distale Radiusfraktur – Zement bringt nichts

Further Information

Publication History

Publication Date:
17 June 2011 (online)

 
 

Kalziumphosphat-Knochenzement erhöht die Stabilität eines Implantat-Knochen-Konstrukts bei Patienten mit osteoporotischen Frakturen. Die vorliegende Studie untersucht, ob es einen positiven Effekt bei der zusätzlichen Verwendung von Kalziumphosphat-Knochenzement bei der Osteosynthese der instabilen distalen Radiusfraktur mittels volarer winkelstabiler Plattenosteosynthese gibt.
Effect of Calcium Phosphate Bone Cement Augmentation on Volar Plate Fixation of Unstable Distal Radial Fractures in the Elderly. J Bone Joint Surg Am. 2011; 93: 609 – 614.

Einleitung

Die distale Radiusfraktur ist eine der häufigsten Frakturen des Menschen überhaupt. Bei einer Inzidenz von 2 pro 1000 ist zu 80 % das weibliche Geschlecht mit einem Alter höher als 50 Jahre betroffen. Eine Besonderheit bei osteoporotischen Frakturen ist die häufig irreversible Kompression der Spongiosa und damit die Ausbildung von Defektarealen. Dies stellt besondere Ansprüche an die Therapie der distalen Radiusfrakturen beim älteren Patienten.

Zoom Image
Kalziumphosphat-Knochenzement bringt keine Vorteile. Es ist sogar so, dass Operationsdauer und -kosten stiegen. (Foto: Dörte Jensen/Thieme Verlagsgruppe)

#

Material und Methoden

Für die vorliegende Studie wurden 48 Patienten (83 % weiblich, 17 % männlich) mit insgesamt 50 instabilen distalen Radiusfrakturen ausgewählt. Das durchschnittliche Patientenalter betrug 73 Jahre. Die Patienten wurden randomisiert und einer der beiden Gruppen, Gruppe 1: Versorgung mittels volarer winkelstabiler Plattenosteosynthese oder Gruppe 2: Versorgung mittels volarer winkelstabiler Plattenosteosynthese und zusätzlicher Injektion von Kalziumphosphat-Knochenzement in metaphysäre Defektareale, zugeordnet. Die verwendeten Implantate und die postoperative Behandlung waren in beiden Gruppen identisch. Die klinische Nachuntersuchung der Patienten erfolgte nach 3 und 12 Monaten postoperativ und beinhaltete die Messung der Handkraft und der Beweglichkeit im Handgelenk sowie die Erfassung der Restbeschwerden im Handgelenk anhand des modifizierten Mayo-Wrist-Score, des VAS-Score und des DASH-Score. Radiologische Kontrollen erfolgten unmittelbar postoperativ und nach einem Jahr postoperativ. Zusätzlich wurde perioperativ eine Knochendichtemessung durchgeführt.


#

Ergebnisse

Beide Gruppen waren vergleichbar bez. des Alters, des Geschlechts, des Frakturtyps und der Knochendichte. Die klinische Nachuntersuchung der beiden Gruppen zeigte keinen signifikanten Unterschied bez. der Handkraft, der Beweglichkeit im Handgelenk sowie aller 3 klinischen Scores nach 3 und 12 Monaten postoperativ. Und auch radiologisch ließ sich ein signifikanter Unterschied zwischen den beiden Gruppen nicht nachweisen.

Therapie-assoziierte Komplikationen fanden sich zu gleichen Teilen in beiden Gruppen. Ein Repositionsverlust wurde je einmal pro Gruppe festgestellt und zog jeweils eine Reoperation nach sich. Des Weiteren wurde je ein Wundinfekt pro Gruppe gesehen, welcher mittels Antibiotikagabe beherrscht werden konnte.

Jörn Scherler
Chirurgische Klinik und Poliklinik der Universität zu Rostock
Abteilung für Unfall- und Wiederherstellungschirurgie
E-Mail:
joern.scherler@med.uni-rostock.de


#
Kommentar

Die eingangs gestellte Frage nach dem positiven Effekt von zusätzlich zur volaren winkelstabilen Plattenosteosynthese eingebrachtem Kalziumphosphat-Knochenzement bei instabilen distalen Radiusfrakturen des älteren Patienten konnte die vorliegende Studie nicht belegen. Durch das angewandte Verfahren würden zudem die Operationsdauer sowie die Kosten der operativen Therapie erhöht, ohne einen relevanten Nutzen für den Patienten zu erbringen. Vielmehr zeigte die Studie, dass die allgemein übliche und auch in unserer Klinik praktizierte Versorgung der instabilen distalen Radiusfraktur des älteren Patienten mittels volarer winkelstabiler Plattenosteosynthese ausreichend gute Ergebnisse ohne Augmentation gewährleistet.

Jörn Scherler


#

 
Zoom Image
Kalziumphosphat-Knochenzement bringt keine Vorteile. Es ist sogar so, dass Operationsdauer und -kosten stiegen. (Foto: Dörte Jensen/Thieme Verlagsgruppe)