Praxis Handreha 2025; 06(01): 4-6
DOI: 10.1055/a-2411-6124
Studienergebnisse

Internationale Studienergebnisse

 

Kompetenz und Herausforderungen von Handtherapeut*innen bei der Rückkehr in die Arbeitsfähigkeit

Newington L, Ceh D, Sandford F et al. Supporting work participation for adults with hand and upper limb conditions: A survey of the British Association of hand therapists. Hand Ther 2024; 29: 75–84

Die Handtherapie spielt eine wichtige Rolle bei der Wiedereingliederung von Personen mit muskuloskelettalen Erkrankungen der oberen Extremität in den Arbeitsalltag ([Abb. 1]). Doch wie kompetent fühlen sich Therapeut*innen in diesem Bereich? Eine aktuelle britische Umfrage unter Handtherapeut*innen zeigt, dass es noch großes Verbesserungspotenzial gibt. Die Umfrage basierte auf einem Fragebogen, der ursprünglich für die Australian Hand Therapy Association entwickelt und für britische Verhältnisse angepasst wurde. Der Fragebogen wurde elektronisch an Ergo- und Physiotherapeut*innen der British Association of Hand Therapists verteilt. Insgesamt nahmen 123 Handtherapeut*innen (17% Rücklaufquote) an der Umfrage teil.

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Abb. 1 Muskuloskelettale Erkrankungen wie Arthrose, Schmerzen oder Verletzungen der oberen Extremität betreffen viele Berufstätige, die viel und lange am Schreibtisch sitzen, was ihre Arbeitsfähigkeit einschränken kann. (© sebra/stock.adobe.com)

Die häufigsten genannten Interventionen zur Unterstützung der Arbeitsfähigkeit waren das Gespräch über einen gestuften Wiedereinstieg in den Beruf sowie die Empfehlung, den Arzt zu konsultieren. Formulare wie „Allied Health Professional Health and Work Report“ oder „Fit Note“ wurden hingegen nur selten eingesetzt. Viele Therapeut*innen gaben an, sich unsicher zu fühlen im Umgang mit diesen Formularen. Hauptbarrieren für die Empfehlung von Arbeitsmaßnahmen waren fehlende Zeit, mangelndes Wissen und unzureichende Schulungen. Positiv hervorgehoben wurde, wenn Patient*innen von sich aus die Rückkehr zur Arbeit als Rehabilitationsziel ansprechen.

Fazit

Die Ergebnisse zeigen, dass britische Handtherapeut*innen Fortbildungen zur Arbeitsfähigkeit und zur Nutzung relevanter Formulare benötigen. Zudem sollten Patient*innen ermutigt werden, berufliche Ziele in der Therapie anzusprechen.


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Wirksamkeit von Physiotherapie vs. Heimübungsprogramm nach distaler Radiusfraktur

Gutiérrez-Espinoza H, Gutiérrez-Monclus R, Román-Veas J et al. Effectiveness of supervised physiotherapy versus a home exercise program in patients with distal radius fracture: a randomized controlled trial with a 2-year follow-up. Physiotherapy 2024; 124: 93–100

Die Wahl zwischen „überwachter Physiotherapie“ und einem Heimübungsprogramm stellt sich häufig bei der Rehabilitation von Personen mit distaler Radiusfraktur. Eine neue Studie aus Brasilien untersuchte nun langfristig, welche Methode bei der funktionalen Verbesserung und Schmerzlinderung bei über 60-jährigen Patient*innen effektiver ist. In einem RCT wurden 74 Personen über 60 Jahre mit extraartikulärer distaler Radiusfraktur in 2 Gruppen aufgeteilt. Die Experimentalgruppe erhielt 6 Wochen lang Physiotherapie, während die Kontrollgruppe ein Heimübungsprogramm absolvierte. Die Outcomeparameter waren die Handfunktion, bewertet mit dem Fragebogen „Patient-Rated Wrist Evaluation“ (PRWE), die Schmerzmessung (VAS), Griffstärke und aktive Beweglichkeit.

In den ersten 6 Wochen und nach einem Jahr zeigte die Physiotherapiegruppe signifikant bessere Ergebnisse bei der Handfunktion und Schmerzlinderung im Vergleich zur Heimübungsgruppe. Nach 2 Jahren verringerten sich die Unterschiede und nur bei der Griffstärke zeigte sich noch ein signifikanter Vorteil für die Physiotherapie.

Fazit

Physiotherapie ist in den ersten 6 Wochen und nach einem Jahr effektiver als ein Heimübungsprogramm bei der Rehabilitation nach einer distalen Radiusfraktur. Langfristig, nach 2 Jahren, zeigt sich der Vorteil vor allem bei der Griffstärke. Die Ergebnisse legen nahe, dass eine Kombination von beiden Ansätzen möglicherweise am effektivsten sein könnte.


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MCID der DASH- und QuickDASH-Fragebögen bei muskuloskelettalen Erkrankungen

Galardini L, Coppari A, Pellicciari L et al. Minimal Clinically Important Difference of the Disabilities of the Arm, Shoulder and Hand (DASH) and the shortened version of the DASH (QuickDASH) in people with musculoskeletal disorders: A systematic review and meta-analysis. Phys Ther 2024; 104: pzae033

Die Frage, wie viel Verbesserung bei der Behandlung von muskuloskelettalen Erkrankungen tatsächlich klinisch bedeutsam ist, wird oft mit den DASH- und QuickDASH-Fragebögen gemessen. Eine neue systematische Übersichtsarbeit aus Italien bietet nun präzisere Werte für die minimale klinisch relevante Differenz (MCID) dieser Fragebögen und liefert wichtige Erkenntnisse für die klinische Praxis. Für die Meta-Analyse suchte das Forscherteam in MEDLINE, EMBASE, CINAHL, PsycINFO, Web of Science, Cochrane Library und Scopus nach Literatur. Einschlusskriterien waren Studien, die bei Personen mit muskuloskelettalen Erkrankungen der oberen Extremität den MCID berechnet hatten. In die Analyse gingen 12 Studien mit insgesamt 1677 Teilnehmenden ein.

Der gepoolte MCID betrug 11 Punkte für DASH (95% CI=8,59–13,41) und 11,97 Punkte für QuickDASH (95% CI=9,60–14,33). Die minimalen nachweisbaren Veränderungen (MDC90) lagen bei 9,04 DASH-Punkten (95% CI=6,46–11,62) und 9,03 QuickDASH-Punkten (95% CI=6,36–11,71). Es wurde jedoch eine hohe methodologische Heterogenität in den Studien festgestellt.

Fazit

Die Ergebnisse legen nahe, dass eine klinisch relevante Verbesserung beim DASH- bzw. QuickDASH-Score im Bereich von 12–14 bzw. 12–15 Punkten liegt. Die Werte bieten eine verlässliche Basis für die Beurteilung von Fortschritten bei Personen mit muskuloskelettalen Erkrankungen.


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Behandlungsstrategien bei einfacher Ellenbogenluxation

Breulmann FL, Lappen S, Ehmann Y et al. Treatment strategies for simple elbow dislocation – a systematic review. BMC Musculoskelet Disord 2024; 25: 148

Ellenbogenluxationen passieren häufig und werden in einfach (ohne begleitende Frakturen) und komplex (mit zusätzlichen knöchernen Verletzungen) unterteilt ([Abb. 2]). Forschende verglichen deshalb die langfristige Effektivität konservativer und operativer Behandlungsmethoden für einfache Ellenbogenluxationen. Das deutsch-österreichische Forscherteam schloss 17 Studien in ihr systematisches Review ein. Die Outcome-Parameter waren Bewegungsumfang (ROM), Mayo Elbow Performance Score (MEPS), Quick-DASH, wiederkehrende Instabilität, Schmerzen (VAS) und Rückkehr zur Arbeit.

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Abb. 2 Ellenbogenluxationen treten auf, wenn das untere Ende des Oberarmknochens (Humerus) den Kontakt mit den oberen Enden (Köpfen) des Unterarmknochens (der Speiche oder der Elle) verliert. (© Freedomz/stock.adobe.com)

Frühe Mobilisation nach konservativer Behandlung zeigte bessere Ergebnisse hinsichtlich ROM und klinischen Ergebnissen im Vergleich zur Immobilisation, insbesondere in den ersten 3 Wochen nach der Behandlung. OPs führten zu vergleichbaren Ergebnissen hinsichtlich ROM und MEPS wie die konservative Therapie. Personen mit anfänglicher leichter Instabilität profitierten von einer konservativen Behandlung, während bei einer schweren Instabilität ein chirurgischer Eingriff empfohlen wird, um eine wiederkehrende Instabilität zu verhindern.

Fazit

Die frühe funktionelle Mobilisation sollte bei der konservativen Behandlung einfacher Ellenbogenluxationen bevorzugt werden. OPs liefern bei leichter Instabilität ähnliche Ergebnisse wie die konservative Therapie. Für Personen mit schweren Instabilitäten oder bilateralen Bandverletzungen sollte eine OP in Erwägung gezogen werden.


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Wirksamkeit der Ergotherapie bei Hand- und Unterarmpathologien

Sheerin M, O'Riordan C, Conneely M et al. Effectiveness of occupational therapy interventions on function and occupational performance among adults with conditions of the hand, wrist, and forearm: A systematic review and meta-analysis. Aust Occup Ther J 2024; 71: 175–189

Ergotherapie spielt eine wichtige Rolle bei der konservativen Behandlung von Erkrankungen der Hand und des Unterarms. Eine systematische Übersichtsarbeit aus Irland untersuchte deshalb die Effektivität von Ergotherapie-Interventionen bei Erwachsenen und bietet einen umfassenden Überblick über ihre Auswirkungen auf Funktion und Leistungsfähigkeit. Die Forschenden schlossen 12 Studien mit insgesamt 1429 Teilnehmenden aus verschiedenen Datenbanken ein. Die Outcomeparameter waren Funktion, berufliche Leistung, Schmerzen und Lebensqualität, die sie über verschiedene Fragebögen evaluierten. Die Daten wurden meta-analytisch ausgewertet und die Evidenzqualität nach GRADE bewertet.

Die Interventionen umfassten beschäftigungsbasierte Therapie, Hilfsmittel, Schulung, Orthesen und Übungsprogramme für Erkrankungen wie Arthrose und Karpaltunnelsyndrom. Ergotherapie zeigte signifikante Verbesserungen in der Funktion (Standardisierte Mittelwertdifferenz (SMD) –0,27), beruflichen Leistung (SMD 0,83), Zufriedenheit (SMD 0,74) und Schmerzlinderung (MD –1,35). Die Evidenz für die Lebensqualität war begrenzt.

Fazit

Ergotherapie verbessert Funktion, berufliche Leistung, Zufriedenheit und lindert Schmerzen bei Personen mit Hand- und Unterarmerkrankungen. Weitere hochwertige Studien sind jedoch erforderlich, um die Effekte auf weitere Erkrankungen der oberen Extremität detaillierter zu verstehen.


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Konservatives Behandlungsprogramm bei traumatischer TFCC-Läsion

Tse YL, Chau WW, Wong CW. A structured non-operative treatment program for traumatic triangular fibrocartilage complex tear: A quasi-experimental study. Hand Surg Rehabil 2023; 42: 492–498

Traumatische Läsionen des triangulären fibrokartilaginären Komplexes (TFCC) sind häufige Ursachen für ulnare Handgelenkschmerzen ([Abb. 3]). Unterschiedlich genutzte Behandlungsmethoden verdeutlichen die Notwendigkeit eines standardisierten Behandlungsansatzes. Diese Studie evaluierte deshalb ein strukturiertes Rehabilitationsprogramm. In der quasi-experimentellen Studie wurden 32 Teilnehmende aufgenommen, die ein 5-phasiges Rehabilitationsprogramm durchliefen. Der Fortschritt wurde alle 3 Wochen überwacht. Die Outcome-Parameter umfassten die numerische Schmerzbewertungsskala (NPRS), die Schmerzintensität bei Aktivitäten des täglichen Lebens (ADL), den Bewegungsumfang (ROM), den ADL-Leistungsscore, die Patient-Rated Wrist Evaluation (PRWE), die Griffkraft und die Instabilität des distalen Radioulnargelenks (DRUJ).

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Abb. 3 Bei einer TFCC-Läsion handelt es sich um eine Verletzung der wichtigsten Verbindung im Handgelenk, dem Triangular fibrocartilage complex. Eine der häufigsten Ursachen ist ein Sturz auf die Hand. (©Photo_Ma/stock.adobe.com)

Die Ergebnisse zeigen eine signifikante Verbesserung: Die numerische Schmerzbewertung sank von 5,3 auf 0,5/10 Punkten. Der Schmerzscore bei ADLs verbesserte sich von 10 auf 19,1/20 Punkten. Das ROM im Handgelenk, sowohl in Flexion/Extension als auch in Supination/Pronation, stieg um 35 Prozent. Die funktionelle Leistung verbesserte sich im ADL-Leistungsscore von 21 auf 38/40, während der PRWE-Wert von 49,5 auf 14,6 von 100 Punkten fiel. Die Griffkraft nahm um 59,5 Prozent zu, und die Stabilität des DRUJ zeigte ebenfalls eine Verbesserung.

Fazit

Das kombinierte Programm aus progressivem Kraft- sowie Propriozeptionstraining und Orthesen erwies sich als effektiv bei der Wiederherstellung der DRUJ-Stabilität und der Verbesserung der Handgelenkskraft sowie der funktionellen Leistungsfähigkeit.


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Autorin

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Katrin Veit
ist Physiotherapeutin, BSc in Präventions, Therapie und Rehabilitationswissenschaften und Manualtherapeutin. Sie arbeitet als wissenschaftliche Autorin, externe Redakteurin und ist als Dozentin und Yogalehrerin tätig.

Publication History

Article published online:
15 January 2025

© 2025. Thieme. All rights reserved.

Georg Thieme Verlag
Rüdigerstraße 14, 70469 Stuttgart, Germany

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Katrin Veit
ist Physiotherapeutin, BSc in Präventions, Therapie und Rehabilitationswissenschaften und Manualtherapeutin. Sie arbeitet als wissenschaftliche Autorin, externe Redakteurin und ist als Dozentin und Yogalehrerin tätig.
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Abb. 1 Muskuloskelettale Erkrankungen wie Arthrose, Schmerzen oder Verletzungen der oberen Extremität betreffen viele Berufstätige, die viel und lange am Schreibtisch sitzen, was ihre Arbeitsfähigkeit einschränken kann. (© sebra/stock.adobe.com)
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Abb. 2 Ellenbogenluxationen treten auf, wenn das untere Ende des Oberarmknochens (Humerus) den Kontakt mit den oberen Enden (Köpfen) des Unterarmknochens (der Speiche oder der Elle) verliert. (© Freedomz/stock.adobe.com)
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Abb. 3 Bei einer TFCC-Läsion handelt es sich um eine Verletzung der wichtigsten Verbindung im Handgelenk, dem Triangular fibrocartilage complex. Eine der häufigsten Ursachen ist ein Sturz auf die Hand. (©Photo_Ma/stock.adobe.com)