Zentralbl Chir 2010; 135(4): 375-376
DOI: 10.1055/s-0030-1247433
Kommentar

© Georg Thieme Verlag Stuttgart ˙ New York

Kommentar zu: G. Mommertz, S. Langer, T. A. Koeppel et al. Early Control of Distal Internal Carotid Artery During Carotid Endarterectomy – Does It Contribute to Reduce Microemboli? J Cardiovasc Surg (Torino). EPUB Ahead of print

Comments on: G Mommertz, S Langer, TA Koeppel et al. Early Control of Distal Internal Carotid Artery During Carotid Endarterectomy – Does It Contribute To Reduce Microemboli? J Cardiovasc Surg (Torino). EPUB Ahead of printG. Mommertz1
  • 1Helios-Klinikum Siegburg, Gefäßchirurgie, Siegburg, Deutschland
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Publication Date:
30 August 2010 (online)

Die Ergebnisse der Karotisendarteriektomie (CEA) werden durch ihre Mortalitäts- und Morbiditätsraten definiert [1] [2] . 

Im Rahmen der bereits lang andauernden Diskussion über CEA versus Karotisstenting (CAS) wurde der intraoperativen Protektion nur wenig Aufmerksamkeit geschenkt. 

Wir wissen heute, dass die mit Abstand häufigste Ursache für intraoperative Hirninfarkte Embolien sind und nur ein geringer Anteil hämostaseologische Insuffizienzen für Hirninfarkte im Rahmen von CEA verantwortlich ist [3]. 

Obwohl mithilfe des transkraniellen Dopplers (TCD) Mikroembolien (ME) während der CEA zuverlässig detektiert werden können, wurde bislang wenig über Möglichkeiten publiziert, diese ME zu verhindern. Auch wenn ME während der gesamten CEA auftreten, sind lediglich die während der Präparationsphase und während eventueller Shuntphasen mit neurologischen Defiziten korreliert [4] [5] . 

Die Vermeidung dieser ME durch eine frühe distale Klemmung der ACI scheint eine vielversprechende Methode zu sein. Bislang wurde diese Methode durch 2 Arbeitsgruppen untersucht: 

Bourke et al. [6] haben diese Option als erstmalig 2002 publiziert, dabei haben sie diese Technik der frühen distalen Klemmung bei 142 (96 %) von 148 Patienten anwenden können. Die übrigen 6 Patienten wurden konventionell, d. h. zuerst erfolgt die Präparation der Karotisgabel und dann folgt die Klemmung, operiert. Sie berichteten über keinen Hirninfarkt oder Todesfall, jeweils ein Patient hatte eine temporäre vertebrobasiläre Insuffizienz, einen Myokardinfarkt, eine periphere Nervenläsion und eine revisionspflichtige Nachblutung. Die Autoren schlussfolgerten, dass weitere Studien folgen sollten, um vor allem mittels TCD das theoretische Potenzial bezüglich der ME-Reduktion zu untermauern. 

Pratesi et al. [7] publizierten 2004 eine retrospektive Studie, in der zwischen 1996 und 1999 1090 Patienten konventionell und zwischen 1999 und 2002 1145 Patienten mittels früher distaler Klemmung der ACI operiert wurden. Bei allen 1145 Patienten war die frühe distale Klemmung durchführbar und diese Gruppe zeigte eine signifikant niedrigere Rate neurologischer Komplikationen (0,4–1,8 %; p = 0,02). Eine neurologische Untersuchung der Patienten wird weder prä- noch postoperativ beschrieben, sodass die extrem niedrige Rate neurologischer Komplikationen eventuell etwas höher liegen könnte. 

Die hier kommentierte Studie ist die erste, die eine prospektiv-randomisierte Evaluation der frühen distalen Klemmung im Vergleich zur konventionellen CEA bezüglich der Reduktion von ME während der Präparation durchführt. 

Achtundzwanzig Patienten (29 Operationen) wurden prospektiv in die Studie inkludiert. Vor der CEA wurden die Patienten in 2 Gruppen randomisiert: 

Gruppe A (n = 12): CEA mit früher distaler Klemmung der ACI und Gruppe B (n = 17): Konventionelle CEA. 

Perioperativ wurde kontinuierlich der Fluss in der ipsilateralen A. cerebri media mittels TCD überwacht. 

Alle Patienten wurden prä- und postoperativ neurologisch untersucht. 

Die ME während der Präparation wurden mithilfe des arithmetischen Mittels und der Standardabweichung zusammengefasst. Die weitere statistische Analyse umfasste den parametrischen Wilcoxon-Test für beide Gruppen. Die p-Werte kleiner 0,05 wurden als statistisch signifikant angenommen. Der Wilcoxon-Test wurde ebenfalls für den Vergleich der Klemm- und OP-Zeiten benutzt. 

Es wurde bei 26 Patienten eine Eversionsendarterektomie durchgeführt, bei 3 Patienten eine Endarterektomie mit Patchplastik. Bei 12 Patienten traten während der Präparation ME auf, 8 dieser Patienten gehörten zur Gruppe B und 4 zur Gruppe A. Der Mittelwert der ME während der Präparation betrug in der Gruppe A 2,4 (SD 4,6; 5–15) und in der Gruppe B 3,9 (SD 7,1; 2–28). Somit gibt es keinen statistisch signifikanten Unterschied; p = 0,4375. Kein Patient erlitt ein Reperfusionssyndrom oder neurologische Komplikationen. Andere Komplikationen wie Myokardinfarkt, Blutung, periphere Nervenläsionen konnten ebenfalls nicht beobachtet werden. 

Diese prospektive, randomisierte Studie konnte keinen Vorteil für die frühe distale Klemmung der ACI nachweisen. Weder die Summe der ME noch die OP- und Klemmzeiten differierten statistisch signifikant. 

Eine wesentliche Limitierung dieser Studie ist natürlich die kleine Patientenzahl, da jedoch keine Tendenz zugunsten eines der beiden Verfahren erkennbar ist, sind aus unserer Sicht weitergehende Studien zweifelhaft, da eine klinisch nur äußerst schwer zu erreichende Anzahl von Patienten operiert werden müsste, um eine statistische Aussagekraft zu erhalten. 

Letztlich kann man folgern, dass eine subtile Präparation der Karotisgabel mit oder ohne frühe distale Klemmung die Entscheidung für den Erfolg der Operation trägt. 

Literatur

  • 1 North American Symptomatic Carotid Endarterectomy Trial Collaborators. Beneficial effect of carotid endarterectomy in symptomatic patients with high-grade carotid stenosis.  N Engl J Med. 1991;  325 445-453
  • 2 European Carotid Surgery Trialists’ Collaborative Group . MRC European Carotid Surgery Trial: interim results for symptomatic patients with severe (70–99 %) or with mild (0–29 %) carotid stenosis.  Lancet. 1991;  337 1235-1243
  • 3 Siebler M, Nachtmann A, Sitzer M et al. Cerebral microembolism and the risc of ischemia in asymptomatic high-grade internal carotid artery stenosis.  Stroke. 1995;  26 2184-2186
  • 4 Ackerstaff R G, Jansen C, Moll F L et al. The significance of microemboli detection by means of transcranial Doppler ultrasonography monitoring in carotid endarterectomy.  J Vasc Surg. 1995;  21 963-969
  • 5 Cantelmo N L, Babikian V L, Samaraweera R N et al. Cerebral microembolism and ischemic changes associated with carotid endarterectomy.  J Vasc Surg. 1998;  27 1024-1030
  • 6 Bourke B M, Crimmins D S. Early control of the distal internal carotid artery during endarterectomy: achievability and results.  J Vasc Surg. 2002;  36 70-74
  • 7 Pratesi C, Dorigo W, Innocenti A A et al. Reducing the risk of intraoperative neurological complications during carotid endarterectomy with early distal control of the internal carotid artery.  Eur J Vasc Endovasc Surg. 2004;  28 670-673

Dr. Gottfried Mommertz

Helios-Klinikum Siegburg · Gefäßchirurgie

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