physiopraxis 2010; 8(4): 16-18
DOI: 10.1055/s-0030-1253661
physiowissenschaft

Chronische Rückenschmerzen – Kontrollüberzeugung beeinflusst Therapieerwartung

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Publication Date:
21 April 2010 (online)

 
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    Personen mit externen Kontrollüberzeugungen sind der Meinung, dass ihr Leben vorwiegend von äußeren Faktoren bestimmt wird – beispielsweise von Ärzten oder dem Schicksal – und dass sie es nur zu einem geringen Teil selbst kontrollieren können. Haben Patienten mit unspezifischen Schmerzen in der Lendenwirbelsäule externe Kontrollüberzeugungen, benötigen sie deutliche Behandlungserfolge, damit sie eine Physiotherapie als lohnend erachten.

    Das ist das Ergebnis einer Untersuchung von Vinicius Cunha Oliveira und seinem Team von der Universität Federal de Minas Gerais in Brasilien. In ihre Studie schlossen die Forscher 86 Personen mit chronischen unspezifischen LWS-Schmerzen ein, die noch keine Physiotherapie erhalten hatten. Oliveira und seine Kollegen legten den Probanden Beschreibungen eines Stabilisationstrainings und der Manuellen Therapie vor. Darin erklärten ihnen die Forscher die Ziele, die Art der Durchführung sowie die Dauer und die Frequenz der Therapie. Anschließend fragten die Wissenschaftler die Teilnehmer, wie groß der Erfolg bei jeder Intervention sein muss, damit sie diese als lohnenswert erachten. Zusätzlich erfasste das Forscherteam den Grad der schmerzbedingten Behinderung mit dem Roland-Morris-Fragebogen, die Bewegungsangst mit der Tampa Scale of Kinesiophobia und die Kontrollüberzeugungen mit der Multidimensional Health Locus of Control Scale. Die Schmerzintensität in den letzten sieben Tagen maßen die Forscher mittels einer visuellen Analogskala.

    Oliveira und seine Kollegen fanden heraus, dass die Bewegungsangst und die Schmerzintensität bei den Patienten mittelstark ausgeprägt waren. Ihr Behinderungsgrad war recht gering. Um beide Therapieformen als lohnenswert einzustufen, erwarteten die Probanden im Durchschnitt, dass sich ihre Symptome durch die Intervention um rund 60 % verbessern. Betrachtete man die Erwartungen bezüglich des Stabilisationstrainings isoliert, verlangten die Patienten mit einer vorwiegend externen Kontrollüberzeugung eine um rund 24 % größere Verbesserung als Patienten mit einer internen Kontrollüberzeugung. Dieser Unterschied war unabhängig von der Schmerzintensität. Bei der Manuellen Therapie war es dem Forscherteam nicht möglich, die erwarteten Unterschiede zuverlässig vorauszusagen.

    Cunha Oliveira und seine Kollegen empfehlen, weitere Untersuchungen durchzuführen. Diese sollten nicht nur auf einer Beschreibung der Therapien beruhen, sondern auch die Reaktion der Patienten auf deren reale Anwendung untersuchen.

    et

    Aust J Physiother 2009; 55: 271–275