Pneumologie 2009; 63(4): 190
DOI: 10.1055/s-0029-1220602
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Bronchialkarzinom - Risiko bei pulmonaler Vernarbung erhöht

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Publication Date:
08 April 2009 (online)

 
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Lungenkarzinome treten häufig in unmittelbarer Nähe pulmonaler Narben auf. Dies lässt die Spekulation zu, derartige Vernarbungen induzierten die Karzinomentstehung. Jedoch ist auch der Umkehrschluss möglich – die bisherige Datenlage legte die Kausalität nicht eindeutig fest. Yu et al. beleuchteten die Zusammenhänge in einer großen Kohortenanalyse. Arch Intern Med 2008; 168: 2326–2332

Am "Prostate, Lung, Colorectal, and Ovarian Cancer (PLCO) Screening Trial" beteiligten sich 154 942 gesunde Teilnehmer im Alter zwischen 55 und 74 Jahren. Randomisiert wurden sie entweder regelgerecht betreut oder unterzogen sich einmal jährlich einer umfassenden Krebsvorsorgeuntersuchung.

Die Analyse der Autoren berücksichtigte Daten von 66 863 nicht krebskranken Teilnehmern, von denen eine Röntgenaufnahme der Brust zu Studienbeginn vorlag und die über 12 Jahre hinweg beobachtet worden waren. Als klinisches Ergebnis betrachteten die Forscher das Auftreten eines Lungenkarzinoms nach Feststellung einer pulmonalen Vernarbung.

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Kontralaterales Erkrankungsrisiko unverändert

Bei 5041 Teilnehmern (7,5 %) wurden zu Studienbeginn röntgenologisch pulmonale Vernarbungen nachgewiesen, 809 erkrankten an einem Lungenkarzinom. 15 % der Karzinompatienten hatten in der Basisuntersuchung pulmonale Narben. Nach Korrektur um Alter, Geschlecht, ethnischer Herkunft und Tabakkonsum ergab sich kein Ansieg des kontralateralen Erkrankungsrisikos (Hazard Ration [HR] 0,9), jedoch eine Hazard Ratio von 1,8 für die Ausbildung eines ipsilateralen Karzinoms. Dieses Risiko blieb über den gesamten Beobachtungszeitraum hoch mit intervallspezifischen HR von 1,6, 2,0, 2,1 und 1,7 für die Jahre 0,01–2,0, 2,01–4,00, 4,01–6,00 und 6,01–12,00.

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Fazit

Patienten mit pulmonalen Vernarbungen haben ein signifikant erhöhtes Risiko, ipsilateral, nicht kontralateral, ein Lungenkarzinom zu entwickeln, und zwar über einen Zeitraum von mindestens 12 Jahren. Diese Beobachtungen unterstützten die Annahme, dass pulmonale Narben und örtlich begrenzte Entzündungen der Entstehung des Lungenkarzinoms Vorschub leisten, so die Autoren. Künftige Untersuchungen müssten zeigen, ob Patienten mit pulmonalen Vernarbungen von einer klinischen Überwachung profitieren, die auf die Früherkennung eines entstehenden Lungenkarzinoms zielt.

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Kommentar zur Studie

Auch der Kommentator S. Weitzmann fragt nach Präventionsmöglichkeiten. Er führt mit Verweis auf die Literatur aus, dass bisher keine quasi nebenwirkungsfreien Chemotherapeutika verfügbar seien, die von Gesunden prophylaktisch langfristig genutzt werden könnten. Allerdings seien kürzlich erschienene Screening-Studien an Patienten mit erhöhtem Lungenkrebsrisiko durchaus ermutigend. Seiner Ansicht nach könnten unter Umständen auch Patienten mit pulmonalen Vernarbungen hiervon profitieren.

Arch Intern Med 2008; 168: 2332

Ines Schulz-Hanke, Untermeitingen