Dialyse aktuell 2009; 13(7): 360-361
DOI: 10.1055/s-0029-1239642
Kongresse

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Klinische Proteomik - Neue Biomarker

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Publikationsdatum:
10. September 2009 (online)

 
Inhaltsübersicht

Die wachsende Anzahl von Patienten mit chronischer Niereninsuffizienz und die damit verbundenen steigenden Behandlungskosten gehören zu den größten Herausforderungen, die Nephrologen weltweit beschäftigen. Eine Früherkennung von krankhaften Veränderungen der Niere ist für den Erfolg des Therapieverlaufs entscheidend. Die Standardansätze zur Diagnose von Nierenerkrankungen in der klinischen Routine ermöglichen oft nur eine verspätete Diagnose, da dort immer noch einzelne Markerproteine genutzt werden, deren Nachweis erst in einem fortgeschrittenen Stadium der Nierenerkrankung möglich ist.

Wie die aktuelle Forschung außerdem sehr deutlich zeigt, ermöglichen nur die auf mehreren Markern aufbauenden Vorhersagemodelle eine ausreichend genaue Frühdiagnose. Deshalb sind validierte Urin- oder Serumbiomarker, die das Auftreten einer krankhaften Veränderung der Niere frühzeitig und sicher anzeigen, ohne Zweifel eine Bereichung der klinischen Diagnostik.

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Was ist klinische Proteomik?

Die proteomische Analytik ist eine relativ neue Disziplin, die vielversprechende Ansätze für die Analyse des Proteoms bringt. Der Begriff "Proteom" beschreibt die Gesamtheit der Proteine einer Zelle, eines Gewebes, eines Organismus oder auch einer biologischen Flüssigkeit (wie Urin oder Serum) zu einem definierten Zeitpunkt. Die funktionelle Proteomik dagegen beschäftigt sich mit der Funktion dieses Proteininventars: die Aktivität der einzelnen Proteine sowie ihre vielfältige und exakt abgestimmte Interaktion in größeren Proteinkomplexen. Dabei spielen Parameter wie die zelluläre Lokalisation und gezielte Modifikationen der Proteine eine wichtige Rolle.

Die klinische Proteomik ist der neueste interdisziplinäre Forschungsbereich der Proteomik, welcher Forscher aus den verschiedenen Bereichen der biomedizinischen Forschung vereint, um optimale Bedingungen für den Transfer von der Grundlagenforschung in die klinische Praxis zu schaffen. Davon sollten folgende Bereiche der klinischen Forschung profitieren: Frühdiagnose und Prognose von Krankheiten, Vorhersage des Krankheitsverlaufs und wie der Patient von einer bestimmten Behandlung profitieren wird und Identifizierung von neuen Proteinen, die als geeignete Angriffspunkte für eine Therapie dienen können [1], [2], [3].

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Potenzielle Marker für Nierenschäden identifizieren und evaluieren

Bei diagnostischen Fragestellungen wird in der klinischen Proteomik zwischen dem gezielten qualitativen und quantitativen Nachweis einzelner oder mehrerer Proteine wie auch dem Nachweis von krankheitsspezifischen Proteinmustern unterschieden. Somit ist es möglich, potenzielle Marker für Nierenschäden im Serum oder Urin ohne großen Aufwand zu identifizieren und zu evaluieren. Die Identifizierung von krankheitsspezifischen Proteinen im Serum oder Urin mithilfe der klinischen Proteomik ist relativ einfach. Allerdings sind die erhobenen Biomarker oder Proteinmuster nur dann diagnostisch zu verwerten, wenn die präanalytischen Bedingungen genau definiert und beachtet wurden.

Des Weiteren sollten sie in randomisierten kontrollierten Studien validiert werden. Zu den entscheidenden Faktoren, die bei der erfolgreichen Identifizierung von verlässlichen Serum- oder Urinbiomarkern für die Diagnose eine Rolle spielen, gehören das Studiendesign, die Qualität der Probensammlung und -vorbereitung sowie die zugrunde liegenden klinischen Studien. Trotz der vielen Hürden wurden bereits im Urin wie auch im Serum mithilfe der klinischen Proteomik viele Proteine und Proteinvarianten nachgewiesen, deren Konzentration stark mit einer krankhaften Veränderung der Nierenfunktion korreliert [4], [5], [6], [7], [8].

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Klinische Proteomik steckt noch in den Kinderschuhen

Unabhängig von diesen Erfolg versprechenden Aussichten der klinischen Proteomik bei der Identifizierung spezifischer Proteinmarker, bleibt der Anteil an Biomarkern, die für eine frühere Diagnose oder Prognose von therapeutischen Verläufen von Nierenkrankheiten benutzt werden können, verschwindend gering. Der Erfolg bei dem Transfer von Biomarkern aus der Grundlagenforschung in die klinische Praxis setzt hohe Ansprüche an die moderne klinische Proteomik und an die Qualität der klinischen Studien voraus.

Standardrichtlinien, die die Lieferung von Biomarkern mit hoher Qualität sichern und für alle Studien gelten, sollten für die klinische Proteomik geschaffen werden. Dies kann nur im Rahmen interdisziplinärer Zusammenarbeit zwischen Grundlagenforschern, Klinikern, Epidemiologen und innerhalb koordinierender Verbände wie "Human Kidney and Urine Proteome Project" (HKUPP) oder/und "European Kidney and Urine Proteomics" (EuroKup) verwirklicht werden.

PD Dr. rer. nat. Hassan Dihazi, Göttingen

Quelle: Current Congress zum 1. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Nephrologie vom 26.-29.09.2009 in Göttingen

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Literatur

  • 01 Celis JE . Moreira JM . Clinical Proteomics.  Mol Cell Proteomiks. 2008;  7 1779
  • 02 Dihazi H . Clinical Proteomics: an insight into the urinary proteome. Interview with Dr. Hassan Dihazi.  Expert Rev Proteomics. 2006;  3 481-482
  • 03 Muller GA . Muller CA . Dihaszi H . Clinical Proteomics on the long way from bench to bedside?.  Nephrol Dial Transplant. 2007;  22 1297-1300
  • 04 Decramer S . Wittke S . Mischak H . et al . Predicting the clinical outcome of congenital unilateral ureteropelvic junction obstruction in newborn by urinary proteome analysis.  Nat Med. 2006;  12 398-400
  • 05 Dihazi H . Muller GA . Lindner S . et al . Characterization of diabetic nephropathy by urinary Proteomic analysis: identification of a processed ubiquitin form as a differentially excreted protein in diabetic nephropathy patients.  Clin Chem. 2007;  53 1636-1645
  • 06 Haubiz M . Wittke S . Weissinger EM . et al . Urine protein patterns can serve as diagnostic tools in patients with IgA nephropathy.  Kidney Int. 2005;  67 2313-2320
  • 07 Mischak H . Kaiser T . Walden M . et al . Proteomic analysis for the assessment of diabetic renal damage in humans.  Clin Sci (Lond). 2004;  107 485-495
  • 08 Weissinger EM . Wittke S . Kaiser T . et al . Proteomic patterns established with capillary electrophoresis and mass spectrometry for diagnostic purposes.  Kidney Int.. 2004;  65 2426-2434
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Literatur

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  • 02 Dihazi H . Clinical Proteomics: an insight into the urinary proteome. Interview with Dr. Hassan Dihazi.  Expert Rev Proteomics. 2006;  3 481-482
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