Zahnmedizin up2date 2010; 4(5): 453-480
DOI: 10.1055/s-0030-1250244
Zahnerhaltung, Prävention und Restauration

© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Adhäsive Keramikveneers und ‐teilkronen im Frontzahngebiet

Lothar Pröbster, Martin Groten
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Publikationsdatum:
28. Oktober 2010 (online)

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Einleitung

Adhäsive keramische Frontzahnrestaurationen stellen im Hinblick auf Ästhetik, Funktion, Langlebigkeit und Atraumatik seit ca. 20 Jahren eine bewährte Behandlungsmethode dar. Für diese Restaurationsart existiert eine Reihe von mehr oder weniger synonymen Begriffen: Veneers, Laminates, Laminate Veneers, Verblendschalen, Facings, Keramikteilkronen, Bonded Crowns, 360°-Veneers. 1938 wurden erste „Veneers“ von Dr. Charles Pincus aus Hollywood beschrieben, der, um die Ästhetik von Filmschauspielern zu verbessern, diesen Keramikfacetten auf die Frontzähne steckte [[1]].

Definition

Heute versteht man unter Veneers oder Keramikteilkronen dünne Keramikrestaurationen, die nach minimaler Präparation der Zähne adhäsiv befestigt werden.

Die Voraussetzungen für die Entwicklung der adhäsiven Zahnheilkunde wurden 1955 durch Buonocore mit der Entdeckung der Anätzbarkeit des Zahnschmelzes durch Phosphorsäure geschaffen [[2]]. Über erste über die Säureätztechnik an frakturierte Frontzähne geklebte Keramikrestaurationen berichtet Rochette 1975, auf den auch die Adhäsivprothetik mit geklebten Metallgerüsten zurückgeht [[3]]. 1976 werden von Faunce indirekt hergestellte Veneers aus Acrylat beschrieben [[4]]. Mit der Entdeckung der Möglichkeit des Anätzens und Silanisierens von Keramik 1983 durch Calamia und Simonsen wurde die Entwicklung adhäsiver keramischer Restaurationen eingeleitet [[5], [6]].

Vorteil Adhäsivtechnik

Die Adhäsivtechnik kompensiert den Hauptnachteil der Silikatkeramiken, nämlich deren Sprödigkeit und geringe Bruchfestigkeit.

Durch den kraftschlüssigen Verbund mit der Zahnhartsubstanz kommt es nicht zu einer fatalen Rissinitiation von der Restaurationsinnenseite her (Tab. [1]). Die Belastbarkeit von adhäsiv befestigten Restaurationen ist um das 2- bis 3-Fache höher als die von konventionell zementierten, da die auftretenden Spannungen nicht an der inneren Grenzfläche wirksam werden, sondern durch elastische Verformung unschädlich gemacht werden [[7]]. Bei konventionell zementierten Keramikkronen kommt es bei geringer Bruchzähigkeit der Keramik unter der Kaubelastung zur Rissinitiation an der Kroneninnenseite. Die wiederholte Belastung führt dann zum unterkritischen Risswachstum und schlussendlich zum fatalen Bruch, der bei sehr geringen Kräften stattfinden kann. Dieses Frakturverhalten tritt bei adhäsiven Keramikrestaurationen nicht auf.

Tabelle 1 Prinzipien dentaler adhäsiver Verbundsysteme. Steigerung der Festigkeit durch kraftschlüssigen Verbund Ätzen und Silanisieren der Keramik Säureätztechnik am Schmelz Dentinkonditionierung Verhinderung der Rissinitiation und ‐ausbreitung von der Restaurationsinnenseite Weiterleitung und Abbau der einwirkenden Kräfte auf Zahn, Parodont und Skelett