ZWR - Das Deutsche Zahnärzteblatt 2010; 119(6): 323
DOI: 10.1055/s-0030-1262278
Colloquium

© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart ˙ New York

Pilotbohrer – Verschleiß und Temperaturentwicklung im Knochen

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Korrespondenzadresse

Marion Gansefort

Am Suhrenhof 8

49143 Bissendorf

Publication History

Publication Date:
23 June 2010 (online)

 
Table of Contents

Welchen Verschleiß zeigen Pilotbohrer, die ein identisches Design aufweisen, jedoch aus 3 unterschiedlichen Werkstoffen - Keramik, Cr-Basis-Stahl und CrNi-Basis-Stahl - gefertigt sind? Dieser Frage ging Marion Gansefort nach und untersuchte an der Fachhochschule Osnabrück, Fakultät Ingenieurwissenschaften und Informatik, parallel die Temperaturentwicklung beim Bohrvorgang im Knochen.

Die Firma Gebrüder Brasseler GmbH & Co. KG stellt seit ihrer Gründung Stahlbohrer für die Zahnindustrie her und brachte bereits 1956 Hartmetallinstrumente auf den Markt. Doch nicht nur die Form, sondern auch die Forschung nach neuen Werkstoffen unterliegt einer steten Entwicklung.

Im November 2004 stellte der Hersteller den ersten Keramikbohrer vor. Die Bohrer bestehen aus einer yttriumteilverstärkten Zirkonium- und Aluminiumoxid-Keramik. Diese "weißen" Instrumente kommen bisher in der dentalen Chirurgie und Implantologie zum Einsatz. Für den Patienten liegen die Vorteile der Keramik auf der Hand: Sie ist korrosionsfrei und biokompatibel. Aber wie verhält sich ein keramischer Pilotbohrer im Vergleich zu einem Bohrer aus Cr-Basis-Stahl und einem Bohrer aus CrNi-Basis-Stahl, wenn das Design identisch ist?

Man kommt der Lösung näher, wenn man diese Pilotbohrer einem thermischen Verschleiß, einem mechanischen Verschleiß und Kombinationen aus diesen unterzieht. Es sollte außerdem getestet werden, ob diese Verschleißmöglichkeiten Auswirkungen auf den Bohrvorgang im Knochen haben. Die untersuchten Parameter waren:

  • die Temperatur im Knochen,

  • die aufgebrachte Vorschubkraft und

  • das entstehende Drehmoment im Knochen.

Die Messungen wurden an der Erichsen Zug- und Druckprüfmaschine mit konstanter Vorschubgeschwindigkeit durchgeführt. Anschließend wurden die Pilotbohrer unter dem Rasterelektronenmikroskop bewertet und dokumentiert.

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Abb. 1 Prüfaufbau.

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Abb. 2 Bohrungen für die Thermoelemente.

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Abb. 3 Technische Zeichnung von der Bohrung des Knochens.

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Abb. 4 Keramikbohrer ganzer Verschleiß (Zyklus).

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Abb. 5 Cr-Basis-Stahlbohrer ganzer Verschleiß (Zyklus).

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Abb. 6 CrNi-Basis-Stahlbohrer ganzer Verschleiß (Zyklus).

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Ergebnisse

Die repräsentativste Verschleißkombination bestand aus 100 Zyklen zu je 5 Bohrungen mit anschließendem Sterilisations- und Desinfektionsvorgang. Hier zeigte sich bei der Vorschubkraft im Vergleich zu unbenutzten Pilotbohrern eine Tendenz, die auch bei der Temperatur- und Drehmomentmessung zu beobachten war. Die Pilotbohrer aus Cr-Basis-Stahl wiesen eine Erhöhung um 81 % auf, die Pilotbohrer aus CrNi-Basis-Stahl sogar um 124 %. Nur die Keramikbohrer blieben mit 2 % nahezu konstant. Es war festzustellen, dass beim härtesten Bohrerwerkstoff (Keramik) der Verschleiß am geringsten ausfällt und mit abnehmendem Härtegrad deutlich zunimmt. Der Bohrerverschleiß war am deutlichsten bei der erforderlichen Vorschubkraft beim Bohrvorgang zu erkennen: Er führte zu einem signifkanten Anstieg der Messwerte, wobei die Abnutzung am stärksten bei den CrNi-Basis-Stahlbohrern auftrat. Durch den Abrieb der Bohrerspitze kann der CrNi-Basis-Stahlbohrer schlechter in den Knochen eindringen und begann zu "drücken".

Es wurde auch festgestellt, dass hauptsächlich der mechanische Verschleiß zu Ausbrüchen in der Bohrerschneide und zu Kantenverrundungen führt (vor allem bei den CrNi-Basis-Stahlbohrern). Der thermische Verschleiß hingegen führt bei allen 3 Instrumententypen zu keinen signifikanten Veränderungen.

Welche Auswirkungen hat der Verschleiß auf die Temperaturentwicklung beim Bohrvorgang im Knochen? Hierzu ein paar Hintergrundinformationen: Als Schwellenwert gilt die Temperatur 47 °C, die die volle Vitalität des lebenden Knochens gerade noch gewährleistet. Doch die Auswirkungen auf die Temperaturentwicklung beim Bohrvorgang sind erstaunlicherweise gering, da die Wärme hauptsächlich über den Span abgeführt wird und nur zu 10 % im Knochen verbleibt. Aus diesem Grund zeigten die absoluten Zahlen der Temperaturmessung, dass zwischen den 3 Bohrerwerkstoffen keine signifikanten Unterschiede auftraten.

In der Schlussuntersuchung wurden alle verwendeten Pilotbohrer einer Biegebruchprüfung unterzogen. Hier konnten im Vergleich zu unbenutzten Bohrern keine Unterschiede festgestellt werden.

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Korrespondenzadresse

Marion Gansefort

Am Suhrenhof 8

49143 Bissendorf

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Marion Gansefort

Am Suhrenhof 8

49143 Bissendorf

 
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Abb. 1 Prüfaufbau.

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Abb. 2 Bohrungen für die Thermoelemente.

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Abb. 3 Technische Zeichnung von der Bohrung des Knochens.

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Abb. 4 Keramikbohrer ganzer Verschleiß (Zyklus).

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Abb. 5 Cr-Basis-Stahlbohrer ganzer Verschleiß (Zyklus).

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Abb. 6 CrNi-Basis-Stahlbohrer ganzer Verschleiß (Zyklus).