PiD - Psychotherapie im Dialog 2010; 11(2): 190-195
DOI: 10.1055/s-0030-1248475
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Frank  Deschner
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Publication Date:
31 May 2010 (online)

Basislektüre

[Peter Herschbach], Pia Heußner: Einführung in die psychoonkologische Behandlungspraxis.
Stuttgart: Klett-Cotta, 2008.
ISBN: 978-3-608-89071-6.

Das vorliegende Buch beschreibt auf 180 Seiten praxisnah und umfassend die wichtigsten Bausteine zu einer guten psychischen Versorgung von Krebspatienten. Die Autoren zeigen die Besonderheiten der von Krebs betroffenen Patienten in Abgrenzung zu „klassischen Patienten der Psychotherapie” auf und verdeutlichen damit die Anforderungen, die sowohl für Behandler als auch Patienten an eine psychoonkologische Therapie gestellt werden. Den Autoren gelingt es sehr gut, die Situation des an Krebs erkrankten Menschen in den verschiedenen Krankheitsphasen einfühlsam darzustellen. In einem eigenen Kapitel werden leicht verständlich die medizinischen Grundlagen der Krebserkrankungen und der Ablauf einer somatischen Behandlung mit Operation, Bestrahlung und Chemotherapie beschrieben. Den Stand der psychoonkologischen Forschung beleuchten die Autoren unter den Aspekten einer „seelischen Verursachung bzw. eines seelischen Einflusses auf die Krebserkrankung” sowie den auftretenden emotionalen Belastungen der Patienten und der Behandler.

Die psychologische Diagnostik stellt auch in der Psychoonkologie einen wichtigen Bestandteil dar und unterstützt das Behandlungsteam bei der Auswahl derjenigen Patienten, die einer psychoonkologischen Betreuung bedürfen. Die Autoren beschreiben, welche Probleme bei dem alleinigen Einsatz einer psychiatrischen Diagnostik auftreten können und geben Empfehlungen, welche Instrumente sich bewährt haben. Stellt sich ein Patient als behandlungsbedürftig heraus, stellt sich die Frage nach der geeigneten Behandlungsform. Hier beschreiben die Autoren überblicksartig mögliche Interventionsformen sowohl psychotherapeutischer als auch psychopharmakologischer Art. Angst, Depression, Schmerz und Fatigue sind häufige Begleiterscheinungen einer Krebsdiagnose und -behandlung. Auf diese Problemschwerpunkte gehen die Autoren in gesonderten Kapiteln ein. Die einzelnen Kapitel enthalten Schaubilder zur Verdeutlichung von Zusammenhängen.

Zusammenfassend gibt das Buch einen ersten Überblick über die Psychoonkologie und beschreibt leicht lesbar die Problembereiche und Anwendungsfelder in der Onkologie. Im Anhang sind verschiedene Arbeitsmaterialien wie beispielsweise Fragebögen zur Lebenszufriedenheit und Progredienzangst abgedruckt. Dieses Buch ist besonders für Interessierte mit wenigen Vorkenntnissen zu empfehlen.

[Reinhold Schwarz], Susanne Singer: Einführung Psychosoziale Onkologie.
Stuttgart: UTB, 2008.
ISBN: 987-3-8252-3071-5.

Das 314 Seiten starke Lehrbuch von Schwarz und Singer vermittelt in sechs Kapiteln Grundkenntnisse über typische psychosoziale Problemlagen, Bewältigungs- und Abwehrprozesse, Gesprächsführung mit Tumorpatienten, spezielle psychodiagnostische Methoden, psychosoziale Interventionen und Weiterbildungsmöglichkeiten im Bereich der psychosozialen Onkologie. Diese Wissensbestände werden vor dem Hintergrund einer psychotherapeutischen (verstehenden) Grundhaltung beschrieben. Zur Überprüfung des Wissens endet jedes Kapitel mit zusammenfassenden Fragen.

Im ersten Kapitel beschreiben die Autoren das Fach Psychosoziale Onkologie im Hinblick auf Entstehung, Ausgangssituation und Perspektive und geben damit einen fundierten Orientierungspunkt. Kapitel 2 beschäftigt sich ausführlich mit der psychosozialen Onkogenese. Hierbei stellen die Autoren die vorherrschenden Theorien zur Krebsentstehung vor und diskutieren deren Wahrheitsgehalt im Hinblick auf die aktuell vorliegende Forschungslage. Auch subjektiven Krankheitstheorien der Patienten wird Gehör verschafft, sie werden im Lichte der Krankheitsverarbeitung untersucht. Das Hauptkapitel des Buches, „Krankheitsfolgen und Verarbeitung”, stellt den an Krebs erkrankten Menschen in den Mittelpunkt der Betrachtung. Hierbei gelingt es den Autoren ausgesprochen gut, die körperlichen, psychischen und sozialen Folgen der Erkrankung sowie die notwendigen Anpassungsleistungen der Patienten, Behandler und Angehörigen darzustellen. Typische Belastungssituationen im Krankheitsverlauf werden unter verschiedenen Betrachtungsebenen dargestellt und, auch im Hinblick auf die Behandlung und Bewältigung, diskutiert. Das für nichtmedizinische Behandler notwendige Wissen über die Erkrankung und somatische Behandlung von Krebs wird in Kapitel 4 dargelegt. Die psychosozialen Versorgungsmodelle, darunter zählen die stationären, ambulanten und schnittstellenübergreifenden Dienste zur Vermeidung gesundheitssystembedingter Behandlungsabbrüche, werden im Kapitel 5 vorgestellt. Neben den etablierten und in der Wirksamkeit nachgewiesenen Verfahren nehmen die Autoren auch Bezug auf „alternative, unkonventionelle oder Naturheilverfahren”. In einem kurzen Schlusskapitel werden die Möglichkeiten der möglichen Fort- und Weiterbildung aufgezeigt.

Bei aller Komplexität des Themas ist das vorliegende Werk sehr gut zu lesen und vermittelt dem interessierten Leser einen umfassenden Überblick über die Psychoonkologie. Die in den Randspalten gedruckten Piktogramme sorgen für eine schnelle Orientierung, und die Fragen zum Ende des Kapitels regen zum Überdenken des Gelesenen an. Die Autoren haben eine theoretisch fundierte und aufgrund der Darstellung von anschaulichen Beispielen, Diskussion unterschiedlicher Perspektiven sowie der Information zu zahlreichen Forschungen / Studien eine sehr gehaltvolle und lesenswerte Einführung in das Fachgebiet gegeben.

[Gabriele Angenendt], Ursula Schütze-Kreilkamp, Volker Tschuschke: Praxis der Psychoonkologie. Psychoedukation, Beratung und Therapie.
Stuttgart: Hippokrates, 2007.
ISBN: 978-3-8304-5316.

Wie aus dem Buchtitel erschließbar, haben die Autoren nach der Intention gehandelt, ein Buch „von Praktikern für Praktiker” zu schreiben. Dies ist sehr gut gelungen, in jedem Kapitel finden sich konkrete Handlungsvorschläge für verschiedene Situationen im Krankheitsverlauf. Kapitel 9 besteht aus einem ausführlichen Psychoedukationsteil und Kapitel 10 zeigt Vorschläge für Interventionen in der psychoonkologischen Beratung und Therapie auf.

Das sehr gut strukturierte Buch beginnt mit einer Auflistung und Diskussion komplementäronkologischer Verfahren wie beispielsweise Körperliche Aktivierung, Selentherapie oder Misteltherapie, um nur einige zu nennen. Welche Verfahren sind wirksamkeitsgeprüft und welche sind in der Wirksamkeit nicht bzw. nicht ausreichend geprüft, welche sollte man wann einsetzen? Dies sind Fragen, die im Laufe einer Behandlung von Patienten gestellt werden können und das vorliegende Buch gibt Antworten. Anschließend wird die Wertigkeit psychologischer Faktoren auf die Krankheitsgenese und den Verlauf kritisch beleuchtet. Neben der Darstellung objektiver Phasen einer Krebserkrankung und der Darstellung der Anforderungen an die Krankheitsbewältigung, diskutieren die Autoren das Vorhandensein einer psychischen Traumatisierung bei einem Großteil der Patienten. Eine optimale Behandlung dieser Patientengruppe sehen die Autoren in der Verwendung traumaspezifischer Interventionen. Die Autoren stellen hierbei die „Mehrdimensionale Psychodynamische Traumatherapie (MPTT)” vor.

Zwei weitere große Themenkomplexe stellen zum einen die Kommunikation bei Krisen und Psychotraumata in der Onkologie, zum anderen den Aspekt der Sexualität bei den Erkrankten in den Mittelpunkt der Betrachtung. Sexualität ist nach Angaben der Autoren noch immer ein Tabuthema, gerade bei Krebs an den Geschlechtsorganen oder bei behandlungsbedingten Entstellungen, das selten von den Patienten selbst angesprochen wird.

Die Autoren legen ein sehr gut strukturiertes, logisch aufgebautes Lehrbuch vor, dessen Stärke neben der fundierten theoretischen Darstellung vor allem in der Praxisorientiertheit liegt. In jedem Kapitel gibt es zahlreiche Tipps und Vorschläge zum praktischen Vorgehen. Schaubilder verdeutlichen Zusammenhänge, und regelmäßige Zusammenfassungen heben noch einmal die Quintessenz des Beschriebenen hervor. Ein sehr zu empfehlendes Buch, das aufgrund der großen Themenvielfalt für alle professionellen Helfer von großem Nutzen sein kann.

[Tumorzentrum München], Pia Heußner, Markus Besseler, Hermann Dietzfelbinger, Martin Fegg, Klaus Lang, Ullrich Mehl, Doris Pouget-Schors, Carola Riedner, Almuth Sellschopp (Hrsg.): Manual Psychoonkologie. Empfehlungen zur Diagnostik, Therapie und Nachsorge.
München: Zuckschwerdt, 2009, 3. Aufl.
ISBN: 978-3-88603-964-7

Das vorliegende Informationsbuch ist in sieben große Kapitel unterteilt, die ihrerseits wiederum aus mehreren kurzen Aufsätzen verschiedener Autoren, zumeist Mitarbeiter an den beiden Münchner Fakultäten, bestehen. Das erste Kapitel umfasst eine Einführung in die Psychoonkologie, beschreibt nach einer Darlegung der historischen Entwicklung vor allem die verschiedenen Zielgruppen, wie beispielsweise erwachsene Patienten, Kinder, Angehörige, Kinder von krebskranken Patienten und Migranten mit ihren individuellen Bedürfnissen und Problemen bei der Behandlung. Großen Raum wird der Ausführung des Berufsbildes, den Belastungen und Ressourcen der Helfer in der Psychoonkologie gegeben. Das zweite Kapitel widmet sich psychologischen Fragestellungen in der Onkologie wie dem Thema der „Krebspersönlichkeit”, dem Zusammenhang zwischen Psyche und Krankheitsverlauf, der Lebensqualität und Ressourcen von Patienten sowie der Rolle des sozialen Umfeldes bei der Krankheitsbewältigung. Im dritten Kapitel werden verschiedene Versorgungsvarianten von der Prävention über die akute Krankheitssituation bis hin zur Rehabilitation und ambulanten Versorgung in der Psychoonkologie vorgestellt.

In Kapitel 4 widmen sich die Autoren der Frage der Symptomatologie in der Psychoonkologie und beschreiben in verschiedenen Aufsätzen die Besonderheiten im Erleben und der psychischen Situation von Tumorpatienten. Kapitel 5 gibt einen kurzen Überblick über die Diagnostik in der Psychoonkologie und die benutzten Screening-Verfahren. In Kapitel 6 unter der Überschrift „Interventionen” finden sich aneinandergereiht Darstellungen der verschiedenen psychotherapeutischen Methoden bzw. Schulen: Es finden sich kurze Einführungen in die tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie, die Verhaltenstherapie, die systemische Therapie, das Psychodrama, die Gestalttherapie, die Kunst- und Gestaltungstherapie sowie die Psychopharmakotherapie. Die Offenheit der Herausgeber für die unterschiedlichsten psychotherapeutischen Behandlungsformen zeigt sich besonders in einem Aufsatz, welcher auch komplementärmedizinische Alternativen darstellt. Das Buch schließt mit einem ausführlichen Kapitel über die Anforderungen in der Palliativmedizin ab.

Das Buch ist in seinen einzelnen Kapiteln klar abgesetzt und damit auch gut gegliedert. Die Kürze der einzelnen Kapitel erleichtert die schnelle Orientierung über die verschiedenen Problembereiche. Formal ist hervorzuheben, dass die einzelnen Themenbereiche auch anhand des Stichwortverzeichnisses und des Inhaltsverzeichnisses schnell zu finden sind, das Autorenverzeichnis vermittelt sogleich einen Einblick in die Arbeitsbereiche der Verfasser.

Die Mitwirkung einer relativ großen Anzahl von Autoren unterschiedlicher Berufsgruppen bewirkt, dass sich in dem Werk unterschiedliche Prinzipien in der Herangehensweise verbinden: einmal mehr eine praktische Orientierung, zum anderen eine mehr exemplarische, nur in wenigen Kapiteln eine mehr theoretische Darlegung.

Das Buch dürfte für einen breiten Leserkreis gedacht und sinnvoll sein, weil neben medizinischen und psychotherapeutischen Aspekten auch solche der sozialen Situation der Patienten, der Organisation von Selbsthilfegruppen und nicht zuletzt die verschiedenartigen psychotherapeutischen Methoden im Hinblick auf die speziellen Probleme der Psychoonkologie deutlich werden. Insofern sind nicht nur Mediziner und Psychologen, sondern auch die anderen mit der Behandlung und der Hilfe für krebserkrankte Patienten befassten Berufsgruppen angesprochen.

Literatur

  • 1 Herschbach P, Heußner P. Einführung in die psychoonkologische Behandlungspraxis. Stuttgart; Klett-Cotta 2008 ISBN: 978-3-608-89071-6
  • 2 Schwarz R, Singer S. Einführung Psychosoziale Onkologie. Stuttgart; UTB 2008 ISBN: 987-3-8252-3071-5
  • 3 Angenendt G, Schütze-Kreilkamp U, Tschuschke V. Praxis der Psychoonkologie. Psychoedukation, Beratung und Therapie. Stuttgart; Hippokrates 2007 ISBN: 978-3-8304-5316
  • 4 Heußner P, Besseler M, Dietzfelbinger H Tumorzentrum München Hrsg. Manual Psychoonkologie. Empfehlungen zur Diagnostik, Therapie und Nachsorge. München; Zuckschwerdt 2009 3. Aufl ISBN: 978-3-88603-964-7
  • 5 Ditz S, Diegelmann C, Isermann M Hrsg. Psychoonkologie – Schwerpunkt Brustkrebs. Stuttgart; Kohlhammer 2006 ISBN: 978-3-17-018655-2
  • 6 Dorn A, Wollenschein M, Rhode A. Psychoonkologische Therapie bei Brustkrebs mit Manual zur Bonner Semistrukturierten Kurzzeitpsychotherapie (BSKP-ONK). Köln; Deutscher Ärzte-Verlag 2006 ISBN: 987-3-7691-0506-0
  • 7 Hagemann W. Nach der Krebsdiagnose. Systemische Hilfen für Betroffene, ihre Angehörigen und Helfer. Göttingen; Vandenhoeck & Ruprecht 2003 ISBN: 3-525-46170-4
  • 8 Steinvorth M G. Psychoonkologie in freier Praxis. Psychotherapeutische Langzeitbegleitung von krebskranken Menschen. Berlin; Deutscher Psychologen Verlag 2004 ISBN: 978-3-931589-59-2
  • 9 Weis J, Heckl U, Brocai D. et al .Psychoedukation mit Krebspatienten. Therapiemanual für eine strukturierte Gruppenintervention. Stuttgart; Schattauer 2006 ISBN: 978-3-798-3-7945-2444-0
  • 10 Diegelmann C, Isermann M Hrsg. Ressourcenorientierte Psychoonkologie. Psyche und Körper ermutigen. Stuttgart; Kohlhammer 2010 ISBN: 978-3-17-020905-3
  • 11 Tschuschke V. Psychoonkologie. Psychologische Aspekte der Entstehung und Bewältigung von Krebs. Stuttgart; Schattauer 2005 ISBN: 3-7945-2313-X
  • 12 Koch U, Weis J Hrsg. Psychoonkologie. Eine Disziplin in der Entwicklung. Göttingen; Hogrefe 2008 ISBN: 978-3-8017-2088-9
  • 13 Diamantidis T. Den Krebs bewältigen und einfach wieder leben. Stuttgart; Trias 2004 ISBN: 3-8304-3226-7
  • 14 LeShan L. Diagnose Krebs: Wendepunkt und Neubeginn. Stuttgart; Klett-Cotta 2008 ISBN: 978-3-608-95794-5

Dipl.-Psych. Frank Deschner

Praxisgemeinschaft Psychotherapie

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