Z Orthop Unfall 2010; 148(5): 510
DOI: 10.1055/s-0030-1267878
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© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart ˙ New York

Osteosynthese der distalen Radiusfraktur – Konservativ oder operativ?

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Publication Date:
06 October 2010 (online)

 
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Während bei jungen Patienten die anatomische Reposition und Osteosynthese inzwischen nahezu unstrittig ist, besteht nach wie vor Uneinigkeit, ob die instabile distale Radiusfraktur bei älteren Patienten in jedem Fall operativ therapiert werden muss. Selbst in Fehlstellung verheilte Frakturen erlauben oft eine erstaunlich gute Funktion. Diese retrospektive Studie wurde durchgeführt, um das funktionelle Ergebnis nach operativer und konservativer Therapie zu vergleichen. Distal Radial Fraktures in the Elderly: Operative Compared with Nonoperative Treatment. J Bone Joint Surg Am 2010; 92: 1851 – 1857

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Das Aufklärungsgespräch sollte alle Möglichkeiten der Behandlung der distalen Radiusfraktur beinhalten (Bild: Thieme Verlagsgruppe, Fotograf: Alexander Fischer).

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Material und Methoden

In der Studie wurden 90 Patienten mit dislozierter distaler Radiusfraktur und einem Lebensalter über 65 Jahre entweder konservativ oder operativ mittels volarer winkelstabiler Plattenosteosynthese oder Fixateur externe behandelt. Alle Patienten wurden nach 2, 6, 12, 24 und 52 Wochen untersucht. Die Untersuchungsergebnisse wurden zu allen Zeitpunkten zwischen den Gruppen verglichen.

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Ergebnisse

46 Patienten erhielten eine konservative Behandlung (Durchschnittsalter: 76 Jahre) während 44 Patienten (Durchschnittsalter: 73 Jahre) operativ therapiert wurden. Ein Jahr nach der Verletzung konnte kein signifikanter Unterschied bez. Handgelenksbeweglichkeit, Funktions-, und Schmerzscores zwischen beiden Gruppen festgestellt werden, obwohl die operierten Frakturen in anatomisch signifikant besserer Stellung knöchern ausheilten. Lediglich die Handkraft war in der Gruppe der operierten Patienten deutlich besser.

OA Dr. Philip Gierer
Chirurgische Klinik und Poliklinik der Universität Rostock,
Abteilung für Unfall- und Wiederherstellungschirurgie

Email: philip.gierer@med.uni-rostock.de

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Kommentar

Die volare winkelstabile Plattenosteosynthese hat sich in den letzten Jahren zunehmend als Standardimplantat für die operative Versorgung der distalen Radiusfraktur etabliert, welches selbst bei osteoporotischem Knochen eine anatomische Reposition und stabile Osteosynthese ermöglicht.

Die Ergebnisse der hier geschilderten Untersuchung zeigen, dass auch eine Frakturheilung in Fehlstellung, nach konservativer Behandlung zu zufrieden stellenden funktionellen Ergebnissen im höheren Lebensalter führen kann. Dies mag sicherlich auch einem deutlich geringeren funktionellen Anspruch geschuldet sein. Daher wird die Konsequenz daraus nicht sein, ältere Patienten nicht mehr zu operieren, aber das ärztliche Aufklärungsgespräch vor einem operativen Eingriff sollte auch die Information über mögliche alternative Behandlungsverfahren beinhalten.

Als Schwachpunkt der vorgestellten Studie ist sicherlich in erster Linie das retrospektive Studiendesign zu nennen und darüber hinaus erlaubt der maximale Nachuntersuchungszeitraum von einem Jahr keine Aussage darüber, ob es im weiteren Verlauf zu einer Verschlechterung des funktionellen Ergebnisses aufgrund der knöchernen Fehlstellung gekommen wäre. Es bleibt jedoch festzuhalten, dass auch die konservative Frakturbehandlung dislozierter Radiusfrakturen in begründeten Fällen eine mögliche Behandlungsalternative darstellt.

OA Dr. Philip Gierer

 
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Das Aufklärungsgespräch sollte alle Möglichkeiten der Behandlung der distalen Radiusfraktur beinhalten (Bild: Thieme Verlagsgruppe, Fotograf: Alexander Fischer).