Rofo 2008; 180(9): 847-848
DOI: 10.1055/s-0028-1085549
DRG-Mitteilungen
Radiologie und Recht
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Vertragsarztrechtsänderungsgesetz - Mehr Anstellungsfreiheit für den niedergelassenen Radiologen?

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Rechtsanwälte Wigge

Dr. Peter Wigge Fachanwalt für Medizinrecht

Scharnhorststr. 40

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Publication History

Publication Date:
22 August 2008 (online)

 
Table of Contents #

Einführung

Durch das zum 01.01.2007 in Kraft getretene Vertragsarztrechtsänderungsgesetz (VändG) sind die Anstellungsmöglichkeiten von Vertragsärzten in den Praxen erheblich liberalisiert worden. So hat sich beispielsweise der Umfang der möglichen Anstellungen erhöht, zudem ist auch die Option einer fachfremden Anstellung eröffnet worden. Insbesondere im Fall der Radiologie sind diese Novellierungen jedoch eher restriktiv anzuwenden, sodass im Ergebnis lediglich bedingt neue "Freiräume" gewonnen worden sind.

Die konkreten rechtlichen Voraussetzungen, unter welchen ein Vertragsarzt nach den Grundsätzen der Ausübung eines freien Berufes aktuell einen angestellten Arzt beschäftigen darf, lassen sich hierbei nach wie vor § 32 b der Zulassungsverordnung für Ärzte (Ärzte-ZV) sowie den in Absatz 1 dieser Vorschrift genannten Bestimmungen des § 95 Abs. 9 und 9 a SGB V (Stichworte u.a.: Bedarfsplanung, Eintragung in das Arztregister, Genehmigung durch den Zulassungsausschuss) entnehmen. Darüber hinaus ist jedoch eine Restriktion dieser Novellierung durch den Bundesmantelvertrag (BMV-Ä) erfolgt, welcher vornehmlich für die Frage des zahlenmäßigen Umfangs der Beschäftigung angestellter Ärzte im Hinblick auf den anstellenden Vertragsarzt von entscheidender Relevanz ist.

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Sicherstellung der persönlichen Leistungserbringung trotz angestellter Ärzte

I§ 14 a Abs. 1 BMV-Ä setzt voraus, dass in den Fällen, in denen der Vertragsarzt einen angestellten Arzt oder angestellte Ärzte beschäftigen darf, sichergestellt ist, dass der anstellende Arzt die Arztpraxis dennoch persönlich leitet. Zwar gilt hierbei hinsichtlich des Grundsatzes der persönlichen Leistungserbringung gemäß § 15 Abs. 1 BMV-Ä, dass die ärztlichen selbständigen Leistungen der angestellten Ärzte dem Praxisinhaber als persönliche Leistungen zugerechnet werden (selbst wenn ihre Erbringung in seiner Abwesenheit erfolgt). Dennoch wird das Vorliegen einer persönlichen Leitung auch unter Berücksichtigung der Neuerungen des VÄndG grundsätzlich lediglich dann angenommen, wenn pro Vertragsarzt nicht mehr als drei vollzeitbeschäftigte oder teilzeitbeschäftigte Ärzte in einer Anzahl, welche im zeitlichen Umfang ihrer Arbeitszeit drei vollzeitbeschäftigten Ärzten entspricht, angestellt werden. Weiterbildungsassistenten werden hierbei nicht mit einbezogen.

Diese "Vermutungs-Regelung" fällt für den Bereich der Radiologie allerdings etwas großzügiger aus. Entscheidend ist hierbei § 14 a Abs.1 S. 3 BMV-Ä: "Bei Vertragsärzten, welche überwiegend medizinisch-technische Leistungen erbringen, wird die persönliche Leitung auch bei der Beschäftigung von bis zu vier vollzeitbeschäftigten Ärzten vermutet; Satz 2 2. Halbsatz gilt entsprechend."

Die vorbenannte zahlenmäßige Beschränkung ist im Ergebnis allerdings nicht als absolutes Maximum zu qualifizieren. Vielmehr können über diese Angaben hinaus prinzipiell auch weitere Ärzte angestellt werden. In einer derartigen Konstellation gilt es jedoch zu beachten, dass das Vorliegen der persönlichen Leistungserbringung bzw. persönlichen Leitung nicht mehr schlichtweg vom Zulassungsausschuss vermutet wird sondern diesem gegenüber positiv nachgewiesen werden muss, dass eine solche in der Praxis trotz "Mehranstellung" sichergestellt ist (vgl. § 14 a Abs. 2 S. 5 BMV-Ä).

Sollte der angestellte Arzt letztlich die für eine Leistung erforderliche Qualifikationsvoraussetzung nicht besitzen, ist weiterhin dafür Sorge zu tragen, dass er diese nur unter Aufsicht des Vertragsarztes ausführt und keinesfalls eigenverantwortlich (vgl. § 14 Abs. 1 S. 4 BMV-Ä).

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Fachfremde Anstellung

Darüber hinaus war bis zum in Kraft treten des VändG unklar, ob einem Arzt die Anstellung fachfremder Ärzte gestattet ist. Dies Frage kann nunmehr unter Berücksichtigung der Bedarfsplanung und des entsprechend geänderten bzw. ergänzten BMV-Ä prinzipiell mit "ja" beantwortet werden. Eine Ausnahme bilden in diesem Zusammenhang jedoch die überweisungsgebundenen Fachärzte, mithin insbesondere auch die Ärzte der Radiologie.

Maßgeblich ist insoweit § 14a Abs. 2 BMV-Ä, welcher explizit normiert, dass die Beschäftigung eines angestellten Arztes eines anderen Fachgebiets oder einer anderen Facharztkompetenz als derjenigen des zugelassenen Vertragsarztes nicht zulässig ist, bei der die entsprechenden Ärzte gemäß § 13 Abs. 4 BMV-Ä nur auf Überweisung in Anspruch genommen werden dürfen oder wenn durch diesen Facharzt Leistungen erbracht werden sollen, welche gemäß § 13 Abs. 5 BMV-Ä nur auf Überweisung in Anspruch genommen werden können.

Aus den vorbezeichneten Absätzen des § 13 BMV-Ä ergibt sich somit, dass die Möglichkeit einer fachfremden Anstellung dann entfällt, wenn es sich bei dem anzustellenden Arzt um einen Facharzt für Laboratoriumsmedizin, Mikrobiologie und Infektionsepidemiologie, Nuklearmedizin, Pathologie, Radiologische Diagnostik bzw. Radiologie, Strahlentherapie oder Transfusionsmedizin handelt oder es sich um Leistungen handelt, die nach dem EBM wegen besonderer apparativer und fachlicher Voraussetzungen oder zur Sicherung der Qualität der Versorgung nur auf Überweisung in Anspruch genommen werden können.

Zudem gilt die Unzulässigkeit der Anstellung entsprechend, wenn der anstellende Vertragsarzt selbst ein Facharzt für Laboratoriumsmedizin, Mikrobiologie und Infektionsepidemiologie, Nuklearmedizin, Pathologie, Radiologische Diagnostik bzw. Radiologie, Strahlentherapie oder Transfusionsmedizin ist und einen Mitarbeiter mit anderweitiger fachärztlicher Qualifikation anstellen möchte (§ 14a Abs. 2 S. 2 BMV-Ä).

Als Anknüpfungspunkt für die Ausnahmeregelung des § 14a Abs. 2 BMV-Ä kann insoweit § 32b Abs. 1 Ärzte-ZV i.V.m. § 33 Abs. 2 Ärzte-ZV gesehen werden. Gemäß § 33 Abs. 2 Ärzte- ZV erweist sich dabei die Bildung einer Teilgemeinschaftspraxis, welche lediglich auf die Erbringung überweisungsgebundener medizinisch-technischer Leistungen mit überweisungsberechtigten Leistungserbringern abzielt, als unzulässig, weshalb es denjenigen Ärzten, die stets auf Überweisung arbeiten untersagt ist, eine Teilberufsausübungsgemeinschaft mit Kollegen zu bilden, die üblicherweise an sie überweisen.

Hintergrund hierbei ist die Verhinderung sogenannter "Kickback-Konstellationen". Dahinter verbergen sich solche Konstellationen, bei denen ein Arzt eines therapieorientierten Fachgebietes (zum Beispiel Gynäkologe) eine Berufsausübungsgemeinschaft mit einem Arzt eines Methodenfaches (zum Beispiel Labor) eingeht, um das berufsrechtliche Verbot der Zuweisung gegen Entgelt zu unterlaufen (vgl. § 31 Musterberufsordnung der Deutschen Ärzte (MBO); Schutzzweck der Norm ist u.a., dass sich der jeweilige Arzt in Bezug auf seine Entscheidung, an welchen anderen Arzt er die Patienten überweist oder den er zur Diagnose heranzieht, rein von medizinischen Erwägungen im Interesse des Patienten leiten lässt und nicht aufgrund einer vorherigen Bindung an ein Entgelt). Mithin lässt sich dieser Gedanke jedoch auch analog auf ein entsprechendes Anstellungsverhältnis übertragen.

Dabei erfasst das vorbenannte Verbot eben nicht die Zulässigkeit der Bildung von Teilgemeinschaftspraxen innerhalb eines methodendefinierten Fachgebietes, also beispielsweise zwischen mehreren Radiologen an verschiedenen Standorten. Ebenfalls zulässig sind entsprechende Vertragskonstellationen zwischen unterschiedlichen methodendefinierten Fachgebieten (z.B. Radiologen und Nuklearmedizinern), da aufgrund des Verbotes der Weiterüberweisung durch einen überweisungsabhängigen Vertragsarzt gemäß § 24 BMV-Ä, § 27 EKV die in dem Gesetzentwurf zum VÄndG beschriebene Gefahr von "Kickback-Konstellationen" nicht existiert.

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Offener oder gesperrter Planungsbereich

Sofern ein Radiologe einen weiteren Radiologen anstellen will, obwohl für seine Arztgruppe Zulassungsbeschränkungen angeordnet sind, so hat er gegenüber dem Zulassungsausschuss eine Verpflichtungserklärung über die Anerkennung der Leistungsbeschränkung vorzulegen. Mithin entspricht dies der Regelung vor in Kraft treten des VÄndG, nach welcher die Anstellung weiterer Ärzte gleichsam nur unter Berücksichtigung einer Leistungsobergrenze, allerdings in der damaligen Konstellation unabhängig vom Vorliegen eines gesperrten Planungsbereiches, zulässig gewesen ist.

Die demnach eigentlich interessante Neuerung des VÄndG bezieht sich daher auf den Fall einer Anstellung in einem nicht gesperrten Planungsbereich. Hierbei werden die angestellten Ärzte nunmehr auf die Bedarfsplanung angerechnet. Damit erhält die Praxis im Ergebnis die Möglichkeit der Leistungsmengenausweitung, da keine Leistungsbeschränkungen mit der Anstellung verbunden sind.

Die angestellten Ärzte werden bei der Ermittlung des Versorgungsgrades entsprechend ihrer Arbeitszeit anteilig berücksichtigt (vgl. § 101 Abs. 1 Nr. 5 S. 7 SGB V).

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§ 24 Abs. 3 Ärzte-ZV: Anstellung an weiteren Orten

Im Zuge des VÄndG wurde zudem § 24 Abs. 3 der Ärzte-ZV dahingehend novelliert, dass vertragsärztliche Tätigkeiten auch außerhalb des Vertragsarztsitzes zulässig sind, wenn und soweit

1. dies die Versorgung der Versicherten an den weiteren Orten verbessert und

2. die ordnungsgemäße Versorgung der Versicherten am Ort des Vertragsarztsitzes nicht beeinträchtigt wird.

Neu ist hierbei, dass die Zweigpraxis nicht mehr zwingend im selben KV-Bezirk wie der Vertragsarztsitz liegen muss, sondern sich auch in einem anderen KV-Bezirk befinden kann. Im ersteren Fall hat der Vertragsarzt bei Vorliegen der genannten Voraussetzungen gegen die Kassenärztliche Vereinigung einen Rechtsanspruch auf Genehmigung sowie bei Vorliegen der letzteren Konstellation einen Rechtsanspruch auf Ermächtigung durch den Zulassungsausschuss des KV-Bezirkes, wo die Zweigpraxis gegründet wird.

Ein im vorbezeichneten Sinne ermächtigter Radiologe (also im Falle einer KV-Bezirks übergreifenden Zweigpraxis) kann sich dabei aber unter Berücksichtigung seiner persönlichen Leitung (§ 14 a BMV-Ä) nicht nur zur Erfüllung seiner Versorgungspflicht an einem weiteren Ort der bei ihm angestellten Ärzte bedienen. Vielmehr ist es ihm ausweislich § 24 Abs. 3 S. 5 Ärzte gleichsam gestattet, Ärzte direkt für eine an einem weiteren Ort erfolgende Beschäftigung anzustellen. Eine etwaige Anordnung von Zulassungsbeschränkungen für die Arztgruppe des anstellenden Arztes ist hierbei selbstverständlich zu beachten.

Soweit der Wortlaut der Vorschrift dabei von einem "ermächtigten Vertragsarzt" und somit von einem weiteren Tätigkeitsort außerhalb des entsprechenden KV-Gebiets ausgeht, ist fraglich, ob eine derart konkrete Anstellungsmöglichkeit auch dann besteht, wenn sich die Zweigpraxis in demselben KV-Bezirk befindet. Im Ergebnis ist dies jedoch wohl zu bejahen, da eine derartige Konstellation quasi ein Minus gegenüber der KV-Gebiets überschreitenden Variante darstellt.

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Fazit

Die Anstellungsmöglichkeiten für Radiologen sind durch das VÄndG unzweifelhaft verbessert worden. Nichts desto trotz ist jedoch gerade die Option der fachfremden Anstellung für dieses Gebiet ausgeschlossen, womit wiederum ein erheblicher Teil der Novellierungen entfällt. Nach wie vor gilt es für den anstellenden Vertragsarzt außerdem den Grundsatz der persönlichen Leitung gemäß § 14 a BMV-Ä zu beachten, wobei die diesbezügliche "Vermutungs-Regelung" für das Gebiet der Radiologie allerdings etwas großzügiger ausfällt. Insbesondere im Hinblick auf die Möglichkeit eine gezielte Anstellung für eine Beschäftigung an einem weiteren Tätigkeitsort vorzunehmen, mag dies unter Umständen vorteilhaft sein.

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