CC BY-NC-ND 4.0 · Psychiatr Prax
DOI: 10.1055/a-2531-5867
Originalarbeit

Hypochondrische Ängste und Corona-Ängste unter Medizinstudierenden im Vergleich zu Ärzten

Hypochondriacal fears and corona fears among medical students compared to doctors
Bilal Najar
1   Klinik für Psychiatrie, Psychotherapie und Präventivmedizin, LWL-Universitätsklinikum Bochum der Ruhr-Universität Bochum
,
Katharina Fehr
1   Klinik für Psychiatrie, Psychotherapie und Präventivmedizin, LWL-Universitätsklinikum Bochum der Ruhr-Universität Bochum
,
Josefine Schmüdderich
1   Klinik für Psychiatrie, Psychotherapie und Präventivmedizin, LWL-Universitätsklinikum Bochum der Ruhr-Universität Bochum
,
Andre Henkel
1   Klinik für Psychiatrie, Psychotherapie und Präventivmedizin, LWL-Universitätsklinikum Bochum der Ruhr-Universität Bochum
,
Georg Juckel
1   Klinik für Psychiatrie, Psychotherapie und Präventivmedizin, LWL-Universitätsklinikum Bochum der Ruhr-Universität Bochum
› Institutsangaben
 

Zusammenfassung

Ziel der Studie

Hypochondrische Ängste unter Medizinstudierenden wurden schon vor der COVID-Pandemie untersucht. Studien zu diesen Ängsten unter pandemischen Bedingungen und einem möglichen Einfluss spezifischer Krankheitsangst erfolgten noch nicht.

Methodik

Wir befragten Medizinstudierende zu zwei Zeitpunkten nach Symptomen der Hypochondrie und Corona-Ängsten. Als Vergleichsgruppe dienten Ärzte. Hypochondrie wurde durch die beiden MSD-Skalen, Corona-Ängste anhand eines eigenen Fragebogens erhoben.

Ergebnisse

Medizinstudierende wiesen zu beiden Zeitpunkten signifikant mehr hypochondrische Ängste auf. Zum zweiten Zeitpunkt gaben 35,5% der Studierenden und 25,5% der Ärzte Angst vor einer Ansteckung mit dem Virus an.

Schlussfolgerung

Der Zeitpunkt der Untersuchung schien keinen Einfluss auf die Prävalenz der untersuchten Ängste zu nehmen. Die Einflüsse der gemessenen Angst-Prävalenzen zeigten sich darin, dass Medizinstudierende mit Sorge auf ihre berufliche Laufbahn blicken.


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Abstract

Objective

Hypochondriacal fears among medical students were already investigated before the COVID pandemic. Studies on these fears under pandemic conditions and a possible influence of specific fear of illness have not yet been conducted.

Methods

We asked medical students at two points in time about symptoms of hypochondria and corona anxiety. Doctors served as the comparison group. Hypochondria was assessed using the two MSD scales, corona anxiety using a separate questionnaire.

Results

Medical students exhibited significantly more hypochondriacal anxiety at both time points. At the second time point, 35.5% of students and 25.5% of doctors reported fear of contracting the virus.

Conclusion

The time of the study did not appear to have any influence on the prevalence of the fears investigated. The influences of the measured anxiety prevalence were shown in the fact that medical students look to their professional careers with concern.


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Einführung

Die Medical Students‘ Disease (MSD) ist nach Moss-Morris und Petrie ein Phänomen, das bei Medizinstudierenden auftritt, wenn diese sich im Rahmen ihres Studiums mit einer Erkrankung beschäftigen. Durch eine übermäßige Wahrnehmung des eigenen Körpers kann es zu Symptomen kommen, die Medizinstudierende fälschlicherweise annehmen lassen, selbst an der Erkrankung zu leiden, mit der sie sich beschäftigen. Aufgrund ihrer Eigenschaften ist es möglich, die MSD als eine vorübergehende Form von hypochondrischen Ängsten unter Medizinstudierenden zu betrachten. Die Autoren bezeichnen die MSD weniger als Form der Krankheitsangst, sondern mehr als natürlichen Lernprozess. Damit gehe einher, dass Medizinstudierende sich in ihrem Studium ein Bild von einer Erkrankung und ihrer Symptome machen und dieses sich im Gedächtnis festigt. Im Anschluss an das neu Erlernte werden Körperempfindungen verändert wahrgenommen [1]. Für die Definition ist weiterhin relevant, dass die Begriffe „Hypochondrie“, „hypochondrische Ängste“, „Gesundheitsangst/-ängste“ und „Krankheitsangst/-ängste“ im wissenschaftlichen Diskurs uneinheitlich verwendet werden. Nicht selten erfolgt eine synonyme Verwendung der Begriffe [2] [3].

Nach dem Ausbruch der COVID-Pandemie haben viele Menschen Angst davor, angesteckt zu werden oder eine andere Person anzustecken [4]. In diesem Zusammenhang spielen hypochondrische Ängste eine Rolle, die nicht nur bei bereits von Krankheitsangst betroffenen Menschen, sondern auch in der Allgemeinbevölkerung vermehrt auftreten. Der Grat zwischen hypochondrischem und verantwortungsbewusstem Handeln wird hierbei aufgebrochen: so ist es empfohlen und erwünscht, dass Verhalten wie regelmäßiges Händewaschen und Händedesinfizieren, das vor der Pandemie als zwanghaft betrachtet wird, nun als effektive Maßnahme gegen die Verbreitung des Virus erachtet wird [5]. Dieses Beispiel zeigt auf, dass die Bewertung von Verhalten als krankhaft oder nicht-krankhaft fließend sein kann. Was vor der Pandemie noch als ungewöhnlich und zwanghaft negativ konnotiert ist, verkehrt sich nun ins Gegenteil, sodass ein Abweichen davon als unangemessen betrachtet wird.

Aufgrund der Neuartigkeit wird das Phänomen der Angst vor dem Corona-Virus unter diversen Schlagworten untersucht wie etwa „COVID-19-Angst“ [6], „Coronaphobie“ [4] oder „Angst vor COVID-19“ [7]. Die Untersuchungen beziehen sich unabhängig vom verwendeten Schlagwort auf die gleiche Fragestellung. Bei dieser handelt es sich darum, wie hoch die Prävalenz der Angst vor dem Virus ist und welche Auswirkungen diese auf Verhalten und mentale Gesundheit der Menschen hat. Es zeigt sich in vielen Arbeiten, dass Menschen mit mehr Angst Schutzmaßnahmen gegen eine Ansteckung mit dem Virus strenger praktizieren. Dazu gehört das Tragen einer Gesichtsmaske, regelmäßige Handhygiene und das Einhalten von social distancing [8] [9] [10]. Diese Angst ist aber nicht rein negativ zu bewerten. Sie hilft durch das Umsetzen der Schutzmaßnahmen im Alltag auch dabei, sich vor dem Virus zu schützen [8].

Teil von Corona-Ängsten sind Aspekte, die auch bei einer Krankheitsangst vorkommen. Beide Ängste sind sich in ihrer Ausprägung ähnlich und die Krankheitsangst gilt als Risikofaktor für das Entwickeln von Corona-Ängsten [11]. Allerdings sind sie nicht identisch und auch nicht direkt miteinander verbunden. Verschiedene kognitive Faktoren spielen bei der Unterscheidung eine Rolle. Akbari et al. stellen in ihrer Untersuchung als Differenzierung zur Krankheitsangst das Auftreten von Metakognitionen, das Gefühl einer ungewissen Zukunft oder ein Unterdrücken eigener Gefühle fest [12]. Metakognitionen lassen sich als das Ergebnis des Vorgangs beschreiben, die eigene Art und Weise des Denkens zu reflektieren [13]. Akbari et al. postulieren, dass ein Übergang von vorübergehenden, physiologischen Corona-Ängsten zu einer manifesten, länger belastenden Krankheitsangst davon abhängen kann, in welcher Art die Wahrnehmung und die Bewertung von Gefühlen Einfluss auf gedankliche Prozesse nehmen [12].

Mit Corona-Ängsten einher gehen auch viele Sorgen, die sich auf die Folgen der pandemischen Situation beziehen. Dazu gehören u. a. Sorgen um das Gesundheitssystem, die Gesellschaft und die Wirtschaft des Landes. Das lässt darauf schließen, dass Corona-Ängste in mehreren Dimensionen erfasst werden müssen und ein bloßer Fokus auf die Komponente der Ansteckungsangst nicht ausreicht [14]. Coelho et al. zählen acht Faktoren auf, die sie als Einflussfaktoren auf Corona-Ängste beschreiben. Dazu gehören neben Krankheitsangst auch Ekel, soziale Isolation oder Vorsicht im Umgang mit der medialen Berichterstattung [14]. In einer Meta-Analyse untersuchen Alimoradi et al. die Beziehung zwischen Corona-Ängsten und der mentalen Gesundheit. Dabei stellen sie mittelstarke Einflüsse von Corona-Ängsten auf das Entwickeln von Angst- und Depressionssymptomen fest [15]. Zudem beschreiben sie einen leichten Einfluss auf die Schlafqualität. In einer anderen Studie kommen Siddique et al. zu dem Ergebnis, dass dieser Einfluss nahezu vollständig durch ein gestiegenes Stresslevel aufgrund von Corona-Ängsten erklärt werden kann [16]. Insgesamt zeigt sich, dass Corona-Ängste viele Facetten aufweisen und sowohl von vielen Faktoren beeinflusst werden als auch selbst Einfluss nehmen, etwa mit Blick auf die mentale Gesundheit.

Unser Ziel war das Erheben von Krankheitsängsten und Corona-Ängsten unter Medizinstudierenden und der gleichzeitige Vergleich mit Ärzten. Dabei wollten wir herausfinden, ob sich die Hypothese des „Medical Students‘ Syndrome“ in unserer Untersuchung bestätigt und welchen Einfluss die Pandemie darauf hat.


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Methodik

Es wurden zu zwei Zeitpunkten Ärzte und Medizinstudierende untersucht. Dabei erhoben wir Daten zur Prävalenz und Ausprägung von hypochondrischen Befürchtungen sowie von spezifischen Corona-Ängsten. Zum ersten Zeitpunkt, 2020 (April bis Juni), erfolgte dies nur in Form einer Frage nach Gesundheitsbedenken während der Pandemie. Während dieser Befragung waren in Deutschland seit März weitreichende Kontaktbeschränkungen verhängt, die auch als erster „Lockdown“ bezeichnet wurden. Zum zweiten Zeitpunkt, 2021(Februar bis Juni), wurden mehrere für diese Fragestellung eigens erstellte Fragebögen eingesetzt. Diese Befragung war geprägt von dem zwischen Dezember 2020 und März 2021 stattgefundenen, sogenannten „harten Lockdown“ mit erneut bundesweit einheitlichen weitreichenden Kontaktbeschränkungen. Zudem lief zum Zeitpunkt der Befragung seit Anfang des Jahres die COVID-Impfkampagne der Bundesregierung.

Das erste Einschlusskriterium war der Status als Mitglied einer der genannten Gruppen. Zudem galten gute Deutschkenntnisse und ein Mindestalter von 18 Jahren als Voraussetzung. Bei den Medizinstudierenden galt zudem, dass nur Medizinstudierende der Ruhr-Universität Bochum (RUB) eingeschlossen wurden. Die Rekrutierung der Studienteilnehmer erfolgte zu beiden Zeitpunkten folgendermaßen: Medizinstudierende wurden über einen Aushang am schwarzen Brett der Website des Studiendekanats der Ruhr-Universität Bochum rekrutiert. Dieser enthielt in Form eines Flyers Informationen über die Inhalte und Ziele der Studie sowie über die Ein- und Ausschlusskriterien. Die Rekrutierung der Ärzte erfolgte durch E-Mails an Chefärzte der RUB-Kliniken. Diese enthielten ebenfalls einen Flyer mit Informationen über die Studie. In der E-Mail baten wir darum, innerhalb der Fachabteilung auf die Studie aufmerksam zu machen. In den Flyern war jeweils eine E-Mail-Adresse angegeben, über die im Falle des Interesses an einer Teilnahme Kontakt aufgenommen werden konnte.

Zum ersten Befragungszeitpunkt erfüllten 100 Medizinstudierende und 50 Ärzte diese Kriterien, zum zweiten 166 Medizinstudierende und 55 Ärzte. Die genauen demographischen Faktoren können [Tab. 1] entnommen werden.

Tab. 1 Demographische Daten der Befragten zu beiden Erhebungszeitpunkten.

Merkmale

MS

Ärzte

Befragte

2020

100

50

2021

166

55

Geschlecht

2020

Weiblich

80

26

Männlich

20

24

2021

Weiblich

114

28

Männlich

52

27

Alter

2020

Mittelwert

23,3

32,8

SD

(4,0)

(8,6)

Spanne

18–38

25–59

2021

Mittelwert

23,4

35,4

SD

(3,8)

(8,6)

Spanne

18–39

25–58

Arztbesuche

2020

Mittelwert

4,1

1,8

SD

(3,1)

(2,0)

2021

Mittelwert

2,7

2,2

SD

(1,2)

(2,4)

Berufserfahrung

2020

Mittelwert

/

6,7

SD

/

8,2

2021

Mittelwert

/

7,5

SD

/

7,1

Studienabschnitt

2020

Vorklinik

50

/

Klinik

50

/

2021

Vorklinik

64

/

Klinik

102

/

Als Setting für die Fragenerhebung wurde zum Schutz der Probanden ein Online-Setting gewählt, um direkte Kontakte und eine dadurch mögliche Transmission des Virus zu vermeiden. Vor der Teilnahme wurden die Probanden über die Studie und datenschutzrechtliche Faktoren aufgeklärt und mussten aktiv für eine Teilnahme zustimmen, welche sie auch jederzeit wieder zurückziehen konnten. Die Durchführung erfolgte mit Zustimmung der Ethikkommission der Medizinischen Fakultät der Ruhr-Universität Bochum (positives Votum mit der Registrier-Nr. 19–6778).

MSD

Hypochondrische Ängste wurden mittels der MSD Perception Scale und der MSD Distress Scale erfasst [1]. Dabei handelte es sich um zwei Skalen mit jeweils fünf Items. In der Originalarbeit von Moss-Morris und Petrie wurden den Probanden fünf Antwortmöglichkeiten im Sinne einer Likert-Skala angeboten. Die interne Konsistenz nach Cronbachs Alpha betrug α=0,78 und α=0,87. Beide Skalen befassten sich mit hypochondrischen Befürchtungen bzw. Krankheitsangst im Rahmen der MSD. Die Items der Perception Scale setzten dabei den Fokus auf die Wahrnehmung des Befragten, inwiefern körpereigene Symptome erfahren und eingeordnet wurden. Die Distress Scale erfragte, ob mit diesen erfahrenen Symptomen Ängste und Sorge einhergingen, an einer schweren Krankheit erkrankt zu sein.


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Corona Anxiety Inventory (CAI)

In der ersten Befragung erfolgte die Erhebung nach Corona-Ängsten in Form einer einzelnen Frage, ob die Pandemie persönliche Gesundheitsbedenken der Teilnehmenden beeinflusste. Zum zweiten Zeitpunkt erstellten wir selbst einen Fragebogen mit drei Skalen. Bei den Items standen entsprechend der Likert-Skala fünf Auswahlmöglichkeiten zur Verfügung.

Die CAI-Gesundheit enthielt sieben Items. Die Items befassten sich mit Ängsten, die größtenteils in direkter Verbindung mit einer Infektion mit dem Corona-Virus standen und die wir deshalb auch als Corona-Ängste bezeichneten. Um die interne Konsistenz zu bestimmen, wurde eine Reliabilitätsanalyse mit Cronbachs Alpha berechnet. Die interne Konsistenz war mittelhoch, mit Cronbachs Alpha=0,76. Die CAI-Karriere umfasste sieben Items. Diese bezogen sich auf Ängste und Sorgen hinsichtlich der weiteren beruflichen Zukunft. Die Auswertung der internen Konsistenz ergab einen hohen Wert, mit Cronbachs Alpha=0,80. Die CAI-Job wurde aus fünf Items gebildet, die erfragten, ob die Pandemie Einfluss nahm auf die präferierte Wahl von Beruf und Fachrichtung. Die interne Konsistenz war mit Cronbachs Alpha=0,76 mittelhoch. Neben der Auswertung der drei Skalen wurden vier Kernfragen, die Teil der Skalen sind, aufgrund ihrer besonderen Bedeutung für die Gesamtfragestellung gesondert ausgewertet. Sie behandelten die Hauptthemen dieser Studie: Angst vor der Ansteckung mit dem Virus, veränderte Körperwahrnehmung als Marker für Krankheitsangst, generalisierte Angst und Einfluss der Pandemie auf die Berufswahl.


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Statistik

Die Auswertung der Daten erfolgte mittels des Programms „Statistical Package for the Social Sciences“ (SPSS). Zur Anwendung kamen die Dateiversionen 26 und 27. Die Fragebögen wurden zunächst über die gesamte Stichprobe deskriptiv ausgewertet, dann erfolgte ein Vergleich zwischen den Gruppen mithilfe mehrerer t-tests. Das Signifikanzniveau wurde dabei auf α=0,05 festgelegt, wobei ein p-Wert≤0,05 als statistisch signifikant galt.


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Ergebnisse

Die sozio-demographischen Werte der Befragten können [Tab. 1] und die psychometrischen [Tab. 2] entnommen werden.

Tab. 2 Psychometrische Daten der Befragten zu beiden Zeitpunkten.

Merkmale

MS

Ärzte

MSD Perception

2020

7,24 (0,98)

6,90 (0,76)

2021

7,26 (0,82)

6,72 (0,80)

MSD Distress

2020

6,79 (1,57)

5,78 (1,11)

2021

6,64 (1,58)

5,69 (1,02)

CAI

Gesundheit

19,5 (4,8)

19 (5,2)

Karriere

19,1 (4,8)

12,6 (4,7)

Job

9,3 (3,1)

9,7 (4,1)

4 Kernfragen

Mittelwerte (+SD)

Ansteckungsangst

2,9 (1,1)

2,7 (1,1)

Ängstlichkeit

2,5 (1,2)

2,2 (1,3)

Hypochondrie

2,7 (1,2)

4,3 (0,7)

Berufswechsel

1,5 (0,8)

1,6 (1)

Zustimmung

Anzeichen auf CÄ ‘20

44%

20%

Anzeichen auf CÄ ‘21

35,5%

25,5%

Ängstlichkeit

25,9%

23,6%

Hypochondrie

30,1%

90,9%

Berufswechsel

4,8%

9,1%

Das Durchschnittsalter der Medizinstudierenden zeigte sich zu beiden Zeitpunkten der Befragung mit 23,3 (SD=4) und 23,4 (SD=3,8) nahezu identisch. Auch bei den Ärzten zeigte sich mit 32,8 (SD=8,6) und 35,4 (SD=3,8) kein großer Unterschied. Dahingegen nahm bei den Medizinstudierenden im Vergleich zum Vorjahr die durchschnittliche Anzahl der Arztbesuche leicht ab von 4,1 (SD=3,1) auf 2,7 (SD=1,2). Unter den Ärzten blieb der Wert mit 1,8 (SD=2) auf 2,2 (SD=2,4) annähernd identisch.

Zu beiden Zeitpunkten wiesen die Medizinstudierenden in den zwei MSD Scales höhere Werte auf als die Ärzte. 7,24 (SD=0,98) war die durchschnittliche Punktzahl in der MSD Perception Scale unter den Medizinstudierenden zum ersten Zeitpunkt und 6,90 (SD=0,76) unter den Ärzten. Jedoch zeigte sich in der weiteren Analyse, dass dieser Unterschied statistisch nicht signifikant war. In der MSD Distress Scale hingegen, in welcher die Medizinstudierenden einen Mittelwert von 6,79 (SD=1,57) erreichten und die Ärzte einen Wert von 5,78 (SD=1,11), zeigte sich bereits zum ersten Zeitpunkt ein signifikanter Unterschied der Werte. Zum zweiten Zeitpunkt ergab nicht nur der Vergleich in der MSD Distress Scale bei Mittelwerten von 6,64 (SD=1,58) und 5,69 (SD=1,02) einen signifikanten Unterschied zwischen den Gruppen. Auch in der MSD Perception Scale fiel der Unterschied bei durchschnittlichen Punktzahlen von 7,26 (SD=0,82) bei den Medizinstudierenden und 6,72 (SD=0,80) bei den Ärzten diesmal signifikant aus [Tab. 3].

Tab. 3 Ergebnis-Vergleich zwischen Vorklinikern und Klinikern.

Merkmale

Vorkliniker (n1=50,n2=64)

Kliniker (n1=50,n2=102)

MSD-Skalen

2020

Mittelwerte (+SD)

MSD Perception

7,14 (1)

7,34 (1)

MSD Distress

6,8 (1,6)

6,78 (1,6)

2021

Mittelwerte (+SD)

MSD Perception

7,2 (0,8)

7,3 (0,9)

MSD Distress

6,78 (1,6)

6,55 (1,6)

CAI-Skalen

Mittelwerte (+SD)

CAI-Karriere

19,4 (5,1)

18,8 (4,6)

CAI-Gesundheit

19,7 (4,2)

19,4 (5,1)

CAI-Job

9,1 (3,4)

9,4 (2,8)

4 Kernfragen

Mittelwerte (+SD)

Ansteckungsangst

2,9 (1,1)

2,9 (1,1)

Ängstlichkeit

2,6 (1,2)

2,5 (1,2)

Hypochondrie

2,8 (1,3)

2,7 (1,2)

Berufswechsel

1,6 (0,9)

1,5 (0,8)

Zustimmung

Anzeichen CÄ ‘20

22 (44%)

22 (44%)

Anzeichen CÄ ‘21

24 (37,5%)

35 (34,3%)

Ängstlichkeit

18 (28,1%)

25 (24,5%)

Hypochondrie

16 (25,0%)

34 (33,3%)

Berufswechsel

6 (9,4%)

2 (2,0%)

Gleichzeitig war zu erkennen, dass beide Gruppen zu beiden Zeitpunkten stets in der MSD Perception Scale, welche die Wahrnehmung körpereigener Symptome erfragte, höhere Werte aufwiesen als in der MSD Distress Scale, welche eine mögliche Konsequenz dieser Wahrnehmung in Form von Ängsten erfragte.

Im Vergleich der Medizinstudierenden zu beiden Zeitpunkten miteinander zeigten sich in beiden Skalen annähernd identische Werte. Auch bei den Ärzten ergaben sich im Vergleich der Mittelwerte keine großen Unterschiede.

Zum ersten Zeitpunkt zeigten 44% der Medizinstudierenden und 20% der Ärzte Anzeichen für Corona-Ängste. Sie beantworteten die Frage danach, ob ihre persönlichen Gesundheitsbedenken durch die Pandemie beeinflusst werden würden, positiv. Zum zweiten Zeitpunkt erfolgte eine ausführlichere Erhebung möglicher Corona-Ängste. In einer ersten, allgemeinen Frage nach einer Angst davor, an COVID-19 zu erkranken, zeigten 35,5% der Medizinstudierenden und 25,5% der Ärzte Zeichen für Corona-Ängste. Ein signifikanter Unterschied zeigte sich nicht.

Die weitere Analyse der einzelnen CAI-Skalen zu Corona-Ängsten erfolgte nur zum zweiten Zeitpunkt, da diese Skalen zum ersten Zeitpunkt noch nicht eingesetzt wurden.

Bezüglich Ängsten, die das Virus direkt betrafen, ergaben sich bei Mittelwerten von 19,5 (SD=4,8) unter den Medizinstudierenden und 19 (SD=5,2) unter den Ärzten in der CAI-Gesundheit keine signifikanten Unterschiede. Dahingegen offenbarten sich im Vergleich der Sorgen vor der beruflichen Karriere angesichts der Pandemie größere Unterschiede: bei Mittelwerten von 19,1 (SD=4,8) bei den Medizinstudierenden und 12,6 (SD=4,7) bei den Ärzten in der CAI-Karriere zeigte sich ein Signifikanztest auf Unterschiede positiv. Zuletzt ergab der Vergleich auf Gedanken darüber, angesichts der Pandemie den Beruf zu wechseln, bei beiden Gruppen bei einer Spanne von 5 bis 25 Punkten mit Mittelwerten von 9,3 (SD=3,1) bei den Medizinstudierenden und 9,7 (SD=4,1) bei den Ärzten niedrige Werte. Der Unterschied zwischen den Gruppen zeigte sich nicht signifikant.

Eine große Diskrepanz zeigte sich bei der Frage danach, ob seit Beginn der Pandemie Veränderungen am Körper verstärkt wahrgenommen werden. Während dieser Aussage 30,1% der Medizinstudierenden zustimmten, waren es bei den Ärzten 90,9%. Beim Vergleich der Mittelwerte zeigte sich ein signifikanter Unterschied.

Jegliche Vergleiche der Mittelwerte der fünf eingesetzten Skalen zwischen Medizinstudierenden im vorklinischen und im klinischen Abschnitt der Ausbildung zeigten insignifikante Unterschiede.


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Diskussion

Hypochondrische Ängste

Zu beiden Zeitpunkten stellten wir bei den Medizinstudierenden im Vergleich zu den Ärzten sowohl höheren Werte in der Wahrnehmung körperlicher Veränderungen (MSD Perception Scale: 7,24 vs. 6,90 2020 und 7,26 vs. 6,72 2021) als auch in der Bewertung dieser als potentielle Gefahr für die eigene Gesundheit (MSD Distress Scale: 6,79 vs. 5,78 2020 und 6,64 vs. 5,69 2021) fest. Während in der ersten Befragung der Unterschied in der Distress Scale signifikant höher war, erzielten zum zweiten Zeitpunkt Medizinstudierende in beiden Skalen signifikant höhere Werte. Gleichzeitig zeigt der Vergleich der Werte innerhalb der Gruppen zu beiden Zeitpunkten, dass der weitere Pandemieverlauf kaum Einfluss auf die Dynamik hypochondrischer Befürchtungen nimmt.

Zu dem Vergleich zwischen Medizinstudierenden und Ärzten in Bezug auf hypochondrische Befürchtungen gibt es, nach bestem aktuellem Wissen, zum gegenwärtigen Zeitpunkt keine Literatur. Azuri et al. konnten in ihrer Studie zeigen, dass sich bei den Medizinstudierenden während des Studiums signifikante Veränderungen sowohl in der Wahrnehmung als auch der Belastung durch Ängste zeigten, weshalb auch sie die Frage beschäftigte, wie sich diese Entwicklung nach Abschluss des Medizinstudiums fortsetzte [17].

Barić und Trkulja fiel auf, dass das Ausmaß, in dem gesundheitsbezogene Sorgen als belastend empfunden werden, mit fortschreitendem Studium abzunehmen schien [18]. Diese Ergebnisse können als analog zu den Ergebnissen der vorliegenden Studie gewertet werden. Eine zunehmende Berufserfahrung einhergehend mit wachsendem medizinischem Wissen und vor allem auch praktischer Anwendung des gelernten Wissens scheint hypochondrische Befürchtungen zu reduzieren.

Ferguson nahm an, dass medizinisches Wissen ein wichtiger Faktor beim Grundverständnis über hypochondrischen Befürchtungen wäre. Je mehr die Probanden seiner Studie über die Ätiologie bestimmter Krankheiten wüssten, desto größer wären ihre Bedenken hinsichtlich der Erkrankung. Das Bewusstsein über die Ätiologie von Krankheiten könnte also zu erhöhten Krankheitsängsten führen. Auf Grundlage seiner Ergebnisse schlussfolgerte er, dass es in Bezug auf hypochondrische Befürchtungen von vorrangiger Bedeutung zu sein schien, wie viel die Studierenden über bestimmte Erkrankungen wirklich wüssten [19]. Ohne praktische Anwendung des Wissens könnten Studierende gegebenenfalls noch nicht so gut einordnen, wie häufig und mit welchen Symptomen bestimmte Krankheiten auftreten würden, sodass es zunächst zu vermehrten Krankheitsängsten kommen könnte. Mit Beginn der Anwendung und praktischen Umsetzung des Wissens, also vor allem auch mit Beginn der ärztlichen Tätigkeit, könnten durch Erfahrungen aus dem klinischen Alltag hypochondrische Ängste reduziert werden, wenn erlebt werden würde, dass bestimmte Symptome nicht immer bestimmten Erkrankungen direkt zugeordnet werden könnten, sondern diese beispielsweise auch physiologisch oder zumindest ohne Krankheitswert auftreten könnten. Am eigenen Körper wahrgenommene Symptome könnten dann gegebenenfalls besser eingeordnet und auch als weniger bedrohlich eingestuft werden, wenn betroffene Personen den Vergleich zu ihrer klinischen Erfahrung mit Patienten hätten [19].


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Corona-Ängste

In Bezug auf Corona-Ängste gaben zum ersten Zeitpunkt 44% der Medizinstudierenden und 20% der Ärzte an, dass die Pandemie ihre Gesundheitsbedenken beeinflusste. Die Frage danach, ob sie Angst vor einer COVID-Infektion hatten, beantworteten zum zweiten Zeitpunkt 35,5% der Medizinstudierenden und 25,5% der Ärzte mit Zustimmung, wobei sich kein signifikanter Unterschied zeigte. Beim Vergleich der Ergebnisse zu beiden Zeitpunkten ist zu berücksichtigen, dass die Erkenntnisse der Datenerhebung zur Corona-Angst zum ersten Zeitpunkt nur aus einer Frage resultieren. Ein direkter Vergleich der Ergebnisse sollte daher sehr kritisch betrachtet werden. Aus den Ergebnissen der CAI-Fragebögen ging hervor, dass Medizinstudierende signifikant mehr Angst in Bezug auf die berufliche Karriere aufwiesen. Gleichzeitig zeigten sich keine signifikanten Unterschiede in Bezug auf allgemeine Corona-Ängste und die Zufriedenheit der Berufswahl. Seit Beginn der Pandemie werden Studien durchgeführt, die sich mit der Frage beschäftigten, wie prävalent die Angst vor einer Ansteckung mit dem Coronavirus ist. Das Phänomen dieser Angst kann als „Corona-Angst“ oder, wenn neben der Ansteckungsangst auch weitere, spezifisch mit der Pandemie einhergehende Ängste gemeint sind, als „Corona-Ängste“ bezeichnet werden. Als Messinstrument für diese Ängste hat sich über die andauernde Pandemiezeit die „Fear of COVID-19 Scale“ (FCoV-19S) etabliert, die in zahlreichen Studien in verschiedenen Ländern angewendet und gut validiert ist [8] [20] [21]. Sie ist hinsichtlich Items und Messvariablen vergleichbar mit der von uns verwendeten CAI-Gesundheit. Der Fragebogen enthält ebenfalls sieben Items und es können ebenfalls maximal 35 Punkte erreicht werden, wobei mit zunehmender Punktzahl auch mehr Angst verspürt wird. Eine Metaanalyse zu Corona-Ängsten unter Studierenden unterschiedlicher Fächer wertete mithilfe der Fear of COVID-19 Scale gemessene Daten aus elf verschiedenen Ländern aus [22]. Der Durchschnittswert lag bei 17,6 Punkten (Range: 15 bis 22,1). Vor allem die Frage nach der direkten Angst vor dem Virus wurde mit einem Mittelwert von 3,6 häufig positiv beantwortet. Bei Untersuchungen, die nur unter Medizinstudierenden durchgeführt wurden, kommen Del Trapp et al. auf die Punktwerte 14,8 und 2,6 [23], Terzic-Supic et al. auf 12,9 bzw. 2,4 [24] und Nguyen et al. auf 16,6 [25]. Sie lagen somit stets unter dem Durchschnitt aller Studierender von Wang et al., allerdings war keine offensichtliche signifikante Abweichung erkennbar. In unseren Ergebnissen zeichnete sich ebenfalls das Bild ab, dass Medizinstudierende eine hohe Prävalenz von Corona-Ängsten aufwiesen. Sie wiesen in der CAI-Gesundheit einen Mittelwert von 19,5 und bei der direkten Frage nach der Ansteckungsangst einen Mittelwert von 2,9 Punkten auf. Angesichts dessen, dass Studierende aufgrund des meist jungen Alters nicht zur Risikogruppe gehören und sogar im Gegenteil sehr selten von schweren Verläufen betroffen sind [26], ist zunächst kein kausaler Zusammenhang zu erkennen. Die Ursache für die Ängste ist nicht monokausal zu erklären. Die Autoren, welche Corona-Ängste unter Medizinstudierenden untersuchten, legten den Fokus meist auf die Analyse von Faktoren, die das Auftreten dieser Ängste begünstigten oder verhinderten. Selten wurde beschrieben, wie diese Ängste zu erklären waren. Ein Grund für die Angst kann die Sorge davor sein, das Virus an andere zu übertragen. Medizinstudierende leisten einen Teil ihrer Ausbildung im Krankenhaus ab. Hier ist die Gefahr, in Kontakt mit dem Virus zu kommen, höher und deshalb möglicherweise auch die Sorge davor, andere anzustecken [25]. Nguyen et al. stellten fest, dass Medizinstudierende, die älter und in einem fortgeschrittenerem Stadium ihres Studiums sind, weniger Ängste aufwiesen. Sie erklärten diese Beobachtung damit, dass sie mehr medizinische Erfahrung und medizinisches Wissen aufwiesen und daher Gefahren besser einordnen könnten [27]. Unsere Ergebnisse können diese Beobachtung nicht bestätigen. In der Stichprobe der Medizinstudierenden wiesen Studierende im vorklinischen Abschnitt und klinischen Abschnitt ähnliche Werte auf, die keine signifikanten Unterschiede zeigen.

Auffällig ist, dass bei der Frage nach einer seit der Pandemie veränderten Körperwahrnehmung rund 90% der Ärzte zustimmten, aber nur etwa 30% der Medizinstudierenden. Diese Diskrepanz erscheint auf den ersten Blick unplausibel. Sie scheint der Annahme, dass Krankheitsangst und eine veränderte, verstärkte Körperwahrnehmung korrelieren, zu widersprechen. Eine mögliche Erklärung ist, dass Ärzte besonders angehalten waren, auf COVID-Symptome wie Husten, Halsschmerzen oder ein allgemeines Krankheitsgefühl zu achten, da sie im Rahmen Ihrer Tätigkeit täglich mit Patienten zu tun haben, die Teil einer Risikogruppe sind und somit besonders vulnerabel für eine COVID-Erkrankung waren. Um eine Ansteckung zu vermeiden, könnte eine erhöhte Körperwahrnehmung im Sinne einer täglichen Symptomkontrolle hilfreich sein, um bei Anzeichen auf eine Erkrankung zunächst der Arbeit fernzubleiben. Medizinstudierende waren aufgrund der Pandemie dazu angehalten, möglichst wenig Kontakt mit Patienten zu haben, weshalb eine solche Symptomkontrolle und somit eine erhöhte Körperwahrnehmung weniger relevant für sie waren. Zu dieser Fragestellung ist nach unserem besten Wissen leider keine weitere Evidenz verfügbar.

In der CAI-Karriere zeigte sich zwischen den Gruppen ein signifikanter Unterschied. Daraus geht hervor, dass Medizinstudierende angesichts der Pandemie mehr Ängste bezüglich ihrer beruflichen Zukunft aufweisen. Kerr et al. beobachteten in ihrer Studie ebenfalls, dass Unsicherheit unter Medizinstudierenden angesichts der Pandemie stark verbreitet war, vor allem im Zusammenhang mit praktischen Fertigkeiten und der eigenen Wahrnehmung als zukünftige Ärzte [28]. Dies kann durch die Maßnahmen im Zuge der Pandemie erklärt werden, die Unterricht und Praktika im Krankenhaus einschränken. Dadurch werden Medizinstudierenden Möglichkeiten genommen, Einblicke in den späteren Berufsalltag zu gewinnen und durch diese Erfahrungen entscheiden zu können, welche Fachrichtung sie am Ende des Studiums für die Facharztausbildung wählen. Eine Unsicherheit unter Medizinstudierenden bezüglich der Wahl der Fachrichtung zeigte sich auch in der Studie von Byrnes et al. [29]. Ebenso gibt es in der Literatur Hinweise darauf, dass die Pandemie Auswirkung auf die Wahl der Fachrichtung hat [17] [30]. In unserer Stichprobe änderte sich seit Beginn der Pandemie bei 7,8% der Medizinstudierenden die präferierte Fachrichtung. Ein weiterer Faktor könnte sein, dass Ärzte sich bereits in einer festen Anstellung befinden und aus dieser Sicherheit heraus weniger Sorgen und Ängste aufweisen.

Zusammenfassend stellen wir fest, dass Medizinstudierende mehr hypochondrische Ängste als Ärzte aufweisen und sehen dies insbesondere darin begründet, dass eine zunehmende praktische medizinische Erfahrung Krankheitsängste lindert. Dabei scheint die COVID-Pandemie nur geringfügig Einfluss auf die Prävalenz dieser Ängste zu nehmen. Innerhalb der Gruppe der Medizinstudierenden gab es keine signifikanten Unterschiede zwischen Studierenden im vorklinischen und im klinischen Abschnitt der Ausbildung. Das Phänomen der „Medical Students‘ Disease“ erachten wir daher als ein vorübergehendes Phänomen. Dahingegen ist zu erkennen, dass sowohl bei den Medizinstudierenden als auch bei den Ärzten relevante Corona-Ängste vorhanden sind. Diese zeigten sich vor allem in einer Angst vor einer Ansteckung mit dem Virus. Im Fragebogen CAI-Gesundheit zeigten sich zwischen Ärzten und Medizinstudierenden keine signifikanten Unterschiede hinsichtlich Corona-Ängsten. Ein signifikanter Unterschied in Bezug auf Corona-Ängste zeigte sich beim Thema Karriere. Hier haben Medizinstudierende mehr Sorgen und Ängste bezüglich ihrer beruflichen Zukunft. Dahingegen wiesen beide Gruppen geringe Zweifel bezüglich der Berufswahl angesichts der Pandemie auf. Zu den Limitationen dieser Studie zählt zum einen die Durchführung, die aufgrund der Pandemiebestimmungen online stattfand. Dadurch können wir nicht zweifelsfrei sicher sein, dass die Fragebögen von den Probanden ausgefüllt wurden und nicht von anderen Personen. Die Rekrutierung erfolgte nicht randomisiert, sondern per Flyer. Somit war es möglich, dass sich im Sinne eines Selektionsbias eher Probanden meldeten, die sich für das Thema interessierten. Zudem erfolgte die Rekrutierung der Medizinstudierenden ausschließlich von der Ruhr-Universität Bochum, wodurch mögliche lokal begrenzte Faktoren, etwa Unterschiede im Umgang mit der Lehre während der Pandemie, Einfluss genommen haben könnten. Weiterhin befragten wir Probanden zu einem bestimmten Zeitraum während der Pandemie. Da die Situation sich häufig änderte und Lockdowns sowie weitere Maßnahmen verhängt oder wieder aufgehoben wurden, sind unsere Ergebnisse von den Gegebenheiten während des Befragungszeitraums geprägt und können so nur einen Teil der Pandemie abbilden und nicht für die gesamte Pandemie stehen. Erkenntnisse zu Vergleichen der Prävalenz von Corona-Ängsten zwischen den Untersuchungszeitpunkten lassen sich aus dieser Studie kaum erbringen, da zum ersten Zeitpunkt lediglich eine Frage hierzu erfolgte. Ein weiterer Kritikpunkt besteht in der Anwendung der MSD Perception Scale und der MSD Distress Scale, die von den Probanden dieser Studie in einem anderen Rahmen beantwortet werden konnten als es die Originalliteratur ursprünglich vorsah. Dadurch besteht zwar immer noch die Möglichkeit für einen guten internen Vergleich der Gruppen miteinander, jedoch gestaltet sich der Vergleich zu anderen Studien, die die MSD Perception Scale und die MSD Distress Scale genutzt haben, schwierig und erhobene Ergebnisse der vorliegenden Studie sind im Vergleich weniger aussagekräftig.


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Konsequenzen für Klinik und Praxis

  1. Während der Pandemie sind relevante Ängste unter Medizinstudierenden, aber auch unter Ärzte, vorhanden, welche präventiv für zukünftige Pandemien berücksichtigt werden sollten.

  2. Auch zu Pandemie-Zeiten sollten Medizinstudierenden die Möglichkeit haben, durch praktische Einblicke in die verschiedenen Fachrichtungen eine Wahl für die eigene Karriere treffen zu können.

  3. Der Umgang mit körpereigenen Symptomen während des Studiums i.S. einer gezielten psychoedukativen Aufklärung ist eine empfehlenswerte Option zur Prävention hypochondrischer Befürchtungen.


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Interessenkonflikt

Die Autorinnen/Autoren geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht.

  • Literatur

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Korrespondenzadresse

Prof. Georg Juckel
Klinik für Psychiatrie, Psychotherapie und Präventivmedizin, LWL-Universitätsklinikum Bochum der Ruhr-Universität Bochum
Alexandrinenstr. 1
44791 Bochum
Deutschland   

Publikationsverlauf

Eingereicht: 28. Juli 2024

Angenommen: 14. Januar 2025

Artikel online veröffentlicht:
04. März 2025

© 2025. The Author(s). This is an open access article published by Thieme under the terms of the Creative Commons Attribution-NonDerivative-NonCommercial-License, permitting copying and reproduction so long as the original work is given appropriate credit. Contents may not be used for commercial purposes, or adapted, remixed, transformed or built upon. (https://creativecommons.org/licenses/by-nc-nd/4.0/).

Georg Thieme Verlag KG
Oswald-Hesse-Straße 50, 70469 Stuttgart, Germany

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