Rofo 2009; 181(9): 910-912
DOI: 10.1055/s-0029-1239616
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Radiologie & Recht
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Erwerb der "Zusatzweiterbildung fachgebundene Magnetresonanztomografie" nach Übergangsrecht

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Publication Date:
23 September 2009 (online)

 
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Seit der Umsetzung der "Zusatzweiterbildung fachgebundene Magnetresonanztomografie"; in den Weiterbildungsordnungen der jeweiligen Landesärztekammern sind zukünftig auch andere ärztliche Fachgruppen berechtigt, Leistungen der Magnetresonanztomografie im privatärztlichen Bereich zu erbringen, soweit sie die für die Zusatzbezeichnung geforderte Weiterbildungszeit und die Weiterbildungsinhalte nachgewiesen und in einer Prüfung vor der Ärztekammer erfolgreich belegt haben. Die Zusatzweiterbildungen wurden durch den 106. Deutschen Ärztetag im Jahr 2003 beschlossen und in die (Muster-) Weiterbildungsordnung (MWBO) aufgenommen und anschließend von den Landesärztekammern umgesetzt.

Für Fachärzte, die bei Einführung der Zusatzweiterbildungen in den Weiterbildungsordnungen der Landesärztekammern bereits in der Magentresonanztomografie tätig gewesen sind, gelten die allgemeinen Anforderungen für den Erwerb der Zusatzbezeichnung nicht, soweit sie die Voraussetzungen der Übergangsbestimmungen nach § 20 Abs. 8 MWBO erfüllen. Die Übergangsbestimmungen stellen Vertrauensschutzregelungen für Ärzte dar, die sich zum Zeitpunkt der Einführung der Bestimmungen bereits in der Weiterbildung befanden und sich daher nicht auf die neuen Anforderungen einstellen konnten. Für diese Ärzte gelten, in Abweichung von den in der Zusatzweiterbildung festgelegten Weiterbildungsinhalten und -zeiten, erleichterte Nachweismöglichkeiten.

Das Verwaltungsgericht Münster hat sich in einem Urteil vom 12.12.2008 (Az.: 10 K 747/08) erstmalig mit der Auslegung der Übergangsbestimmungen zum Erwerb der Zusatzweiterbildung fachgebundene MRT beschäftigt und deren Anforderungen im Verhältnis zum regulären Erwerb der Zusatzbezeichnung konkretisiert. In dem zugrunde liegenden Verfahren hatte ein Orthopäde auf Zulassung zur Prüfung nach Übergangsrecht geklagt, der in den Jahren 1997-2000 regelmäßig - mindestens einmal bis 2-mal in der Woche - in einem Kooperationszentrum MRT-Untersuchungen an eigenen Patienten in Anwesenheit eines Radiologen durchgeführt hatte. Ab 2001 hatte er anschließend MRT-Untersuchungen an einem eigenen Gerät in eigener Praxis durchgeführt. Die MRT-Ausbildung sei entsprechend der Richtlinien "Allianz Deutscher Orthopäden"; durchgeführt worden und hatte mit einer Abschlussprüfung durch einen Radiologen geendet. Mit Bescheid vom 08.02.2008 lehnte die zuständige Ärztekammer Westfalen-Lippe den Antrag des Orthopäden ab, da er nach ihrer Auffassung die erforderlichen Nachweise nach der Übergangsbestimmung in § 20 Abs. 8 der Weiterbildungsordnung (WO) nicht erbracht habe. Das VG Münster hat die Klage des Orthopäden abgewiesen.

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Inhalte und Ziele der Zusatzweiterbildung

Nach § 2 Abs. 4 der MWBO beinhaltet eine Zusatzweiterbildung die Spezialisierung in Weiterbildungsinhalten, die zusätzlich zu den Facharzt- und Schwerpunktweiterbildungsinhalten abzuleisten sind, sofern nichts anderes in Abschnitt C geregelt ist. Wer in der Zusatzweiterbildung die vorgeschriebenen Weiterbildungsinhalte und -zeiten abgeleistet und in einer Prüfung die dafür erforderliche fachliche Kompetenz nachgewiesen hat, erhält die Zusatzbezeichnung. Sind Weiterbildungszeiten gefordert, müssen diese zusätzlich zu den festgelegten Voraussetzungen zum Erwerb der Bezeichnung abgeleistet werden.

Auch für den Bereich der MRT wurde in Abschnitt C der WO eine fachgebundene Zusatzweiterbildung eingeführt. Während im Fachgebiet der Radiologie die Inhalte dieser Zusatzweiterbildung integraler Bestandteil der Weiterbildung sind, müssen andere Facharztgruppen diese Weiterbildung "in Ergänzung zu einer Facharztkompetenz"; durchlaufen, wobei Gegenstand der Weiterbildung die Durchführung und Befundung gebietsbezogener Bildgebungsverfahren mittels Magentresonanztomografie sind.

Die Zusatzweiterbildung berechtigt die betreffenden ärztlichen Fachgruppen jedoch ausschließlich zu einer MRT-Diagnostik innerhalb ihrer eigenen Fachgebietsgrenzen. § 2 Abs. 4 S. 4 MWBO regelt insoweit, dass die Gebietsgrenzen fachärztlicher Tätigkeiten durch die Zusatzweiterbildungen nicht erweitert werden. Das bedeutet, dass z.B. Orthopäden nach dem Erwerb der Zusatzweiterbildung ausschließlich zur Durchführung von MRT-Untersuchungen des muskuloskelettalen Bereichs und Kardiologen zur Durchführung von MRT-Untersuchungen am Herzen berechtigt sind. Dagegen haben ausschließlich Radiologen weiterhin die universale Berechtigung zur Durchführung von sämtlichen MRT-Untersuchungen.

Der Erwerb der Zusatzbezeichnung setzt die Ableistung der vorgeschriebenen Weiterbildungszeiten und Weiterbildungsinhalte voraus. Für den Bereich der Zusatzweiterbildung MRT sind als Weiterbildungszeiten folgende Anforderungen in den Weiterbildungsordnungen der Landesärztekammern in Anlehnung an die MWBO festgeschrieben:

  • 24 Monate bei einem Weiterbildungsbefugten für Radiologie gemäß § 5 Absatz 1, davon können bis zu

    - 12 Monate bei einem Weiterbildungsbefugten gemäß § 5 Absatz 1 Satz 2 abgeleistet werden,

    - 12 Monate im ambulanten Bereich abgeleistet werden.

Inhaltlich wird der Erwerb von Kenntnissen, Erfahrungen und Fertigkeiten in

  • der Durchführung und Befundung gebietsbezogener Untersuchungen mittels Magnetresonanztomografie,

  • der Indikation und Differentialindikation mit anderen diagnostischen, radiologischen Verfahren,

  • der Anwendung von Arznei- und Kontrastmittel bei MRT-Untersuchungen,

  • den physikalischen Grundlagen der Magnetresonanzverfahren und Biophysik einschließlich den Grundlagen der Patientenüberwachung inkl. der Sicherheitsmaßnahmen für Patienten und Personal bei Anwendung von Magnetresonanzverfahren,

  • der Gerätekunde vorgeschrieben.

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Erwerb der Zusatzweiterbildung nach Übergangsrecht

Nach § 20 Abs. 8 MWBO können Kammerangehörige, die bei Einführung einer Zusatzweiterbildung innerhalb der letzten 8 Jahre vor der Einführung mindestens die gleiche Zeit regelmäßig an Weiterbildungsstätten oder vergleichbaren Einrichtungen tätig waren, welche der jeweiligen Mindestdauer der Weiterbildung entspricht, auf Antrag die Anerkennung zum Führen dieser Bezeichnung erhalten. Der Antragsteller hat den Nachweis einer regelmäßigen Tätigkeit für die in Satz 1 angegebene Mindestdauer in der jeweiligen Zusatzweiterbildung zu erbringen. Aus dem Nachweis muss hervorgehen, dass der Antragsteller in dieser Zeit überwiegend in der betreffenden Zusatzweiterbildung tätig gewesen ist und dabei umfassende Kenntnisse, Erfahrungen und Fertigkeiten erworben hat. Zusätzlich ist eine Prüfung vor der Ärztekammer abzulegen.

Zunächst ist festzustellen, dass die Anerkennung individueller Kenntnisse und Erfahrungen für diagnostische Leistungen, die nicht vom Fachgebiet umfasst werden, aufgrund des abstrakt-generellen Regelungscharakters der Weiterbildungsordnung im Grundsatz ausgeschlossen ist (BSG MedR 1988, S. 159, 161; LSG Baden-Württemberg MedR 1985, S. 243, 245). Ärzte, die vor Einführung der Zusatzweiterbildung im Bereich der MRT ausgebildet worden sind, ohne dass dieses Verfahren zu ihrem Fachgebiet gehörte, konnten daher nicht darauf vertrauen, dass sie anschließend zur selbstständigen Durchführung der MRT berechtigt sein werden. Dies hat sich durch die Einführung der Zusatzweiterbildung fachgebundene Magnetresonanztomografie in der WO im Jahre 2005 geändert, da durch die Einführung der Zusatzweiterbildung die Magnetresonanztomografie nicht mehr ausschließlich dem Fachgebiet der Radiologie vorbehalten und damit für andere Fachgruppen nicht mehr als fachgebietsfremd anzusehen ist. Allerdings bedeutet dies nicht, dass jegliche Form der Ausbildung im Bereich der MRT vor Einführung der Zusatzbezeichnung zu deren Anerkennung führen muss, da diese außerhalb des Fachgebiets erfolgt ist. Es ist daher davon auszugehen, dass es sich bei den Übergangsbestimmungen nach § 20 Abs. 8 WO um Ausnahmeregelungen handelt, die grundsätzlich restriktiv auszulegen sind (Kamps, Der Arzt und sein Recht, 1997, S. 12, 15). Für den Erwerb der Zusatzweiterbildung fachgebundene MRT nach den Übergangsbestimmungen müssen daher seitens des antragstellenden Arztes folgende Voraussetzungen vollständig erfüllt werden:

  • Mindestens 24-monatige regelmäßige Tätigkeit an Weiterbildungsstätten oder vergleichbaren Einrichtungen im Bereich MRT innerhalb der letzten 8 Jahre vor Einführung der Zusatzweiterbildung,

  • Nachweis einer ganztätigen und hauptberuflichen Weiterbildung nach § 4 Abs. 5 WO,

  • Nachweis einer überwiegenden Tätigkeit und Erwerb umfassender Kenntnisse, Erfahrungen und Fertigkeiten.

  • Ablegung der Prüfung nach § 14 WO.

Bei der Auslegung des Begriffs "umfassende Kenntnisse"; ist der Inhalt der Weiterbildung der jeweiligen Zusatzweiterbildung heranzuziehen. Maßgeblich sind also die in der Zusatzweiterbildung beschriebenen Weiterbildungsinhalte, die der Arzt "umfassend"; erworben haben muss.

In dem vorliegenden Verfahren war insbesondere die Frage streitig, ob der betreffende Orthopäde innerhalb der letzten acht Jahre vor Einführung der Zusatzweiterbildung fachgebundene MRT in der WO der ÄKWL im Jahre 2005, die erforderliche Tätigkeit in der Zusatzweiterbildung MRT an Weiterbildungsstätten oder vergleichbaren Einrichtungen abgeleistet hat, die der Mindestdauer der Weiterbildung entsprechen. Das VG Münster hat hierzu folgende Grundsätze aufgestellt, die im Rahmen des Erwerbs der Zusatzbezeichnung nach Übergangsrecht zu beachten sind:

  • a. Keine Anrechenbarkeit von Tätigkeiten in eigener Praxis

    Der antragstellende Arzt war während des gesamten Zeitraums in seiner eigenen Praxis tätig und verfügte seit 2001 über ein eigenes MRT-Gerät, mit dem er Untersuchungen durchgeführt hat. Die ärztliche Tätigkeit in eigener Praxis ist jedoch gem. § 36 Abs. 6 HeilBerG NRW und § 4 Abs. 7 S. 3 WO auf die Weiterbildungszeit nicht anrechenbar.

  • b. Erfordernis der überwiegenden Tätigkeit

    Nach § 20 Abs. 8 Satz 2 hat der Antragsteller den Nachweis einer regelmäßigen Tätigkeit für die in Satz 1 angegebene Mindestdauer in dem jeweiligen Gebiet, Schwerpunkt oder Zusatzweiterbildung zu erbringen. Aus dem Nachweis muss hervorgehen, dass der Antragsteller in dieser Zeit überwiegend im betreffenden Gebiet, Schwerpunkt oder der entsprechenden Zusatzweiterbildung tätig gewesen ist und dabei umfassende Kenntnisse, Erfahrungen und Fertigkeiten erworben hat.

    Eine überwiegende Tätigkeit liegt nur dann vor, wenn sie mehr als die Hälfte der ganztägigen regelmäßigen Arbeitszeit ausmacht. Diese Anforderungen wurden von dem Orthopäden in dem vorliegenden Verfahren nicht erfüllt, da er nach seinen eigenen Angaben allenfalls an 2 Tagen in der Woche und damit in jedem Fall weniger als die Hälfte der regelmäßigen Arbeitszeit MRT-Untersuchungen durchgeführt hat.

  • c. Erfordernis der zeitlichen Komprimierung

    Die fehlende überwiegende 2-jährige Tätigkeit im Sinne von § 20 Abs. 8 Satz 1 WO kann nach Ansicht des VG Münster auch nicht dadurch kompensiert werden, dass sich die Tätigkeit des Orthopäden insgesamt über einen längeren Zeitraum von 4 Jahren erstreckt hat. Hierauf kommt es nach Ansicht des VG nicht an, da eine Weiterbildung, die ihren Zweck als Information des Patienten über zusätzliche Qualifikationen eines Arztes erfüllen soll, zeitlich komprimiert erfolgen muss und nicht unbegrenzt über Jahre hinweg ausgedehnt werden kann. Nur im Rahmen einer zeitlichen Komprimierung lässt sich nach Ansicht des VG ein gewisser qualitativ hochwertiger Wissensstand vermitteln, da bei großer zeitlicher Streckung der Weiterbildung die Nachweise über die Zusatzqualifikation ihre Aussagewertigkeit verlieren würden. Das VG bezieht sich hinsichtlich dieser Anforderung auf eine Entscheidung des OVG NW vom 13.08.2007 (Az.: 13 A 2840/04), welches bereits auf den Verlust einer geschlossenen und strukturierten Weiterbildung bei einer zeitlich übermäßigen Ausdehnung der Weiterbildung hingewiesen hatte.

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Ergebnis

Da in dem vorliegenden Fall der Orthopäde bereits keine überwiegende 2-jährige Tätigkeit an Weiterbildungsstätten oder vergleichbaren Einrichtungen vorweisen konnte, war die Entscheidung der ÄKWL den Arzt nicht zur Prüfung zuzulassen rechtlich nicht zu beanstanden, da nach § 11 WO für die Anerkennung der Zusatzbezeichnung 3 Voraussetzungen vorliegen müssen, und zwar der Nachweis der fachlichen Kompetenz, die Erfüllung der vorgeschriebenen Mindestanforderungen und die bestandene Prüfung. Die Zulassung zur Prüfung ist jedoch durch die Ärztekammer nur zu erteilen, wenn die Erfüllung der zeitlichen und inhaltlichen Anforderungen durch Zeugnisse und Nachweise einschließlich der Dokumentation nach § 8 Abs. 2 WO belegt sind (vgl. § 12 Abs. 1 S. 2 WO). Erst dann werden in der durchzuführenden Prüfung die erworbenen Kenntnisse, Erfahrungen und Fertigkeiten durch den Prüfungsausschuss gemäß § 14 Abs. 2 WO überprüft. Vorliegend waren jedoch bereits die erforderlichen Weiterbildungszeiten nicht nachgewiesen, sodass es keiner Entscheidung bedurfte, ob durch die Zusammenarbeit mit dem Kooperationszentrum die inhaltlichen Anforderungen an die Weiterbildung erfüllt wurden. Die ablehnende Entscheidung wurde daher seitens der ÄKWL zu Recht getroffen.

Dr. Peter Wigge

Rechtsanwalt

Fachanwalt für Medizinrecht

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