Pneumologie 2009; 63(12): 684
DOI: 10.1055/s-0029-1243409
Pneumo-Fokus

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Pädiatrie/Bronchiolitis - Behandlung mit Epinephrin und Dexamethason

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Publication Date:
14 December 2009 (online)

 
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Die meist durch das Respiratorische Synzytialvirus (RSV) ausgelöste Bronchiolitis ist die häufigste Infektion der unteren Atemwege bei Säuglingen und Kleinkindern. Laut einer großen kanadischen Studie von A. C. Plint et al. scheint die Kombination aus systemischem Dexamethason und inhalativem Epinephrin bei Säuglingen wirksamer zu sein als die jeweiligen Einzelsubstanzen. Nach Adjustierung der Daten war die Reduktion der Krankenhauseinweisungen jedoch nicht mehr signifikant. N Engl J Med 2009; 360: 2079-2089

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Das RS-Virus gehört zur Gruppe der Pneumoviren. In den Wintermonaten verursacht es die meisten Fälle einer Bronchiolitis bei Säuglingen und Kleinkindern (Bild: CDC/E. L. Palmer).

In den RSV-Saisons von Dezember bis April der Jahre 2004-2007 rekrutierte Amy C. Plint, Abteilung für Pädiatrie und Notfallmedizin der Universität von Ottawa und Kinderkrankenhaus Ost-Ontario, gemeinsam mit Kollegen von 7 anderen pädiatrischen Notfallstationen 800 Säuglinge im Alter zwischen 6 Wochen und 12 Monaten. Eingeschlossen in die placebokontrollierte Doppelblindstudie wurden Kinder mit einem Schweregrad der Symptomatik zwischen 4 und 15 im von 0-17 reichenden Respiratory Distress Assessment Index (RDAI; Werte < 4: sehr leichte Erkrankung; > 15: sehr schwere Erkrankung). Randomisiert erhielten sie eine der folgenden 4 Therapien:

  1. 2-mal inhalatives generisches Epinephrin im Abstand von 30 Minuten (3ml in 1:1000 Verdünnung) plus orales generisches Dexamethason (1,0 mg/kg Körpergewicht nach der 1. Gabe von Epinephrin, anschließend 1-mal täglich 0,6 mg/kg für 5 Tage)

  2. inhalatives Epinephrin plus orales Placebo

  3. inhalatives Placebo plus orales Dexamethason

  4. inhalatives und orales Placebo

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Weniger Hospitalisierungen nach der Entlassung

Primärer Endpunkt war die Hospitalisierung innerhalb von 7 Tagen nach Therapiebeginn. Dies war in einer ersten Analyse bei den kombiniert behandelten Kindern mit 17,1 % seltener notwendig als unter Epinephrin/Placebo mit 23,7 %, Dexamethason/Placebo mit 25,6 % und Placebo/Placebo mit 26,4 % (p = 0,02). Der stärkste Effekt trat in den ersten 3 Tagen ein. Nach Adjustierung für verschiedene Faktoren ("multiple comparisons") ging die Signifikanz jedoch verloren (p = 0,07). Mit Epinephrin/Dexamethason behandelte Kinder konnten etwas früher aus der Notaufnahme entlassen werden, erlangten schneller eine ruhige Atmung zurück und konnten schneller wieder normal ernährt werden. Ein Unterschied im klinischen Score war zwischen Epinephrin und Placebo in der ersten Stunde nach Behandlungsbeginn erkennbar. Dexamethason oder Epinephrin allein bewirkten weder in der nicht adjustierten noch in der adjustierten Analyse eine deutliche Reduktion der Hospitalisierungsrate. Andere Endpunkte wurden ebenfalls nicht beeinflusst.

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"Unerwarteter Synergismus"

Wie A. C. Plint et al. in der Diskussion schreiben, fanden sie in der Studie einen "unerwarteten Synergismus zwischen Epinephrin und Dexamethason". Im Methodenteil ist von einer "unerwarteten Interaktion" die Rede. Durch sie ergebe sich eine Unsicherheit, die u.a. als Grund für die adjustierte Analyse angegeben wird. Die Kombination senkte das relative Risiko der Hospitalisierung im Vergleich zu Placebo um 35 %. Laut 3 kleinen anderen Studien sei die Kombination von Epinephrin oder Albuterol plus Dexamethason ebenfalls wirksam. Für Dexamethason allein lägen widersprüchliche Ergebnisse vor. Schwere Nebenwirkungen traten in der vorliegenden Studie nicht auf. Die Kinder wurden aber zu kurz nachbeobachtet, um längerfristig Folgen ausschließen zu können. Die adrenerge Suppression sei bei einer solchen Kurzzeittherapie sehr wahrscheinlich nur transient. Bedenken bezüglich einer Wachstumsverzögerung betreffen derzeit nur Neugeborene mit sehr geringem Geburtsgewicht, die bereits während der ersten Lebenstage Kortikosteroide erhalten. Der Effekt bei ansonsten gesunden Kindern sei nicht bekannt. Die Ergebnisse der vorliegenden Studie sollten nur als "explorativ" angesehen werden.

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Fazit

Trotz der großen Zahl von 800 rekrutierten Kindern kann auch diese Studie die Frage nicht beantworten, wie schwer erkrankte Säuglinge mit Bronchiolitis am besten behandelt werden sollen. Zwar könnte die Kombination von inhalativem Epinephrin und oralem Dexamethason u.a. die Hospitalisierungsrate deutlich reduzieren. Die Ergebnisse bedürfen jedoch der Bestätigung durch weitere Studien.

Dr. Matthias Herrmann, Berlin

 
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Das RS-Virus gehört zur Gruppe der Pneumoviren. In den Wintermonaten verursacht es die meisten Fälle einer Bronchiolitis bei Säuglingen und Kleinkindern (Bild: CDC/E. L. Palmer).