Pneumologie 2010; 64(11): 674
DOI: 10.1055/s-0030-1268383
Pneumo-Fokus

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Beatmungsmedizin – Schutz vor hyperoxischem Lungenschaden

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Publication Date:
10 November 2010 (online)

 
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Die Beatmung mit erhöhten Sauerstoffkonzentrationen kann vor allem bei längerer Anwendung zu einem hyperoxischen Lungenschaden fušhren. Der Pathomechanismus ist bis heute nicht eindeutig geklärt, auch nicht im Hinblick auf die körpereigenen Schutzfaktoren. Sohn et al. haben in einer Studie erstmals beschrieben, dass Chitinase-ähnliche Proteine vor einem Lungenschaden schützen. Am J Respir Crit Care Med. 2010, DOI: 10.1164/rccm.200912-1793OC

Beim hyperoxischen Lungenschaden entwickelt sich eine unspezifische Entzušndungsreaktion in der Lunge. Es kommt zur Schädigung des Kapillarendothels und der Pneumozyten mit Ausbildung einer mikrovaskulären Permeabilitätsstörung. Dies fušhrt zu einem vermehrten Flušssigkeitseinstrom, zu einem interstitiellen Ödem und zu proteinreichen hyalinen Membranen. Daraus resultiert ein gestörter Gasaustausch und eine Surfactant-Dysfunktion.

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Chitinase-ähnliches Protein bietet Schutz

Das Polysaccharid Chitin ist nach Zellulose das am zweithäufigsten vorkommende Polymer der Natur und ein Hauptbestandteil der Zellwand von Insekten, Krustentieren und Pilzen. Bei Parasiten bietet der Chitinpanzer den Organismen innerhalb des Wirtsorganismus Schutz. Chitin wird durch Chitinasen gespalten. Obwohl Menschen in ihrer unmittelbaren Umgebung nicht mit Chitin konfrontiert werden, besitzen sie Chitinasen im Serum und in der Lunge. Neben diesen enzymatisch aktiven Chitinasen gibt es eine Gruppe von Chitinase-ähnlichen Proteinen. Diese besitzen keine katalytische Aktivität mehr, können jedoch Chitin binden.

Kürzlich konnte gezeigt werden, dass Chitinase-ähnliche Proteine Zellen vor dem Zelltod schützen können (Lee et al. J Exp Med 2009; 206: 1149–1166). Sohn und Mitarbeiter aus der Arbeitsgruppe von Jack Elias aus Yale untersuchten nun in einer aktuellen Studie die Rolle von Chitinase-ähnlichen Proteinen bei hyperoxischem Lungenschaden. Dabei zeigte sich, dass diese Proteine während des hyperoxischen Lungenschadens deutlich induziert wurden. Bei genetischer Deletion Chitinase-ähnlicher Proteine im Mausmodell des hyperoxischen Lungenschadens, zeigten die Mäuse ein verkürztes Überleben. Umgekehrt schützte eine Überexpression von Chitinase-ähnlichen Proteinen in den Mäuselungen vor hyperoxischem Lungenschaden. Bei Kindern mit Bronchopulmonaler Dysplasie (BPD) zeigte sich, dass hohe Spiegel von Chitinase-ähnlichen Proteinen in der Lunge vor einem schweren Krankheitsverlauf schützen könnten.

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Bewertung

Die Studie zeigt, dass Chitinase-ähnliche Proteine vor hyperoxischem Lungenschaden schützen. Sie schützen Zellen vor dem programmierten Zelltod (Apoptose) und verhindern somit den Strukturumbau und -schaden der Lunge, der durch hohe Konzentrationen von Sauerstoff und daraus entstehende freie Radikale hervorgerufen wird. Weitere Studien, vor allem an Patienten, sind notwendig, um die Wertigkeit von Chitinase-ähnlichen Proteinen bei hyperoxischem Lungenschaden besser zu verstehen. Dies ist eine Voraussetzung für weitere therapeutische Strategien.

Bewertet von PD Dr. Dominik Hartl, München