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DOI: 10.1055/a-2162-9190
Aktuelle Rechtsfragen bei Krankenhauskooperationen in der Radiologie (1. Teil)
Der Ersatz von Kontrastmitteln im Rahmen der radiologischen Leistungserbringung für Krankenhäuser- 1. Einführung
- 2. Krankenhausrechtliche Zulässigkeit der Zusammenarbeit mit niedergelassenen Radiologen
- 3. Rechtliche Vorgaben der Naturalrestitution bei Kontrastmitteln
- b. Versorgung mit Kontrastmitteln durch die Krankenhausapotheke
- 4. Zusammenfassung
1. Einführung
Die praktische Relevanz von Kooperationen zwischen einem Krankenhaus und einer radiologischen Praxis und die dabei zu beachtenden rechtlichen Anforderungen ist als besonders hoch einzustufen. Im Rahmen der tatsächlichen und rechtlichen Ausgestaltung eines solchen Kooperationsverhältnisses als Schnittstelle zwischen ambulanter und stationärer Versorgung mittels eines Kooperationsvertrages ergeben sich regelmäßig eine Vielzahl von rechtlichen Fragen.
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Aus dieser Vielzahl der rechtlichen Fragestellungen sollen im Rahmen einer Beitragsserie drei besonders relevante Themenkomplexe herausgegriffen und einer rechtlichen Beantwortung zugeführt werden. In Teil 1 der Beitragsserie soll auf die rechtlichen Vorgaben für den Ersatz des für Krankenhauspatienten verbrauchten Kontrastmittels eingegangen werden. In Teil 2 werden die Möglichkeiten und Grenzen von Budgetvereinbarungen und Mindestbezugsmengen im Hinblick auf die Vergütung des vertragsärztlichen Leistungserbringers aufgezeigt. Schließlich wird in Teil 3 der Beitragsserie die rechtliche Zulässigkeit oder Unzulässigkeit von Personalgestellungen im Rahmen eines intersektoralen Kooperationsverhältnisses untersucht.
2. Krankenhausrechtliche Zulässigkeit der Zusammenarbeit mit niedergelassenen Radiologen
Im Rahmen von Krankenhauskooperationen erbringen vertragsärztliche Leistungserbringer (im Folgenden: Radiologische Praxis) alle oder einen Teil der Krankenhausleistungen auf dem Gebiet der Radiologie (sog. Outsourcing)[1]. Die leistungs- und vergütungsrechtliche Zulässigkeit eines derartigen Vorgehens ergibt sich aus § 2 Abs. 2 S. 2 Nr. 2 KHEntgG, wonach unter den Voraussetzungen des § 2 Abs. 2 S. 1 KHEntgG die vom Krankenhaus veranlassten Leistungen Dritter allgemeine Krankenhausleistungen und damit gem. § 2 Abs. 1 S. 1 HS 2 KHEntgG Krankenhausleistungen sind. Das setzt voraus, dass die Behandlung trotz der Hinzuziehung eines Dritten nicht außerhalb der Gesamtbehandlungsverantwortung des Krankenhauses erfolgt und sich die Leistung des Hinzugezogenen auch nach außen als Leistung des Krankenhauses gegenüber dem Patienten darstellt[2]. Die radiologische Praxis wird dann als Erfüllungsgehilfe i. S. d. § 278 BGB des Krankenhauses tätig[3].
Wird bei der Untersuchung von Krankenhauspatienten durch die radiologische Praxis Kontrastmittel an die Patienten verabreicht, so bestehen grundsätzlich zwei Möglichkeiten, die regelmäßig Eingang in die Kooperationsverträge finden. Entweder das Krankenhaus bzw. die Krankenhausapotheke/das Krankenhaus versorgende öffentliche Apotheke erstattet das verbrauchte Kontrastmittel in natura (sog. Naturalrestitution) oder die radiologische Praxis stellt das verbrauchte Kontrastmittel zum Einkaufspreis in Rechnung. Kontrastmittel unterliegen gem. § 1 Abs. 3 Nr. 3 AMPreisV i. V. m. § 47 Abs. 1 Nr. 2 lit. f AMG nicht der Arzneimittelpreisverordnung. Insoweit besteht ein wirtschaftliches Interesse der beteiligten Vertragsparteien, vorrangig die Naturalrestitution und nicht die Erstattung des Einkaufspreises der radiologischen Praxis zu wählen, da die Parteien verschiedene Einkaufskonditionen für das Kontrastmittel erhalten können.
Vor diesem Hintergrund soll nachfolgend darauf eingegangen werden, ob und unter welchen Voraussetzungen die Naturalrestitution von Kontrastmitteln im Rahmen von Krankenhauskooperationen rechtlich zulässig ist.
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3. Rechtliche Vorgaben der Naturalrestitution bei Kontrastmitteln
Im Rahmen der Untersuchung der rechtlichen Zulässigkeit der Naturalrestitution ist zunächst auf die Apothekenpflicht von Kontrastmitteln und die hierbei einschlägigen Ausnahmen (a.) einzugehen. Ausgehend hiervon ist dann aufzuzeigen, ob die Abgabe des Kontrastmittels durch die Krankenhausapotheke bzw. die das Krankenhaus versorgende öffentliche Apotheke an die radiologische Praxis zulässig ist (b.). Zur Verdeutlichung der praktischen Relevanz der Ausführungen sind schließlich die möglichen rechtlichen Folgen im Falle eines Verstoßes gegen rechtliche Anforderungen zu skizzieren (c.).
a. Apothekenpflicht
In Betracht kommt ein Verstoß gegen die Apothekenpflicht bzw. gegen die gesetzlich geregelten Ausnahmen von der Apothekenpflicht.
§ 43 Abs. 1 S. 1 AMG regelt folgendes (Hervorhebung nicht im Original):
„Arzneimittel, die nicht durch die Vorschriften des § 44 oder der nach § 45 Abs. 1 erlassenen Rechtsverordnung für den Verkehr außerhalb der Apotheken freigegeben sind, dürfen außer in den Fällen des § 47 berufs- oder gewerbsmäßig für den Endverbrauch nur in Apotheken und ohne behördliche Erlaubnis nicht im Wege des Versandes in den Verkehr gebracht werden; das Nähere regelt das Apothekengesetz.“
Bei Kontrastmitteln handelt es sich um Arzneimittel in Form von Diagnostika gem. § 2 Abs. 1 Nr. 2 lit. b AMG[4].
Inverkehrbringen ist gemäß § 4 Abs. 17 AMG das Vorrätighalten zum Verkauf oder zu sonstiger Abgabe, das Feilhalten, das Feilbieten und die Abgabe an andere. Der Begriff Inverkehrbringen wird vom AMG weit gefasst. Zum Inverkehrbringen gehören nicht nur die Abgabe und der Verkauf, sondern auch bereits Vorbereitungshandlungen wie das Vorrätig-, das Feilhalten und das Feilbieten. Diese der Abgabe vorausgehenden Handlungen müssen jedoch in der Absicht geschehen, das Arzneimittel im Geltungsbereich des AMG in Verkehr zu bringen[5].
Zum Begriff des Abgebens führte der BGH in einem Urteil vom 18.09.2013, Az.: 2 StR 535/12, Rn. 14 folgendes aus:
„Abgabe iSd § 4 XVII AMG ist die körperliche Übergabe an einen anderen durch den Inhaber der Verfügungsgewalt in einer Weise, dass der Empfänger tatsächlich in die Lage versetzt wird, sich des Arzneimittels zu bemächtigen und mit ihm nach seinem Belieben umzugehen, insbesondere es zu konsumieren oder weiterzugeben […].“
Bei der Naturalrestitution des durch die radiologische Praxis zur Untersuchung der krankenhauseigenen Patienten verbrauchten Kontrastmittels durch das Krankenhaus an die radiologische Praxis wird das Kontrastmittel regelmäßig dergestalt an die radiologische Praxis körperlich übergeben, dass die radiologische Praxis tatsächlich in die Lage versetzt wird, nach eigenem Belieben mit dem Kontrastmittel umzugehen, insbesondere es an Patienten zu verabreichen und es damit zu konsumieren. Das Krankenhaus bzw. die Krankenhausapotheke gibt daher das Kontrastmittel i. S.v. § 4 Abs. 17 AMG an die radiologische Praxis ab und bringt es damit in den Verkehr.
Kontrastmittel sind nicht von der Apothekenpflicht nach § 44 AMG ausgenommen bzw. gem. § 45 AMG i. V. m. der Verordnung über apothekenpflichtige und freiverkäufliche Arzneimittel (AMVerkRV) für den Verkehr außerhalb der Apotheken freigegeben.
In Betracht kommt schließlich die Abgabebefugnis gem. § 47 Abs. 1 Nr. 2 lit. f AMG. Dieser regelt folgendes (Hervorhebung nicht im Original):
„(1) Pharmazeutische Unternehmer und Großhändler dürfen Arzneimittel, deren Abgabe den Apotheken vorbehalten ist, außer an Apotheken
nur abgeben an
[…]
2. Krankenhäuser und Ärzte, soweit es sich handelt um […]
f) radioaktive Arzneimittel,“
Zwar handelt es sich bei Kontrastmitteln um radioaktive Arzneimittel gem. § 4 Abs. 8 AMG[6]. Das Krankenhaus bzw. die Krankenhausapotheke ist jedoch regelmäßig kein pharmazeutischer Unternehmer gem. § 4 Abs. 18 AMG oder ein Arzneimittelgroßhändler gem. § 4 Abs. 22 AMG. Die Abgabebefugnis des 47 Abs. 1 Nr. 2 lit. f AMG ist mithin nicht einschlägig.
Es bleibt mithin gem. § 47 Abs. 1 S. 1 HS 1 AMG bei dem Grundsatz der Apothekenpflicht. Das Nähere regelt das Apothekengesetz gemäß § 47 Abs. 1 S. 1 HS 2 AMG.
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b. Versorgung mit Kontrastmitteln durch die Krankenhausapotheke
Zu untersuchen ist weiterhin, ob die Abgabe des Kontrastmittels an die radiologische Praxis nach dem ApoG[7] oder der ApBetrO[8] zulässig ist. Zunächst ist die gesetzliche Systematik im Rahmen der Versorgung durch eine Krankenhausapotheke aufzuzeigen (aa.), um sodann zu der relevanten Ausnahmevorschrift Stellung zu nehmen (bb.).
aa. Gesetzliche Systematik
Einzugehen ist auf eine zulässige Abgabe von Arzneimitteln im Rahmen der Versorgung von einzelnen Stationen oder anderen Teileinheiten eines Krankenhauses durch die Krankenhausapotheke gem. § 14 Abs. 7 S. 1 und 2 ApoG. Diese regeln (Hervorhebung nicht im Original):
„(7) Der Leiter der Krankenhausapotheke nach Absatz 1 oder ein von ihm beauftragter Apotheker oder der Leiter einer Apotheke nach Absatz 4 dürfen nur solche Krankenhäuser mit Arzneimitteln versorgen, mit denen rechtswirksame Verträge bestehen oder für deren Versorgung eine Genehmigung nach Absatz 5 Satz 3 erteilt worden ist. Die in Satz 1 genannten Personen dürfen Arzneimittel nur an die einzelnen Stationen und anderen Teileinheiten des Krankenhauses zur Versorgung von Patienten abgeben, die in dem Krankenhaus vollstationär, teilstationär, vor- oder nachstationär (§ 115a des Fünften Buches Sozialgesetzbuch) behandelt, ambulant operiert oder im Rahmen sonstiger stationsersetzender Eingriffe (§ 115b des Fünften Buches Sozialgesetzbuch) oder im Rahmen der Übergangspflege im Krankenhaus nach § 39e des Fünften Buches Sozialgesetzbuch versorgt werden, ferner zur unmittelbaren Anwendung bei Patienten an ermächtigte Ambulanzen des Krankenhauses, insbesondere an Hochschulambulanzen (§ 117 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch), psychiatrische Institutsambulanzen (§ 118 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch), sozialpädiatrische Zentren (§ 119 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch), medizinische Behandlungszentren (§ 119c des Fünften Buches Sozialgesetzbuch) und ermächtigte Krankenhausärzte (§ 116 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch) sowie an Patienten im Rahmen der ambulanten Behandlung im Krankenhaus, wenn das Krankenhaus hierzu ermächtigt (§ 116a des Fünften Buches Sozialgesetzbuch) oder berechtigt (§§ 116b und 140a Absatz 3 Satz 2 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch) ist.[…]“
§ 31 Abs. 1 ApBetrO regelt für den hier relevanten Fall folgendes (Hervorhebung nicht im Original):
„(1) Arzneimittel und apothekenpflichtige Medizinprodukte dürfen an Stationen oder andere Teileinheiten des Krankenhauses nur auf Grund einer Verschreibung im Einzelfall oder auf Grund einer schriftlichen Anforderung abgegeben werden. Dies gilt für Verschreibungen oder Anforderungen in elektronischer Form entsprechend.“
Nach § 14 Abs. 8 S. 1 ApoG sind Krankenhäuser im Sinne dieses Gesetzes Einrichtungen nach § 2 Nr. 1 des Krankenhausfinanzierungsgesetzes (KHG). Nach § 2 Nr. 1 KHG werden Krankenhäuser wie folgt definiert (Hervorhebung nicht im Original):
„Krankenhäuser
Einrichtungen, in denen durch ärztliche und pflegerische Hilfeleistung Krankheiten, Leiden oder Körperschäden festgestellt, geheilt oder gelindert werden sollen oder Geburtshilfe geleistet wird und in denen die zu versorgenden Personen untergebracht und verpflegt werden können“
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bb. Zulässigkeit der Abgabe an eine radiologische Praxis nach § 14 Abs. 7 S. 2 ApoG
Bei den von der radiologischen Praxis für das Krankenhaus im Rahmen eines Kooperationsvertrages untersuchten Patienten muss es sich zunächst um solche Patienten handeln, bei denen die Ausnahmetatbestände des § 14 Abs. 7 S. 2 ApoG gegeben sind. Die Abgabe der Kontrastmittel durch die Krankenhausapotheke muss danach „zur Versorgung von Patienten“ erfolgen, die in dem Krankenhaus vollstationär, teilstationär, vor- oder nachstationär behandelt werden.
(1) Voraussetzungen des § 14 Abs. 7 S. 2 ApoG
Offen ist, ob die Kontrastmittel i. S. d. des § 14 Abs. 7 S. 2 ApoG „zur Versorgung von Patienten“, die in dem Krankenhaus behandelt werden, abgegeben werden. Denn die primäre Zweckbestimmung bei der Abgabe des Kontrastmittels ist nicht die Versorgung des jeweiligen Krankenhauspatienten, sondern die Ersetzung des zuvor für die Krankenhausbehandlung verbrauchten Kontrastmittels. Insofern stellt sich die Frage, ob die tatsächliche Handhabung der Kontrastmittelabgabe durch die Krankenhausapotheke an die radiologische Praxis für die rechtliche Beurteilung des Sachverhalts relevant ist, denn das Kontrastmittel könnte auch im Voraus an die radiologische Praxis abgegeben werden, um sodann die Krankenhauspatienten zu untersuchen. Darüber hinaus steht die Abgabe des Kontrastmittels zumindest in einem mittelbaren Zusammenhang mit der Versorgung der Krankenhauspatienten, denn die Kontrastmittel werden von der Krankenhausapotheke ausschließlich für die eigenen stationären Patienten ersetzt, die die radiologische Praxis im Auftrag des Krankenhauses untersucht hat. Insoweit erscheint es jedenfalls vertretbar, dass dieses Tatbestandsmerkmal im konkreten Fall gegeben ist.
Die für das Krankenhaus tätige radiologischen Praxis müsste aber auch als eine einzelne Station oder eine andere Teileinheit des Krankenhauses i. S. d. § 14 Abs. 7 S. 2 und 8 S. 1 ApoG angesehen werden können.
Krankenhäuser iSd § 2 Nr. 1 KHG sind Einrichtungen, in denen durch ärztliche und pflegerische Hilfeleistung Krankheiten, Leiden oder Körperschäden festgestellt, geheilt oder gelindert werden sollen oder Geburtshilfe geleistet wird und in denen die zu versorgenden Personen untergebracht und verpflegt werden können. Diese Voraussetzungen müssen sämtlich kumulativ vorliegen[9]. Die ärztliche Tätigkeit (§ 2 BOÄ) prägt im Wesentlichen den Begriff des Krankenhauses, wobei es genügt, dass diese nicht ganz von untergeordneter Bedeutung ist[10]. Nicht erforderlich ist eine ständige ärztliche Hilfestellung durch hauptamtlich tätige Ärzte. Eine planmäßige ärztliche Hilfestellung genügt. Weiterhin sollen durch die ärztliche und pflegerische Hilfeleistung Krankheiten, Leiden oder Körperschäden festgestellt, geheilt oder gelindert werden oder Geburtshilfe geleistet werden. Es genügt, wenn nur eine dieser Voraussetzungen vorliegt. Ferner muss die Möglichkeit der Verpflegung und der Unterbringung bestehen. Davon abzugrenzen ist der bloße Aufenthalt[11], welcher auch dann vorliegen kann, wenn die Einrichtung keine Betten vorhält[12].
Eine radiologische Einzelpraxis, Berufsausübungsgemeinschaft oder ein medizinisches Versorgungszentrum (MVZ) bzw. die diese betreibenden Ärzte oder Gesellschafter nehmen auf Grund einer Zulassung nach § 95 Abs. 1 S. 1 SGB V an der vertragsärztlichen Versorgung teil und stellen somit eine ambulante Versorgungsform dar. In einer radiologischen Praxis werden keine Patienten untergebracht und verpflegt, wie dies als Wesensmerkmal für Krankenhäuser in § 2 Nr. 1 KHG und in § 107 Abs. 1 Nr. 4 SGB V gefordert wird. Vielmehr beschränkt sich die Versorgung auf den vorübergehenden Aufenthalt des Patienten zur Durchführung diagnostischer sowie ggf. therapeutischer Behandlungen. Nach dem ausdrücklichen Wortlaut in § 14 Abs. 7 S. 2 ApoG scheidet es mithin aus, dass eine radiologische Praxis als Station oder andere Teileinheit des Krankenhauses angesehen werden kann.
Zu untersuchen ist aber, ob eine radiologische Praxis wertungsmäßig im Sinne einer teleologischen Auslegung als Teil des Krankenhauses anzusehen ist. Die Regelungen zur Krankenhausapotheke in § 14 ApoG und §§ 26 bis 33 ApBetrO wurden insbesondere durch das Gesetz zur Änderung des Apothekengesetzes[13] geändert. Ziel des Gesetzes war nach dem Gesetzentwurf, die Zuständigkeit der Krankenhausapotheke auch auf die ambulanten Behandlungsformen von Krankenhäusern auszudehnen[14]:
„Vorrangiges Ziel des Gesetzentwurfs ist eine Erhöhung der Arzneimittelsicherheit sowie eine kostengünstigere und teilweise auch einfachere Arzneimittelversorgung. Dazu soll die direkte Abgabe von Arzneimitteln an Patienten bei ambulanter Behandlung im Krankenhaus sowie bei Entlassung am Wochenende oder vor einem Feiertag ermöglicht werden.“
Dies folgte durch die Ergänzung in § 14 Abs. 4 S. 3 ApoG, wonach der Leiter der Krankenhausapotheke berechtigt ist, Arzneimittel „ferner zur unmittelbaren Anwendung bei Patienten an ermächtigte Ambulanzen des Krankenhauses, insbesondere an Hochschulambulanzen (§ 117 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch), psychiatrische Institutsambulanzen (§ 118 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch), sozialpädiatrische Zentren (§ 119 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch), medizinische Behandlungszentren (§ 119c des Fünften Buches Sozialgesetzbuch) und ermächtigte Krankenhausärzte (§ 116 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch) sowie an Patienten im Rahmen der ambulanten Behandlung im Krankenhaus, wenn das Krankenhaus hierzu ermächtigt (§ 116a des Fünften Buches Sozialgesetzbuch) oder berechtigt (§§ 116b und 140a Absatz 3 Satz 2 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch)“ abzugeben.
In der Begründung zum Gesetzentwurf des Bundesrates vom 14.04.1999 zu der Ergänzung der damaligen Regelung in § 14 Abs. 4 S. 3 (jetzt § 14 Abs. 7 S. ApoG) wird hierzu folgendes ausgeführt[15]:
„Die unmittelbare Versorgung mit Arzneimitteln seitens der Krankenhausapotheke bei ambulanter Behandlung von Patienten im Krankenhaus muß möglich sein. Dies führt zu einer organisatorischen Vereinfachung bei der Beschaffung im Vergleich zum jetzigen Recht. Zusätzlich sind Aspekte der Arzneimittelsicherheit und Kostenvorteile zu berücksichtigen.“
Nach der Gesetzesbegründung muss die unmittelbare Versorgung mit Arzneimitteln seitens der Krankenhausapotheke bei ambulanter Behandlung von Patienten möglich sein. Daher erscheint es mit dem Willen des Gesetzgebers vereinbar, ja sogar in dessen Willen zu liegen, dass die unmittelbare Versorgung mit Arzneimitteln bei der stationären Behandlung von Krankenhauspatienten erst recht (a maiore ad minus) durch die Krankenhausapotheke gewährleistet sein muss; sei es auch durch einen externen Kooperationspartner, der in den Betriebsablauf des Krankenhauses auf Grund vertraglicher Regelungen eingebunden ist.
Abgegrenzt wurde die erhebliche Erweiterung der Abgabebefugnis der Krankenhausapotheke zu einer ausschließlich ambulanten, insbesondere vertragsärztlichen Behandlung, durch Vertragsärzte, die lediglich am Krankenhaus niedergelassen sind[16]:
„In Satz 3 soll durch die Worte „an Ambulanzen des Krankenhauses“ klargestellt werden, dass niedergelassene Ärzte, die in Räumen des Krankenhauses praktizieren, nicht in den Anwendungsbereich der Vorschrift einbezogen werden.“
Mit dieser Einschränkung sind daher niedergelassene Ärzte gemeint, die ihre Praxisräume auf dem Krankenhausgelände z. B. vom Krankenhaus angemietet haben und vertragsärztliche bzw. privatärztliche Leistungen für eigene ambulante Patienten erbringen, jedoch nicht in einer leistungsrechtlichen Beziehung zum Krankenhaus stehen. Im Rahmen eines Kooperationsvertrages erbringt eine radiologische Praxis auf Veranlassung des Krankenhauses jedoch Krankenhausleistungen als Erfüllungsgehilfe des Krankenhauses und keine vertragsärztlichen Leistungen.
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(2) Erbringung von Krankenhausleistungen nach § 2 Abs. 1 und 2 KHEntgG
Darüber hinaus müsste die Erbringung von Krankenhausleistungen durch niedergelassene Ärzte prinzipiell rechtlich zulässig sein. Die Möglichkeiten zur Erbringung von Krankenhausleistungen durch externe Ärzte hat der Gesetzgeber im Krankenhausvergütungsrecht durch die Regelung in § 2 Abs. 1 S. 1, 2 S. 2 Nr. 2 und Abs. 3 KHEntgG als zulässig angesehen.
Nach § 2 Abs. 1 S. 1 KHEntgG können Krankenhausleistungen, insbesondere die ärztliche Behandlung auch „durch nicht fest angestellte Ärztinnen und Ärzte“ erbracht werden. Zu den allgemeinen Krankenhausleistungen nach § 2 Abs. 2 S. 1 KHEntgG gehören nach § 2 Abs. 2 S. 2 Nr. 2 KHEntgG auch „die vom Krankenhaus veranlassten Leistungen Dritter“. Dritte sind solche Leistungserbringer, die bei der jeweiligen Leistungserbringung nicht schon als Arbeitnehmer des Krankenhauses für diese tätig sind.[17] Die bisherige rechtliche Auseinandersetzung mit der Thematik richtete sich überwiegend an den sog. Konsiliarärzten bzw. Honorarärzten[18] im Krankenhaus und dem Merkmal „im Einzelfall“ des § 2 Abs. 2 S. 1 KHEntgG aus[19]. Nachdem das BSG entschieden hat, dass die betreffenden Ärzte im Regelfall Angestellte im sozialversicherungsrechtlichen Sinn sind[20], wird sich die Diskussion merklich vermindern.
Im Hinblick auf § 2 Abs. 2 S. 2 Nr. 2 KHEntgG hat das BSG ausgeführt, dass es sich hierbei um solche Leistungen handeln muss, die im Verhältnis zu der vom Krankenhaus zu erbringenden Hauptbehandlungsleistung lediglich ergänzende oder unterstützende Funktion haben[21]. Unabhängig ob man dem folgen möchte, ist dies bei den Leistungen einer radiologischen Praxis der Fall. Dies hat das BSG in seinem Urteil vom 26.04.2022 auch nochmals bestätigt, in welchem die radiologischen Untersuchungen als Beispiel der unterstützenden und ergänzenden Leistungen genannt wurden, mit der Folge, dass das Krankenhaus zur Erfüllung der für das Krankenhausplanungs- und -vergütungsrecht gleichermaßen bedeutsame Leistungsfähigkeit eines Krankenhauses die räumliche, apparative und personelle Ausstattung zur Erbringung der Leistungen nicht selbst vorhalten muss[22].
§ 2 Abs. 2 S. 2 Nr. 2 KHEntgG hat es zum Ziel, dass allgemeine Krankenhausleistungen nur zwischen Krankenkasse und Krankenhaus abzurechnen sind, auch wenn das Krankenhaus in bestimmtem Rahmen Dritte hinzuzieht; diese erbringen – rechtlich gesehen – ihre Leistung nicht gegenüber dem Patienten bzw. dessen Krankenkasse, sondern gegenüber dem Krankenhaus. Dementsprechend kann ein Vergütungsanspruch des Dritten nur gegen das Krankenhaus und nicht gegen den Patienten oder dessen Kostenträger entstehen[23].
Das BVerwG[24] hat diese krankenhausvergütungsrechtlichen Vorgaben im Zusammenhang mit einer krankenhausplanerischen Entscheidung auf Aufnahme eines Krankenhauses in den Krankenhausplan betont und damit deutlich gemacht, dass die Leistungserbringung durch nicht fest angestellte Ärzte oder Dritte entsprechend den Vorgaben nach § 2 Abs. 1 und 2 KHEntgG auch im Rahmen der Beurteilung der Leistungsfähigkeit an ein Krankenhaus nach § 2 Nr. 1 KHG zu berücksichtigen sind. Insbesondere hat das BVerwG festgestellt, dass die Anforderungen durch den Abschluss von Kooperationsverträgen zwischen Krankenhaus und niedergelassenen Ärzten sichergestellt werden können[25].
Hierzu führt das BVerwG folgendes aus:
„Durch […] § 2 Abs. 1 Satz 1 des Gesetzes über die Entgelte für voll- und teilstationäre Krankenhausleistungen (Krankenhausentgeltgesetz – KHEntgG) vom 23. April 2002 (BGBl. I S. 1412, 1422), zuletzt geändert durch Artikel 7 des Gesetzes vom 22. März 2020 (BGBl. I S. 604) jeweils ausdrücklich verankert worden, dass Krankenhäuser ihre allgemeinen Krankenhausleistungen auch durch nicht fest im Krankenhaus angestellte Ärztinnen und Ärzte erbringen können. Gemäß § 2 Abs. 3 BPflV, § 2 Abs. 3 KHEntgG hat ein Krankenhaus für diesen Fall sicherzustellen, dass die nicht fest angestellten Ärztinnen und Ärzte für ihre Tätigkeit im Krankenhaus die gleichen Anforderungen erfüllen, wie sie auch für das fest angestellte ärztliche Krankenhauspersonal gelten. In den Gesetzesmaterialien heißt es zur Erläuterung, dass die Erbringung und Vergütung von allgemeinen Krankenhausleistungen nicht vom Status des ärztlichen Personals im Krankenhaus (Angestellten- oder Beamtenverhältnis oder sonstige Vertragsbeziehungen) abhängen könnten. Zudem ist die Regelung von der Erwägung getragen, dass die Versorgungsrealität insbesondere in strukturell benachteiligten Räumen flexible Möglichkeiten der Zusammenarbeit von Krankenhäusern mit niedergelassenen Ärztinnen und Ärzten erfordert, um eine ordnungsgemäße Patientenversorgung sicherzustellen […].“
Dies bedeutet, dass für das Vergütungsrecht die Leistungen des (externen) radiologischen Kooperationspartners dem Krankenhaus regelmäßig als „vom Krankenhaus veranlasste Leistungen Dritter“ gem. § 2 Abs. 2 S. 2 Nr. 2 KHEntgG zugerechnet werden. Das setzt voraus, dass die Behandlung trotz der Hinzuziehung eines Dritten nicht außerhalb der Gesamtbehandlungsverantwortung des Krankenhauses erfolgt und sich die Leistung des Hinzugezogenen auch nach außen als Leistung des Krankenhauses gegenüber dem Patienten darstellt[26]. Eine solche wertungsmäßige Gleichbehandlung einer radiologischen Praxis als Teil des Krankenhauses ist insbesondere deshalb zu bejahen, da es sich bei der Radiologie um eine unterstützende und ergänzende Leistung handelt, bei der – auch im Falle des Bestehens einer radiologischen Fachabteilung – keine Verpflegung und Unterbringung der Patienten erfolgt. Vielmehr beschränkt sich die radiologische Untersuchung in der stationären Leistungserbringung immer auf den bloßen Aufenthalt und die hierbei durchzuführende Untersuchung.
Als veranlasste Leistungen des Krankenhauses gelten danach nur solche Leistungen, bei denen das Krankenhaus die eigenverantwortliche Entscheidung trifft, ob eine Leistung extern beschafft werden soll. Geht die Beschaffung von Drittleistungen dagegen vom Patienten aus, handelt es sich naturgemäß nicht um vom Krankenhaus veranlasste Leistungen Dritter. Kennzeichen einer vom Krankenhaus veranlassten Leistung Dritter ist folglich, dass nur Leistungsbeziehungen zwischen dem Krankenhaus und dem leistungserbringenden Dritten entstehen. Der Dritte wird aber nur dann auf Veranlassung des Krankenhauses tätig, wenn sich seine Leistungserbringung nach außen dem Patienten gegenüber als Erfüllungshandlung des Krankenhauses darstellt, der Dritte also im Bereich der vom Krankenhaus geschuldeten Komplexbehandlung seine Tätigkeit verrichtet. Entscheidend ist, dass der Dritte durch das Krankenhaus zur Leistungserbringung eingesetzt wird, und sich die vom ihm erbrachte Leistung als Leistung des Krankenhauses darstellt. Diese Anforderungen umschreiben nach zivilrechtlichen Grundsätzen das, was gemeinhin als Erfüllungsgehilfe i. S. d. § 278 BGB verstanden wird. Hierfür ist u. a. kennzeichnend, dass der Dritte mit dem Willen des Schuldners (= Krankenhausträgers) die Leistung gegenüber dem Gläubiger (= Patienten) erbringt und nicht auf Weisung des Gläubigers (= Patienten) tätig wird[27].
Soweit vergütungsrechtlich die Leistungen der radiologischen Praxis als Krankenhausleistungen anzusehen sind, ist dies im Rahmen der teleologischen Auslegung des § 14 Abs. 7 S. 2 ApoG wertungsmäßig zu berücksichtigen. Was im Sinne des Vergütungsrechts zulässig ist, muss im Rahmen der Einheit der Rechtsordnung auch im Rahmen des Apothekenrechts zulässig sein. Die radiologische Praxis ist im Sinne des Apothekenrechts als „einzelne Station oder andere Teileinheit des Krankenhauses“ anzusehen.
Im Ergebnis sind daher die radiologischen Leistungen, die eine radiologische Praxis für ein Krankenhaus im Rahmen eines Kooperationsvertrages für stationäre Patienten erbringt, als Krankenhausleistungen anzusehen. Die Abgabe der Kontrastmittel an die radiologische Praxis durch die Krankenhausapotheke im Rahmen der radiologischen Leistungserbringung für das Krankenhaus ist daher nach § 14 Abs. 7 S. 2 ApoG als zulässig anzusehen. Soweit man die Leistungserbringung von einer radiologischen Praxis unter die Begriffe in § 14 Abs. 7 S. 2 ApoG subsumieren möchte, erfolgt die Abgabe nach dem Telos der Norm an eine „andere Teileinheit des Krankenhauses“.
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(3) Urteil des Landgerichts Siegen vom 03.11.2003
Zu diesem Ergebnis ist auch das LG Siegen in einem Urteil vom 03.11.2003 (Az.: 2 O 63/03)[28] gelangt. Gegenstand des Urteils des LG Siegens war eine Kooperation zwischen einem Krankenhaus und einer radiologischen Gemeinschaftspraxis. Entgegen des schriftlichen Kooperationsvertrages stellte die Gemeinschaftspraxis dem Krankenhaus das verbrauchte Kontrastmittel in Rechnung bzw. wies die Menge des verbrauchten Kontrastmittels in ihren Abrechnungen aus. In diesem Umfang lieferte die Krankenhausapotheke das verbrauchte Kontrastmittel an die Gemeinschaftspraxis über die Dauer von ca. 6 Jahren. Im Anschluss stellte die Krankenhausapotheke die Lieferungen von Kontrastmittel ein und die Gemeinschaftspraxis machte schlussendlich einen Aufwendungsersatzanspruch für das verbrauchte Kontrastmittel geltend.
Zu der Regelung in § 14 Abs. 7 ApoG führte das LG Siegen zu der früheren Fassung in § 14 Abs. 4 ApoG folgendes aus (Hervorhebung nicht im Original):
„Auch eine Unwirksamkeit der Ersetzungsabrede nach § 134 BGB i. V. m. § 14 ApoG kommt nicht in Betracht, denn die Regelung verstößt nicht gegen die Vorschrift des § 14 Abs. 4 ApoG . Die Norm ist ein Verbotsgesetz i. S. des § 134 BGB. Ein Verstoß der zwischen den Parteien getroffenen Abrede, dass für Untersuchungen von Patienten der Bekl. verwendetes Kontrastmittel durch die Krankenhausapotheke ersetzt würde, gegen diese Vorschrift würde demnach, wenn sich nicht aus dem Verbotsgesetz ein anderes ergibt, die Nichtigkeit der Abrede gem. § 134 BGB indizieren. Daher ist zunächst § 14 Abs. 4 ApoG , insbesondere im Hinblick auf seinen Schutzzweck, auszulegen (vgl. insges. Palandt/Heinrichs, BGB, 60. Aufl., § 134 Rz. 6). […] Eine Benachteiligung öffentlicher Apotheken durch Wettbewerbsverzerrung ist im vorliegenden Fall ausgeschlossen, da lediglich das Kontrastmittel, das für die Patienten der Bekl. verbraucht wurde, in natura ersetzt wird. Es handelt sich demnach eigentlich um Eigenaufwand des Krankenhauses, denn die Leistungen, bei denen das Kontrastmittel verbraucht wird, sind gem. § 2 Abs. 1 des Kooperationsvertrags eigene Institutsleistungen des Krankenhauses. Die Krankenhausapotheke konkurriert insoweit nicht mit öffentlichen Apotheken im Hinblick auf die Versorgung der Kl., da sie das Kontrastmittel lediglich für eigene Leistungen des Krankenhauses der Bekl. zur Verfügung stellt, die nur von der Kl. erbracht werden. Darin ist i.E. keine Belieferung der Kl. zu sehen .“
Bei der Würdigung der Entscheidung ist zum einen zu berücksichtigen, dass es sich hierbei lediglich um eine untergerichtliche Entscheidung, also um keine obergerichtliche oder höchstrichterliche Rechtsprechung, handelt. Zudem war Gegenstand der Entscheidung ausschließlich die zivilrechtliche Wirksamkeit einer entsprechenden vertraglichen Regelung. Das LG Siegen hat den damaligen § 14 Abs. 4 ApoG teleologisch ausgelegt, die Wirksamkeit der vertraglichen Regelung bzw. einen Aufwendungsersatzanspruch in Geld aber mit weitergehender Argumentation begründet. Insbesondere hat das LG Siegen auch zwei Fälle aufgezeigt, in denen ein Verstoß gegen § 14 Abs. 4 ApoG dem Wortlaut nach jedenfalls nicht in Betracht kommt, nämlich der Ersatz in Geld oder die Verabreichung des Kontrastmittels durch Ärzte des Krankenhauses.
Im Ergebnis hatte das LG Siegen einen Aufwendungsersatzanspruch der radiologischen Gemeinschaftspraxis bejaht.
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cc. Zwischenergebnis
Im Ergebnis ist festzuhalten, dass im Falle der Naturalrestitution von verbrauchtem Kontrastmittel im Rahmen eines Kooperationsverhältnisses kein Verstoß gegen § 14 Abs. 7 S. 2 ApoG gegeben ist. Eine rechtliche Zulässigkeit der Naturalrestitution kommt im Rahmen einer teleologischen Auslegung der Norm in Betracht, wie dies auch von dem LG Siegen angenommen worden ist. Die Auffassung des LG Siegen erscheint insofern überzeugend, als es sich bei der Naturalrestitution der Kontrastmittel aus der Krankenausapotheke um den Eigenaufwand des Krankenhauses handelt, denn die Leistungen, bei denen das Kontrastmittel verbraucht wird, sind gemäß § 2 Abs. 2 S. 1 KHEntgG allgemeine Krankenhausleistungen für eigene stationäre Patienten, bei deren Erbringung sich das Krankenhaus in zulässiger Weise einer niedergelassenen radiologischen Praxis gemäß § 2 Abs. 2 S. 2 Nr. 2 KHEntgG bedient. Insofern bedient sich der Dritte im Rahmen der vom Krankenhaus veranlassten Leistungen lediglich der vom Krankenhaus für eigene Patienten aus der Krankenhausapotheke bereitgestellten Kontrastmittel. Eine radiologische Praxis wird damit gegenüber dem Krankenhaus als Erfüllungsgehilfe i. S. d. § 278 BGB tätig. Die Abgabe der Kontrastmittel durch die Krankenhausapotheke § 14 Abs. 7 S. 2 ApoG an eine radiologische Praxis steht daher im rechtlichen Einklang mit den krankenhausrechtlichen Bestimmungen in § 2 Abs. 1 und 2 KHEntgG und ist als rechtlich zulässig anzusehen.
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c. Folgen und Handlungsempfehlungen
Ergänzend soll zur Illustration der Praxisrelevanz der Ausführungen aufgezeigt werden, welche tatsächlichen und rechtlichen Folgen sich ergeben können, wenn die Naturalrestitution des Kontrastmittels unzulässig wäre.
Erhält eine radiologische Praxis Kontrastmittel im Wege der Naturalrestitution, so erhält die radiologische Praxis für das konkrete Kontrastmittel keine Rechnung bzw. Zahlungsbeleg und für konkret dieses Kontrastmittel sind auch keine Kosten angefallen. Gegenüber solchen Patienten, bei denen die Abrechnung nach Maßgabe der GOÄ erfolgt, ist eine ordnungsgemäße In-Rechnung-Stellung eben dieses Kontrastmittels nach Maßgabe der §§ 10 Abs. 1 Nr. 3, 12 Abs. 2 Nr. 5 GOÄ im Wege der Kostenerstattung voraussichtlich nicht möglich. Das naturalrestituierte Kontrastmittel sollte also regelmäßig nur zur Behandlung von Krankenhauspatienten verwendet werden, um Risiken zur Erstattungsfähigkeit des Kontrastmittels gegenüber dem jeweiligen Patienten verwendet werden.
Entscheidend ist aber zu beachten, dass sich die Vorschriften des ApoG und des AMG bzw. die Folge aus Verstößen hiergegen primär nicht gegen radiologische Praxis, sondern vielmehr an das Personal des Krankenhauses richten. Hierfür sieht § 25 Abs. 1 Nr. 5 ApoG eine Bußgeldbewehrung vor. Die Vorschrift bedroht die Überschreitung der in § 14 Abs. 7 S. 2 bis 4 ApoG abschließend geregelte Abgabeberechtigung durch Abgabe von Arzneimitteln an unberechtigte Stellen oder Personen mit einem Bußgeld. Der in Betracht kommende Täterkreis ist nicht nur auf Apotheker beschränkt; in Betracht kommen beispielsweise auch Personal der Krankenhaus- und der externen Versorgungsapotheke[29]. Bußgeldrechtlich verantwortlich ist auch der Betriebsinhaber nach § 130 OWiG, wenn er eine Zuwiderhandlung seines Personals durch gehörige Aufsicht hätte verhindern können[30].
Zudem ist das Kontrastmittel gem. § 31 Abs. 2 S. 1 ApBetrO bei der Abgabe vor dem Zugriff Unbefugter zu schützen. Das Kontrastmittel ist gem. § 31 Abs. 2 S. 2 ApBetrO in einem geeigneten, verschlossenen Behälter abzugeben, auf dem die Apotheke und der Empfänger anzugeben sind. Weiterhin darf das Kontrastmittel gem. § 31 Abs. 4, 17 Abs. 1a S. 1 ApBetrO nur durch pharmazeutisches Personal ausgehändigt werden.
Da § 14 Abs. 7 ApoG auch das Verhalten der Marktteilnehmer und den Wettbewerb regeln soll, käme für das Krankenhaus zudem ein Verstoß gegen § 3a UWG und die damit einhergehenden Folgen des Wettbewerbsrechts in Betracht.
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4. Zusammenfassung
Kontrastmittel unterliegen gem. § 43 Abs. 1 S. 1 AMG der Apothekenpflicht. Eine hiervon abweichende Ausnahme ist nicht gegeben. Ebenso sind die Voraussetzungen der Abgabebefugnis aus § 47 Abs. 1 Nr. 2 lit. f AMG im Falle einer Kooperation zwischen Krankenhaus und einer radiologischen Praxis nicht gegeben. Denn das Krankenhaus ist regelmäßig kein pharmazeutischer Unternehmer gem. § 4 Abs. 18 AMG oder ein Arzneimittelgroßhändler gem. § 4 Abs. 22 AMG.
Für die Zulässigkeit der Naturalrestitution von Kontrastmitteln ist entscheidend, ob hierbei die Voraussetzungen des § 14 Abs. 7 S. 1 und 2 ApoG bzw. des § 31 Abs. 1 ApoBetrO gegeben sind. Nach dem ausdrücklichen Wortlaut wäre die Abgabe des Kontrastmittels von der Krankenhausapotheke an die radiologische Praxis als „einzelne Station und andere Teileinheit des Krankenhauses“ nicht umfasst. Im Rahmen einer teleologischen Auslegung der Vorschrift ist aber von der Zulässigkeit der Abgabe des Kontrastmittels auszugehen. Im Ergebnis handelt es sich bei der Naturalrestitution des Kontrastmittels um Eigenaufwand des Krankenhauses. Die radiologische Praxis wird als Erfüllungsgehilfe vergütungsrechtlich zulässig über § 2 Abs. 2 S. 2 Nr. 2 KHEntG in die Erbringung von Krankenhausleistungen eingebunden. Wenn der Gesetzgeber die Versorgung von ambulanten Krankenhauspatienten mit Arzneimitteln sicherstellen wollte, muss dies erst recht für stationäre Patienten gelten.
Zwar existiert zu dieser Fragestellung noch keine obergerichtliche oder höchstrichterliche Rechtsprechung, aber die untergerichtliche Rechtsprechung hat die Naturalrestitution von Kontrastmitteln im Rahmen einer Krankenhauskooperation als zulässig erachtet. Die Praxisrelevanz dieser Rechtsfrage ist jedoch nicht zu unterschätzen, da im Falle der Unzulässigkeit der Kontrastmittelrestitution bußgeld- und wettbewerbsrechtliche Konsequenzen drohen können.
Der Naturalrestitution von Kontrastmitteln im Rahmen einer Krankenhauskooperation stehen aber nach den obigen Ausführungen im Ergebnis keine durchgreifenden Einwände entgegen.
Prof. Dr. Peter Wigge
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Medizinrecht
Hendrik Hörnlein, LL.M.
Rechtsanwalt
Rechtsanwälte Wigge
Scharnhorststraße 40
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Telefon: (0251) 53 595–0
Telefax: (0251) 53 595–99
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www.ra-wigge.de
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1 Vgl. aber zur Auslagerung von strahlentherapeutischen Leistungen bei einer Abteilung für Strahlentherapie im Landeskrankenhausplan: BSG, Urteil vom 26.04.2022, Az.: B 1 KR 15/21 R.
2 BSG, Urteil vom 26.04.2022, Az.: B 1 KR 15/21 R, Rn. 22 m.w.N.
3 Ricken, NZS 2011, 881, 885
4 Kügel/Müller/Hofmann, AMG, § 2 AMG Rn. 101.
5 Rehmann, AMG 2020, § 4 AMG Rn. 16.
6 Rehmann, a. a. O., § 4 AMG Rn. 8.
7 Apothekengesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 15. Oktober 1980 (BGBl. I S. 1993), das zuletzt durch Artikel 3 des Gesetzes vom 19. Juli 2023 (BGBl. 2023 I Nr. 197) geändert worden ist.
8 Apothekenbetriebsordnung in der Fassung der Bekanntmachung vom 26. September 1995 (BGBl. I S. 1195), die zuletzt durch Artikel 4a des Gesetzes vom 19. Juli 2023 (BGBl. 2023 I Nr. 197) geändert worden ist.
9 Spickhoff/Szabados, Medizinrecht, 2022, KHG § 2 Rn. 2.
10 BVerwG, Urteil vom 22.05.1980, Az.: 3 C 131/79, Rn. 60 ff.
11 BSG, Urteil vom 04.03.2004, Az.: B 3 KR 4/03 R.
12 Stollmann in: Prütting, Medizinrecht Kommentar, 6. Auflage 2022, § 2 KHG Rn. 6, 6b; Spickhoff/Szabados, a. a. O., KHG § 2 Rn. 3.
13 Gesetz zur Änderung des Apothekengesetzes vom 21.08.2002, BGBl. I 2002, vom 27.08.2002, S. 3352.
14 Bericht des Ausschusses für Gesundheit vom 25.04.2002, BT-Drs. 14/8930, S. 1.
15 BT-Drucks. 14/756, S. 5.
16 Bericht des Ausschusses für Gesundheit vom 25.04.2002, BT-Drucksache 14/8930, S. 4.
17 Ricken, NZS 2011, 881, 883.
18 Gemeint ist dann aber regelmäßig nicht der Honorararzt i. S. d. § 121 Abs. 5 SGB V.
19 Vgl. Dahm, MedR 2010, 591, 603 f.; Clausen, ZMGR 2012, 248, 249 f.
20 BSG, Urteil vom 04.06.2019, Az.: B 12 R 11/18 R, Rn. 26.
21 BSG, Urteil vom 28.02.2007, Az.: B 3 KR 17/06 R, Rn. 22.
22 BSG, Urteil vom 26.04.2022, Az.: B 1 KR 15/21 R, Rn. 34.
23 BSG, Urteil vom 28.02.2007, Az.: B 3 KR 17/06 R, Rn. 22 m.w.N.
24 BVerwG, Urteil vom 26.02.2020, Az.: 3 C 14/18.
25 Vgl. auch Ricken, NZS 2011, 881, 885.
26 BSG, Urteil vom 26.04.2022, Az.: B 1 KR 15/21 R, Rn. 22.
27 Vgl. Ricken, NZS 2011, 881, 885.
28 LG Siegen, GesR 2004, 88.
29 Erbs/Kohlhaas/Hadamitzky, Strafrechtliche Nebengesetze, 2023, ApoG § 25 Rn. 9.
30 Erbs/Kohlhaas/Hadamitzky, a. a. O., ApoG § 25 Rn. 12.
Publication History
Article published online:
07 November 2023
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