Dialyse aktuell 2010; 14(9): 496
DOI: 10.1055/s-0030-1268388
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Hämodialysebehandlung – Langzeiteffekte auf Gesundheit häufig nicht ernst genommen

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Publication Date:
15 November 2010 (online)

 
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Quelle: Hsieh RL, Huang HY, Chen SC et al. Changes in physical functional performance and quality of life in hemodialysis patients in Taiwan: a preliminary study. J Nephrol 2010; 23: 41-48

Thema: Neben der "reinen" medizinischen Versorgung von terminal Niereninsuffizienten und einer adäquaten Dialysebehandlung richtete man in den letzten Jahren zunehmend den Fokus auf die Verbesserung der Lebenssituation der Patienten. Sie sollten einen Gesundheitszustand erreichen, der eine uneingeschränkte Teilnahme am täglichen Leben und eine adäquate Arbeitsfähigkeit ermöglicht.

Projekt: In der hier vorgestellten Studie aus Taiwan wurden insgesamt 27 Patienten eingeschlossen und über 16 Monate prospektiv beobachtet, 24 Patienten standen zur Endauswertung zur Verfügung. Die Autoren erfassten Parameter für die körperliche Leistungsfähigkeit (6-Minuten-Gehtest, Griffstärke, "pinch-strength", "chair-rising"-Test), die kardiovaskuläre Fitness und die Lebensqualität.

Ergebnis: Während des Beobachtungszeitraumes von 16 Monaten konnte die Studie signifikante Verschlechterungen in den Bereichen "pinch-strength" (rechte Hand: von 6,4 kg auf 4,5 kg, p = 0,009; linke Hand: von 5,6 kg auf 4,7 kg, p = 0,017) und Lebensqualität feststellen, hier speziell der physischen Gesundheit (Konzentrationsfähigkeit und Zufriedenheit mit der Arbeitsfähigkeit sowie der Sexualität). Die Messungen der maximalen kardiovaskulären Fitness und der funktionellen Leistungsfähigkeit zeigten keine signifikanten Veränderungen. Jedoch war die maximale Sauerstoffaufnahme VO2 peak mit 12 ml/kg/min schon zu Beginn der Beobachtungsphase gegenüber der Normalbevölkerung deutlich erniedrigt (normale VO2-Werte: 16-20 ml/kg/min, allerdings in der weißen Bevölkerung). Dies reduzierte sich (nicht signifikant) auf 11 ml/kg/min nach 16 Monaten. Diese Werte liegen nur noch unwesentlich über der Schwelle von 10,5 ml/kg/min, die als Basisanforderung für die erfolgreiche Ausübung der Erfordernisse des täglichen Lebens gelten.

Fazit: Die chronische Niereninsuffizienz hat einen signifikanten Einfluss auf die Lebensqualität, die kardiovaskuläre Fitness und auf motorische Fähigkeiten der Patienten. Unter einer langfristigen Dialysebehandlung reduzieren sich diese meist schon zuvor schlechten Ausgangswerte zusätzlich. Trotz der kleinen Patientenzahl und des für die gesamte Dauer einer Dialysebehandlung relativ kurzen Beobachtungszeitraums, stellten die Autoren signifikante Veränderungen in Bereichen fest, die für die Ausübung des täglichen Lebens wichtig sind. Eine gezielte Unterstützung und Trainingsmaßnahmen können diese Defizite ausgleichen und langfristig die Situation verbessern.

Key Words: kardiovaskuläre Fitness - funktionale Leistungsfähigkeit - Hämodialyse - physische Gesundheit - Lebensqualität

Dr. Markus Feldkötter, Köln

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Kommentar

Die Ergebnisse der Studie weisen erneut darauf hin, dass die Therapie der chronischen Niereninsuffizienz mehr umfassen muss als den teilweisen Ersatz der Nierenfunktion. Neben der medikamentösen Therapie sind supportive Maßnahmen wichtig, um eine adäquate Lebensqualität zu behalten oder zu erlangen. Deshalb sollte man auch unbedingt ein inter- und intradialytisches Trainingsprogramm anbieten. Häufig erscheint es angebracht, diesen Sport während der Dialyse zu betreiben, da die Freizeit und die Möglichkeiten zur sportlichen Betätigung von Dialysepatienten eingeschränkt sind. Hier stehen verschiedene Trainingsarten zur Verfügung. Mehrere Veröffentlichungen zeigen positive Ergebnisse sowohl im Bereich der körperlichen Fitness, der Lebensqualität und der Dialysebehandlung. Dies sollte dazu führen, ein Training in den Dialysealltag zu integrieren. Defizite, wie sie im zitierten Artikel über die Zeit aufgetreten sind, sollte man damit durchaus vermeiden können.

Dr. Markus Feldkötter, Köln