Pneumologie 2008; 62(12): 705
DOI: 10.1055/s-0028-1105844
Pneumo-Fokus

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COPD - Sind Schwarze Patienten bei Lungentransplantationen benachteiligt?

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Publication Date:
08 December 2008 (online)

 
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Es ist bekannt, dass es in den USA Unterschiede zwischen Schwarzen und Weißen in Bezug auf Leber-und Nierentransplantationen gibt. Nicht bekannt ist jedoch, ob der Zugang zu Lungentransplantationen für beide ethnische Gruppen gleich ist. D. J. Lederer et al. hypothetisierten in ihrer Studie, dass an COPD erkrankte Schwarze im Vergleich zu Weißen seltener transplantiert werden und häufiger von der Warteliste gestrichen werden. Am J Respir Crit Care Med 2008; 177: 450–454

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Schwarze Patienten warten länger auf eine Lungentransplantation und die Transplantationsrate ist niedriger als bei weißen Patienten – so die Ergebnisse der vorliegenden Studie. Die Transparenz und die medizinische Objektivität von Organtransplantationen wird hier infrage gestellt (Bild: PhotoDisc).

Die chronische obstruktive Lungenerkrankung (COPD) ist die vierthäufigste Todesursache in den USA. Die Sterberate steigerte sich in den letzten 20 Jahren um 74 % bei der schwarzen Bevölkerung, verglichen mit 65 % unter der weißen, trotz einer geringeren Prävalenz von COPD unter den Schwarzen.

In einer retrospektiven Kohortenstudie wurden 280 Schwarze und 5272 Weiße, die an COPD erkrankt waren und auf der Warteliste für eine Lungentransplantation standen, untersucht.

Mit den folgenden Ergebnissen:

  • Schwarze hatten seltener eine private Krankenversicherung und lebten in ärmeren Wohnvierteln als Weiße.

  • Schwarze, die keine private Krankenversicherung besaßen, hatten eine schlechtere Lungenfunktion als Weiße mit einer privaten Krankenversicherung.

  • Schwarze litten häufiger an pulmonaler Hypertonie, Diabetes mellitus und Übergewicht als Weiße.

  • Circa 60 % der schwarzen Patienten, die auf der Transplantationsliste standen, wurden transplantiert, bei den Weißen waren es fast 70 %.

  • 17 % der Schwarzen und 15 % der Weißen starben, während sie auf die Transplantation warteten.

  • 14 % der Schwarzen und nur 9 % der Weißen wurden von der Warteliste entfernt, wobei der häufigste Grund für einen Ausschluss der verschlechterte Krankheitszustand der Patienten war.

  • Die mittlere Wartezeit auf eine Lungentransplantation betrug für Schwarze 361 Tage und für Weiße 335 Tage.

  • Bei weißen und schwarze Patienten, die keine private Krankenversicherung besaßen, hatten die Schwarzen eine geringere Transplantationsrate.

  • Bei Patienten hingegen, die eine private Krankenversicherung hatten, war die Transplantationsrate in beiden ethnischen Gruppen gleich groß.

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Bewertung

Die Studie weist einige Schwachpunkte auf. Zum einen wurden ungefähr 20-mal mehr Weiße als Schwarze eingeschlossen, was trotz formeller statistischer Vergleichbarkeit die Relevanz und Aussagekraft der Ergebnisse deutlich abschwächt. Außerdem sind in den USA 10–15 % der Einwohner, vor allem in den ärmeren Bevölkerungsschichten, ohne Krankenversicherung, was für diesen Personenkreis eine adäquate medizinische Versorgung verhindert. Dieser Einflussfaktor wurde in der Publikation nicht entsprechend berücksichtigt und könnte den Unterschied zwischen den ethnischen Gruppen weiter verstärken. Weiterhin wurden die medizinisch-ökonomischen Instanzen, die über Transplantationslisten in den einzelnen Bundesstaaten entscheiden, nicht ausreichend in die Diskussion miteinbezogen. Dies könnte jedoch von entscheidender Bedeutung sein.

Mit der vorliegenden Arbeit wird erneut die Frage nach einer Diskriminierung im medizinische Bereich aufgeworfen. Dabei bleiben wichtige Fragen offen: Gibt es ähnliche soziale oder ökonomische Mechanismen auch in anderen Ländern? Welche Rolle spielt die ethnische Herkunft? Welchen Einfluss hat die Krankenversicherung? Gibt es ähnliche Unterschiede bei der Transplantation anderer Organe? Letztendlich wird die Transparenz und die medizinische Objektivität von Organtransplantationen durch Artikel wie diesen infrage gestellt.

Referiert und bewertet von Dr. B. Koller und Dr. D. Hartl, München

 
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Schwarze Patienten warten länger auf eine Lungentransplantation und die Transplantationsrate ist niedriger als bei weißen Patienten – so die Ergebnisse der vorliegenden Studie. Die Transparenz und die medizinische Objektivität von Organtransplantationen wird hier infrage gestellt (Bild: PhotoDisc).