Flugmedizin · Tropenmedizin · Reisemedizin - FTR 2008; 15(4): 201
DOI: 10.1055/s-0028-1114283
DTG-Mitteilungen

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In memorian - Professor Jürgen Knobloch

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Publication Date:
24 December 2008 (online)

 
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Prof. Jürgen Knobloch, Tübingen, ist tot. Der Direktor des Instituts für Tropenmedizin an der Universität Tübingen starb am 13. November 2008 im Alter von 64 Jahren an den Folgen einer aggressiven Krebserkrankung. Als einer seiner Freunde und Schüler darf ich behaupten, dass Deutschland einen der wichtigsten Tropenmediziner verloren hat.

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Ärztliche Tätigkeit und Feldforschung im Ausland

Nach seiner Approbation war Jürgen Knobloch von 1973 bis 1974 als Betriebsarzt in Äthiopien tätig. Zu seinen Aufgaben gehörten dabei etwa die Versorgung der europäischen Familien sowie der einheimischen Arbeiter und der sonstigen Bevölkerung. Anschließend kehrte er nach Deutschland zurück, um als Assistenzarzt am Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin in Hamburg, zu arbeiten. In dieser Zeit habe ich, damals als Medizinalassistent, Knobloch zum ersten Mal getroffen. Ich glaube, was ihn auszeichnete, war seine große Begeisterung für die Tropenmedizin - und ich kann bestätigen, dass diese Begeisterung durchaus ansteckend war.

Neben der Krankenbetreuung und der klinischen Forschung betrieb er in dieser Zeit auch Feldforschung im Bereich der Malaria und der viralen hämorrhagischen Fieber. Für diese Fragestellungen hielt er sich zeitweilig in Kenia, dem Sudan, in Sierra Leone, Liberia und dem "Center of Disease Control" in den USA auf. So beschrieb er in der "Deutschen Medizinischen Wochenschrift" das damals sogenannte "Maridihämorrhagische Fieber" (Ebolafieber). 1980 erschienen in der "Tropenmedizin und Parasitologie" seine Arbeiten zum Lassafieber.

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Leitung des tropenmedizinischen Instituts in Tübingen

Knobloch wurde dann wissenschaftlicher Angestellter in der Abteilung für Tropenhygiene, Bakteriologie und Serologie des Bernhard-Nocht-Instituts bei Prof. Erich Mannweiler. Er spezialisierte sich insbesondere auf die Immundiagnostik der Parasitosen und hat hier Bahnbrechendes geleistet. Sein Steckenpferd war allerdings die Bartonellose, über die er in Peru arbeitete, sich später habilitierte und die Lehrberechtigung für medizinische Mikrobiologie und Tropenmedizin erwarb.

Am 1. Oktober 1990 wurde er Ordinarius des Instituts für Tropenmedizin am Universitätsklinikum Tübingen und zugleich ärztlicher Leiter und geschäftsführender Direktor des Instituts. Das Institut wurde unter seiner Leitung zu einem der führenden Tropeninstitute, nicht nur in Deutschland, sondern auch international. Knobloch hat in dieser Zeit eines der Standardlehrbücher über die Tropenmedizin herausgebracht.

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Große Verdienste in der DTG und Tropenmedizin

Von 1997 bis 2001 war Knobloch Vorsitzender unserer Gesellschaft. Aus meiner Sicht liegt sein wesentliches Verdienst darin, herauszustellen, dass die Tropenmedizin in Deutschland zum Großteil Reisemedizin ist. Tropen-medizin und Reisemedizin sind nicht synonym - aber der Tropenmediziner in Deutschland muss sich um Reise- und Migrantenmedizin kümmern, wenn das Fach hier weiter eigenständig bestehen bleiben soll. Knobloch hat dementsprechend das "Curriculum Reisemedizin" maßgeblich mit entwickelt. In seiner Tätigkeit als DTG-Vorsitzender verankerte er die Regeln der "evidence-based medicine" in der Tropenmedizin. Er hat dafür gesorgt, dass Leitlinien erstellt wurden und dass die DTG Mitglied in der "Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften" (AWMF) geworden ist. Vielen von uns unvergessen ist sicher auch noch seine Rede zur Geschichte der DTG auf der 100-Jahrfeier im September 2007 in Berlin.

Seine ihm eigene Zuversicht, Tapferkeit und die grenzenlose Liebe zu seinem Beruf haben es ihm ermöglicht, bis wenige Tage vor seinem Tod die Arbeit unbeirrt fortzusetzen. Seine charismatische, kritische Persönlichkeit und sein enormes Wissen werden eine große Lücke hinterlassen. Wir werden seine Kreativität, sein Wissen und seinen Elan vermissen - vielleicht auch seine Zynismen. Meiner Meinung nach waren seine Zynismen nicht einfach böse-brillant, sondern hatten etwas mit Erkenntnis zu tun: Sie haben eine harte Wirklichkeit oft auf den Punkt gebracht und waren der Ausdruck dessen, dass sich hier einer kein "X" für ein "U" vormachen lassen wollte.

Prof. Gerd-Dieter Burchard, Hamburg

 
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