CC BY-NC-ND 4.0 · Gesundheitswesen 2023; 85(S 05): S287-S295
DOI: 10.1055/a-2156-4305
Stellungnahme

Stadtepidemiologie als integrativer Ansatz für eine nachhaltige, gesundheitsfördernde Stadtentwicklung

Urban Epidemiology as an Integrative Approach to Sustainable and Healthy Urban Development
1   Institut für Public Health und Pflegeforschung, Abt. Sozialepidemiologie, Universität Bremen, Bremen, Germany
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2   Institute for Urban Public Health, Universitätsmedizin Essen, Universität Duisburg-Essen, Essen, Germany
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Rainer Fehr
3   Sustainable Environmental Health Sciences, Medizinische Fakultät OWL, Universität Bielefeld, Bielefeld, Germany
› Institutsangaben
 

Zusammenfassung

Das Verständnis komplexer Zusammenhänge zwischen physischer und sozialer Lebensumwelt und Gesundheit im urbanen Raum ist essentiell für die Entwicklung geeigneter Maßnahmen der Gesundheitsförderung, Prävention und des Gesundheitsschutzes. Dieser Beitrag hat zum Ziel, den vergleichsweise neuen Ansatz der Stadtepidemiologie mit ihrer Bedeutung für das Forschungs- und Praxisfeld urbane Gesundheit/StadtGesundheit zu charakterisieren. Forschung im Bereich Stadtepidemiologie bietet wichtige Daten- und Methodengrundlagen für eine integrierte Berichterstattung, für Gesundheitsfolgenabschätzungen sowie für Evaluation von Maßnahmen. Es werden aktuelle Herausforderungen und Lösungsansätze skizziert und erste Empfehlungen für Forschung, Praxis sowie Aus- und Fortbildung zur Diskussion gestellt. Methoden und Erkenntnisse der Stadtepidemiologie können auf vielfältige Weise zu einer gesundheitsfördernden, nachhaltigen Stadtentwicklung beitragen.


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Abstract

Understanding the complex relationships between the physical and social environment and health in urban areas is essential for the development of appropriate measures of health promotion, disease prevention, and health protection. This article aims to characterize the comparatively new approach of urban epidemiology with its relevance for research and practice of urban health. Research in urban epidemiology provides important data and methodological foundations for integrated reporting, health impact assessments, and evaluation of interventions. Current challenges and solutions are outlined and initial recommendations for research, practice, and education and training are presented for discussion. Methods and findings of urban epidemiology can contribute in many ways to health-promoting, sustainable urban development.


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Dieser Beitrag hat zum Ziel, den vergleichsweise neuen Ansatz der Stadtepidemiologie (Urban Epidemiology) mit ihrer Bedeutung für das Forschungs- und Praxisfeld StadtGesundheit (Urban Health) zu charakterisieren, aktuelle Herausforderungen und Lösungsansätze zu skizzieren und erste Empfehlungen für Forschung, Praxis sowie Aus- und Fortbildung zur Diskussion zu stellen. Damit soll ein Impuls für die weitere Diskussion über theoretische Fundierung und praktische Ausgestaltung von Stadtepidemiologie gesetzt werden. Eingebettet ist der Beitrag in ein Ensemble weiterer Publikationen, in denen sowohl Grundprinzipien als auch Anwendungsfelder von StadtGesundheit zur Sprache kommen. Stadtepidemiologie analysiert die Häufigkeit und Verteilung von Gesundheit und Krankheit in urbanen Räumen sowie den Einfluss urbaner Räume auf Gesundheit in Bevölkerungsgruppen/Populationen. Eine wesentliche Basis für diesen Beitrag ist der Buchbeitrag „Epidemiologische Methoden und Erkenntnisse als eine Grundlage für Stadtplanung und gesundheitsfördernde Stadtentwicklung“ [1]. Eine Vorfassung dieses Beitrags gehörte als Arbeitspapier zu den Materialien der 7. Konferenz „Stadt der Zukunft – Gesunde und nachhaltige Metropolen“ 2021 [2]. Die Inhalte beruhen auf eigens durchgeführten Recherchen zur deutsch- und englischsprachigen Literatur. Ein Entwurf wurde den Konferenz-Teilnehmer:innen im Vorwege zugänglich gemacht, wurde zusätzlich einem Kreis von Expert:innen vorgelegt und war Gegenstand der Diskussion im Konferenz-Workshop „Stadtepidemiologie“.

Epidemiologie – eine Kerndisziplin von Public Health

Die Epidemiologie ist eine Kerndisziplin von Public Health [3] und befasst sich mit der Häufigkeit gesundheitsbezogener Zustände und Ereignisse sowie mit deren Determinanten in Bevölkerungen und der Anwendung der Erkenntnisse in Maßnahmen der Gesundheitsförderung und des Gesundheitsschutzes [3] [4]. Dabei werden nicht nur im Sinne einer pathogenetischen Sichtweise Risikofaktoren für Erkrankungen sowie Versorgungsaspekte analysiert, sondern zunehmend auf Basis einer salutogenetischen Sichtweise auch gesundheitsfördernde Einflussfaktoren und Gesundheitspotenziale.

Wesentliche Anwendungsbereiche epidemiologischer Methoden und Erkenntnisse in Public Health sind [1]:

  • Deskription/Monitoring, d. h. die Beobachtung und Beschreibung des Ist-Zustandes hinsichtlich des Vorkommens, der Häufigkeit, räumlicher Verteilungen und zeitlicher Trends von Einflussfaktoren für Gesundheit und von Gesundheitszuständen bzw. Krankheiten;

  • Hypothesengenerierende Analyse und Quantifizierung der Stärke von Zusammenhängen, d. h. von Assoziationen von Expositionen (Einflussfaktoren z. B. aus der Umwelt) mit Gesundheitszuständen, weitergehend Analyse von Effekten von Expositionen auf die Gesundheit und die Nutzung der Erkenntnisse für die Aufklärung von Wirkmechanismen;

  • Evaluation von Interventionsmaßnahmen unter Berücksichtigung der Komplexität von Zusammenhängen und Prozessen;

  • Risikoanalysen und Gesundheitsfolgenabschätzungen (Health Impact Assessment) von Maßnahmen zur Berücksichtigung von Gesundheitsaspekten in Entscheidungsfindungen in allen Politikbereichen (Health in All Policies);

  • Nutzung der Erkenntnisse als eine Grundlage für Gesundheitskommunikation und Gesundheitsberichterstattung, dadurch Beitrag zur Gesundheitskompetenz und Beteiligungsfähigkeit der Bevölkerung.

Für die Epidemiologie ist der Bevölkerungsbezug grundlegend. Die epidemiologische Theorie bezieht sich auf den Gesundheitszustand im gesellschaftlichen und ökologischen Kontext auf Bevölkerungsebene; sie entwickelt Erklärungsansätze für bestehende und sich verändernde Verteilungen von Gesundheit und Krankheit im zeitlichen und räumlichen Vergleich von Gesellschaften, insbesondere mit Blick auf sozial benachteiligte Bevölkerungsgruppen [5].


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Stadtepidemiologie – neue Spezialisierung oder integrativer Ansatz?

Die Bezeichnung Stadtepidemiologie wird meist für die Untersuchung von Gesundheit und Wohlbefinden von Bevölkerungen/Bevölkerungsgruppen in urbanen Räumen und Lebenswelten verwendet. Was einen urbanen Kontext auszeichnet ist die Komplexität, die aus der Heterogenität von Bevölkerungen/Bevölkerungsgruppen in Städten, den vielfältigen und interagierenden Einflussfaktoren für die Gesundheit und der Dynamik, d. h. Veränderung über die Zeit, resultiert [6]. Stadtepidemiologie ist keine neue wissenschaftliche Fachrichtung mit eigenen, grundlegenden Theorien oder spezifischer Methodik. Vielmehr fokussiert Stadtepidemiologie Forschungsfragen zu urbanen Räumen und Gesundheit und verbindet dafür unterschiedliche epidemiologische Spezialisierungen, wie beispielsweise Umweltepidemiologie, raumbezogene Epidemiologie, Sozialepidemiologie und – mit neuer Aktualität – Infektionsepidemiologie (für weitere Erläuterungen siehe [1]).

Im Gegensatz zum Ansatz einer Risikofaktorenepidemiologie mit der Untersuchung der gesundheitlichen Bedeutung ausgewählter Risikofaktoren primär auf der individuellen Ebene und der isolierten Betrachtung einzelner unabhängiger Gesundheitseffekte steht bei der Stadtepidemiologie das Zusammenwirken von Faktoren auf der individuellen Ebene und auf der Ebene des urbanen Kontextes der sozialen, natürlichen und gebauten Umwelt im Mittelpunkt. Damit steht Stadtepidemiologie vor der methodischen Herausforderung, den urbanen Kontext und die dynamischen Prozesse in diesem komplexen System adäquat zu modellieren [7] [8].

Die Theorie der ökosozialen Epidemiologie [5] zielt auf die Aufklärung der Ursachen räumlicher und zeitlicher Verteilungen von Morbidität und Mortalität in der Bevölkerung. Ein Schwerpunkt liegt hierbei auf der strukturellen Ebene der Verteilung von Macht und Ressourcen und der gesellschaftlichen Prozesse der Privilegierung und Benachteiligung. Dieser Ansatz bietet nach Coburn [9] einen wichtigen Rahmen für Politikgestaltung zum Erreichen gesundheitlicher Chancengleichheit in urbanen Kontexten.

Methoden und Erkenntnisse der Stadtepidemiologie tragen auf vielfältige Weise zum Forschungs- und Praxisfeld Public Health und hier insbesondere der StadtGesundheit sowie zur Praxis einer gesundheitsfördernden, nachhaltigen Stadtentwicklung bei. Bezogen auf die im vorigen Abschnitt genannten allgemein-epidemiologischen Anwendungsbereiche seien für Stadtepidemiologie exemplarisch folgende Beiträge genannt:

  • Spezifische Indikatoren(systeme) zu StadtGesundheit können für die Beschreibung der Gesundheit in urbanen Räumen genutzt werden und dienen als Grundlage für Gesundheitsberichterstattung und politische Entscheidungsprozesse. Oftmals stehen soziale Ungleichheiten bezüglich Gesundheit im Mittelpunkt. Exemplarisch zu nennen sind die European Urban Health Indicators (EURO-URHIS [10] [11] und die Urban Health Equity Indicators [12]. Das Urban Health Equity Assessment and Response Tool (Urban HEART) zielt als Werkzeug zur Entscheidungsunterstützung unmittelbar auf die Verringerung gesundheitlicher Ungleichheiten in Städten [13] [14]. Rothenberg et al. [15] und Pineo et al. [16] geben einen Überblick über Indikatoren und Indices zu Urban Health und diskutieren deren flexible Anwendung. Rothenberg et al. [15] ziehen die Schlussfolgerung „Perhaps the real power of Indicators and Indices is to demonstrate disparity on the local level - a place where significant change may be possible. Locally collected data and simple, flexible tools for amalgamation, rather than fixed packages, may be a fruitful approach to understanding health disparity.“ [15, S. 13].

  • Stadtepidemiologische Analysen bilden die Basis für das Verständnis der komplexen Zusammenhänge in urbanen Räumen, d. h. der dynamischen Prozesse und der Wechselwirkungen auf individueller und kontextueller Ebene, sowie für die Identifizierung von Wirkungsketten und Wirkungsnetzen in Struktur- und Systemmodellen. Aus diesen epidemiologischen Analysen gewonnene Erkenntnisse können zur Konstruktion kausaler bzw. logischer Modelle im Rahmen der Strategieentwicklung genutzt werden [1].

  • Bei der Evaluation von Interventionen, Maßnahmen und Projekten im urbanen Raum hinsichtlich ihres Beitrags zu einer gesundheitsfördernden Stadtentwicklung und gesundheitlicher Chancengleichheit sind ebenfalls epidemiologische Methoden und Ergebnisse essentiell [1]. Die Analyse möglicher Ungleichheitseffekte (equity impact assessment, intervention-generated inequalities) ist aus der Umweltgerechtigkeitsperspektive nach Bolte et al. [17, S. 680] „eine Voraussetzung für die Integration von Gerechtigkeitsaspekten in alle Strategien und Maßnahmen und für die Stärkung intersektoraler Ansätze“. Im Bereich der Interventionen zur Reduzierung der Luftschadstoffbelastung in urbanen Räumen gibt es erste Evaluationen von Ungleichheitseffekten [18] [19], diese fehlen bislang beispielsweise für Interventionen zur Reduzierung der Lärmbelastung im Rahmen der Lärmaktionsplanung [20].

  • Urban Health Indikatoren und Ergebnisse epidemiologischer Risikoabschätzungen werden im Rahmen von Gesundheitsfolgenabschätzungen (Health Impact Assessment, HIA) eingesetzt zur prospektiven Beurteilung von politischen Programmen und Maßnahmen im Sinne von „what – if“-Szenarien [21] [22] als Bestandteil der Strategieentwicklung.

Für das Handeln lokaler Akteur:innen legt der Ansatz Stadtepidemiologie es nahe, auf verschiedene Aktivitäten wie einzelne epidemiologische Studien zu Gesundheit und Gesundheitsversorgung in der Stadt, Krankheitsregister, Surveillance-Systeme und (kleinräumige) Sozial-, Umwelt- und Gesundheitsberichterstattung einen integrativen Blick zu werfen und einen kontinuierlichen Austausch unter den Beteiligten zu organisieren.


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Aktuelle Herausforderungen und Lösungsansätze

Folgende aktuelle Herausforderungen bestehen spezifisch für Stadtepidemiologie.

Kleinräumiges, integriertes Monitoring

Die Analyse und die Darstellung des Ist-Zustands und zeitlicher Trends hinsichtlich sozialer Lage, (gebauter) Umwelt und Gesundheit bilden insbesondere auf der kommunalen Ebene eine wichtige Informationsgrundlage für eine ausdifferenzierte Gesundheitsberichterstattung. Die gut verständlich aufbereiteten Ergebnisse in Tabellen- und Kartenwerken dienen Politik und Stadtbevölkerung zur informierten Entscheidungsfindung. Aus Planungsperspektive ist die Identifizierung kleinräumiger Belastungsschwerpunkte (Hot Spots) und Erkrankungscluster im urbanen Raum von besonderem Interesse. Ansätze eines integrierten Monitorings mit Bezug auf Umweltgerechtigkeit [17] sowie zur Identifizierung kleinräumiger Belastungsschwerpunkte existieren [1].

Eine wesentliche Herausforderung besteht darin, sektorale Aktivitäten der Berichterstattung zu verbinden und unterschiedliche Datenstrukturen zu integrieren. In Deutschland sind kleinräumige Daten zur Gesundheit der Wohnbevölkerung aus der Schuleingangsuntersuchung, aus Morbiditätsregistern, aus der Todesursachenstatistik, sowie Krankenkassendaten vorhanden, aber nicht routinemäßig auf kommunaler Ebene unmittelbar verfügbar. Die Anwendung des Spatial Urban Health Equity Indicators-Modells auf die Stadt Dortmund zeigt, wie unter Nutzung epidemiologischer Kenntnisse soziale Unterschiede in Umweltexpositionen kleinräumig ausgewertet werden können, ohne zugleich über kleinräumige Gesundheitsdaten zu verfügen [23]. Ein multimodales Instrumentarium zur kleinräumigen Beschreibung der gesundheitlichen Lage und ihrer Determinanten in städtischen Quartieren wurde in Hamburg erprobt. Es umfasste eine Befragung von Bewohner:innen, Begehungen der Stadtquartiere, Auswertungen von Daten zu Umweltbelastungen und von Sekundärdaten von Krankenversicherungen und des Rettungsdienstes [24].

Eine weitere Herausforderung liegt in der Weiterentwicklung spezifischer Indikatoren(systeme) für StadtGesundheit (vgl. Abschnitt oben) und daran anschließend deren Implementation als Grundlage für eine evidenzbasierte Politik. Entsprechend aufbereitete kleinräumige Daten können gezielt zum Austausch zwischen Wissenschaft und Praxis genutzt werden, um gemeinsam neues Wissen für eine Entscheidungsfindung zu erarbeiten. Ein Ansatz ist z. B. das Interactive Spatial Understanding Support System, das gemeinsame Diskussion und Problemverständnis fördert [25]. Ein Beispiel, wie kleinräumige Daten für alle Interessierte online verfügbar gemacht werden können, ist das City Health Dashboard [26]. Auf dieser grafischen Benutzeroberfläche werden für die beteiligten Städte unterschiedlichste Daten visualisiert, u. a. zum Gesundheitszustand und -verhalten, zur physischen Umwelt, sozio-ökonomischen Faktoren und medizinischer Versorgung.


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Datenverfügbarkeit und neue Datenquellen

Sowohl mangelnde Datenverfügbarkeit insbesondere in kleinräumiger Auflösung als auch die Verknüpfung unterschiedlicher Datenquellen und -typen bei gleichzeitiger Erfüllung aller datenschutzrechtlicher Anforderungen stellen Herausforderungen für die Stadtepidemiologie dar.

Neuere räumlich bezogene Datenquellen sind die Satelliten- und Flächennutzungsdaten, die vermehrt in epidemiologischen Forschungsprojekten verwendet werden, beispielsweise der Vegetationsindex NDVI [27]. Mittels Geographischer Informationssysteme (GIS) können räumlich bezogene Variablen, individuelle Expositionsmessungen als auch Befragungen integriert und mit explizit räumlichem Bezug analysiert werden.

Neue Technologien und digitale Anwendungen bieten ein außerordentlich großes Angebot an Datenquellen (z. B. Internet der Dinge, omics-Technologien), deren Nutzbarmachung für Epidemiologie und spezifisch für gesundheitsfördernde Städte unter Berücksichtigung der Datenqualität sowie vor allem unter Wahrung ethischer und datenschutzrechtlicher Standards noch in den Anfängen steckt [28] [29] [30] [31] [32].

Bei der Analyse derart komplexer und großer Datensätze geht kaum ein Weg mehr an den Ansätzen und Methoden der künstlichen Intelligenz (KI) vorbei. Für KI-Methoden sind viele Datenquellen nutzbar, wie Register, Routinestatistiken, pharmazeutische Datenbanken, Biobanken, Umweltinformationen, Wirtschaft, Akustik, Bildgebung, soziale Medien, Gesundheits-Apps und Selbstvermessungsdaten. Dies gilt insbesondere, wenn diese Daten nicht strukturiert zusammengeführt und somit für herkömmliche Analysemethoden erschlossen werden können. Mögliche Vorteile liegen v. a. in der Nutzung heterogener Datenbestände für eine verbesserte Präzision der Schätzungen und erweiterte Möglichkeiten für Analysen in Subgruppen [33]. Zudem kann eine hypothesenfreie Verknüpfung der verschiedenen Datenquellen (Biobanken, elektronische Patientenakten, soziale Medien) Muster, zeitliche und räumliche Dynamiken und (nicht-lineare) Korrelationen zum Vorschein bringen, die zu neuen Einblicken und Handlungsempfehlungen führen könnten.

Stadtepidemiologische Untersuchungen werden erleichtert, wenn mehr raumbezogene Daten öffentlich zugänglich gemacht werden und ein entsprechendes Zugangssystem das Auffinden dieser Daten erleichtert. Einen Überblick über derzeit in Deutschland verfügbare Daten geben Peters und Zeeb [34].

Aktuelle epidemiologische Studien in Deutschland, insbesondere Kohortenstudien wie beispielsweise die NAKO-Gesundheitsstudie [35], KORA (Kooperative Gesundheitsforschung in der Region Augsburg [36]), die Heinz Nixdorf Recall-Studie [37], die Hamburg City Health Study (HCHS ([38]), die SHIP-Studie [39] oder die LIFE Studie [40] bieten ein großes Potenzial für die Untersuchung stadtepidemiologischer Fragestellungen, sofern eine Verknüpfung georeferenzierter Daten zu Umweltfaktoren, kontextuellen Sozialdaten etc. möglich ist und das Spektrum der Studienteilnehmenden die Wohnbevölkerung in den Stadtquartieren abbildet. Weitergehende Möglichkeiten aus einer Lebenslaufperspektive wie die Erfassung einer detaillierten Wohnbiografie mit jeweils ort- und zeitbezogener Verknüpfung von Sozial- und Umweltdaten werden derzeit noch nicht ausgeschöpft.

Eine besondere Herausforderung liegt darin, auch die Verbindungen von Humangesundheit zum Klimawandel, zur Biodiversität von Flora und Fauna und anderen Aspekten ökologischer Nachhaltigkeit stadtepidemiologisch abzubilden. Das Ziel einer nachhaltigen Stadtentwicklung verlangt u. a. danach, den Ressourcenverbrauch sowie resultierende Emissionen zu mindern, den Energieverbrauch zu senken, aktive Mobilität zu fördern und gesundheitsfördernde Lebenswelten zu schaffen ohne zugleich gesundheitliche Risiken zu erzeugen und soziale Ungleichheiten zu vergrößern. Hier ist stadtepidemiologische Begleitforschung zur Früherkennung unerwünschter Auswirkungen angezeigt.


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Modellierung komplexer, dynamischer Systeme

  • Komplexität Städte und urbane Räume sind komplexe Systeme, deren umfassende Analyse eine methodische Herausforderung darstellt [41]. Angesichts nichtlinearer, multidirektionaler Zusammenhänge sowie Wechselwirkungen zwischen Einflussfaktoren auf individueller und kontextueller Ebene stoßen klassische epidemiologische Analysemethoden zur Quantifizierung unabhängiger Risiken an ihre Grenzen [7] [28] [42]. Aktuell in der Diskussion und Erprobung sind z. B. agentenbasierte Modellierung und Systemmodelle [42] [43] [44] [45] [46].

  • Dynamik Die Zusammenhänge von Stadt und Gesundheit sind sowohl hinsichtlich der Veränderungen von Ort und Dauer des Aufenthaltes als auch übergreifend aus einer Lebenslaufperspektive zu betrachten. Außerdem unterliegen alle Lebenswelten (wie z. B. Stadtquartiere, Arbeitsplätze, Schulen) und Handlungsfelder (wie z. B. Mobilität, Ernährung) einem weitreichenden Wandel, u. a. durch Digitalisierung sowie durch Klimawandel und entsprechende Anpassungsstrategien. Die räumlich-zeitlichen Veränderungen bedingen Änderungen in dem Expositionsmuster, d. h. in dem Spektrum der gesundheitsrelevanten Einflussfaktoren.

  • Kontextabhängigkeit und Heterogenität der Kontexte Kontexte können auf verschiedenen Ebenen, von Nachbarschaft bis zur Makroebene politischer Strukturen definiert und analysiert werden. Urbane Räume unterscheiden sich in ihren Expositionsprofilen [47] und Kontexten [48] ganz erheblich, daher erfordern Städte und urbane Räume jeweils spezifische Charakterisierungen, z. B. durch kleinräumiges integriertes Monitoring oder Stadtprofile, und spezifische Analysen/Modellierungen. Sowohl indikatorengestützte als auch narrative Städtevergleiche [49] bergen das Potenzial lokal nützliche Erkenntnisse zu generieren.

Ein vergleichsweise neuer Forschungsansatz verfolgt die Analyse des Exposoms als Gesamtheit der umweltbezogenen Expositionen aus einer Lebenslaufperspektive [50] [51], um der Komplexität, Dynamik und Kontextabhängigkeit der umweltbezogenen Einflüsse auf die Gesundheit gerecht zu werden. Im Mittelpunkt steht die Analyse multipler umweltbezogener Expositionen. Erste Publikationen verwenden spezifisch den Begriff „Urbanes Exposom“ [47] [52]. Es wird sich zeigen, ob sich mit diesem Begriff neue Konzepte sowie Datenerhebungs- und Datenanalyseverfahren etablieren.

Derzeit fördert die Europäische Union neun große Exposom-Forschungsverbünde (European Human Exposome Network [53]). Hier werden vielfältige Datenquellen verwendet (einschließlich Daten aus partizipativen Prozessen), statistische Verfahren entsprechend der komplexen Datenstruktur eingesetzt (z. B. maschinelles Lernen), sowohl eine pathogenetische als auch eine salutogenetische Sicht (gesundheitsfördernde Umweltressourcen) verfolgt sowie Aspekte sozialer Ungleichheit systematisch integriert [54] [55] [56] [57] [58]. Wenn wie geplant ab 2023 erste Ergebnisse dieser Exposom-Forschungsverbünde vorliegen, kann beurteilt werden, ob sich der Anspruch der Modellierung komplexer und dynamischer Expositionsmuster einlösen lässt.


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Partizipation in Forschung und Entscheidungsfindung

Die Integration lokaler Wissensbestände zu Umwelt und Gesundheit sowie Prozessen sozialer Benachteiligung erhöht die Validität epidemiologischer Forschung und fördert die Translation von Forschungsergebnissen in lokale Maßnahmen. Eine partnerschaftliche Zusammenarbeit von Wissenschaft und Praxis „auf Augenhöhe“ im Forschungsprozess soll mit Ansätzen wie community-based participatory research (CBPR) oder popular epidemiology erreicht werden (weitere Beschreibung in [1]). Beispielsweise impliziert ein relationales Verständnis urbaner Orte, dass die Charakterisierung von urbanen Räumen anhand einer festgelegten Auswahl von Merkmalen zur gebauten und sozialen Umwelt unzureichend ist. Vielmehr muss jeweils die Perspektive der Menschen vor Ort in Bezug auf die physischen und sozialen Bedingungen ihrer spezifischen Lebensumwelt grundlegend berücksichtigt werden (community-led mapping [59]). Pineo et al. [16] betonen in ihrem systematischen Review zu Urban Health Indicator (UHI) Tools ebenfalls den Mehrwert partizipativer Werkzeuge für die Unterstützung von Ansätzen wie „Gesundheit als gesamtgesellschaftliche Aufgabe“ (health in all policies und whole-of-society).

Partizipative epidemiologische Gesundheitsforschung bedarf entsprechender Zeit- und Personalressourcen. Vertrauensverhältnisse sind aufzubauen, ein gemeinsames Problemverständnis ist zu entwickeln und Wissenschaftler:innen müssen bereit sein, Entscheidungsmacht zu teilen. Ansätze einer Citizen Science, die über eine reine Datengewinnung hinaus Empowerment und Teilhabe der Bevölkerung an Entscheidungsprozessen zum Ziel haben, können zu partizipativer Gesundheitsforschung gezählt werden. Turner et al. [32] nennen für die Expositionserfassung als Beispiele: public participatory GIS, community monitoring of PM 2.5 [60] und das European CITI-SENSE project [61].

Das Gesunde-Städte-Netzwerk der Weltgesundheitsorganisation (WHO Healthy Cities Network) legt einen Schwerpunkt auf Empowerment und Partizipation der Bevölkerung und zählt die Kontrolle über Entscheidungen, die Gesundheit und Wohlbefinden beeinflussen, zu den wesentlichen Merkmalen einer gesunden Stadt [41]. Dementsprechend werden soziale Ungleichheiten in der Teilhabe an umweltpolitisch relevanten, gesellschaftlichen Entscheidungsprozessen als umweltbezogene Verfahrensungerechtigkeit gewertet [17].


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Empfehlungen

Wesentliche Herausforderungen für die Stadtepidemiologie als integrativer Ansatz für eine nachhaltige, gesundheitsfördernde Stadtentwicklung liegen aktuell

  • in der Weiterentwicklung von Methoden zur Modellierung komplexer urbaner Systeme in interdisziplinärer Kooperation,

  • in der Konzeption und Implementation eines kleinräumigen, integrierten Monitorings einschließlich der Entwicklung bzw. Anpassung entsprechender Indikatorensysteme,

  • in der Verbesserung der Datenverfügbarkeit und der sinnvollen Erschließung neuer Datenquellen aufgrund neuer Technologien und digitaler Anwendungen,

  • in der Anwendung von Verfahren der künstlichen Intelligenz zur Analyse umfänglicher heterogener und komplexer Daten aus unterschiedlichsten Quellen,

  • in der stärkeren Vernetzung von Stadtepidemiologie mit eher Epidemiologie-fernen Professionen,

  • im Ausbau und Umgang mit offenen und transparenten Zugängen zu wissenschaftlichen Quellen (im Sinne von Open Science), um die wissenschaftlichen Prozesse offen zugänglich und nachnutzbar zu machen,

  • in der umfassenden Umsetzung von Partizipation in Forschung zu StadtGesundheit und urbanen Entscheidungsprozessen unter Berücksichtigung von Open Science.

Aus den skizzierten Entwicklungen und aktuellen Herausforderungen lassen sich erste Empfehlungen für die Bereiche Forschung, Praxis, Aus- und Fortbildung sowie Forschungsförderung ableiten.

Empfehlungen für Forschung im Bereich der Stadtepidemiologie

  • Es gilt, die Komplexität urbaner Systeme und ihre vielfältige Bedeutung für Gesundheit besser zu verstehen. Die Stadtepidemiologie sollte bestehende Konzepte zum Verständnis urbaner Systeme sowie vorhandene Methoden zur Analyse von Gesundheit und Krankheit in der Stadt inter- und transdisziplinär weiterentwickeln und breit erproben. Ein aktuelles Review zu Forschungsthemen für Urban Public Health nennt ein breites Spektrum von Forschungsbedarfen, u. a. die gesundheitliche Bedeutung von Segregation und Gentrifizierung, Digitalisierungsprozesse oder die Evaluation raumbezogener Interventionen [62]. Einen Wissensfundus über urbane Systeme und Gesundheit aufzubauen, zugänglich zu halten und weiterzuentwickeln ist eine Aufgabe für Forschungskooperationen und Fachgesellschaften.

  • Ebenso wichtig ist es, das laufende Geschehen zu Gesundheit und Krankheit in der Stadt samt räumlicher Unterschiede und zeitlicher Trends intensiv zu beobachten, integrativ zu analysieren und mit Blick auf spezifische Bedarfe sowie Handlungsempfehlungen zu interpretieren (Monitoring und Surveillance, Gesundheitsberichterstattung, Health Needs Assessment/HNA, Health Systems Performance Assessment/HSPA). Forschungsaufgaben sind hier weitergehende Konzept- und Methodenentwicklungen. Wie durch die COVID-19-Pandemie unterstrichen wurde, können kleinräumige innerstädtische Differenzierungen zahlreiche Fragen aufwerfen, darunter methodische (kleine Fallzahlen, welche Indikatoren?), rechtliche (Datenschutz), ethische (Stigmatisierung?) und kommunikative (was bedeuten die Unterschiede?). Hierzu sollten Empfehlungen erarbeitet und ihre Anwendung erprobt werden. Als Konsequenzen aus der COVID-19-Pandemie wurde die Einrichtung von drei Infrastrukturplattformen gefordert: ein schnelles Bevölkerungspanel, interdisziplinäre Modellierungsplattformen, worin Modellierungsgruppen zusammengeführt werden, und eine Plattform für (v. a. clusterrandomisierte) Interventionsstudien auf Bevölkerungsebene [63]. Das Potenzial solcher Plattformen auch für stadtepidemiologische Aufgabenstellungen liegt auf der Hand. Darüber hinaus sollte das Potenzial für Erkenntnisgewinne aus gesundheitsbezogenen Städtevergleichen und aus Stadt-Land-Regional-Analysen – auch angesichts zunehmender Bedeutung regionaler Zusammenhänge – intensiver genutzt werden.

  • Für Interventionen im urbanen Raum sollte das Spektrum der Wirkungen verlässlicher erfasst werden. Routinen sollten entstehen, um das Wirkungsspektrum sowohl im Vorweg („ex-ante“) besser abzuschätzen als auch die gemachten Erfahrungen („ex-post“) umfassend auszuwerten und dabei auf unterschiedliche Wirkungen für unterschiedliche Gruppen zu achten (equity lens). In der Forschung sind Konzepte und Methoden zu entwickeln und zu erproben, um eine Basis für die Ableitung von Routinen zu schaffen. Dem öfters vorgebrachten Argument „Keine Zeit und keine Ressourcen“ für prospektive Abschätzungen und für Evaluationen sollten praktikable, effiziente Methoden entgegengestellt werden, die auch der beschriebenen Komplexität urbaner Systeme gerecht werden. Hier sind Interdisziplinarität (Zusammenarbeit wissenschaftlicher Disziplinen), Transdisziplinarität (Brückenbau zwischen Forschung und Praxis mit Austausch in beiden Richtungen, d. h. urbane Transformationsforschung wie in Reallaboren/urban living labs) und gute Kommunikation gefragt; Leitlinien könnten hilfreich sein.


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Empfehlungen für epidemiologische Praxisbeiträge zu gesunder, nachhaltiger Entwicklung in Städten und Gemeinden

Auch wenn politische und planerische Handlungspraxis in Städten und Regionen – über die gesetzlichen Vorgaben hinaus – keinem einfachen, vorbestimmten Muster folgt, lässt sich pragmatisch mit dem mehrstufigen Modell des Handlungszyklus arbeiten. Für jede Stufe kann die Stadtepidemiologie Relevantes beitragen:

  • In der Stufe „Lagebeschreibung und -bewertung“ (Assessment) sollte auf bewährte epidemiologische Ansätze, speziell in der Form von Monitoring und Surveillance (s. o.) in den Sektoren Gesundheit, Umwelt und Soziales, zurückgegriffen werden. Dabei sollten – wie es bei der Gesundheitsberichterstattung mehr oder minder intensiv bereits der Fall ist – Routineprozeduren, Morbiditätsregister und epidemiologische Studien gemeinsam genutzt werden, auch im Sinne kleinräumiger und/oder auf gesundheitliche Chancengleichheit bezogener Analysen.

  • In der Stufe „Strategieentwicklung“ (Policy Development) geht es um die Nutzung epidemiologischer Evidenz für Entscheidungsprozesse, innerhalb und außerhalb des Gesundheitssektors (Health in all Policies). Dazu gehört auch die vorausschauende Abschätzung der Auswirkungen von Maßnahmen (Impact Assessment) insbesondere hinsichtlich gesundheitlicher Chancengleichheit, einschließlich Partizipation der Bevölkerung und von Interessenvertreter:innen. Eine Kernfrage im Hintergrund lautet: In welcher Form kann epidemiologisches Wissen erfolgreich genutzt werden? Hierbei spielen sowohl Wege der Konsensbildung als auch Abstufungen der Evidenzbasierung eine Rolle. Auf welche Weisen gelangen wissenschaftlich erarbeitete Kenntnisse in die Praxis? Welche Rolle kommt hierbei wissenschaftlichen Gremien bzw. Beiräten sowie Fachgesellschaften zu? Verändern sich die Antworten auf solche Fragen durch transdisziplinäre und partizipative Ansätze? Der Praxisbeitrag von Epidemiolog:innen auf dieser Stufe besteht vor allem darin, Forschungsergebnisse für die verschiedenen Akteure verständlich aufzubereiten und die Aussagekraft epidemiologischer Evidenz zu kommunizieren.

  • In der Stufe „Umsetzung“ (Assurance) stellt sich vor allem die Aufgabe, relevante Interventionen möglichst frühzeitig und konsequent zu evaluieren, insbesondere hinsichtlich gesundheitlicher Chancengleichheit.

Für den Transfer stadtepidemiologischer Erkenntnisse in Praxis und Politik sind vielfältige Ansätze zu nutzen. Beispielsweise sollte die gerade entstehende Datenbank „Wissen für gesunde Lebenswelten“ für den Praxistransfer wissenschaftlicher Erkenntnisse [64] die Bandbreite epidemiologischer Studienergebnisse zur Bedeutung des urbanen Kontextes für Gesundheit berücksichtigen. Ein weiteres Beispiel ist die Nutzung stadtepidemiologischer Erkenntnisse für die Charakterisierung von Stadtquartieren als ein Baustein für Arbeitshilfen für die kommunale Praxis zur Förderung der Resilienz von Stadtquartieren bei Krisen wie z. B. der COVID-19-Pandemie [65] oder zur Förderung der Zusammenarbeit zwischen der kommunalen Planungs- und Bauverwaltung und dem Öffentlichen Gesundheitsdienst für aktive Mobilität [66]. Übergreifend hat der Ansatz einer Open Science, die den wissenschaftlichen Prozess öffnet für eine Teilhabe aller an Wissen und Wissensschaffung [67], das Potenzial den Transfer zu fördern.


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Empfehlungen für Aus- und Fortbildung

  • Integration des Themenfelds StadtGesundheit sowie von interdisziplinärer Zusammenarbeit als Lehrinhalte in Masterstudiengängen verschiedener Disziplinen, Durchführung von Projekten forschenden Lernens mit Studierenden aus verschiedenen Fachdisziplinen;

  • Integration von partizipativer Gesundheitsforschung als Lehrinhalt in gesundheitswissenschaftliche Studiengängen, einschließlich von Umsetzungsoptionen in der Epidemiologie;

  • Kapazitätsaufbau zu sektorenübergreifender Zusammenarbeit, integriertes Monitoring, Health Impact Assessment (HIA) mit einer Equity-Perspektive etc. in verschiedenen Bereichen der kommunalen Verwaltung;

  • Fortbildung von Wissenschaftler:innen in Wissenschafts-Praxis-Transfer;

  • Verfügbarkeit von Lehrbüchern, -materialien, Kursen sowie Studieninhalten zu Stadtepidemiologie.


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Empfehlungen für Forschungsförderung

  • Förderung transdisziplinärer Projekte und partizipativer Forschungsansätze mit Berücksichtigung des höheren Bedarfs an Zeit- und Personalressourcen,

  • Förderung vergleichender Fallstudien für mehrere Städte,

  • Förderung der Konzeptionierung und Durchführung (randomisierter) Interventionsstudien im urbanen Raum,

  • Förderung der Evaluation natürlicher Experimente im urbanen Raum.

Fazit

Stadtepidemiologie ist keine neue, gegenüber anderen Spezialisierungen in der Epidemiologie abgrenzbare Fachwissenschaft, sondern stellt einen integrativen Ansatz dar, indem sie Konzepte und Methoden aus verschiedenen Disziplinen nutzt und verbindet. Forschung im Bereich Stadtepidemiologie ist wesentlich für das Verständnis komplexer Zusammenhänge von physischer und sozialer Lebensumwelt und Gesundheit im urbanen Raum und bietet wichtige Daten- und Methodengrundlagen für eine integrierte Berichterstattung, für Gesundheitsfolgenabschätzungen sowie für Evaluation von Maßnahmen. Somit tragen Methoden und Erkenntnisse von Stadtepidemiologie auf vielfältige Weise zur Forschung für gesunde, nachhaltige Metropolen bzw. zur Praxis einer gesundheitsfördernden, nachhaltigen Stadtentwicklung bei.


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Fördermittel

Fritz und Hildegard Berg-Stiftung, Deutsches Stiftungszentrum (Essen). - We acknowledge support for the publication costs by the Open Access Publication Fund of Bielefeld University and the Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG).; Stand: 31.07.2023


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Interessenkonflikt

Die Autorinnen/Autoren geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht.

Danksagung

Die Autor:innen danken J. Augustin (Hamburg) für die erhaltenen Anregungen zu einer Vorfassung des Beitrags und K. Marquart, S. Gatting und S. Ritzinger (Bielefeld) für Literaturrecherchen.


Korrespondenzadresse

Dr. Gabriele Bolte
University of Bremen
Institute of Public Health and Nursing Research
Department of Social Epidemiology
Grazer Str. 4
28359 Bremen
Germany   

Publikationsverlauf

Artikel online veröffentlicht:
16. November 2023

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