Z Orthop Unfall 2009; 147(4): 411
DOI: 10.1055/s-0029-1237485
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© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart ˙ New York

Posterolaterale lumbale Spondylodese - Autologer Knochen oder Ersatzwerkstoff?

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Publication Date:
19 August 2009 (online)

 
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Klinische und radiologische Analyse einer optimierten rhBMP-2-Formel als Autograft-Ersatz bei der posterolateralen lumbalen Spondylodese. Clinical and Radiographic Analysis of an Optimized rhBMP-2 Formulation as an Autograft Replacement in Posterolateral Lumbar Spine Arthrodesis. J Bone Joint Surg Am. 2009; 91:1377-1386

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Bildquelle: Schünke M et all. Prometheus. Allgemeine Anatomie und Bewegungsapparat. Stuttgart: Thieme, 2004.

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Hintergrund

Für die posterolaterale lumbale Spondylodese gilt derzeit die Interposition eines autogenen Beckenkammspans als therapeutischer Standard. Im Rahmen der vorliegenden Studie wird das Verfahren der lumbalen Spondylodese durch Applikation mit rekombinantem humanem Bone Morphogenetic Protein - 2 (rhBMP-2), kombiniert mit einer Matrix aus bovinem Kollagen und Tricalciumphosphat-Hydroxylapatit dargestellt und mit dem Beckenkammspanverfahren verglichen.

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Materialien und Methoden

In eine multizentrische prospektiv randomisierte FDA-kontrollierte Studie wurden insgesamt 463 Patienten eingeschlossen, die von 63 Operateuren in 29 Zentren operativ versorgt wurden. OP-Indikationen waren symptomatische degenerative Erkrankungen in einer Höhe von L2 bis S1 mit Beschwerdepersistenz über 6 Monate und nicht wirksamer konservativer Therapie. Konkrete Ein- und Ausschlusskriterien sind in der vorliegenden Studie genau definiert.

Alle Patienten wurden im Sinne einer posterolateralen Spondylodese über einen offenen dorsalen Zugang mit Pedikelschrauben-Stabsystemen versorgt. Es erfolgte die Randomisierung in die Kontrollgruppe (autogener Beckenkammspan) und in die Untersuchungsgruppe (rhBMP-2-Matrix). Der Beckenkammspan der Kontrollgruppe wurde in definierter Größe an die Querfortsätze und die Pars interarticularis appliziert. In die gleiche Region wurde die BMP-Matrix bei den Patienten der Untersuchungsgruppe eingebracht (Matrix aus 2 x 10 cm³ mit 2,0 mg / ml rhBMP-2 auf 15 % Hydroxylapatit + 85% Tricalciumphosphat).

Klinische Daten wurden präoperativ sowie postoperativ nach 6 Wochen, 3, 6, 12 und 24 Monaten erhoben einschließlich ODI (Oswestry Disability Index, Schmerzscores), SF-36 sowie Röntgen und CT-Verlaufskontrollen zur Beurteilung der knöchernen Fusion.

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Ergebnisse

Von den insgesamt 463 Patienten konnten insgesamt 410 Patienten über die geplanten 2 Jahre nachuntersucht werden, 216 in der BMP-Gruppe und 194 in der Beckenkamm-Kontrollgruppe.

Die mittlere OP-Dauer und der Blutverlust waren in der rhBMP-2-Matrix-Gruppe (2,5 Std. bzw. 343,1 ml) signifikant geringer als in der Beckenkamm-Gruppe (2,9 Std. bzw. 448,6 ml).

Der ODI-Score und der SF-36 waren in beiden Gruppen über den gesamten Zeitraum gleich, zeigten jedoch in beiden Gruppen zu jedem Zeitpunkt eine signifikante Verbesserung im Vergleich zu den präoperativen Scores.

Beide Gruppen wiesen gleiche Verbesserungen auf hinsichtlich klinischer Ergebnisse und reduzierter Schmerzen.

Nach 24 Monaten berichteten 60% der Patienten der Beckenkammgruppe über Beschwerden an der Entnahmestelle.

Nach 24 Monaten war die knöcherne Fusion nachgewiesen bei 96% der Patienten der rhBMP-2-Matrix-Gruppe verglichen mit 89% in der Beckenkammgruppe. Ein signifikanter Unterschied hinsichtlich der ausbleibenden knöchernen Fusion wurde beschrieben (18 Beckenkamm-Patienten und 6 BMP-Patienten). Auch die Anzahl der Patienten mit notwendiger Revisionschirurgie war in der Beckenkamm-Gruppe (36 Pat.) signifikant höher als in der BMP-Gruppe (20 Pat.).

Unerwünschte Ereignisse traten in beiden Gruppen etwa in gleicher Höhe auf ohne Hinweis für einen signifikanten Unterschied.

Dr. Marko Saß

Abt. für Unfall- und Wiederherstellungschirurgie

Chirurgische Klinik und Poliklinik der Universität

Email: sassmark@med.uni-rostock.de

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Kommentar

Im Rahmen der vorliegenden Studie wird der Einsatz von rhBMP-2 bei der instrumentierten posterolateralen lumbalen Spondylodese als positiv eingeschätzt durch eine Verringerung von OP-Dauer und Blutverlust sowie einer früheren und besseren knöchernen Durchbauungsrate.

Die klinischen Ergebnisse sind in beiden Gruppen etwa gleich, verbunden mit dem Vorteil des Entfalls der Beckenkammspanentnahme (mit der bekannten Komplikationsrate) bei rhBMP-2-Applikation.

Die vorliegende Studie wird mit einem Evidenz-Level I eingeschätzt. Wie hoch der finanzielle Mehraufwand bei Einsatz von der rhBMP-2-Matrix ist, wird jedoch in der Studie nicht angegeben.

Dr. Marko Saß

 
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Bildquelle: Schünke M et all. Prometheus. Allgemeine Anatomie und Bewegungsapparat. Stuttgart: Thieme, 2004.