Pneumologie 2011; 65(8): 496-497
DOI: 10.1055/s-0030-1256374
Fallbericht

© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Diabetes insipidus bei Neurosarkoidose

Diabetes Insipidus due to NeurosarcoidosisD.  Skowasch1 , S.  Pabst1 , K.  Wilhelm2 , C.  Grohé3
  • 1Medizinische Klinik und Poliklinik II, Universitätsklinikum Bonn, Bonn
  • 2Radiologische Klinik, Universitätsklinikum Bonn, Bonn
  • 3Klinik für Pneumologie, ELK Berlin-Buch
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Priv.-Doz. Dr. Dirk Skowasch

Medizinische Klinik und Poliklinik II, Universitätsklinikum Bonn

Sigmund-Freud-Str. 25
53105 Bonn

Email: Dirk.Skowasch@ukb.uni-bonn.de

Publication History

eingereicht 10. 3. 2011

akzeptiert 22. 3. 1011

Publication Date:
04 May 2011 (online)

Table of Contents

Ein 37-jähriger Patient wurde uns mit persistierender Abgeschlagenheit, infiltrativen Lungenveränderungen sowie Polydipsie und Polyurie (> 10 Liter/Tag) vorgestellt. Computertomografisch fanden sich eindrückliche Sarkoidose-typische Veränderungen: bilaterale mediastinale Lymphadenopathie, retikuläre und noduläre Verdichtungen und ein fibrotischer Umbau des Lungengerüsts mit Bronchiektasen und kleinzystischen Veränderungen ([Abb. 1]).

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Abb. 1 Mediastinale und hiläre Lymphknotenvergrößerungen (a) und retikuläre und noduläre Verdichtungen mit fibrotischem Umbau des Lungengerüsts (b) in der Computertomografie des Thorax.

Eine kraniale Magnetresonanztomografie (MRT) zeigte eine supraselläre Raumforderung mit nodulärem Enhancement und Beteiligung des oberen Hypophysenstiels ([Abb. 2]).

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Abb. 2  Koronare T2-gewichtete MRT mit Darstellung einer nodulären Verdickung des Hypophysenstiels (Pfeil). b Koronare T1-gewichtete Aufnahme mit deutlicher Hyperintensität direkt nach Injektion von Gadolinium-Kontrastmittel (offener Pfeil).

Der lösliche Interleukin-2-Rezeptor (sIL-2R) war im Serum mit 1.108 U/ml erhöht (normal < 710 U/ml). Die folgende transbronchiale Biopsie der Lunge ergab nicht verkäsende epitheloidzellige Granulome. Der Transferfaktor war mittelgradig erniedrigt (50 %); die übrige Umfelddiagnostik inkl. kardialer und augenärztlicher Untersuchung ergab keinen Hinweis auf weitere Organmanifestationen; Calcium war normwertig mit 2,4 mmol/l.

Ein zentraler Diabetes insipidus bestätigte sich im Durstversuch und zeigte eine niedrige Urin-Osmolalität (167 mOsm/kg) sowie niedrige Arginin-Serumspiegel. Bei V. a. Neurosarkoidose wurde die Therapie mit Prednisolon (initial 80 mg/Tag) und Desmopressin (0,2 mg t. i. d. p. o.) eingeleitet und später um Azathioprin ergänzt (150 mg/Tag), um Prednisolon einzusparen (dann Reduktion auf 7,5 mg/d). Polyurie und Polydipsie waren rasch rückläufig, korrelierend mit fallenden sIL-2R-Werten. Im weiteren Verlauf erholte sich der Patient weiter und präsentierte sich nach zwei Jahren beschwerdefrei; allerdings sind die immunsuppressive Therapie und die Einnahme von Desmopressin noch erforderlich.

Sarkoidose ist eine granulomatöse Multisystem-Erkrankung, die meistens die Lunge betrifft [1] [2]; eine Neurosarkoidose wird in Autopsie-Studien in bis zu 25 % der Fälle berichtet, dabei weisen weniger als 10 % der Patienten neurologische Symptome auf [1] [3]. Diabetes insipidus ist eine seltenere Komplikation der Neurosarkoidose, wobei eine Hypophysenbeteiligung in der Regel mit Diabetes insipidus einhergeht. Diagnostik und Management der Neurosarkoidose-Patienten ist anspruchsvoll, weil der „Gold-Standard” der Diagnosesicherung die Histologie bleibt, die gerade bei neurologischer Beteiligung schwierig zu erreichen ist. Kortikosteroide sind die Behandlung der Wahl, allerdings reicht eine Monotherapie – wie im vorliegenden Fall – häufig nicht aus [3]. Eine dauerhafte Therapie mit Immunsuppressiva sowie mit Desmopressin ist häufig die Folge und eine restitutio ad integrum aufgrund bleibender Veränderungen (Narbenbildung der Granulome) unwahrscheinlicher.

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Interessenkonflikt

Die Autoren geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht.

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Literatur

  • 1 Iannuzzi M C, Fontana J R. Sarcoidosis. Clinical presentation, immunopathogenesis, and therapeutics.  JAMA. 2011;  305 391-399
  • 2 Müller-Quernheim J, Schürmann M, Hofmann S et al. Genetik der Sarkoidose: Ein Schlüssel zum Verständnis ihrer Pathogenese.  Pneumologie. 2009;  63 166-175
  • 3 Stern B J, Aksamit A, Clifford D et al. Neurologic presentations of sarcoidosis.  Neurol Clin. 2010;  28 185-198

Priv.-Doz. Dr. Dirk Skowasch

Medizinische Klinik und Poliklinik II, Universitätsklinikum Bonn

Sigmund-Freud-Str. 25
53105 Bonn

Email: Dirk.Skowasch@ukb.uni-bonn.de

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Literatur

  • 1 Iannuzzi M C, Fontana J R. Sarcoidosis. Clinical presentation, immunopathogenesis, and therapeutics.  JAMA. 2011;  305 391-399
  • 2 Müller-Quernheim J, Schürmann M, Hofmann S et al. Genetik der Sarkoidose: Ein Schlüssel zum Verständnis ihrer Pathogenese.  Pneumologie. 2009;  63 166-175
  • 3 Stern B J, Aksamit A, Clifford D et al. Neurologic presentations of sarcoidosis.  Neurol Clin. 2010;  28 185-198

Priv.-Doz. Dr. Dirk Skowasch

Medizinische Klinik und Poliklinik II, Universitätsklinikum Bonn

Sigmund-Freud-Str. 25
53105 Bonn

Email: Dirk.Skowasch@ukb.uni-bonn.de

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Abb. 1 Mediastinale und hiläre Lymphknotenvergrößerungen (a) und retikuläre und noduläre Verdichtungen mit fibrotischem Umbau des Lungengerüsts (b) in der Computertomografie des Thorax.

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Abb. 2  Koronare T2-gewichtete MRT mit Darstellung einer nodulären Verdickung des Hypophysenstiels (Pfeil). b Koronare T1-gewichtete Aufnahme mit deutlicher Hyperintensität direkt nach Injektion von Gadolinium-Kontrastmittel (offener Pfeil).