Pneumologie 2008; 62(12): 704
DOI: 10.1055/s-0028-1105842
Pneumo-Fokus

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Bronchialkarzinom - Erhöhtes Risiko durch Vitamin-E-Einnahme in Kombination mit Rauchen

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Publication Date:
08 December 2008 (online)

 
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Der Nutzen von supplementärer Vitamineinnahme wird immer wieder angezweifelt. C. G. Slatore und Mitarbeiter kommen in ihrer Arbeit zu dem Schluss, dass Rauchen und Vitamin-E-Einnahme das Risiko, an einem Bronchialkarzinom zu erkranken, sogar geringfügig steigert. Am J Respir Crit Care Med 2008; 177: 524–530

Im Jahr 2006 starben in den USA über 160 000 Menschen an einem Bronchialkarzinom. Rauchen gilt hierfür als die Hauptursache. Es ist bekannt, dass der Verzehr von Obst und Gemüse mit einer niedrigeren Bronchialkarzinom-Inzidenz assoziiert ist. Da ein Großteil der Bevölkerung der USA aber andere Ernährungsgewohnheiten hat, nehmen viele Menschen supplementäre Vitamine zu sich, im Glauben sich und ihrer Gesundheit etwas Gutes zu tun.

Seit Langem wird kontrovers diskutiert, ob supplementäre Vitamine eine ausgewogene Ernährung ersetzen können und sogar möglicherweise vor chronischen Erkrankungen präventiv schützen können. Die Wissenschaftler von der University of Washington, USA, untersuchten deshalb in ihrer Studie, wie sich eine langjährige hochdosierte supplementäre Einnahme von Multivitaminpräparaten, Vitamin C, Vitamin E und Folsäure auf die Inzidenz von Lungenkarzinomen auswirkt.

In einer prospektiven Kohortenstudie wurden 77 721 Männer und Frauen zwischen 50 und 76 Jahren untersucht. Es wurde das Gefährdungsrisiko für das Auftreten von Lungenkarzinomen nach einer täglichen Einnahme von 100 mg Multivitaminen, Vitamin E, Vitamin C und Folsäure berechnet.

Von allen Studienteilnehmern erkrankten 521 an einem Lungenkarzinom. Nach Korrektur von verschiedenen Störfaktoren wie Geschlecht, Alter und Raucherstatus konnte kein protektiver Effekt von Vitaminpräparaten auf die Inzidenz festgestellt werden. Eine 10 Jahre dauernde supplementäre Einnahme von 100 mg Vitamin E pro Tag erhöhte sogar leicht das Risiko, zu erkranken. Die supplementäre Einnahme von Vitamin E erhöhte vor allem in Kombination mit Rauchen das Risiko. Die deutlichste Assoziation mit einer supplementären Vitamin-E-Einnahme fand sich für das nicht kleinzellige Bronchialkarzinom.

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Bewertung

Bronchialkarzinome verursachen in den USA den größten Teil aller krebsbezogenen Sterbefälle. Diese Studie zeigt, dass supplementäre Multivitamine, Vitamin C, Vitamin E und Folsäure das Erkrankungsrisiko nicht vermindern und auch keinen protektiven oder präventiven Effekt haben. Hingegen bedingt eine hochdosierte langjährige Einnahme von Vitamin E anscheinend eher eine Erhöhung des Risikos, vor allem dann, wenn man zusätzlich raucht. Den Patienten sollte geraten werden, den täglichen Vitaminbedarf durch den Verzehr von Obst oder Gemüse anstatt mit Fast-Food zu decken, statt nicht indizierte Vitaminpräparate einzunehmen, die offensichtlich über unerkannte Wechselwirkungen Risikoprofile ungünstig verändern.

Referiert und bewertet von Dr. B. Koller und Dr. D. Hartl, München