Z Gastroenterol 2023; 61(09): 1246-1301
DOI: 10.1055/a-2124-5333
Leitlinie

Aktualisierte S3-Leitlinie „Sedierung in der gastrointestinalen Endoskopie“ der Deutschen Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten (DGVS)

Juni 2023 – AWMF-Registernummer: 021/014
Till Wehrmann*
1   Klinik für Gastroenterologie, DKD Helios Klinik Wiesbaden, Wiesbaden, Deutschland
,
Andrea Riphaus*
2   Innere Medizin, St. Elisabethen Krankenhaus Frankfurt Artemed SE, Frankfurt, Deutschland
,
Alexander J. Eckardt
1   Klinik für Gastroenterologie, DKD Helios Klinik Wiesbaden, Wiesbaden, Deutschland
,
Peter Klare
3   Abteilung Innere Medizin – Gastroenterologie, Diabetologie und Hämato-/Onkologie, Krankenhaus Agatharied, Hausham, Deutschland
,
Ina Kopp
4   Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften e. V. (AWMF), Berlin, Deutschland
,
Stefan von Delius
5   Medizinische Klinik II – Innere Medizin – Gastroenterologie, Hepatologie, Endokrinologie, Hämatologie und Onkologie, RoMed Klinikum Rosenheim, Rosenheim, Deutschland
,
Ulrich Rosien
6   Medizinische Klinik, Israelitisches Krankenhaus, Hamburg, Deutschland
,
Peter H. Tonner
7   Anästhesie- und Intensivmedizin, Klinikum Leer, Leer, Deutschland
,
Collaborators
› Author Affiliations
 

Tabellenverzeichnis

[Tab. 1]: Steuergruppe

1249

[Tab. 2]: Mitglieder der Leitliniengruppe

1249

[Tab. 3]: Schema zur Graduierung von Empfehlungen

1250

[Tab. 4]: Oxford Centre for Evidence-Based Medicine 2011 Levels of Evidence [1]

1251

[Tab. 5]: Einteilung der Konsensstärke

1252

[Tab. 6]: Modifizierter Richmond Agitation-Sedation Score [19]

1254

[Tab. 7]: Stadien der Sedierung modifiziert nach der American Society of Anesthesiologists [20]

1254

[Tab. 8]: ASA-Klassifikation

1255

[Tab. 9]: Vergleich der Vitalparameter bei Sedierung mittels Propofol versus Midazolam/Pethidin im Rahmen der ERCP (starker Konsens)

1259

[Tab. 10]: Verlegung/Entlassung nach ambulanter Endoskopie

1284

[Tab. 11]: Verlegung nach stationärer Endoskopie

1284


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1 Informationen zur Leitlinie

1.1 Herausgeber

1.1.1. Federführende Fachgesellschaft

Deutsche Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten (DGVS)


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1.2 Geltungsbereich und Zweck

Seit Einführung der ersten S3-Leitlinie zur Sedierung in der gastrointestinalen Endoskopie, im Jahre 2008, hat sich die Durchführung einer Sedierung bei gastroenterologischen Endoskopien, insbesondere durch Einsatz der Sedierung mit Propofol, etabliert und ist inzwischen als Standard in der gastroenterologisch-endoskopischen Praxis anzusehen. In mehreren Umfragen konnte, auch für die Bundesrepublik Deutschland, inzwischen ein Anteil von mehr als 80 % sedierter Untersuchungen gesichert werden.

Ein Kernpunkt ist die differenzierte Indikationsstellung: Die Notwendigkeit einer Sedierung bei gastroenterologischer Endoskopie ist nicht bei allen Eingriffen obligat, sondern hängt vielmehr von der Art der Untersuchung, der Untersuchungsdauer, der Komplexität und der Invasivität der Untersuchung, sowie von Patientenmerkmalen ab. Allerdings trägt die Sedierung sowohl für die Patient*innen, als auch den/die Untersucher*in erheblich zum Untersuchungskomfort bei und schafft, insbesondere bei komplexen therapeutischen Eingriffen oftmals erst die Voraussetzung für die erfolgreiche und risikoarme Untersuchung. Um auch weiterhin eine erfolgreiche und risikoarme Untersuchung gewährleisten zu können, wir die Prüfung und Aktualisierung der Leitlinie von den Expert*innen als besonders wichtig erachtet.


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1.3 Zielorientierung der Leitlinie

Ziel der Leitlinie ist, in der internistischen, chirurgischen, gastroenterologischen, anästhesistischen, intensivmedizinischen und endoskopischen/bildgebenen Praxis einfach anwendbar zu sein. Darüber hinaus soll die Leitlinie einen Handlungskorridor für häufige Entscheidungen liefern.

Patientenzielgruppe sind Patient*innen im erwachsenen Alter, die einer Sedierung im Rahmen gastrointestinaler Endoskopien bedürfen.


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1.4 Versorgungsbereich

Ambulant und stationär, internistisch, chirurgisch, gastroenterologisch, anästhesistisch, intensivmedizinisch, endoskopisch/bildgebend.


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1.5 Anwenderzielgruppe/Adressaten

Die Leitlinie richtet sich an folgende an der Diagnostik und Therapie beteiligten Berufsgruppen Gastroenterolog*innen, Chirurg*innen, Anästhesist*innen, Intensivmediziner*innen, Allgemein- und Viszeralchirurg*innen, Endoskopiker*innen sowie an Patientenvertreter*innen, Betroffene und Angehörige und dient zur Information für Internist*innen und Leistungserbringer (Krankenkassen, Rentenversicherungsträger).


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1.6 Zusammensetzung der Leitliniengruppe: Beteiligung von Interessensgruppen

Die Leitlinie wurde federführend durch die Deutsche Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten (DGVS) erstellt, die als Koordinierende Herrn Prof. Till Wehrmann, Wiesbaden, und Frau Prof. Andrea Riphaus, Frankfurt, beauftragte. Methodisch verantwortlich waren Frau PD Dr. Petra Lynen Jansen und Frau Pia Lorenz, DGVS Geschäftsstelle, Berlin. Frau Prof. Kopp Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften e. V. (AWMF), Marburg, stand zur methodischen Beratung zur Seite und moderierte als neutrale Leitlinienexpertin die Konsensuskonferenz. Herr Torsten Karge, CGS-Usergroup, Berlin, stand für das Leitlinienportal zur Verfügung und übernahm die technische Betreuung der Konsensuskonferenz.

Das Leitlinienvorhaben wurde in der Zeitschrift für Gastroenterologie ausgeschrieben und auf der Webseite der AWMF veröffentlicht, so dass weitere Fachgesellschaften/Vertreter*innen sich zur Mitarbeit melden konnten. Die für das Fachgebiet relevanten Fachgesellschaften und Patientengruppen wurden angeschrieben und um Nennung von Mandatsträger*innen gebeten.


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1.7 Repräsentativität der Leitliniengruppe: Beteiligte Fachgesellschaften

  • Deutsche Gesellschaft für Endoskopiefachberufe (DEGEA)
    U. Beilenhoff (Ulm)

  • Deutsche Gesellschaft für Anästhesiologie und Intensivmedizin e. V. (DGAI)
    P. Tonner (Leer (Ostfriesland), F. Wappler (Köln)

  • Deutsche Gesellschaft für Allgemein- und Viszeralchirurgie e. V. (DGAV)/Chirurgische Arbeitsgemeinschaft für Endoskopie und Sonographie (CAES) der DGAV
    A. Schaible (Heidelberg)

  • Deutsche Gesellschaft für Endoskopie und Bildgebende Verfahren e. V. (DGE-BV)
    H. Allescher (Garmisch-Partenkirchen)

  • Gesellschaft für Recht und Politik im Gesundheitswesen (GPRG)
    H. Bitter (München)


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1.8 Repräsentativität der Leitliniengruppe: Beteiligung von Patient*innen

S. In der Smitten (Berlin) der Deutsche Morbus Crohn/Colitis ulcerosa Vereinigung (DCCV)

Neben der Steuergruppe ([Tab. 1]) wurden fünf Arbeitsgruppen (AGs) gebildet, die jeweils von einem/einer Leiter*in geleitet wurden ([Tab. 2]). In den AGs arbeiteten neben Gastroenterolog*innen, Internist*innen, Chirurg*innen, Anästhesist*innen, Intesivmediziner*innen, Endoskopiker*innen und Patientenvertreter*innen mit.

Tab. 1

Steuergruppe.

Name

Ort

Zuständigkeit

A. Riphaus

Frankfurt

DGVS

T. Wehrmann

Wiesbaden

DGVS

A. J. Eckardt

Wiesbaden

DGVS

P. Klare

Hausham

DGVS

Tab. 2

Mitglieder der Leitliniengruppe.

AG 1: Indikationen/Ziele/bekannte Risiken/Patienten/Qualitätsziele

AG-Leitung

U. Rosien, Hamburg (DGVS)

AG-Mitglieder

S. In der Smitten, Berlin (DCCV)

F. Wappler, Köln (DGAI)

AG 2: Pharmakologie

AG-Leitung

P. H. Tonner, Leer (Ostfriesland) (DGAI)

AG-Mitglieder

M. Jung, Frankfurt am Main (DGVS)

D. Schilling, Mannheim (DGVS)

T. Voigtländer, Hannover (DGVS)

AG 3: Strukturqualität

AG-Leitung

T. Wehrmann, Wiesbaden (DGVS)

AG-Mitglieder

H. Allescher, Garmisch-Partenkirchen (DGE-BV)

A. Behrens, Berlin (DGVS)

AG 4: Prozessqualität

AG-Leitung

S. von Delius, Rosenheim (DGVS)

AG-Mitglieder

U. Beilenhoff, Ulm (DEGEA)

H. Bitter, München (GRPG)

H. Seifert, Oldenburg (DGVS)

AG 5: Ergebnisqualität

AG-Leitung

A. Riphaus, Frankfurt (DGVS)

AG-Mitglieder

P. Heidemann, Schwerin (DGVS, Vertreterin niedergelassene Ärztinnen/Ärzte)

A. Schaible, Heidelberg (DGAV/CAES)

AG übergreifend

A. J. Eckardt, Wiesbaden (DGVS)

P. Klare, Hausham (DGVS)

Koordinierende

A. Riphaus, Frankfurt (DGVS)

T. Wehrmann, Wiesbaden (DGVS)

Methodik

I. Kopp, Marburg (AWMF)

Organisation

P. Lorenz, Berlin (DGVS)


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2 Methodologisches Vorgehen

2.1 Evidenzsynthese

2.1.1 Grundlagen der Methodik

2.1.1.1 Schema der Evidenzbewertung

Für in dieser Aktualisierung geprüften Empfehlungen, zu denen keine neue relevante Literatur gefunden wurde, wurden die Evidenzlevel der assoziierten Studien beibehalten. Gab es neue relevante Literatur, wurde diese bewertet und im Leitlinienreport im Anhang ergänzt.

Die Literaturbewertung wurde nach der Evidenzklassifizierung des Oxford Centre for Evidence-based Medicine 2011 durchgeführt (s. [Tab. 4]). Die Details zur Suche, Auswahl und Bewertung der Evidenz sind im Leitlinienreport dargestellt.

Tab. 3

Schema zur Graduierung von Empfehlungen.

Empfehlungsgrad (nur S3)[1]

Beschreibung

Syntax

A

starke Empfehlung

soll

B

Empfehlung

sollte

0

Empfehlung offen

kann

1 Der Empfehlungsgrad sowie der Evidenzgrad werden nur bei evidenzbasierten Empfehlungen angegeben. Bei Expertenkonsensbasierten Empfehlungen erfolgt die Graduierung über soll/sollte/kann und über die in der Tabelle angegeben Beschreibung.


Tab. 4

Oxford Centre for Evidence-Based Medicine 2011 Levels of Evidence [1].

Question

Step 1

(Level 1[*])

Step 2

(Level 2[*])

Step 3

(Level 3[*])

Step 4

(Level 4[*])

Step 5

(Level 5)

How common is the problem?

Local and current random sample surveys (or censuses)

Systematic review of surveys that allow matching to local circumstances[**]

Local non-random sample[**]

Case-series[**]

n/a

Is this diagnostic or monitoring test accurate? (Diagnosis)

Systematic review of cross sectional studies with consistently applied reference standard and blinding

Individual cross sectional studies with consistently applied reference standard and blinding

Non-consecutive studies, or studies without consistently applied reference standards[**]

Case-control studies, or “poor or non-independent reference standard”[**]

Mechanism-based reasoning

What will happen if we do not add a therapy? (Prognosis)

Systematic review of inception cohort studies

Inception cohort studies

Cohort study or control arm of randomized trial[*]

Case-series or casecontrol studies, or poor quality prognostic cohort study[**]

n/a

Does this intervention help? (Treatment Benefits)

Systematic review of randomized trials or n-of-1 trials

Randomized trial or observational study with dramatic effect

Non-randomized controlled cohort/follow-up study[**]

Case-series, case-control studies, or historically controlled studies[**]

Mechanism-based reasoning

What are the COMMON harms?

(Treatment Harms)

Systematic review of randomized trials, systematic review of nested case-control studies, nof-1 trial with the patient you are raising the question about, or observational study with dramatic effect

Individual randomized trial or (exceptionally) observational study with dramatic effect

Non-randomized controlled cohort/follow-up study (post-marketing surveillance) provided there are sufficient numbers to rule out a common harm. (For long-term harms the duration of follow-up must be sufficient.)[**]

Case-series, case-control, or historically controlled studies[**]

Mechanism-based reasoning

What are the RARE harms?

(Treatment Harms)

Systematic review of randomized trials or n-of-1 trial

Randomized trial or (exceptionally) observational study with dramatic effect

Is this (early detection) test worthwhile?

(Screening)

Systematic review of randomized trials

Randomized trial

Non-randomized controlled cohort/follow-up study[**]

Case-series, case-control, or historically controlled studies[**]

Mechanism-based reasoning

OCEBM Levels of Evidence Working Group*. “The Oxford 2011 Levels of Evidence”.

Oxford Centre for Evidence-Based Medicine. http://www.cebm.net/index.aspx?o=5653%22\h

* OCEBM Table of Evidence Working Group = Jeremy Howick, Iain Chalmers (James Lind Library), Paul Glasziou, Trish Greenhalgh, Carl Heneghan, Alessandro Liberati, Ivan Moschetti, Bob Phillips, Hazel Thornton, Olive Goddard and Mary Hodgkinson.

* Level may be graded down on the basis of study quality, imprecision, indirectness (study PICO does not match questions PICO), because of inconsistency between studies, or because the absolute effect size is very small; Level may be graded up if there is a large or very large effect size.


** As always, a systematic review is generally better than an individual study.



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2.1.1.2 Schema der Empfehlungsgraduierung

Bei der Überführung der Evidenzstärke in die Empfehlungsstärke konnte der Empfehlungsgrad gegenüber dem Evidenzgrad auf oder abgewertet werden. Gründe hierfür können zum Bespiel sein die fehlende Konsistenz der Studienergebnisse, die Relevanz der Endpunkte und Effektstärken, das Nutzen-Risikoverhältnis, die Patientenpräferenz oder die Umsetzbarkeit. Die Graduierung der Empfehlungen erfolgte außerdem über die Formulierung soll, sollte, kann ([Tab. 3]). Die Konsensstärke wurde gemäß [Tab. 5] festgelegt.

Tab. 5

Einteilung der Konsensstärke.

Konsens

% Zustimmung

Starker Konsens

≥ 95

Konsens

≥ 75–95

Mehrheitliche Zustimmung

≥ 50–75

Kein Konsens

< 50


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2.1.1.3 Statements

Als Statements werden Darlegungen oder Erläuterungen von spezifischen Sachverhalten oder Fragestellungen ohne unmittelbare Handlungsaufforderung bezeichnet. Sie werden entsprechend der Vorgehensweise bei den Empfehlungen im Rahmen eines formalen Konsensusverfahrens verabschiedet und können entweder auf Studienergebnissen oder auf Expertenmeinungen beruhen.


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2.1.1.4 Expertenkonsens

Als Expertenkonsens werden Empfehlungen bezeichnet, zu denen keine systematische Recherche nach Literatur durchgeführt wurde, oder zu denen nach ausführlicher Recherche keine Literatur vorlag. Die Graduierung der Empfehlung ergibt sich ausschließlich aus der verwendeten Formulierung (soll/sollte/kann) entsprechend der Abstufung in [Tab. 3].


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2.2 Externe Begutachtung und Verabschiedung

2.2.1 Verabschiedung durch die Vorstände der herausgebenden Fachgesellschaften/Organisationen

Die vollständige Leitlinie wurde von den Vorständen aller beteiligten Fachgesellschaften begutachtet und konsentiert und stand als Konsultationsfassung für vier Wochen vom 13. Januar bis zum 12. Februar 2023 der Fachöffentlichkeit zur Kommentierung auf der DGVS Website und bei der AWMF zur Verfügung. Über den DGVS Newsletter wurde um Kommentierung gebeten. Die Änderungsvorschläge sind im Leitlinienreport dargestellt.


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2.2.2 Redaktionelle Unabhängigkeit und Finanzierung der Leitlinie

Die Erstellung der Leitlinie erfolgte redaktionell unabhängig. Die DGVS finanzierte die Nutzung des Leitlinienportals und die Online-Konsensuskonferenz. Eine finanzielle Beteiligung Dritter erfolgte nicht. Mandatsträger*innen und Expert*innen arbeiteten ausschließlich ehrenamtlich.


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2.2.3 Darlegung von und Umgang mit Interessenkonflikten

Im Einklang mit dem AWMF-Regelwerk zum Umgang mit Interessenskonflikten gaben alle Teilnehmenden ihre Erklärungen auf dem entsprechenden AWMF-Formular (Formblatt 2018) ab. Die Interessenkonflikte wurden von den Koordinierenden der Leitlinie und von Frau Kopp (AWMF) zunächst auf thematischen Bezug zur Leitlinie gesichtet, und gemäß den AWMF-Kriterien als gering, moderat oder hoch bezüglich der individuellen Empfehlung kategorisiert. Der Vorschlag zum Management wurde zu Beginn der Konsensuskonferenz mit allen beteiligten Expert*innen diskutiert, konsentiert und umgesetzt.

Bezahlte Vortrags-/oder Schulungstätigkeit und bezahlte Autoren-/oder Co-Autorenschaft wurden als geringe Interessenkonflikte gewertet und hatten keine Konsequenzen in Bezug auf die Abstimmungen.

Als moderat wurden nachfolgende Interessenkonflikte eingestuft:

  • Berater- bzw. Gutachtertätigkeit oder bezahlte Mitarbeit in einem wissenschaftlichen Beirat eines Unternehmens der Gesundheitswirtschaft (z. B. Arzneimittelindustrie, Medizinproduktindustrie), eines kommerziell orientierten Auftragsinstituts oder einer Versicherung

  • Mitarbeit in einem Wissenschaftlichen Beirat (advisory board)

  • Forschungsvorhaben/Durchführung klinischer Studien: finanzielle Zuwendungen (Drittmittel) für Forschungsvorhaben oder direkte Finanzierung von Mitarbeitern der Einrichtung vonseiten eines Unternehmens der Gesundheitswirtschaft, eines kommerziell orientierten Auftragsinstituts oder einer Versicherung

Als potenzieller Interessenkonflikt wurde folgende Firma identifiziert: Medtronic (zum Thema Kapnografie-Monitoring). Darüber hinaus stand die Firma E&L medical GmbH als potenzieller Interessenkonflikt zur Diskussion, da diese Firma eine Software zur Befundung von endoskopischen Prozeduren vertreibt. Da die Firma jedoch selbst nicht in einer Fragestellung in irgendeiner Weise involviert ist, sehen die Bewerter keinen bzw. nur einen geringen relevanten Interessenkonflikt.

Bei der Erstellung der Leitlinie von 2008 bestand für Frau Prof. Dr. Andrea Riphaus und Herrn Prof. Dr. Till Wehrmann kein Interessenkonflikt. Bei dem Update aus dem Jahr 2014 (publiziert im Januar 2015), bestand für Frau Prof. Dr. Andrea Riphaus und Herrn Prof. Dr. Till Wehrmann, hinsichtlich der Abstimmung zum Thema Kapnographie-Monitoring ein relevanter Interessenkonflikt, da sie im Jahre 2011 eine Unterstützung der Firma Covidien (leihweise zur Verfügungsstellung von Geräten für eine Studie) erhalten hatten. Da dieses Ereignis allerdings inzwischen 10 Jahre zurückliegt, wird es für die aktuelle Leitlinie nicht mehr als relevanter Interessenkonflikt bewertet.

Als hohe Interessenkonflikte wurden Eigentümerinteressen (Patent, Urheberrecht, Besitz von Geschäftsanteilen, Aktien, Fonds mit Beteiligung von Unternehmen der Gesundheitswirtschaft) eingestuft. Hohe Interessenkonflikte mit Bezug zur Leitlinie wurden nicht identifiziert.

Im Ergebnis wurde bei einem Experten ein moderater Interessenkonflikt festgestellt. Moderate Interessenkonflikte hatten eine Enthaltung bei der Abstimmung zur Folge. Als schützende Faktoren vor Verzerrung werden darüber hinaus die interdisziplinäre, repräsentative Zusammensetzung der Leitliniengruppe sowie die strukturierte Konsensfindung unter neutraler Moderation eingeschätzt.

Übersicht aller Empfehlungen, bei denen sich aufgrund von Interessenkonflikten enthalten werden musste

Name

Enthaltung bei AG/Empfehlung

Begründung

von Delius, Stefan

AG 3: Empfehlung 3.4.2

Medtronic (zum Thema Kapnografie-Monitoring)

Die Interessenerklärungen aller Expert*innen sind im Leitlinienreport dargestellt.

Teilnehmende der Konsensuskonferenz

Leitlinienexpert*innen: Hans-Dieter Allescher (DGE-BV), Angelika Behrens (DGVS), Ulrike Beilenhoff (DEGEA), Horst Bitter (GRPG), Alexander J. Eckardt (DGVS), Peggy Heidemann (DGVS), Susanne In der Smitten (DCCV), Michael Jung (DGVS), Peter Klare (DGVS), Andrea Riphaus (DGVS), Ulrich Rosien (DGVS), Anja Schaible (CAES), Dieter Schilling (DGVS), Hans Seifert (DGVS), Peter H. Tonner (DGAI), Torsten Voigtländer (DGVS), Stefan von Delius (DGVS), Frank Wappler (DGAI), Till Wehrmann (DGVS)

Organisation und Methodik: Ina Kopp (AWMF), Torsten Karge (CGS-Usergroup), Pia Lorenz (DGVS)

Die Beeinflussung durch Interessenkonflikte wurde weiter auch durch die formale zweistufige Konsensbildung und durch die Erstellung der interdisziplinären Arbeitsgruppen reduziert.


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2.3 Verbreitung und Implementierung

2.3.1 Konzept zur Verbreitung und Implementierung

Die Leitlinie wird in der Zeitschrift für Gastroenterologie und auf den Homepages der DGVS (www.dgvs.de) und der AWMF (www.awmf.de) veröffentlicht.


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2.3.2 Gültigkeitsdauer und Aktualisierungsverfahren

Die Gültigkeit beträgt fünf Jahre (30. April 2027). Die Überarbeitung wird durch die Leitlinienbeauftragten der DGVS initiiert werden. Die Steuergruppe wird jährlich den Aktualisierungsbedarf der Leitlinie prüfen. Als Ansprechpartner steht Ihnen die DGVS Geschäftsstelle (leitlinien@dgvs.de) zur Verfügung.


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3 Redaktioneller Hinweis

3.1 Geschlechtsneutrale Formulierung

Ausschließlich zum Zweck der besseren Lesbarkeit wird auf die geschlechtsspezifische Schreibweise verzichtet. Alle personenbezogenen Bezeichnungen in diesem Dokument sind somit geschlechtsneutral zu verstehen.


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3.2 Partizipative Entscheidungsfindung

Alle Empfehlungen der Leitlinie sind als Empfehlungen zu verstehen, die im Sinne einer partizipativen Entscheidungsfindung zwischen Arzt und Patient und ggf. den Angehörigen getroffen werden und umzusetzen sind.


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4 Besonderer Hinweis

Die Medizin unterliegt einem fortwährenden Entwicklungsprozess, sodass alle Angaben, insbesondere zu diagnostischen und therapeutischen Verfahren, immer nur dem Wissensstand zur Zeit der Drucklegung der Leitlinie entsprechen können. Hinsichtlich der angegebenen Empfehlungen zur Therapie und der Auswahl sowie Dosierung von Medikamenten wurde die größtmögliche Sorgfalt beachtet. Gleichwohl werden die Benutzer aufgefordert, die Beipackzettel und Fachinformationen der Hersteller zur Kontrolle heranzuziehen und im Zweifelsfall einen Spezialisten oder eine Spezialistin zu konsultieren. Fragliche Unstimmigkeiten sollen bitte im allgemeinen Interesse der DGVS mitgeteilt werden. Der Benutzer selbst bleibt verantwortlich für jede diagnostische und therapeutische Applikation, Medikation und Dosierung. In dieser Leitlinie sind eingetragene Warenzeichen (geschützte Warennamen) nicht besonders kenntlich gemacht. Es kann also aus dem Fehlen eines entsprechenden Hinweises nicht geschlossen werden, dass es sich um einen freien Warennamen handelt. Das Werk ist in allen seinen Teilen urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der Bestimmung des Urhebergesetzes ist ohne schriftliche Zustimmung der DGVS unzulässig und strafbar. Kein Teil des Werkes darf in irgendeiner Form ohne schriftliche Genehmigung reproduziert werden. Dies gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung, Nutzung und Verwertung in elektronischen Systemen, Intranets und dem Internet.


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1 Leitlinie – Indikationen/Ziele/bekannte Risiken/Patienten/Qualitätsziele

1.1 Empfehlung Sedierungsangebot

Empfehlung 1.1

modifiziert 2022

1.1a) Jedem Patienten soll vor der Endoskopie eine Sedierung angeboten werden.

Evidenzlevel 5, Empfehlungsgrad A, starker Konsens

1.1b) Patienten sollen über Vor- und Nachteile einer Untersuchung mit und ohne Sedierung aufgeklärt werden.

Evidenzlevel 5, Empfehlungsgrad A, starker Konsens

1.1. c) Grundsätzlich können einfache endoskopische Untersuchungen auch ohne Sedierung durchgeführt werden.

Evidenzlevel 2b, Empfehlungsgrad 0, starker Konsens

Hintergrund

Jeder Patient hat das Recht auf eine möglichst schmerz- und stressfreie Endoskopie. Daher erscheint es nicht vertretbar, grundsätzlich Patienten eine Sedierung vorzuenthalten [2]. Endoskopische Untersuchungen können unangenehm sein, so dass eine Sedierung gewünscht oder zu empfehlen ist. Insbesondere längerdauernde, endoskopisch-interventionelle Eingriffe diffiziler Art (z. B. ERCP, schwierige Resektions- oder Drainage-Verfahren) setzen zudem die Vermeidung unwillkürlicher Bewegungen des Patienten voraus. Darum soll eine Sedierung prinzipiell jedem Patienten angeboten werden. Eine differenzierte Information der Patienten über Sedierungsoptionen und -Durchführung steigert Akzeptanz und Wahrnehmung der Untersuchung [3] [4]. Nach entsprechender Aufklärung über die Sedierung soll dem individuellen Patientenwunsch möglichst Rechnung getragen werden.

Mit einfachen Untersuchungen sind diagnostische Endoskopien oder einfache und kurze sowie nicht durch Schmerz belastende Interventionen gemeint. Eine randomisierte, kontrollierte Studie [5] und zwei prospektive Kohorten-Studien [6] [7] belegen diese Aussage am Beispiel der Koloskopie, wobei die Zustimmung zu einer unsedierten Koloskopie immerhin 88 % betrug. In einer weiteren Studie hingegen stimmten nur 20 % der Befragten einer Koloskopie ohne Sedierung zu. Männliches Geschlecht, höhere Bildung und geringere Ängstlichkeit waren positive prädiktive Faktoren für den Patientenwunsch nach einer Koloskopie ohne Sedierung [8].


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1.2 Empfehlung zur Indikationsstellung für eine Sedierung

Empfehlung 1.2

modifiziert 2022

Bei der Entscheidung für oder gegen ein Verfahren zur Sedierung und/oder Analgesie sollen folgende Aspekte berücksichtigt werden:

  • Patientencharakteristika (Risikoprofil, Komorbidität, Präferenzen)

  • Art des endoskopischen Eingriffs (Indikation, Dauer, Invasivität)

  • Strukturelle Voraussetzungen

Evidenzlevel 5, Empfehlungsgrad A, starker Konsens


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1.3 Empfehlung Untersuchungsqualität

Statement 1.3a)

geprüft 2021

Eine Aussage zur Beeinflussung der Komplikationsrate (durch den endoskopischen Eingriff) bei Verzicht auf eine Sedierung ist nicht möglich.

Evidenzlevel 5, starker Konsens

Empfehlung 1.3b)

geprüft 2021

Eine Sedierung kann bei der Gastroskopie und Koloskopie mit dem Ziel der Erhöhung der diagnostischen Aussagekraft erwogen werden.

Evidenzlevel 2b, Empfehlungsgrad 0, starker Konsens

Hintergrund

In einer großen italienischen Kohortenstudie unter Einschluss von über 12 000 Patienten zeigte sich, dass unter einer Sedierung die diagnostische Aussagekraft erhöht werden kann: Bei sedierten Patienten lag die Polypendetektionsrate höher als bei nicht-sedierten Patienten. Auch konnte in dieser Studie häufiger das Coecum (im Sinne einer kompletten Untersuchung) erreicht werden [9]. Letzteres konnte in weiteren großen Kohortenstudie bestätigt werden; die Sedierung erhöhte die Wahrscheinlichkeit einer kompletten Koloskopie nahezu um den Faktor zwei [10].

Die Notwendigkeit einer Sedierung bei gastroenterologischen Eingriffen ist nicht bei allen endoskopischen Eingriffen obligat und letztlich abhängig von der Art der Untersuchung, der Untersuchungsdauer, der Komplexität und der Invasivität der Untersuchung sowie dem Wunsch des Patienten. Die Sedierung trägt sowohl für den Patienten als auch für den Untersucher erheblich zum Untersuchungskomfort bei und ermöglicht insbesondere bei komplexen therapeutischen Eingriffen erst die Voraussetzung für eine erfolgreiche und risikoarme Untersuchung.

Vorausgegangene unangenehme Untersuchungen, Ängstlichkeit und die Einsichtsfähigkeit des Patienten sollten hierbei berücksichtigt werden. Darüber hinaus gibt es oftmals – kulturell bedingte – große Unterschiede im Umgang mit der Sedierung bei der gastro-intestinalen Endoskopie. Beispielsweise erfolgt in den USA und Großbritannien in bis zu 88 % [11] der endoskopischen Untersuchungen eine Sedierung der Patienten. Hingegen lag die Sedierungsfrequenz in Deutschland und der Schweiz in den 90er Jahren mit ca. 9 % [12] deutlich niedriger, nimmt aber mit der Komplexität der Untersuchung zu. Umfrageergebnisse zeigen jedoch auch in Deutschland eine deutliche Zunahme der Sedierungsfrequenz bei endoskopischen Eingriffen von um 90 % [13] [14]. Dies ist vermutlich zum einen bedingt durch eine vermehrte Häufung interventioneller Untersuchungen und zum anderen als Folge des Patientenwunsches, z. B. im Rahmen der Kolonkarzinomvorsorge.

Allerdings existieren kaum Studien, die die Sicherheit der diagnostischen wie auch therapeutischen Endoskopie mit oder ohne Sedierung gegeneinander werten. Eine amerikanische Untersuchung verfehlte wegen mangelnder Patientenakzeptanz (hoher Sedierungswunsch) das angestrebte Vergleichsziel [5].

Das Ergebnis einer deutschen Studie zeigte, dass die Koloskopie in über 90 % der Fälle ohne Sedierungsmaßnahme mit einer geringen Komplikationsrate vorgenommen werden kann [6], wobei allgemein bei den Patienten jedoch der Wunsch nach einer Sedierung überwiegt [6] [15] [16]. Diese scheint das Risiko für Komplikationen durch die Endoskopie nicht nachhaltig zu beeinflussen.

So konnte in einer prospektiven Studie von Dillon et al. [17] bei 136 Kindern zur Koloskopie unter Allgemeinanästhesie gezeigt werden, dass die Perforationsrate nicht höher als bei Erwachsenen unter Sedierung war. Eine Metaanalyse untersuchte die Perforationsrate bei Erwachsenen und fand ebenfalls keine erhöhte Perforationsrate unter Propofolsedierung [18]. Die Behauptung, es käme bei gut erhaltenen Schmerzreizen zu weniger Koloskopie-Perforationen ist somit nicht belegbar.


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1.4 Empfehlung Risikoabschätzung

1.4.1 Allgemeines

Mit sedierend und analgetisch wirkenden Substanzen können ineinander übergehende, nicht immer sicher abgrenzbare Zustände induziert werden, die von einer minimalen Sedierung (Anxiolyse) bis hin zur Allgemeinanästhesie reichen.

Sedierungs- und/oder Analgesieverfahren durch Nicht-Anästhesisten sollten geplant keinen Sedierungsgrad erreichen, bei dem lebenserhaltende Reflexe beeinträchtigt oder ausgeschaltet werden.

Geplante Allgemeinanästhesien (mit Verlust des Bewusstseins/der Schutzreflexe) sind ausschließlich dem Anästhesisten vorbehalten (Ausnahmen bestehen im Bereich der Intensivmedizin).

Sollte im Einzelfall ein Zustand erreicht werden, bei dem lebenserhaltende Reflexe beeinträchtigt oder ausgeschaltet werden (Allgemeinanästhesie) und der Eingriff fortgesetzt werden soll, ist ein Anästhesist hinzuzuziehen.

Trotz der fließenden, nicht immer sicher steuerbaren, Übergänge lassen sich verschiedene Ausprägungsgrade der (Analgo-) Sedierung unterscheiden.

Der Grad (die Tiefe) der Sedierung kann durch eine validierte Skala bestimmt und eingeteilt werden. Während in der europäischen Anästhesie die modifizierte Richmond Agitation-Sedation Score-Skala (RASS-Skala) [19] ([Tab. 6]) gebräuchlich ist, wird in der Gastroenterologie/Endoskopie meist die Einteilung der verschiedenen Sedierungsstadien nach der American Society of Anesthesiologists [20] ([Tab. 7]) verwandt.

Tab. 6

Modifizierter Richmond Agitation-Sedation Score [19].

Grad

Bezeichnung

Beschreibung

 0

aufmerksam und ruhig

– 1

Schläfrig

nicht völlig alert, aber mindestens 10-sekündige Wachphasen (Augen öffnen, Augenkontakt) bei Ansprache

– 2

leichte Sedierung

Wachphasen (Augen öffnen, Augenkontakt) von weniger als 10 Sekunden Dauer bei Ansprache

– 3

mittlere Sedierung

Bewegung oder Augenöffnen bei Ansprache (aber kein Augenkontakt)

– 4

tiefe Sedierung

Keine Reaktion auf Ansprache, aber Bewegung oder Augenöffnen durch körperliche Stimulation (Schulter schütteln oder Sternum reiben)

– 5

Nicht erweckbar

Keine Reaktion auf Ansprache oder körperliche Stimulation

Tab. 7

Stadien der Sedierung modifiziert nach der American Society of Anesthesiologists [20].

Minimal

(Anxiolyse)

Moderat

Tief

Narkose

Reaktion auf Ansprache

Pat. Reagiert adäquat auf verbale Kommandos

Bewusstseinstrübung, Reaktion auf lautere Kommandos ggf. mit zusätzlicher taktiler Stimulation

Bewusstseinstrübung, schwer erweckbar, reagiert zielgerichtet auf wiederholte taktile Stimulation und Schmerzreize

Pat. nicht erweckbar, selbst nicht auf Schmerzreize

Spontanatmung

Unbeeinflusst

Adäquat

Respiratorische Funktion kann inadäquat sein. Eine assistierte Atemwegsicherung kann erforderlich sein

Inadäquat, ITN oder Larynxmaske erforderlich

Empfehlung 1.4

modifiziert 2022

Die Art und Tiefe der Sedierung sowie die Wahl des Medikamentes sollen sich nach der Art des Eingriffs und nach der ASA-Klassifikation sowie dem Risikoprofil des Patienten richten und setzen eine bestimmte räumliche, apparative und personelle Ausstattung voraus.

Liegen die unter „Strukturqualität“ definierten Voraussetzungen nicht vor, soll unter Abwägung von Nutzen, Risiko und Patientenwunsch von einer Sedierung abgesehen werden, bzw. bei bestehender Indikation und/oder Patientenwunsch zu einer Sedierung, eine Überweisung an eine Einrichtung zu erfolgen, die diese Voraussetzungen erfüllt.

Evidenzlevel 5, Empfehlungsgrad A, starker Konsens

Hintergrund

Die American Society of Anesthesiologists (ASA) und die American Society of Gastroenterologists [20] [21] empfehlen, vor Beginn der Untersuchungen eine Risikoabschätzung eventueller kardiovaskulärer und respiratorischer Probleme während der Endoskopie vorzunehmen. Dies ist zu ergänzen durch die körperliche Untersuchung, welche neben den Vitalparametern die Auskultation von Herz und Lunge beinhaltet.

Eine ausführliche, strukturierte Anamnese umfasst Fragen nach

  • Erkrankungen des kardiovaskulären und respiratorischen Systems, Stridor, Schnarchen, Schlaf-Apnoe Syndrom.

  • Nierenfunktionsstörungen, Leberkrankungen

  • Diabetes mellitus, Adipositas

  • Neurologische/muskuläre Erkrankungen

  • Alter

  • Für den endoskopische Zugang relevante Voroperationen

  • Vorausgegangenen Komplikationen bei der Anwendung von Sedativa/Analgetika, regionaler und Allgemein-Anästhesie.

  • Medikamentenallergien, aktuelle Medikation und mögliche Medikamenteninteraktionen [22]

  • Tabak-, Alkohol-, Drogenkonsum

  • Zeitpunkt und Art der letzten Nahrungsaufnahme

In einer prospektiven Untersuchung an mehreren Krankenhäusern der Region Melbourne bestätigten sich Risikofaktoren und -einschätzung durch die ASA-Klassifikation [23].

Endoskopische Untersuchungen bei Patienten mit Leberzirrhose sind unter adäquater Überwachung sicher durchführbar. Das erhöhte Risiko einer Sedierung wird bestimmt von den oft assoziierte (kardiopulmonalen) Begleiterkrankungen.

Adipositas (BMI über 30 kg/m2) ist ein Risikofaktor für eine Hypoxämie und höheres Lebensalter für eine Hypotonie unter Sedierung, wobei exakte Grenzwerte nicht definiert sind [24] [25] [26] [27] [28].

Voroperationen (z. B. ERCP bei Z. n. Gastrektomie oder Bypass-OP) können Untersuchungsdauer und damit Sedierungsbedarf erhöhen [29].

Die ASA-Klassifikation [30] ([Tab. 8]) sowie die Strukturqualität sind Grundlage der bestehenden Leitlinien [20] [31] [32] [33]. Patienten ab der ASA-Klasse III ([Tab. 8]) haben ein deutlich erhöhtes Risikopotential für Komplikationen während einer Sedierung bzw. Intervention.

Tab. 8

ASA-Klassifikation.

ASA-Grad

Definition

Ausgewählte Beispiele (Erwachsene)

I

kein Risiko

Gesund, kein Nikotin, kein/minimaler Alkoholkonsum

II

leichte Erkrankung

ohne relevante Leistungseinschränkung; Raucher, sozialer Alkoholkonsum, Schwangerschaft, Adipositas (von 30 bis unter 40 kg/m2), gut ein gestellter DM/Hypertonus, milde Lungenerkrankung

III

schwere Erkrankung

mit Leistungseinschränkung; mindestens eine moderate bis schwere Erkrankung; Adipositas (BMI gleich oder größer 40 kg/m2), schlecht kontrollierter DM/Hypertonus, aktive Hepatitis, Alkoholabhängigkeit, Herzschrittmacher, moderate Einschränkung der Ejektionsfraktion, stabiler Dialysepatient, mehr als 3 Monate zurückliegender Myokardinfakt/TIA/Arteriosklerose mit Stents

IV

schwere, konstant lebensbedrohliche Erkrankung

Weniger als 3 Monate zurückliegender Myokardinfakt/TIA/Arteriosklerose mit Stents, anhaltende myokardiale Ischämie, schwere Klappendysfunktion, ausgeprägt eingeschränkte Ejektionsfraktion, Schock, Sepsis, akutes oder terminales Nierenversagen ohne etablierte regulär Dialyse

V

moribunder Patient, bei dem erwartet werden muss, dass er ohne den Eingriff nicht überlebt

Rupturiertes Aortenaneurysma, Polytrauma, intrakranielle Massenblutung, ischämischer Darminfakt bei signifikanter Herzerkrankung oder mehreren Organdysfunktionen

VI

hirntoter Patient unmittelbar vor Organentnahme für Transplantation

Das Anheben des o. a. Statements auf Empfehlungsgrad A, bei Evidenzstärke 5, ergibt sich aus der Evidenzstärke 2b für die aufgeführte ASA-Klassifikation und die Ko-Morbidität, sowie dem Aspekt der Patientensicherheit.


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1.5 Empfehlung Anästhesie/Intubation

Empfehlung 1.5

modifiziert 2022

Bei Patienten mit höherem Risikoprofil soll die Hinzuziehung eines Anästhesisten geprüft werden;

dazu gehören: hohe ASA-Klassifikation (III–IV) und prozedural besondere Risikofaktoren für kardiopulmonale Ereignisse oder wenn durch pathologisch-anatomische Besonderheiten des Patienten ein erhöhtes Risiko für eine Atemwegsbehinderung während des Eingriffs gegeben ist (z. B. bei kranio-facialen Missbildungen, Tumoren des Zungengrundes, Larynx oder Hypopharynx, massiv eingeschränkter Beweglichkeit der HWS, massiv eingeschränkter Mundöffnung < 3 cm, Mallampati-Stadien 3 oder 4 bzw. eingeschränkter Kehlkopf-Kinnspitzen Abstand von weniger als 6 cm).

Evidenzlevel 5, Empfehlungsgrad A, Konsens

Hintergrund

Eine Routine-Endoskopie unter Sedierung scheint bei Patienten mit allenfalls leichten Begleiterkrankungen (ASA I oder II) sicher durchführbar [34] [35] [36]. Häufigste unerwünschte Ereignisse sind Hypoxämie und Hypotonie. Nur durch eine korrekte Evaluation des Sedierungs-/Narkose-Risikos und Abwägung des Risikos der Intervention kann vor der Untersuchung die Notwendigkeit/Art/Tiefe der Sedierung adäquat geplant werden. Zum Risikoprofil gehören auch pathologisch-anatomische Besonderheiten, die zu respiratorischen Problemen führen können und die eine eventuell notwendige mechanische Atemhilfe bzw. Beatmung erschweren würden. Darüber hinaus geben bestehende Leitlinien weitere Hinweise zur Einschätzung des erhöhten Risikos einer Atemwegsbehinderung [20] [31] [32] [33] bei Patienten mit bereits vorausgehenden Problemen bei einer Anästhesie oder Sedierung.

Dies sind:

  1. Patienten mit Stridor, Schnarchen, Schlaf-Apnoe

  2. Patienten mit Fehlbildungen des Gesichtsschädels, wie z. B. Pierre-Robin-Syndrom oder Trisomie-21

  3. Patienten mit Missbildungen des Mundraumes, wie kleine Öffnung (< 3 cm bei Erwachsenen), Zahnlosigkeit, vorstehende Frontzähne, aus- oder abgebrochene Zähne, hoher gewölbter Gaumen mit Makroglossie, Tonsillenhypertrophie oder nicht sichtbare Uvula.

  4. Patienten mit Abnormalitäten des Halses, wie die den Hals und das Gesicht einbeziehende Adipositas, kurzer Hals, eingeschränkte Beweglichkeit des Halses, verminderte Hyoid-Kinnspitzen Distanz (< 6 cm bei Erwachsenen), Tumoren des Halses, Erkrankungen oder Traumen der Halswirbelsäule, Trachealveränderungen, oder fortgeschritten rheumatoiden Arthritis

  5. Patienten mit Missbildungen des Kiefers, wie Mikrognathie, Retrognathie, Trisomie-Patienten, oder ausgeprägter Malokklusion.

  6. Auch Menschen mit Alkohol-, Medikamenten- oder sonstigem Drogenabusus sowie höherer ASA-Klassifikation und/oder mangelnder Kooperationsfähigkeit lassen aufgrund ihres Risikoprofils höhere Anforderungen an die Sedierung erwarten.

Zur Bedeutung der obstruktiven Schlaf-Apnoe (OSA) ist die Datenlage kontrovers. Liou fand bei Anwendung des auf die OSA abzielenden Berlin Questionnaire (BQ) eine höhere Rate an Hypoxämien unter Sedierung bei Personen mit erhöhtem Risiko für ein OSA (der BQ fragt differenziert nach Schnarchverhalten und Tagesmüdigkeit) [37]. Dagegen beobachteten Andrade et al. keine erhöhte Rate an kardiopulmonalen Komplikationen bei Patienten mit bekanntem OSA während der Untersuchung und Mudambi et al. keine erhöhte Rate an Krankenhaus- oder Intensivaufnahmen oder Notfallvorstellungen [38] [39]. In den Studien wird nicht unterschieden zwischen der obstruktiven Schlaf-Apnoe und dem obstruktiven Schlaf-Apnoe-Syndrom mit Folgeerkrankungen, welches möglicherweise kritischer zu bewerten wäre.

Patienten mit hohem Risikoprofil und ERCP profitieren von einer Untersuchung in Intubationsnarkose [40]. Das Hinzuziehen des bzw. Beraten mit dem Anästhesisten bei erhöhtem Risikoprofil, erwartungsgemäß langer Interventionsdauer oder erhöhtem Risiko einer relevanten Akut-Komplikation (z. B. Aspirationsrisiko bei Interventionen im proximalen Ösophagus) impliziert jedoch nicht unweigerlich die Indikation zur Intubationsnarkose [41] [42] [43] [44].


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1.6 Empfehlung Schutzintubation

Empfehlung 1.6

modifiziert 2022

Eine tiefe Sedierung führt zu Beeinträchtigungen der Schutzreflexe (Schluck-, Hustenreflex). Dies steigert das Risiko einer Aspiration. Bei besonderen Situationen in der Notfallendoskopie, mit erhöhtem Aspirationsrisiko (z. B. schwere obere gastrointestinale Blutung) unter Sedierung, soll daher die Indikation für eine endotracheale Intubation geprüft werden. Ob eine prophylaktische Intubation mit einem erhöhten Risiko für pneumonische Infiltrate einhergeht, ist bislang nicht abschließend geklärt.

Evidenzlevel 4, Empfehlungsgrad A, starker Konsens

Hintergrund

Grundsätzlich führt eine tiefe Sedierung zur Beeinträchtigung der Schutzreflexe. Bei zusätzlichen Risiken für eine Aspiration, z. B. im Rahmen von Notfallendoskopien bei oberer gastrointestinaler Blutung, erscheint daher eine tracheale Intubation zur Prophylaxe von Aspirationen sinnvoll. Allerdings existieren keine hochwertigen Studien, die ein Überwiegen der Vorteile dieser Maßnahme belegen. Eine grundsätzliche Empfehlung kann daher nicht ausgesprochen werden.

In einer retrospektiv erhobenen Fall-Kontroll-Studie von Koch et al. [45] bei insgesamt 62 Patienten, von denen 42 Patienten im Rahmen einer Varizenblutung vor Beginn der Endoskopie eine prophylaktische endotracheale Intubation erhielten konnte gezeigt werden, dass nachfolgend bei 17 % der Patienten pneumonische Infiltrate nachweisbar waren, während dies bei den nicht-intubierten Patienten nicht der Fall war. Auch war die Letalität bei Patienten mit prophylaktischer Intubation gegenüber nicht-intubierten Patienten deutlich höher (21 % vs. 5 %).

In einer weiteren retrospektiv erhobenen Fall-Kontroll-Studie von Rudolph et al. [46] an insgesamt 220 Patienten konnte zunächst kein signifikanter Unterschied hinsichtlich des Auftretens von pneumonischen Infiltraten bei prophylaktisch intubierten und nicht-intubierten Patienten und der Letalität gezeigt werden. Allerdings lag das Auftreten fataler Episoden durch Aspiration mit 2 % vs. 0 % höher, wenn keine prophylaktische Intubation erfolgt war.

Aufgrund der unklaren Patientenzuweisung zu beiden Gruppen in solchen retrospektiven Analysen und somit eines möglichen Bias (Intubation bei schwerer kranken Patienten) sind solche Erhebungen jedoch nur von begrenztem Wert.

Bielawska et al. untersuchten in einer populationsbasierten Kohortenstudie retrospektiv Daten von 3 Millionen ambulanten Koloskopie in der Region Ontario und fanden eine Assoziation von Anästhesisten-assistierten Untersuchungen und Aspirationspneumonie [47]. Angaben zur intendierten oder erreichten Sedierungstiefe und Rate an primär mit Intubation durchgeführten Untersuchungen fehlen. Auch hier ermöglicht der retrospektive Ansatz keine Bewertung bezüglich eines durch Begleiterkrankungen geprägten Bias bei der Wahl der Sedierung.


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1.7 Empfehlung Lagerung

Empfehlung 1.7

modifiziert 2022

Bei sedierten Patienten soll auf eine korrekte Lagerung zur Vermeidung lagerungsbedingter Schäden und einer Aspiration sowie auf ein auf die Untersuchungsdauer adaptiertes Wärmemanagement geachtet werden.

Evidenzlevel 5, Empfehlungsgrad A, starker Konsens

Hintergrund

Lagerungsschäden bei gastro-intestinalen Endoskopien unter Sedierung/Anästhesie sind grundsätzlich zu vermeiden. Eine direkte Evidenz zur Frage von Lagerungsschäden in der Endoskopie liegt nicht vor. Die Empfehlung stützt sich daher auf die gemeinsame Empfehlung des Berufsverbandes Deutscher Anästhesisten und des Berufsverbandes des Chirurgen [48] und Aktualisierung BDA von 2016.

Vor allem bei flacher Sedierung können sich die Patienten unwillkürlich bewegen. Eine entsprechende Sturzprophylaxe ist durchzuführen, indem Patienten angemessen gesichert werden (z. B. Ausfallschutz, Sicherungsgurte).

Zur korrekten Lagerung bei der Anwendung von HF-Chirurgie wird auf die S2k-Leitlinie zu Qualitätsanforderungen in der Endoskopie verwiesen.

Lagerungsschäden entstehen meist durch Druck und Zug an anatomisch exponierten Stellen oder durch Überdehnung infolge länger andauernder unphysiologischen Haltung. Am häufigsten betroffen sind Plexus brachialis, N. ulnaris und N. fibularis [49].

Lagerungsschäden treten am ehesten bei Eingriffen in Bauch- und Seitenlage auf bzw. bei Umlagerung vom Untersuchungstisch ins Bett. Die Verwendung von entsprechenden Lagerungshilfsmitteln wird empfohlen. Besonders bei langdauernden Eingriffen (z. B. endoskopische Submukosa-Dissektion, retroperitoneale Intervention, etc.) ist auf eine korrekte Lagerung, ggf. mit gelegentlichem Umlagern und Entlasten beanspruchter Regionen oder Gelenke, analog zum Vorgehen bei chirurgischen Operationen, zu achten.

Ein Auskühlen der Patienten und eine Austrocknung der Augen sind durch geeignete Maßnahmen zu verhindern. In Bauchlagerung ist auch auf die kompressionsfreie Lagerung des untenliegenden Auges zu achten, um Augenschäden zu vermeiden [48].


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2 Leitlinie – Sedativa/Analgetika/Adjuvantien

2.1 Akzeptanz Patient und Untersucher

2.1.1 Patientenakzeptanz/Zufriedenheit

Empfehlung 2.1

modifiziert 2022

Eine Sedierung soll angeboten werden, da eine Sedierung den Patientenkomfort und somit die Akzeptanz des endoskopischen Eingriffs erhöhen kann. Es soll eine Sedierung angestrebt werden, die zu keinen erinnerlichen Missempfindungen führt und von kurzer Wirkdauer ist.

Evidenzlevel 1b, Empfehlungsgrad A, starker Konsens

Hintergrund

Die Durchführung einer Analgesie und Sedierung für eine Endoskopie ist von verschiedenen Einflussgrößen abhängig. So wird in großen Kliniken anders vorgegangen als in kleinen oder in Praxen von Niedergelassenen. Auch regionale Differenzen, Sicherheitsanforderungen und Vergütungen spielen eine Rolle. In den USA werden mehr als 98 % aller Koloskopien, in Kanada mehr als 90 % der Koloskopien mit Sedierung durchgeführt [15] [50]. In Europa existieren große Unterschiede. In Italien gehört eine Sedierung zum Standardvorgehen, dagegen werden in Deutschland 87 % aller Koloskopien und 74 % der Ösophagogastroduodenoskopien mit Sedierung durchgeführt [13] [51]. In Spanien werden dagegen weniger als 20 % der Patienten mit einer Sedierung koloskopiert [52]. Eine kürzlich durchgeführte Umfrage aus Griechenland ergab, dass 83,3 % der Patienten bei einer Endoskopie sediert werden [53].

Nur 12 % der amerikanischen Endoskopiker würden sich selbst einer Koloskopie ohne Sedierung unterziehen, von den anderen würde die Hälfte Propofol für eine Sedierung vorziehen [15].

Eine adäquate Analgesie und Sedierung kann die Qualität der Untersuchung und die Zufriedenheit von Patient und Untersucher beeinflussen [54]. Patienten haben in erster Linie den Wunsch nach kompletter Schmerzfreiheit, gefolgt von dem Wunsch, möglichst schnell wieder aufzuwachen [55]. In einer Studie von Abraham et al. [56] wurde gezeigt, dass Gastroskopien unter Sedierung weniger häufig Wiederholungsuntersuchungen nach sich zogen und mit einer erhöhten Patientenakzeptanz einhergingen. Die Erhöhung der Patientenakzeptanz durch Sedierung bei endoskopischen Eingriffen wurde auch durch andere Studien belegt [57] [58] [59] [60] [61] [62] [63] [64]. In einer großen Metaanalyse zeigte sich generell eine größere Patientenzufriedenheit unter Sedierung [65]. Auch bei Koloskopien ist die Patientenakzeptanz größer unter Sedierung mit Propofol [66].

Allerdings kann es bei der Verwendung von Benzodiazepinen zur Sedierung im Rahmen der Gastroskopie bei den Patienten zu Beschwerden (insbesondere Brech- und Würgereiz) kommen, die von dem Untersucher u. U. nicht wahrgenommen werden. In einer Studie von Walmsley et al. [67] lag die Rate der vom Untersucher nicht wahrgenommenen o. g. Beschwerden der Patienten bei 12 %. Auch bei einer „moderaten“ Sedierung mit Midazolam können Patienten Schmerzen empfinden [5], die vom Untersucher nicht zwangsläufig wahrgenommen werden. Diese während der Prozedur auftretenden Beschwerden werden jedoch häufig aufgrund der amnestischen Wirkung von Midazolam nach der Prozedur nicht erinnert.

Die Einflussgrößen der Patientenzufriedenheit wurden in einer Studie an insgesamt 456 Patienten untersucht, die sich Gastroskopien, Koloskopien oder der Kombination beider Prozeduren unterzogen [68]. Dabei zeigte sich in der multivariaten Analyse, dass insbesondere lange Prozeduren und jüngere Patienten (< = 50 Jahre) Faktoren waren, die mit einer größeren Unzufriedenheit einhergingen und daher eine vermehrte Wachsamkeit hinsichtlich der Sedierung erfordern. An 600 Patienten, die sich einer Koloskopie unterzogen, wurde demonstriert, dass Propofol im Vergleich zu Midazolam zu einer höheren postprozeduralen Zufriedenheit führt [69]. Eine kleinere Untersuchung an 72 Patienten, die sich einer endoskopisch submukosalen Dissektion unterzogen, ergab, dass die Zufriedenheit der Patienten mit einer Propofol-Sedierung, durch eine Prämedikation mit 0,02 mg/kg Midazolam, gesteigert werden konnte [70]. Die Tiefe der Sedierung hatte in einer Metaanalyse von koloskopierten Patienten keinen Einfluss auf die Patientenzufriedenheit. Unter einer tiefen Sedierung traten aber mehr Komplikationen im Vergleich zur leichten Sedierung auf [71].


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2.1.2 Untersucherzufriedenheit

Statement 2.2

geprüft 2022

Eine Sedierung erhöht die technische Durchführbarkeit und die Vollständigkeit der Untersuchung und steigert somit die Untersucherzufriedenheit (vor allem bei interventionellen Eingriffen).

Evidenzlevel 1b, starker Konsens

Statement 2.3

geprüft 2022

Bei interventionellen Endoskopien ist Propofol hinsichtlich der Untersucherzufriedenheit dem Midazolam überlegen.

Evidenzlevel 1b, starker Konsens

Eine Sedierung kann die technische Durchführbarkeit und die Vollständigkeit der Untersuchung verbessern und dadurch die Untersucherzufriedenheit (vor allem bei interventionellen Eingriffen) steigern [72] [73]. Ebenso kann durch Kombination von Benzodiazepinen mit einem Opioid die Untersucherzufriedenheit verbessert werden. So zeigte eine Studie [74] an 107 Patienten, die zur ÖGD entweder mittels Midazolam/Placebo oder Midazolam/Pethidin sediert wurden, dass die Untersucherzufriedenheit bei Verwendung des Kombinationsregimes signifikant besser war (< 0,001). Für die Patientenakzeptanz konnte hingegen kein wesentlicher Unterschied gezeigt werden. Eine Sedierung mit Benzodiazepinen führt in 85 % zu ausreichender Sedierung und in 71 % zu adäquaten Untersuchungsbedingungen, die Zufriedenheitswerte für Propofol allein oder in Kombination lagen aber noch höher [65].

Insbesondere bei länger dauernden und komplexeren Eingriffen ist eine tiefe Sedierung erforderlich [68] [75], um die Untersuchung ohne ungewünschte und unkontrollierbare Spontanbewegungen des Patienten sicher durchführen zu können. Vor allem bei interventionellen Endoskopien ist Propofol hinsichtlich der Untersucherzufriedenheit dem Midazolam überlegen [76]. Nicht zuletzt aufgrund der besseren Untersuchungsbedingungen zeichnet sich ein Trend zur vermehrten Verwendung von Propofol ab. Mit zunehmender Tiefe der Sedierung, durch höhere Dosen der eingesetzten Substanzen, steigt aber auch die Häufigkeit unerwarteter/unerwünschter Nebenwirkungen, (siehe auch Dosierungsempfehlungen der Fachinformationen der verschiedenen Hersteller und [Tab. 9], Seite 41). Ein Grund für Todesfälle bei oder nach Endoskopien unter Sedierung könnten zu hohe Dosierungen der verwendeten Substanzen sein [77] [78]. In einer Untersuchung mittels zwei Audits im Abstand von zwei Jahren wurde an insgesamt über 14 000 Patienten in einer Single-Center Studie aus England gezeigt, dass durch die Einführung von Leitlinien zur Sedierung in der Endoskopie die verwendeten Dosierungen von Sedativa und Analgetika zum Teil deutlich reduziert wurden. Das Outcome (z. B. Mortalität) änderte sich jedoch nicht signifikant, gleichzeitig kam es aber zu einem Anstieg an nicht vollendeten Untersuchungen aufgrund mangelnder Patientenmitarbeit [78]. Eine andere Untersuchung an 585 Patienten, die koloskopiert wurden, fand keinen Einfluss der Sedierungstiefe (moderat vs. tief) auf die Untersuchungsqualität bezüglich Adenomerkennung bzw. Polypenerkennung [79].

In einer Erhebung von 82 620 Endoskopien wurde in 42 % der Fälle eine Gabe von Propofol durch Endoskopiker dokumentiert, mit einer Nebenwirkungshäufigkeit von 0,19 % und keinen Todesfällen [80]. In einer italienischen Umfrage wurde gezeigt, dass in 66 % der Fälle Propofol durch Anästhesisten verabreicht wird [51]. In Griechenland arbeiten ca. 70 % der Endoskopiker nicht mit Anästhesisten zusammen [53].

Bei mehr als 230 000 Patienten zeigte sich in einer retrospektiven Analyse, dass eine Sedierung und Analgesie einen Qualitätsindikator für eine endoskopische Untersuchung darstellt, da sie direkt mit der Vollständigkeit der Untersuchung verknüpft war [10]. Diese Ergebnisse werden durch eine italienische Erhebung unterstützt [81]. In Deutschland sind die am häufigsten zur Sedierung verwendeten Medikamente Propofol (97 %) und Midazolam (69 %), die in 43 % der Fälle gemeinsam gegeben werden [14]. In einer neueren Umfrage [14] wurde jedoch inzwischen Propofol häufiger eingesetzt als die Benzodiazepine. Hinsichtlich der Untersucherzufriedenheit und der Ergebnisqualität der Untersuchung scheint eine kontinuierliche Verabreichung, zum Beispiel von Propofol und Remifentanil, der intermittierenden Verabreichung überlegen zu sein, obwohl die Patientenzufriedenheit bei der intermittierenden Sedierung höher lag [82].


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2.2 Monotherapien

2.2.1 Propofol

2.2.1.1 Allgemeines

Propofol ist ein Sedativum mit minimalem analgetischem Effekt. Der sedierende Effekt von Propofol beruht unter anderem auf der Bindung an GABA-Rezeptoren. Die genauen Wirkmechanismen von Propofol sind im Detail bis heute jedoch nicht vollständig geklärt. Propofol ist hochgradig lipophil und entfaltet seine Wirkung innerhalb von 30–45 Sekunden. Wie bei den meisten Hypnotika wird die Dauer der Wirkung durch die Umverteilung zwischen Wirkort, schnellen und langsamen Kompartimenten bestimmt. Die Wirkdauer ist abhängig von der Dauer der Applikation [83]. Nach kurzzeitiger kontinuierlicher Anwendung von 30–60 min beträgt die Zeit bis zum Erwachen ca. 5–10 min. Aufgrund des raschen Wirkungseintritt bei kurzer Wirkdauer scheint Propofol für die gastrointestinale Endoskopie ein geeignetes Sedativum [72] [84] [85] [86] [87] [88] [89] [90] [91]. Die Wirkung von Propofol ist individuell in Abhängigkeit von Alter [92] [93], Körpergewicht, Begleiterkrankungen oder Begleitmedikation unterschiedlich. Die Tiefe einer Propofolsedierung ist abhängig von der Dosis. Auch allein mit Propofol behandelte Patienten nehmen nicht mehr Schmerz wahr, als Patienten, die mit einem Standardsedierungsregime behandelt wurden [66]. Dies ist wahrscheinlich darauf zurückzuführen, dass Patienten sich nicht mehr an schmerzhafte Ereignisse unter Sedierung erinnern können. Schon mit der Gabe eines einzigen Bolus können verschiedene Sedierungstiefen ([Tab. 6], [7]) durchschritten und eine kurzfristige Apnoe ausgelöst werden [94]. Im Gegensatz zu Midazolam existiert für Propofol kein Antagonist. Alle Endoskopie-Teams, die mit Propofol sedieren, müssen deshalb in der Lage sein, einen Atemstillstand kurzfristig zu beherrschen (s. Kap. 4 Prozessqualität). Die Dosierung von Propofol für eine Sedierung bei einer Endoskopie erfordert ein hohes Maß an klinischer Erfahrung und Aufmerksamkeit. Propofol wird in Italien in 2/3 aller Fälle durch Anästhesisten verabreicht, in Griechenland sogar bei mehr als 64 % der Patienten [51] [95].

Nachteile von Propofol sind Injektionsschmerz, allergische Reaktionen und Hyperlipidämien. Neben Hypoxämien durch Atemdepression können bei der Anwendung von Propofol typischerweise Hypotonien und Bradykardien auftreten [96] (siehe auch [Tab. 9], Abschnitt 2.2.3.1). In Einzelfällen wurden Pankreatitiden beschrieben. Bei unsachgemäßem Umgang sind bakterielle Kontamination mit dem Potential für schwere septische Komplikationen beschrieben [97] [98]. Bei unsachgemäßem Gebrauch (z. B. Aufteilen von Ampullen) sind mehrfach Häufungen von Infektionen durch Propofol beschrieben worden. In einem aktuellen „Rote-Hand-Brief“ des Bundesinstituts für Arzneimittel (BfArm) vom Mai 2023 wird darauf hingewiesen, dass Propofol-haltige Arzneimittel ausschließlich für den einmaligen Gebrauch bei einem einzelnen Patienten zugelassen sind und die Entnahme von Propofol aus einem Behältnis unter aseptischen Bedingungen erfolgen muss. Das sogenannte Propofol-Infusions-Syndrom (PRIS) ist eine Komplikation, die schon bei kurzzeitiger Verabreichung der Substanz auftreten kann (Symptome: u. a. Rhabdomyolyse, Herzrhythmusstörungen, CK-Erhöhung; hohe Letalität) [99] [100]. Bisher wurde jedoch kein solcher Fall im Bereich der GI-Endoskopie dokumentiert. Eine Allergie gegen Hühnereiweiß, Sojaeiweiß oder Sulfit scheint aufgrund der Raffinierung der Propofol-Lösungen nicht relevant zu sein [101] [102]. Sie werden aber in den Fachinformationen noch immer gelistet und sollten beachtet werden. Neuere Formulierungen von Propofol sind zum Teil verfügbar [103] [104].

Die Anwendung von Propofol bei Endoskopien scheint generell nicht mit mehr Komplikationen einherzugehen als die Anwendung von anderen Sedierungsstrategien zum Beispiel auf Basis von Benzodiazepinen. Eine frühe Metaanalyse zeigte, dass eine Sedierung mit Propofol bei Koloskopien die Anzahl der Komplikationen reduzierte [105]. Die verwendete Propofoldosis kann durch eine Kombination mit anderen Sedativa/Analgetika gesenkt werden [106] [107]. Eine Metaanalyse, die insgesamt 20 Studien zu Propofol auswertete, kam zu dem Ergebnis, dass Propofol anderen Sedativa in Bezug auf Aufwachzeiten und Verlegungszeiten überlegen war, bei größerer Zufriedenheit der Patienten. Für die Rate an Komplikationen sowie die Durchführbarkeit der Untersuchungen wurden jedoch keine Unterschiede gefunden [66]. In einer weiteren Metaanalyse zur Sedierung von Patienten unter Endoskopien, die 36 Studien mit 3918 Patienten einschloss, wies Propofol eine kürzere Erholungszeit der Patienten im Vergleich zu Midazolam auf, bei größerer Patientenzufriedenheit [65].

Eine Metaanalyse von 22 Studien mit insgesamt 1798 Patienten fand, dass Patienten, die Propofol zur Sedierung erhielten, sich schneller erholten und schneller entlassen werden konnten, bei besserer Sedierung und besserer Patientenkooperation, ohne dass sich Unterschiede in Bezug auf die Nebenwirkungen ergaben [108]. Ähnliche Ergebnisse zeigte eine aktuell durchgeführte Metaanalyse bei Koloskopien [109]. In einer großen multizentrischen Studie (ProSed 2) an 368 206 Endoskopien fand sich eine geringe Anzahl von Komplikationen (schwere Komplikationen: 0,01 %, Todesfälle: 0,005 % leichte Komplikationen 0,03 %,). Die Kombination von Propofol mit anderen Sedativa erlaubt eine signifikante Reduktion der verwendeten Dosis, allerdings ohne eine Reduktion von kardiopulmonalen Komplikationen [110]. Auch eine neuere Metaanalyse von 22 Studien mit 2250 Patienten fand außer einer Dosisreduktion keine Vorteile für eine Kombination von Propofol mit anderen Sedativa [111].


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2.2.1.2 Techniken der Propofol-Applikation

Die Applikation von Propofol erfolgt als initiale Bolusgabe zur Einleitung der Sedierung mit anschließender Aufrechterhaltung der Sedierung durch repetitive Bolusgabe oder mittels kontinuierlicher Applikation via Perfusor. Alternative Applikationsformen zu der, derzeit in der deutschen Endoskopie gebräuchlichsten, intermittierenden Bolusgabe stellen die Perfusor-Applikation (mit initialem Einmalbolus zur Einleitung), die sog. „Target-controlled-Infusion“ (TCI), die Patienten-kontrollierte Sedierung (PCS) und die sog. „Computer-Assisted-Personalized Sedation“ (CAPS) dar. Hierbei sind die intermittierende Bolusapplikation und die Perfusor-Applikation als Standardverfahren anzusehen, während die übrigen Verfahren – zumindest hinsichtlich ihres Einsatzes in der Endoskopie – noch experimentellen Charakter haben.

2.2.1.2.1 Intermittierende Propofol-Bolusapplikation

Hierbei wird zur Einleitung ein Gewichts- und ggf. auch Alters- oder Ko-Morbiditäts-adaptierter Bolus (z. B. 40 mg bei < 70 kg KG bzw. 60 mg bei ≥ 70 kg KG) intravenös appliziert und nachfolgend bedarfsadaptiert repetitive Boli von z. B. 20 mg zur Aufrechterhaltung der gewünschten Sedierungstiefe verabreicht [112]. Gegebenenfalls kann zur Einleitung zusätzlich ein Benzodiazepin und/oder Opioid hinzugefügt werden (s. Kapitel 2.3 Kombinationstherapie). Die intermittierende Bolusapplikation wurde nahezu in allen publizierten Studien zur Frage der Sedierungseffizienz von Propofol bei endoskopischen Untersuchungen/Behandlungen im Vergleich mit anderen Pharmaka (z. B. Midazolam) eingesetzt und ist daher zurzeit in der Endoskopie die bestdokumentierte und derzeit auch gebräuchlichste Applikationsweise.


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2.2.1.2.2 Kontinuierliche Propofol-Applikation mittels Perfusorsystemen

Hierbei wird gleichfalls ein Gewichts- und ggf. auch Alters- oder Ko-Morbiditätsadaptierter Bolus von Propofol (ggf. auch kombiniert mit anderen Pharmaka) zur Einleitung der Sedierung gegeben. Danach wird die Sedierung durch eine (in der Regel) Gewichts-adaptierte Propofol-Dauerinfusion aufrechterhalten. Die Dosierung richtet sich nach der gewünschten Sedierungstiefe und dem individuellen Risikoprofil des Patienten. Die meisten Systeme erlauben die zusätzliche bedarfsadaptierte Gabe von Propofol-Boli. Spezielle Perfusorsysteme für die Anästhesie errechnen nach Eingabe verschiedener Patientenparameter (z. B. Gewicht, Größe, Alter) die Erhaltungsdosis von Propofol 1 %- oder 2 %-Lösung (nach Vorgabe der gewünschten Sedierungstiefe).

Die Propofol-Gabe mittels Perfusor ist in der Anästhesie sehr umfassend dokumentiert und gilt als Standard für die total-intravenöse Anästhesie, hinsichtlich des Einsatzes in der Endoskopie liegen bisher jedoch nur wenige publizierte Daten vor. In einem randomisierten Vergleich zwischen Perfusor-Applikation und intermittierender Bolusgabe im Bereich der interventionellen Endoskopie fand sich kein relevanter Unterschied hinsichtlich Sedierungseffektivität oder Nebenwirkungen [113], allerdings wiesen die Autoren ausdrücklich darauf hin, dass auch die Steuerung des Perfusors durch eine spezielle Person erfolgen muss. Eine Studie an Patienten über 80 Jahren zeigte, dass die kontinuierliche Verabreichung von Propofol zu einer deutlichen Tendenz von vermehrten Abfällen der Sauerstoffsättigung führte, auch wenn insgesamt nicht mehr Komplikationen im Vergleich zu jüngeren Patienten eintraten [114].


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2.2.1.2.3 Non-anaesthesiological administered propofol sedation (NAPS)

Diese Art der Verabreichung wird entweder als Propofol-Applikation durch Pflegepersonal (Nurse administered propofol sedation) oder allgemeiner wie hier als nichtanästhesiologische Applikation von Propofol (siehe Überschrift) bezeichnet.

In einem Vergleich von Endoskopiker-geführten leichten Sedierungen mit Propofol mit tiefen Sedierungen, die von Anästhesisten durchgeführt wurden, waren Patienten zufriedener mit der leichteren Sedierung und zeigten eine größere Bereitschaft, sich erneut einer Endoskopie zu unterziehen. Auch traten bei der leichteren Sedierung weniger Komplikationen auf [64].

Eine Studie an Patienten mit einem obstruktiven Schlaf-Apnoe-Syndrom, bei denen Sedierungen entweder mit Propofol durchgeführt wurde und von Pflegepersonal kontrolliert wurde oder bei denen Sedierungen in einer üblichen Sedierung mit Benzodiazepinen und Opioiden durchgeführt wurde, ergab, dass die Dauer der Prozedur in der NAPS-Gruppe geringer war bei gleicher Häufigkeit von Komplikationen [115]. Aufgrund des guten Sicherheitsprofils wurde von dem amerikanischen Endoskopiker Douglas Rex postuliert, dass Propofol durch Gastroenterologen und gastroenterologisches Pflegepersonal verabreicht werden kann [116]. In seiner Analyse von über 200 000 Fällen fand er nur 213 Patienten, die vorübergehend einer Maskenventilation bedurften und keine Intubationen oder neurologische Schäden. Aufgrund der methodischen Schwächen (retrospektive Umfrage) der Arbeit sind die Ergebnisse nur limitiert verwertbar. Andere Parameter für Morbidität wurden nicht analysiert.

In einer weiteren großen epidemiologischen Untersuchung zeigte sich bei 27 000 untersuchten Patienten immerhin in 2,3 % der Fälle ein Abfall der Sauerstoffsättigung. Bei den über 70-jährigen Patienten waren es 5,5 % der Fälle. Weitere Parameter wie zum Beispiel die Hämodynamik wurden in den meisten Fällen allerdings nicht analysiert [117]. Detaillierte Daten zur postprozeduralen Morbidität existieren nicht.

Eine „Sedation Task Force“ der American Association for the Study of Liver Disease, des American College of Gastroenterology, der American Gastroenterological Association und der American Society of Gastroenterological Endoscopy hat zur „Nonanesthesiological administered propofol sedation (NAPS)“ die Position vertreten, dass das Sicherheitsprofil von NAPS vergleichbar ist zur Standardsedierung, aber die Erfahrungen mit NAPS für die EUS und die ERCP bisher nicht ausreichend sind, um ein endgültiges Urteil abzugeben [118]. Im Jahr 2005 beantragte die American Society of Gastroenterology bei der FDA, dass Propofol nicht mehr nur durch Anästhesisten, sondern auch durch Nichtanästhesisten verabreicht werden dürfte. Dieser Antrag wurde jedoch 2010 endgültig abgelehnt [119].

Im Jahr 2010 wurde von drei europäischen Fachgesellschaften, der European Society of Gastrointestinal Endoscopy (ESGE), der European Society of Gastroenterology and Endoscopy Nurses and Associates (ESGENA) und der European Society of Anaesthesiology (ESA) eine Empfehlung zur Sedierung mit Propofol durch nicht-anästhesiologisches Personal publiziert. Die Unterstützung für diese Empfehlung wurde nach internen Diskussionen von der ESA zurückgezogen [120]. Eine aktualisierte Version wurde 2015 durch die ESGE und die ESGENA veröffentlicht [33]. In den aktuellen Empfehlungen wurde festgehalten, dass für die meisten endoskopischen Prozeduren eine Sedierung mit Propofol durch nicht- anästhesiologisches Personal gegenüber einer traditionellen Sedierung, bei vergleichbaren Nebenwirkungen, eine bessere Sedierung, mehr Kooperation durch die Patienten, eine höhere Patientenzufriedenheit, eine kürzere Zeit bis zur Sedierung, verkürzte postprozedurale Erholungszeiten und bessere Erholungs-Scores nach der Sedierung bietet. Bei fortgeschrittenen Endoskopie-Prozeduren ist die NAPS vergleichbar sicher, bei allerdings geringerer Patienten- und Untersucherzufriedenheit. Wesentliche Änderungen gegenüber der Vor-Version der Empfehlung ergeben sich hinsichtlich des Monitorings. Eine Kapnographie wird in speziellen Situationen wie z. B. bei Hochrisikopatienten, bei tiefer Sedierung und langen Prozeduren empfohlen. Propofol sollte als Monotherapie sowie als intermittierende Bolusgabe oder über Perfusor (inkl. TCI oder PCS) verabreicht werden. Patienten mit einer ASA- Klassifizierung ≥ 3, einem Mallampati-Score ≥ 3 oder speziellen Risiken sollten durch einen Anästhesisten sediert werden. Aktuelle Untersuchungen haben weitere Evidenz für die Sicherheit von NAPS auch für spezielle Patientengruppen ergeben [121] [122] [123] [124] [125].

Empfehlung 2.4

geprüft 2022

Propofol sollte in Form der intermittierenden Bolusapplikation verabreicht werden.

Evidenzlevel 1b, Empfehlungsgrad B, Konsens


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2.2.1.2.4 Patienten-kontrollierte (Analgo)-Sedierung (PCS)

Die Patientenkontrollierte Abgabe von Medikamenten stammt ursprünglich aus der Schmerztherapie und gehört heute in der postoperativen Analgesie zum Standard. Der Patient kann sich selbst durch Druck auf eine Taste eine bestimmte Dosis eines Medikamentes mit Hilfe einer programmierbaren Infusionspumpe intravenös verabreichen. Die wiederholte Gabe eines Analgetikums oder Sedativums wird nur mit einem zeitlichen Mindestabstand gestattet (sog. „Lockout“-Periode) um eine Überdosierung zu vermeiden [126]. Nachteil dieser Dosierung ist, dass der Patient häufig erst auf einen schmerzhaften Stimulus mit einer Medikamentenanforderung reagiert. Nicht selten kommt die Wirkung der applizierten Substanz dann erst nach Ende des Stimulus an [127]. Dadurch kommt es zu einer leichteren Sedierung, aber auch zu einer insuffizienten Analgesie und geringerer Patientenzufriedenheit [128]. Die PCS mag daher insbesondere bei solchen endoskopischen Untersuchungen sinnvoll sein, bei denen relativ kurzdauernde Schmerzepisoden vom Patienten zu tolerieren sind, wie es z. B. bei der Koloskopie öfters der Fall ist (z. B. Sigmapassage, Flexurenpassage). Die Gabe besonders kurzwirksamer Pharmaka über diese Systeme ist zu bevorzugen, häufig wird eine Kombination von Propofol mit kurzwirksamen Opioiden (z. B. Alfentanil, Remifentanil) verwendet [129] [130]. In einer Untersuchung an Patienten, die sich einer ERCP unterzogen, zeigte sich, dass es unter der Kombination von Propofol mit Alfentanil oder Remifentanil in der Remifentanilgruppe häufiger zu Atemdepression und Übelkeit kam [130]. Alle anderen untersuchten Parameter wie Propofolverbrauch, Patienten- und Untersucherzufriedenheit waren nicht unterschiedlich. Patienten, die eine PCS bekamen, wurden weniger tief sediert, als Patienten, die von Anästhesisten betreut wurden [129].

So führte der Einsatz eines PCS-Systems (Propofol plus Alfentanil) in einer randomisierten Studie gegenüber Midazolam und Pethidin [131] und zwei randomisierten Vergleichsstudien gegenüber Diazepam und Pethidin zu einer vergleichbaren Patientenzufriedenheit [132] [133], in zwei weiteren Studien gegenüber Midazolam gar zu einer höheren Patientenzufriedenheit [134]. In einer anderen randomisierten Studie wurde jedoch unter Verwendung von PCS ein höherer Schmerz-Score als unter Midazolam dokumentiert [131]. Unter PCS mit Propofol traten jedoch weniger unerwünschte Ereignisse (Sauerstoffuntersättigung oder Blutdruckabfall) als unter Diazepam auf [132] [133]. In zwei dieser Studien waren 97 % bzw. 78 % der mittels PCS-Technik bei der Koloskopie sedierten Patienten bereit, sich falls nötig mit der gleichen Methode wieder sedieren zu lassen [135] [136]. Jüngeres Alter, weibliches Geschlecht und niedrigere Patientenzufriedenheit waren unabhängige Faktoren für die Ablehnung des PCS-Verfahrens. In jüngerer Zeit wird Remifentanil als Opioid bei der PCS bevorzugt. In einem randomisierten, doppelblinden Vergleich zwischen Remifentanil und Pethidin bei Koloskopien zeigte sich, dass die Zufriedenheit von Patienten und Untersuchern zwischen den Gruppen nicht unterschiedlich war, auch hinsichtlich Dauer des Eingriffs und Verlegbarkeit gab es keine Differenzen [137].

In einer Schweizer Studie zum Thema PCS verweigerten 35 % aller angesprochenen Probanden die Studienteilnahme, da sie entweder einen vollständigen Bewusstseinsverlust wünschten oder selbst nicht die Verantwortung für die Medikamentengabe übernehmen wollten [127]. In dieser Studie konnte aber bei den teilnehmenden Probanden eine signifikant niedrigere Propofol-Dosis unter Einsatz der PCS, wie unter einer intermittierenden Bolusgabe (NAPS), bei der Koloskopie beobachtet werden [127].

Eine aktuelle große Single-Center Studie zeigte, dass PCS bei jüngeren Patienten und Patienten mit geringem Risiko sicher angewendet werden kann und mit weniger kardiorespiratorischen Nebenwirkungen einhergeht [138]. An Patienten, die sich einer ERCP unterzogen, war eine PCS besser als eine Sedierung mit Midazolam und vergleichbar zu einer Sedierung durch Anästhesiepersonal [139]. Eine Metaanalyse zur PCS bei Koloskopien ergab, dass die PCS im Vergleich zu einer traditionellen IV-Sedierung ähnlich effektiv ist, dass sich aber in Bezug auf Erholungszeit, Sauerstoffsättigung und Häufigkeit von Hypotonie Vorteile ergaben [140].


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2.2.1.2.5 Target-Controlled Infusion (TCI)

Das Prinzip ermöglicht die intravenöse Gabe von Propofol (oder auch anderen Pharmaka) mittels Infusionspumpe, wobei Dosierung und Infusionsgeschwindigkeit computergestützt gesteuert werden [141]. Das Computersystem kalkuliert hierbei die individuelle von der Infusionspumpe abzugebende Infusionsrate, die nötig ist, um eine voreingestellte, gewünschte Medikamentenkonzentration im Blut aufrecht zu erhalten, anhand vorgegebener Algorithmen, die verschiedene Patienten-seitige Parameter berücksichtigen (z. B. Alter, Geschlecht, Größe, Gewicht, Sedierungstiefe etc.). Nachdem die initiale Dosierung zum Erreichen der gewünschten Blutkonzentration errechnet wurde, erfolgt dann im Verlauf eine entsprechende Anpassung der Infusionsrate.

Der potentielle Vorteil der TCI-Methode gegenüber einer reinen Dauerinfusion (mit fixierter Dosis und Infusionsgeschwindigkeit) besteht in der Möglichkeit, eine Akkumulation des applizierten Pharmakons zu reduzieren (da die Infusionsgeschwindigkeit fortlaufend angepasst wird). Allerdings wird bei derzeit verfügbaren, kommerziell erhältlichen Infusionspumpen die Dosierung anhand eines pharmakokinetischen Modells berechnet, das eine Abweichung der berechneten Plasmakonzentration von 20 % von der tatsächlichen Plasmakonzentration erlaubt [142]. Dennoch scheint diese Methode gegenüber der etablierten Bolusinjektion und Infusion nach Kilogramm Körpergewicht eine sanftere Einleitung, eine genauere Titrierung der Sedierungstiefe und eine kürzere Zeit bis zum Erwachen zu erlauben [143].

In einer Evaluation an 205 Patienten, welche in tiefer Sedierung (ohne mechanische Ventilation) einer ERCP unterzogen wurden, erfolgte unter Verwendung eines TCI-Systems die Propofol-Applikation initial mit einer Zielkonzentration von 4 µg/ml, welche dann im Verlauf zwischen 2–5 µg/ml durch den Anästhesisten gehalten wurde. Zusätzlich war die Bolusapplikation von Fentanyl (50–100 µg i. v.) möglich. Seitens des Endoskopikers wurde die Sedierung in 201/205 Fällen als exzellent eingestuft, es wurden nur 4 Fälle mit Hypoxämie (pO2 < 85 %) und in einem Fall die Notwendigkeit einer Maskenbeatmung gesehen [144].

Bei Verwendung eines TCI-Systems, bei dem die Infusionsrate EEG-gestützt (mittels Bestimmung des bispektralen Index, BIS) kontrolliert wurde, wurde bei 16 Patienten eine Koloskopie durchgeführt. Im Median wurde in dieser Studie eine Propofol-Konzentration von 2,3 µg/ml angesteuert, wobei überwiegend ein BIS-Level von 80 beobachtet wurde (entspricht einer leichten bis moderaten Sedierungstiefe) [145].

Weitere Studien eruierten den kombinierten Einsatz von TCI und PCS, wobei die Applikationsrate der TCI-Pumpe durch die Betätigung einer Handtaste durch den Patienten modifiziert werden konnte. Hierbei wurden, bei allerdings kleinen Fallzahlen (n = 20–40), günstige Sedierungseffekte während Koloskopie oder ERCP dokumentiert [145] [146] [147] [148]. In der Studie von Stonell et al. [148] erfolgte ein randomisierter Vergleich des TCI/PACS-Systems mit der repetitiven Bolusgabe von Propofol bei der Koloskopie (n = 40) durch einen Anästhesisten, wobei sich keine signifikanten Unterschiede hinsichtlich Sedierungseffizienz und Komplikationsrate fanden, auch wenn die Gesamt-Propofol-Dosis in der TCI-Gruppe tendenziell niedriger war als in der Bolusgruppe (233 vs. 288 mg, p = 0,05).

In einer randomisierten, kontrollierten und doppelblinden Studie zur Anwendung der TCI bei Gastroskopien und Koloskopien wurde eine sehr hohe Patienten- und Untersucherzufriedenheit mit der TCI, im Vergleich zu einer Standardsedierung mit Fentanyl und Midazolam, demonstriert [149]. 94,3 % der Patienten gaben an, bei einer zukünftigen

Untersuchung erneut eine TCI Sedierung zu wünschen gegenüber nur 71,4 % der Patienten, die die traditionelle Sedierung erhielten. Abhängig von der Höhe der gewählten Target-Effect-Site Konzentration kommt es unter Sedierung zu Schluckstörungen, die unter TCI aufgrund der berechneten Konzentrationen besser abzuschätzen sind, als unter einer nicht- konzentrationskontrollierten Sedierung [150]. Eine zusätzlich zur TCI eingesetzte Messung des bispektralen Index (BIS) kann helfen, die Targetkonzentration anzupassen [151]. Eine Studie an im Training befindlichen Anästhesiepersonal zeigte, dass sich bei Verwendung einer TCI im Vergleich zu einer manuell durchgeführten Sedierung die Sedierungsqualität und die Sicherheit verbesserten [152]. Weiter aktuelle Untersuchungen an unterschiedlichen Patientengruppen unterstützen ebenfalls die sichere Anwendung von TCI [153] [154] [155] [156] [157].


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2.2.1.2.6 Computer-Assisted Personalized Sedation (CAPS)

Dieses Verfahren erweitert die TCI-Gabe von Propofol um eine zusätzliche Implementierung sowohl von physiologischen Monitoring-Parametern (Pulsfrequenz, Blutdruck, O2-Sättigung und kapnographische Bestimmung der CO2-Exhalation) wie von Patienten-Reaktionen auf gezielte verbale (über Kopfhörer) und taktile (via Vibrationsmaus) Stimuli. Somit wird die Sedierung vollständig computergestützt gesteuert durchgeführt und überwacht. Ein kommerzielles System der Firma Ethicon ermöglicht derzeit nur die Steuerung einer moderaten Sedierungstiefe, tiefe Sedierungen oder Narkosen sind bislang nicht vorgesehen. Das System ist seit 2013 in den USA zur Anwendung bei Patienten der ASA I und II Risikoklassen zugelassen. Auch in Kanada liegt eine Zulassung vor, in Europa wurde 2010 das CE Zeichen erteilt [158].

In einer ersten bi-zentrischen Evaluation in USA und Belgien konnte bei insgesamt 96 Patienten, bei denen eine Gastroskopie oder Koloskopie durchgeführt wurde, ein ausreichender Sedierungseffekt ohne Komplikationen beobachtet werden. Nach initialer Bolusgabe von Fentanyl (25–100 µg) wurden zwischen 20–350 mg (Median 70 mg) Propofol über das System verabreicht [159]. Dabei kam es in der CAPS Gruppe seltener zu Abfällen der Sauerstoffsättigung, als in der Gruppe der Patienten, die in üblicher Weise Midazolam und ein Opioid erhielten [128] [159]. Ein weiteres System befindet sich in Entwicklung [128].

An 244 Patienten, die sich Ösophagogastroduodenoskopien oder Koloskopien unterzogen, wurde im Vergleich zu einer manuellen Sedierung mit Fentanyl und Midazolam eine höhere Zufriedenheit bei Patienten und Untersuchern bei vergleichbaren Erfolgsraten für die Untersuchung und Nebenwirkungen gefunden [160]. Auch bei 2677 ambulant durchgeführten Koloskopien wurde CAPS erfolgreich verwendet. Im Vergleich zu einer historischen Kontrolle

war die Erholungszeit der Patienten deutlich kürzer [161]. Bei 926 ambulanten Gastroskopien wurden ähnliche Befunde erhoben [162].

Aufgrund eines generellen Trends zu tieferen Sedierungen konnte sich ein kommerzielles CAPS-System am Markt nicht durchsetzen. Es wurde bereits 2 Jahre nach Einführung wieder eingestellt. Eine Zulassung weiterer Systeme ist zum aktuellen Zeitpunkt nicht abzusehen.


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2.2.2 Benzodiazepine

Benzodiazepine induzieren eine Anxiolyse, Amnesie und Sedierung und wirken außerdem antikonvulsiv und zentral muskelrelaxierend. Auch Atemdepression und Hypotonie werden unter Benzodiazepinen beobachtet. Die Wirkung erklärt sich über eine Bindung dieser Substanzen an GABA-Rezeptoren. Unterschiedliche Benzodiazepine besitzen unterschiedlich stark ausgeprägte pharmakologische Eigenschaften (z. B.: sedierender Effekt oder anxiolytischer Effekt) [163].

2.2.2.1 Diazepam

Diazepam war zu Beginn der Endoskopie das einzig verfügbare Sedativum, ist aber inzwischen bei endoskopischen Untersuchungen in westlichen Ländern nur noch selten in Gebrauch. Dies beruht auf der vergleichsweise langen Halbwertszeit im Gegensatz zu nachfolgenden kurz wirksamen Benzodiazepinen wie Midazolam [164] [165] [166]. Diazepam weist im Gegensatz zum Midazolam eine deutlich längere Eliminationshalbwertszeit auf (30–100 h Diazepam vs. 1,5–3 h Midazolam). An Nebenwirkungen kann es vorwiegend bei Diazepam zu Atemdepression [167], Husten und Dyspnoe kommen. Weiterhin kann eine Phlebitis an der Injektionsstelle auftreten, insbesondere bei Verwendung wasserlöslicher Darreichungsformen [168]. Die übliche Dosis ist die Einmalgabe von 5–10 mg (siehe auch Dosierungsempfehlungen der Fachinformationen der verschiedenen Hersteller).


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2.2.2.2 Midazolam

Midazolam war als kurzwirkendes Benzodiazepin über lange Zeit das wohl am häufigsten verwandte Sedativum in der Endoskopie [169]. Die sedierende Potenz ist um den Faktor 1,5–3,5-mal größer als bei Diazepam [170]. Die Substanz wirkt nach 1–3 Minuten, das Wirkmaximum ist nach 3–4 Minuten erreicht, obgleich die Wirkdauer 15–80 Minuten anhält [171] und von Ko-Faktoren wie Übergewicht, fortgeschrittenem Alter und Erkrankungen der Leber und Niere abhängig ist. Dosis-abhängig besitzt es, wie andere Benzodiazepine, hypnotische, anxiolytische, amnestische und antikonvulsive Eigenschaften. Die wesentlichen Wirkungen werden über eine Aktivierung von Gamma-Aminobuttersäure-(GABA)-Rezeptoren vermittelt. Alle GABA-Rezeptor-vermittelten Effekte von Midazolam lassen sich durch den spezifischen Antagonisten Flumazenil aufheben. Bei mehrfacher oder kontinuierlicher Gabe kann es mit Midazolam zu Kumulationseffekten kommen. Midazolam wird im Wesentlichen über CYP3A4 metabolisiert [172]. Das Nebenwirkungsprofil entspricht dem des Diazepam, jedoch treten Phlebitiden seltener auf [173]. Wie gelegentlich auch bei anderen Benzodiazepinen kann nach Midazolam-Gabe selten eine paradoxe Reaktion, gekennzeichnet durch Aggressivität, Feindlichkeit und Unruhe, auftreten. Diese wird bei kurz dauernder oraler Anwendung mit ca. 5 % beschrieben [174]. In einer Studie von Christe et al. [175] zur Sedierung mit Midazolam bei älteren Patienten (mittleres Alter 84 ± 7 J) während der ÖGD zeigten sich bei 14 % der Patienten noch am Folgetag Verwirrtheitszustände. Benzodiazepine werden als unabhängige Risikofaktoren für das Auftreten eines Delirs angesehen [176].

Bei der Gastroskopie wird Midazolam gewöhnlich als Bolus von 30 bis 80 µg/kg KG verabreicht [84] [85] [175] [177]. Bei der Koloskopie wird meist ein Anfangsbolus zwischen 30 und 50 µg/kg mit nachfolgenden Boli geringerer Dosis bis zur nötigen Sedierungstiefe [134] [177] [178] gegeben, wobei ab einem Alter von über 60 Jahren geringere Dosierungen empfohlen werden [133] [175] [178] [179] [180]. Die Wirkdauer von Midazolam ist abhängig von der Dauer der Applikation, da Midazolam zur Kumulation neigt (Kontext-sensitive Halbwertszeit). Die Wirkung anderer Sedativa und Hypnotika wird verstärkt [163]. Prinzipiell erscheint bei Sedierungswunsch die Verabreichung von Midazolam vor Untersuchungsbeginn günstiger als die Gabe nach Bedarf während der Untersuchung [181] [182]. Eine Metaanalyse der Cochrane Database zur präprozeduralen Gabe von Midazolam fand aber keine eindeutigen Belege für günstige Effekte [183].


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2.2.2.3 Antagonisierung der Wirkung von Midazolam durch Flumazenil

Die Wirkung von Midazolam kann durch den Benzodiazepinspezifischen Antagonisten Flumazenil aufgehoben werden [184] [185]. In einer Studie von Mora et al. [186] konnte gezeigt werden, dass Flumazenil stärker in der Antagonisierung von Benzodiazepin induzierter Sedierung und Amnesie, als in der respiratorischen Hypoventilation ist. Die Aufhebung der Midazolam induzierten Atemdepression erfolgt 120 Sekunden nach intravenöser Flumazenilgabe [187]. Die Halbwertszeit von Flumazenil beträgt 0,7–1,3 Stunden, mit einer durchschnittlichen Dauer des antagonisierenden Effekts von 1 Stunde. Da der Effekt von Midazolam 80 Minuten oder länger andauern kann, besteht die Gefahr der Re-Sedierung, so dass erneute Flumazenil-Gaben notwendig werden können. Patienten, die nach Flumazenilgabe mit einer Bewusstseinsaufklarung reagieren, müssen daher – über die Wirkdauer des Flumazenils hinaus – überwacht werden, um einen Rebound zu erkennen und zu therapieren.

In einer Studie von Andrews et al. [188], erhielten 50 Patienten nach Gastroskopie mittels Midazolam-Sedierung, unmittelbar nach der Untersuchung und 30 Minuten später entweder Flumazenil oder Placebo. Patienten, die Flumazenil erhielten, zeigten bereits 5 Minuten später eine deutliche Verbesserung des Erinnerungsvermögens, der Psychomotorik und der Koordination (p < 0,001). Eine erneute Re-Evaluation der gleichen Parameter nach 3,5 Stunden konnte jedoch keinen Unterschied in den beiden Gruppen zeigen. Hingegen zeigten die Ergebnisse einer Studie von Bartelsman et al. [189] an 69 Patienten, die nach Midazolamgabe zur ÖGD Flumazenil oder Placebo erhielten, keinen Hinweis für eine Re- Sedierung innerhalb von 6 Stunden.

Die routinemäßige Gabe von Flumazenil nach Beendigung einer Untersuchung reduziert zwar die Aufwachzeit [190], eindeutige Vorteile für den Patient und den Untersucher konnten bisher jedoch nicht dokumentiert werden. Auch ist Vorsicht bei Patienten mit bestehender Carbamazepin-Medikation, hoch dosierter Medikation mit trizyklischen Antidepressiva oder chronischem Benzodiazepinabusus geboten, da es hier zu Krampfanfällen oder Entzugserscheinungen kommen kann. Die routinemäßige Verwendung von Flumazenil kann daher nicht empfohlen werden. Bei Patienten, bei denen die Anwendung von Flumazenil dennoch nötig werden sollte, ist auf einen entsprechend längeren Überwachungszeitraum zu achten.

Insgesamt scheint die Anwendung von Antagonisten wie Flumazenil eher selten zu sein. In einem Untersuchungszeitraum von 5 Jahren wurden Flumazenil und/oder Naloxon nur in 0,03 % der Fälle eingesetzt. Gründe waren ein Abfall der Sauerstoffsättigung, Änderungen der Atmung, Hypotension und Bradykardie. Im Vergleich zu einer gematchten Kontrollgruppe wurden Antagonisten häufiger bei Älteren, weiblichem Geschlecht, höherer ASA-Klasse und höherem Mallampati-Index eingesetzt [191].


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2.2.2.4 Remimazolam

Zu den Neuentwicklungen für die endoskopische Sedierung gehört das Benzodiazepin Remimazolam, das sich aktuell in der Endphase der Zulassung befindet. Aufgrund des speziellen Metabolismus von Remimazolam ist die Erholungsphase deutlich kürzer als beim Midazolam (7,2 min zu 15,7 min) [192]. Remimazolam wirkt vergleichbar zu Midazolam an GABA-Rezeptoren, wird aber im Gegensatz zu Midazolam ähnlich wie Remifentanil über Gewebsesterasen zu inaktiven Metaboliten abgebaut. In einer Phase IIa Dosisfindungsstudie konnte eine dosisabhängige schnelle, gut kontrollierbare und sichere Sedierung für Patienten gezeigt werden, die sich einer Gastroskopie unterzogen [193]. Eine Phase III Studie untersuchte den Einsatz von Remimazolam bei 461 Patienten mit einer ambulanten Koloskopie. Bei einer vergleichbaren Nebenwirkungshäufigkeit hatten Patienten, die Remimazolam erhielten ein günstigeres neuropsychiatrisches Erholungsprofil [194]. Ein Protokoll für eine Metaanalyse der vorhandenen Studien zu Remimazolam wurde kürzlich publiziert [195].


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2.2.3 Propofol versus Midazolam

Empfehlung 2.5

geprüft 2022

Aufgrund der Daten zu Wirkungsprofil und Komplikationen sollte Propofol bevorzugt vor Midazolam verwendet werden.

Evidenzlevel 2b, Empfehlungsgrad B, starker Konsens

Die Daten zu Wirkungsprofil und Komplikationen legen den Schluss nahe, Propofol bevorzugt vor Midazolam bei Sedierungsbedarf in der gastrointestinalen Endoskopie zu verwenden. Individuelle Abstimmungen auf die Patientensituation und den Untersuchungstyp sowie die Erfüllung der in dieser Leitlinie genannten persönlichen, personellen, apparativen und strukturellen Voraussetzungen sind jedoch erforderlich.

Sowohl von Patienten als auch von Untersuchern wird eine Sedierung mit Propofol im Vergleich zu Benzodiazepinen als gleich gut oder besser [87] [88] [132] [196] [197] beurteilt. In den letzten Jahren hat daher die Bedeutung von Propofol für die Sedierung bei gastrointestinalen Endoskopien deutlich zugenommen. So wurde schon von einem Paradigmenwechsel in der Endoskopie gesprochen, nicht zuletzt deshalb, weil Patienten zum Teil spezifisch nach einer Sedierung mit Propofol fragen [72].

Randomisierte Studien legen den bevorzugten Gebrauch von Propofol für ÖGD, Koloskopie und ERCP nahe [72] [84] [85] [86] [87] [88] [89] [90] [91] [197] [198] [199] [200] [201]. Vorteile bei der Sedierung mittels Propofol im Vergleich zu Benzodiazepinen liegen in der kürzeren Zeit bis zum Wirkungseintritt [87], der – insbesondere bei interventionellen Endoskopien (wie der ERCP) – signifikant besseren Patientenkooperation [198] [202] sowie der schnelleren Erholungszeit für die Patienten [200], auch hinsichtlich der psychomotorischen Funktionen [86]. Bei Patienten, die sich einer ESD unterzogen, zeigte sich im Vergleich einer Propofolgruppe mit einer Midazolamgruppe eine deutlich höhere Zufriedenheit der Untersucher mit den Untersuchungsbedingungen [203].

Bei der Koloskopie erleichtert die Sedierung mit Propofol die Untersuchung [204], wobei eine moderate Sedierung („conscious sedation“) bei Koloskopien in der Regel ausreicht [205].

Eine differenziertere Betrachtung zeigt keinen Einfluss von Propofol auf die Patientenzufriedenheit bei oberen GI-Endoskopien [84] [85] [197] [206], dagegen zeigte sich ein Vorteil für Propofol bei Koloskopien [86] [87] [196].

In einer vergleichenden Metaanalyse von 5 Publikationen, die 552 Patienten einschlossen, wurde gezeigt, dass die Untersucherzufriedenheit bei Verwendung von Propofol höher lag als bei Midazolam. Patientenzufriedenheit und Verlegungskriterien unterschieden sich nicht, es kam aber unter Propofol häufiger zu Hypotonien als unter Midazolam [207].

Eine kürzlich publizierte doppelblinde Studie bei ambulanten Koloskopien ergab in Bezug auf Untersuchungsdauer, Einleitungsdauer sowie Erholungs- und Verlegungszeit deutliche Vorteile für Propofol verglichen mit einem Midazolam-Bolus bzw. titriertem Midazolam [208].

In einer Untersuchung an 1000 Patienten, die endosonographiert wurden, fand sich eine Komplikationsrate von 0,6 % mit Propofol im Vergleich zu 1 % bei einer historischen Kontrollgruppe, die Midazolam und Pethidin erhielt [72]. Unter den Propofolpatienten waren allerdings einer mit einer Aspirationspneumonie und drei Patienten, die endotracheal intubiert werden mussten [72]. Die Untersucherzufriedenheit war größer in der Propofolgruppe, die Eingriffszeiten deutlich kürzer. Eine häufig auftretende Komplikation mit potentiell schwerwiegenden Folgen war die Apnoe.

Auch bei komplexeren Prozeduren, wie einer endoskopisch submukosalen Dissektion hat Propofol Vorteile gegenüber Midazolam [209]. So kam es in einer mit Propofol sedierten Gruppe seltener zu Körperbewegungen, als unter Midazolam [210]. Abgesehen von Hypotonien, die unter Propofol häufiger auftraten, waren die Nebenwirkungen in beiden Patientengruppen vergleichbar. Auch bei Patienten mit Lebererkrankungen, wie z. B. einer Leberzirrhose, ist Propofol gegenüber Midazolam zu bevorzugen, wie sich in einer vergleichenden Studie an 90 Patienten zeigte [211].

2.2.3.1 Kardiorespiratorische Komplikationen

Vergleichende Daten zu Komplikationen wurden in einer Metaanalyse von Quadeer et al. [105] aus 12 randomisierten Studien zusammengestellt: Darin wurde das relative Risiko einer Sedierung mit Propofol gegenüber Benzodiazepinen beschrieben. Der Einsatz von Propofol war bei der Koloskopie mit signifikant weniger Nebenwirkungen assoziiert. Bei anderen

endoskopischen Eingriffen (ÖGD, ERCP) war kein signifikanter Unterschied feststellbar. Eine neuere Metaanalyse, die insgesamt 20 Studien analysierte, fand bei größerer Patientenzufriedenheit mit Propofol keine Unterschiede in Bezug auf die Komplikationsrate [66].

Bei Verwendung von Propofol im Rahmen der ERCP zeigt sich jedoch ein im Vergleich zur Sedierung mittels Midazolam/Pethidin teils signifikant erhöhtes Risiko für das Auftreten einer arteriellen Hypotonie [197] [198] [199] [212] [213] und auch ein Abfall der Sauerstoffsättigung unter 90 % wird bei Sedierung mittels Propofol tendenziell, wenn auch nicht signifikant häufiger beobachtet (siehe [Tab. 9]).

Tab. 9

Vergleich der Vitalparameter bei Sedierung mittels Propofol versus Midazolam/Pethidin im Rahmen der ERCP (starker Konsens).

Autor

Vitalparameter

Propofol

Midazolam/Pethidin

Unterschiede

Vargo JJ [58]

SpO2 < 90 %

21/37 (57 %)

14/38 (37 %)

ns

RR < 75 % vom Ausgangswert

7/37 (18,9 %)

6/38 (15,8 %)

ns

HF < 75 % vom Ausgangswert

3/37 (8,1 %)

0/38 (0,0 %)

ns

Riphaus A [121]

SpO2 < 90 %

7/75 (9,0 %)

8/75 (11 %)

ns

Mittlerer Abfall der SpO2

3 % (2 %)

6 % (3 %)

< 0,01[**]

RR < 90 mmHg

4/75 (5,3 %)

6/75 (8 %)

ns

HF < 50/Min.

4/75 (5,3 %)

3/75 (4 %)

ns

Wehrmann T [115]

SpO2 < 90 %

8/98 (8,2 %)

11/99 (11 %)

ns

Mittlerer Abfall der SpO2

3 % (2 %)

5 % (3 %)

< 0,01[**]

RR < 90 mmHg

2/98 (2,0 %)

7/99 (7,1 %)

ns

HF < 50/Min.

2/98 (2,0 %)

5/99 (5,1 %)

ns

Krugliak P [120]

N

14

15

RR < 20 % vom Ausgangswert

37,0 ± 30,1

25,2 ± 18,6

ns

HF < 20 % vom Ausgangswert

48,2 ± 38,0

14,6 ± 25,0

< 0,01[**]

Jung M [66]

N

40

40

Abfall Sp02 (%)

-2

-4

ns

Mittlerer RR Abfall (%)

14

17

ns

Anstieg der HF (%)

+ 3,5

+ 2

ns

ns = nicht signifikant.

**  = signifikant (p < 0,01).


In einer Risikofaktoren-Analyse von Wehrmann und Riphaus [214] bei 9547 Patienten die über einen 6 Jahreszeitraum eine Propofol-Sedierung im Rahmen der interventionellen oberen Endoskopie (ÖGD, n = 5374, ERCP, n = 3937, EUS, n = 236) erhielten, hatten 3151 Patienten eine Propofol-Monosedierung und 6396 Patienten eine Kombinationstherapie mit Propofol/Midazolam. Insgesamt wurden 135 schwerwiegende Komplikationen, die zu einem vorzeitigen Abbruch der Untersuchung führten, dokumentiert (1,4 %). Eine kurzfristige Maskenbeatmung war bei 40 Patienten (0,4 %) und eine endotracheale Intubation bei 9 Patienten (0,09 %) notwendig. Acht Patienten bedurften einer weiteren Überwachung auf Intensivstation (0,3 %), 4 Patienten verstarben, in 3 Fällen im Rahmen potentiell auch Sedierungs-assoziierter Nebenwirkungen (Mortalitätsrate 0,03 %). Nach multivariater Analyse der Daten waren Notfalluntersuchungen und eine höhere Propofol-Dosis als unabhängige Risikofaktoren für das Auftreten von kardio- respiratorischen Komplikationen zu werten [214]. In einer Studie, die eine Gruppe von Patienten, die nur Propofol für eine ERCP erhielt, mit einer Gruppe verglich, die vor der Gabe von Propofol mit Midazolam prämediziert wurde, fanden sich weniger Sauerstoffsättigungsabfälle in der Kombinationsgruppe, eine deutlich niedrigere Propofol-Dosierung und nicht zuletzt eine geringe Angst der Patienten vor dem Eingriff [215].

In einer großen multizentrischen Untersuchung an 177 944 Patienten der ASA-Klassen I und II, die sich Ösophagogastroduodenoskopien oder Koloskopien unterziehen mussten, wurde bei 64,4 % der Patienten Propofol alleine und bei 22,4 % eine Kombination aus Propofol und Midazolam gegeben. Die Sedierung wurde in 56,5 % durch Endoskopie-Personal durchgeführt. Es traten keine schweren Nebenwirkungen auf, leichtere Nebenwirkungen waren häufiger bei Patienten, die Midazolam und ein Opioid erhielten [216]. Dagegen wurden in einer Analyse von 73 029 Prozeduren 39 lebensbedrohliche Vorkommnisse wie z. B. kardiorespiratorischer Arrest oder signifikante Hypoxie registriert. Es wurden Patienten aller ASA-Klassen eingeschlossen. Die Autoren weisen darauf hin, dass es insbesondere bei Patienten, die mit Propofol sediert wurden, zu einer Zunahme von Komplikationen kam. Dies wurde vor allem auf Patienten mit Komorbiditäten sowie auf eine Tendenz zu tieferen Sedierungen zurückgeführt [217]. Eine Metaanalyse zur Häufigkeit insbesondere von kardiorespiratorischen Nebenwirkungen von Propofol fand aber im Vergleich zu traditionellen Sedativa wie Midazolam keine signifikanten Unterschiede zwischen den Sedierungsstrategien [218].


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2.2.3.2 Amnesie


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2.2.3.3 Diazepam versus Midazolam

Empfehlung 2.6

modifiziert 2022

Wenn im begründeten Einzelfall mit Benzodiazepinen sediert werden soll, dann soll Midazolam Diazepam wegen der kürzeren Halbwertszeit vorgezogen werden

Evidenzlevel 2b, Empfehlungsgrad A, Konsens

Die Amnesie nach Midazolam ist eindeutig untersucht [219] und in Studien signifikant nachgewiesen. Wird eine Amnesie nicht gewünscht, muss auf Midazolam verzichtet werden. Eine Alternative als Benzodiazepin ist das Diazepam [165] [166]. Die längeren Halbwertszeiten von Diazepam haben sich in Studien nicht als nachteilig gegenüber Midazolam dargestellt [166] [170] [220]. Allerdings war der Patientenkomfort in einigen Studien nach Diazepam geringer als nach Midazolam. Unter dem Gesichtspunkt Amnesie als Nebenwirkung weist Midazolam die höchste Potenz dieser NW aller untersuchten Sedierungskonzepte auf. Beispiele für einen begründeten Einsatz von Benzodiazepinen finden sich unter anderem in [107] [215].


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2.2.4 Sonstige Pharmaka als Monotherapeutika

2.2.4.1 Einleitung

Unter sonstige Pharmaka sind weitere – nicht den gängigen Substanzklassen zuzuordnende – entweder sedierend/hypnotisch oder analgetisch wirksame Substanzen zu nennen. Hierunter fallen Opioide und Ketamin (als Monotherapeutika), Inhalationsanästhetika, nicht-steroidale Antiphlogistika sowie die Neuroleptanalgesie. Aus der Vergangenheit gibt es zu diesen Substanzen nur wenige Studien, die mit mäßigem Evidenzgrad die prinzipielle Eignung dieser Pharmaka zur Sedierung aufgezeigt haben. Die Auswertung der Literatur zeigt, dass

  1. die Häufigkeit unerwünschter Nebenwirkungen erheblich höher ist als bei den gebräuchlichen Konzepten

  2. einige dieser Konzepte (wie z. B. Neuroleptanalgesie) auch in der modernen Anästhesie verlassen wurden;

  3. zur Anwendung von Ketamin fehlt die wissenschaftliche Evidenz; spezifische Nebenwirkungen lassen die Anwendung von Ketamin als Monosubstanz als nicht sinnvoll erscheinen. Bezüglich der Anwendung von Ketamin im Rahmen von Kombinationstherapien (z. B. in Kombination mit Midazolam oder Propofol) liegen nur wenige Studien mit geringer Fallzahl vor, die einen positiven Effekt vermuten lassen. Hier bedarf es jedoch der weiteren Evaluation in randomisierten Studien mit ausreichender Fallzahl.

  4. bezüglich der Inhalationsanästhetika ist zu beachten, dass diese spezielle Geräte, besondere Überwachungsverfahren und Anforderungen an die Sicherheit der Arbeitsplätze erfordern. Da bei der Endoskopie von offenen Inhalationssystemen ausgegangen werden kann, ist die Einhaltung von MAC-Werten der verwendeten Substanzen nicht möglich, insbesondere da eine routinemäßige Sicherung des Atemweges (Intubation, dichte Larynxmaske) bei der Endoskopie ungebräuchlich ist.

  5. für einen routinemäßigen Einsatz von NSAR im Rahmen endoskopischer Untersuchungen ist aufgrund der aktuellen Datenlage keine hinreichende Evidenz gegeben.

Empfehlung 2.7

geprüft 2022

Opioide, Ketamin, Inhalationsanästhetika oder Neuroleptika sollten nicht als Monotherapeutika zur Sedierung in der Endoskopie eingesetzt werden.

Evidenzlevel 5, Empfehlungsgrad B, starker Konsens


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2.2.4.2 Opioide als Monotherapeutikum

2.2.4.2.1 Fentanyl

2.2.4.2.1.1 Allgemeines

Fentanyl ist ein lipophiles, synthetisches Morphinderivat, das ca. 600-mal potenter als Pethidin und 100-mal potenter als Morphium ist. Nach intravenöser Applikation setzt die Wirkung durch Bindung an spezifische Opiatrezeptoren im Gehirn und Rückenmark bereits nach ca. 20 Sekunden ein. Das Wirkungsmaximum ist nach 6 Minuten zu erwarten, wobei die Dauer der Analgesie 20–30 Minuten beträgt. Die initiale Dosis beträgt üblicherweise 50–100 µg. Bei älteren Patienten ist eine entsprechende Dosisreduktion vorzunehmen. Die häufigste unerwünschte Nebenwirkung ist die Atemdepression, mit der aufgrund der starken Potenz des Präparates bereits ab einer Dosierung von 100 µg (bei Erwachsenen) zu rechnen ist. Darüber hinaus kann es zu einer Thoraxrigidität kommen, die die Eigenatmung oder eventuelle Beatmung des Patienten erschweren kann. Die Effekte auf Blutdruck und Herzfrequenz sind eher gering und meist durch einen Abfall dieser Parameter durch eine zentrale Sympathikolyse gekennzeichnet. Darüber hinaus können Spasmen der glatten Muskulatur an Gallenwegen und Pankreas, sowie eine spastische Obstipation auftreten. Das Auftreten von Übelkeit und Erbrechen unter Fentanyl ist vergleichbar mit anderen Opioiden. Auch wenn Fentanyl üblicherweise als Analgetikum im Rahmen der Allgemeinanästhesie (häufig in Kombination mit anderen Präparaten) oder bei chronischen Schmerzen i. A. transdermal verwendet wird, gibt es nur wenige Studien mit geringer Fallzahl, die die Anwendung im Rahmen der Endoskopie untersucht haben.

In Studien, die die Durchführung einer ÖGD bzw. Sigmoidoskopie unter Fentanylgabe im Vergleich zum Verzicht auf eine Analgesie untersuchten, wurde eine verbessere Patientenakzeptanz und -toleranz beschrieben. Kardiorespiratorische Komplikationen wurden nicht beobachtet [221] [222]. In einer Untersuchung, bei der Fentanyl mit Pethidin bei Endoskopien verglichen wurde, zeigte sich eine kürzere Untersuchungsdauer bei Anwendung von Fentanyl. Mit Fentanyl konnte eine schnellere Wiederherstellung der Patienten erreicht werden. Postprozedurale Schmerzscores wiesen aber auf eine bessere Analgesie von Pethidin hin [223]. Dagegen konnte in einem Vergleich mit Remifentanil für die Analgesie bei 180 Patienten, die eine tiefe Sedierung erhielten, ein besserer postprozeduraler Schmerz-Score in der Fentanyl-Gruppe gezeigt werden [224].


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2.2.4.2.2 Remifentanil

2.2.4.2.2.1 Allgemeines

Für die routinemäßige Verwendung von Remifentanil, einem hochpotenten synthetisch hergestellten Opioid mit extrem kurzer Halbwertszeit (2–3 min), sind die Daten zur Mono-Applikation spärlich. Remifentanil wird überwiegend in Kombination mit Midazolam oder Propofol eingesetzt, um die jeweils applizierte Menge zu reduzieren. Remifentanil wird nach intravenöser Injektion unabhängig von der Leber- und Nierenfunktion durch unspezifische Esterasen in Blut und Gewebe innerhalb weniger Minuten hydrolytisch gespalten. Dabei kommt es auch nach längerer kontinuierlicher Anwendung nicht zu einer Kumulation [225]. Wie bei anderen Opioiden kann die Anwendung von Remifentanil zu einer Atemdepression führen. Auch eine Muskelrigidität insbesondere der Atemmuskulatur wird beobachtet. Diese Nebenwirkungen treten vor allem bei Bolusgabe auf, so dass die Substanz bei spontan atmenden Patienten nur als kontinuierliche Infusion appliziert werden soll. Der Einsatz wird auf eine Umgebung, die vollständig zur Überwachung und Unterstützung der Atmungs- und Herz- Kreislauffunktionen ausgestattet ist, beschränkt (laut Fachinformation).

In einer randomisierten Studie von Akcaboy et al. [226] erhielten 100 Patienten im Rahmen der Koloskopie eine kontinuierliche Infusion von Remifentanil (Bolus: 0,5 µg/kg, dann 0,05 µg/kg/min kontinuierlich) oder Propofol (Bolus: 0,5 mg/kg gefolgt von 50 µg/kg/min). Bei Verwendung von Remifentanil war die Untersuchungsdauer länger und die Sauerstoffsättigung nach Bolusgabe niedriger als nach Propofol. Wenngleich die Aufwachzeit nach Remifentanilgabe kürzer war, zeigte sich kein Vorteil in der Entlassungszeit. Übelkeit und Erbrechen wurden in der Remifentanilgruppe darüber hinaus wesentlich häufiger beobachtet. Fanti et al. führten einen randomisierten, doppelblinden Vergleich zwischen Remifentanil und Pethidin bei Koloskopien durch. Nach einem initialen Bolus wurde Remifentanil patientenkontrolliert appliziert. Patienten der Pethidin-Gruppe erhielten einen Bolus sowie eine Kochsalz-gefüllte Pumpe zur Patientensteuerung. Die Zufriedenheit von Patienten und Untersuchern war nicht unterschiedlich zwischen den Gruppen, auch hinsichtlich Dauer des Eingriffs und Verlegbarkeit gab es keine Differenzen [137]. In einer weiteren Studie wurde Remifentanil mit einer Kombination von Midazolam und Pethidin bei Koloskopien verglichen. Es zeigte sich eine schnellere Erholung der Remifentanilpatienten bei besserer hämodynamischer Stabilität, weniger respiratorischen Komplikationen im Vergleich mit der Kontrollgruppe [227].

Im Vergleich von Remifentanil allein und Pethidin mit Midazolam bei Koloskopien wurde eine ähnliche Nebenwirkungshäufigkeit bei kürzerer Erholungszeit und besserer intraprozeduraler Kommunikation mit den Patienten gefunden [228]. Eine weitere Studie fand ebenfalls eine adäquate Analgesie, schnellere Erholung und größere Untersucherzufriedenheit mit Remifentanil allein, verglichen mit Remifentanil und Midazolam sowie Pethidin und Midazolam [229]

Mittels der Up-and-Down Methode wurde ein pharmakokinetisches Modell zur Dosierung von Remifentanil mit Propofol entworfen [230] Mit dem Ziel einen Würgereflex bei Einführen des Endoskops in den Rachen in 50 % bis 90 % der Fälle zu unterdrücken, wurden eine Targetkonzentration von 1 ng/ml (entspricht ca. 0,05 mg*kg–1*min–1 ohne TCI) für Remifentanil kombiniert mit einem Propofolbolus von 1 mg/kg bzw. bei einer Targetkonzentration von 2 ng/ml (entspricht ca. 0,1 mg*kg–1*min–1 ohne TCI) für Remifentanil kombiniert mit einem Propofolbolus von 0,75 mg/kg gefunden. Dabei werden die Remifentanilzielkonzentrationen ca. 5 min nach Start der Infusion erreicht [230].

Die sehr gute Steuerbarkeit sowie die schnellen Erholungszeiten unter Remifentanil lassen diese Substanzen als vielversprechendes Analgetikum in Kombination mit einem gut steuerbaren Sedativum bei gastrointestinalen endoskopischen Prozeduren erscheinen.


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2.2.4.2.3 Sufentanil

Sufentanil besitzt ein für die Analgosedierung günstiges Wirkspektrum mit einer potenten Analgesie und einer im Vergleich zu anderen Opioiden geringeren Atemdepression [231]. Im Vergleich zu den anderen Opioiden sind eine größere hämodynamische Stabilität und kürzere kontextsensitive Halbwertszeit beschrieben worden [232]. Hinsichtlich der geringeren Kumulationsgefahr, der größeren therapeutischen Breite und des Wirkspektrums erscheint Sufentanil dem Fentanyl bei der Analgesie für die prozedurale Sedierung überlegen. Aufgrund der stärkeren sedierenden Eigenschaften kann Sufentanil sowohl in Kombination mit Sedativa als auch als Monotherapeutikum eingesetzt werden. Im Vergleich zu dem partiellen Opioidagonisten Nalbuphin bewirkt Sufentanil eine ebenso gute Analgesie bei Koloskopie-Patienten, es kam aber häufiger zu Atemdepressionen [233]. Insgesamt ist die Datenlage zu Sufentanil für die prozedurale Sedierung noch zu gering, um eine Bewertung abzugeben.


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2.2.4.3 Ketamin als Monotherapeutikum

2.2.4.3.1 Allgemeines

Ketamin ist ein intravenös und intramuskulär injizierbares Allgemeinanästhetikum mit starker analgetischer Wirkung, welches als Monoanästhetikum vorwiegend bei kurzdauernden diagnostischen und therapeutischen Eingriffen im Kindesalter und für spezielle Situationen im Erwachsenenalter zur Anwendung kommt. Ketamin hat nach i. v.-Bolusgabe einen raschen Wirkungseintritt (< 1 min), mit einer Wirkdauer von ca. 10–15 min [234]. Es bewirkt eine sogenannte dissoziative Anästhesie, ohne kardiorespiratorische Depression [235]. Die analgetische Wirkung tritt bereits in subhypnotischen Dosen auf und überdauert die Anästhesie. Die sedativen und hypnotischen Eigenschaften von Ketamin sind dagegen weit weniger ausgeprägt. Der Muskeltonus ist unter Ketamin-Anästhesie erhalten oder gesteigert, so dass die Schutzreflexe im Allgemeinen nicht beeinträchtigt werden. Aufgrund einer sympathikotonen Wirkung führt Ketamin zu einem Anstieg von Blutdruck und Herzfrequenz, wodurch auch der myokardiale Sauerstoffverbrauch bei gleichzeitig gesteigerter Koronardurchblutung zunimmt. Myokardiale Ischämien können auftreten [236]. Am Herzen selbst zeigt Ketamin eine negativ inotrope und antiarrhythmische Wirkung. Nach Ketamingabe wird eine mäßige Hyperventilation beobachtet. An der Bronchialmuskulatur übt Ketamin einen relaxierenden Effekt aus. Kontraindikationen für die Anwendung sind u. a. eine schlecht eingestellte oder nicht behandelte arterielle Hypertonie (systolischer/diastolischer Blutdruck über 180/100 mm Hg in Ruhe) und Patienten, bei denen eine Blutdrucksteigerung eine erhebliche Gefährdung bedeutet (z. B. vorangegangener zerebrovaskulärer Insult).

Relative Kontraindikationen bestehen u. a. bei instabiler Angina pectoris oder Myokardinfarkt in den letzten sechs Monaten. Da die pharyngealen Reflexe im Allgemeinen erhalten sind, sollte ohne zusätzliche Verwendung von Muskelrelaxantien eine mechanische Reizung des Pharynx vermieden werden, wenn Ketamin als Monoanästhetikum verwendet wird. Eine unerwünschte Nebenwirkung ist das gehäufte Auftreten von Halluzinationen, Alpträumen und deliranten Zuständen, welche in 10–30 % der Fälle beobachtet wird. Durch die zusätzliche Gabe von Midazolam können diese Reaktionen vermindert werden [235] [237]. In Deutschland ist neben dem razemischen Ketamin auch das linksdrehende Isomer S+-Ketamin kommerziell verfügbar. S+-Ketamin ist ca. 2-mal wirkstärker als Ketamin und soll weniger Nebenwirkungen besitzen, die Literatur zu diesem Thema ist jedoch bislang nicht eindeutig [237] [238].

Von einer Monotherapie mit Ketamin zum routinemäßigen Gebrauch im Rahmen endoskopischer Untersuchungen sollte aufgrund der o. g. Aspekte abgesehen werden.

Die meisten Studien zur Anwendung von Ketamin liegen im Rahmen einer Kombinationstherapie vorzugsweise – mit Midazolam – für endoskopische Eingriffe bei Kindern vor [239] [240]. Hier konnte eine adäquate Sedierung ohne wesentliche kardio-respiratorische Komplikationen erzielt werden. Wenngleich die Daten zur Anwendung von Ketamin bei Erwachsenen gering sind, gibt es Hinweise, dass die zusätzliche Gabe von Ketamin, allerdings wiederum in Kombination mit Midazolam bei einem entsprechenden Patientengut (unter Berücksichtigung der Kontraindikationen) einen Vorteil bieten kann. In einer doppelblinden, Placebo-kontrollierten Studie von Rosing et al. [241] zum Vergleich von Midazolam/Placebo vs. Midazolam/Ketamin bei 129 Patienten zur Koloskopie, zeigte sich unter Verwendung der Kombinationstherapie neben einer geringeren Notwendigkeit für eine Nachinjektion (40 vs. 27 %), eine bessere Sedierung und Analgesie, sowie eine höhere Patientenakzeptanz für eine Re-Endoskopie. In einer randomisierten Studie von Ong et al. [242], die im Rahmen der ERCP eine Ketamin-Kombinationssedierung (Ketamin plus Midazolam, Pentazocin, Propofol) mit einer alleinigen Propofolsedierung verglichen hatte, zeigte sich gerade bei jüngeren Patienten, der Vorteil des Kombinationsregimes in einer besseren Patiententoleranz. Allerdings war die Patientenzufriedenheit in beiden Gruppen nicht unterschiedlich. Darüber hinaus traten unter Verwendung der Kombinationstherapie vermehrt Hypoxien auf.

Eine neuere Studie an Koloskopie-Patienten zeigte eine bessere hämodynamische Stabilität und weniger respiratorische Komplikationen in der Ketamin/Propofol-Gruppe verglichen mit der Propofol-Gruppe bei gleicher Patienten- und Untersucherzufriedenheit [243]. Auch weitere Untersuchungen zeigten Vorteile der Kombination von Ketamin mit anderen Sedativa/Analgetika [244] [245] [246].


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2.2.4.3.2 Etomidat

In den letzten Jahren hat die Verwendung von Etomidat für die Sedierung bei endoskopischen Prozeduren vermehrt Niederschlag in Studien gefunden. Das Imidazolderivat Etomidat ist wie Propofol und die Benzodiazepine ein Agonist am GABA-Rezeptor. Es besitzt eine kurze, dem Propofol vergleichbare Anschlags- und Halbwertszeit. Nach Bolusinjektion ist eine Hypotonie geringer ausgeprägt als nach Propofol [247]. Aufgrund einer Suppression der Nebennierenrinde über eine Inhibition der 11ß-Hydroxylase mit Abfall des Serumcortisols ist Etomidat ohne ausreichende Cortisolsubstitution ungeeignet für eine längere Sedierung. Auch nach Bolusapplikation von Etomidat, z. B. zur Intubation, kann es insbesondere bei Patienten mit Komorbiditäten zu einer klinisch relevanten Hemmung der Cortisolsynthese kommen. Aus diesem Grund sollte die Verabreichung von Etomidat auch im Rahmen einer Sedierung für die Endoskopie kritisch abgewogen werden [248] [249] [250] [251].

Eine Metaanalyse, in der die Sedierung mit Propofol und Etomidat verglichen wurde, fand keine Unterschiede in Bezug auf sedierende Effekte, kardiovaskuläre Nebenwirkungen und Erholungszeiten [252]. Im Gegensatz zu Propofol verursachte Etomidat weniger respiratorische Komplikationen und Injektionsschmerz, die Patienten hatten aber häufiger Myoklonien. In einer Untersuchung, in der Etomidat mit Midazolam verglichen wurde, wurden bei 12,1 % der Patienten Myoklonien beobachtet [253]. Die Patientenzufriedenheit lag unter Midazolam höher. Mit einer Kombination von Etomidat und Midazolam wurde eine bessere hämodynamische Stabilität beobachtet als mit Propofol und Midazolam [253].

Aufgrund der noch relativ schlechten Datenlage und der potentiellen Nebenwirkungen wie Myoklonien und der Suppression der Nebennierenrinde, insbesondere bei Patienten mit Komorbiditäten, kann derzeit keine Empfehlung für Etomidat in der gastrointestinalen Endoskopie ausgesprochen werden.


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2.2.4.3.3 Dexmedetomidin

Dexmedetomidin ist ein spezifischer α2-Adrenozeptoragonist, der sich durch sedierende und gering analgetische Eigenschaften auszeichnet. Im Gegensatz zu anderen

Sedativa/Hypnotika bewirkt Dexmedetomidin keine respiratorische Depression. Die Substanz ist seit 2011 in Deutschland zur Sedierung von erwachsenen Patienten auf der Intensivstation bis zu einem Sedierungsgrad von RASS -3 zugelassen. Seit der Publikation der Vorversion dieser Leitlinie ist die Zulassung auch für die Sedierung erwachsener, nicht-intubierter Patienten vor und/oder während diagnostischer oder chirurgischer Maßnahmen erfolgt (Quelle: Fachinformation Präparat Dexdor, Stand Januar 2020).

Bei einer raschen intravenösen Verabreichung zeigen α2-Agonisten wie Dexmedetomidin ein typisches hämodynamisches Profil. Zunächst kommt es zu einer Erhöhung des Blutdrucks, dem anschließend eine milde hypotone Phase folgt [254]. Aufgrund der ausgeprägten hämodynamischen Effekte sollte Dexmedetomidin daher nicht als schnelle intravenöse Infusion oder gar als Bolus appliziert werden [255]. Bei Patienten mit bradykarden Herzrhythmusstörungen oder bei Patienten, die auf einen ausreichenden Mitteldruck angewiesen sind, sollten α2-Agonisten nicht angewendet werden [256]. Bei einem Volumenmangel können ausgeprägte hypotensive Phasen auftreten, entsprechend sollte der Volumenstatus vor Verabreichung von α2-Agonisten abgeschätzt und ausgeglichen werden. Die Substanz sollte nur von erfahrenen Anwendern verabreicht werden, ein kontinuierliches Monitoring muss sichergestellt sein. Bei Patienten mit Einschränkungen der Leber- und/oder Nierenfunktion sowie bei älteren Patienten ist die Dosis anzupassen.

Seit der Publikation der letzten Version dieser Leitlinie hat sich die Zahl der Studien zur Anwendung von Dexmedetomidin zur Sedierung bei endoskopischen Prozeduren vervielfacht [257]. Im Jahr 2015 wurde von Nishizawa et al. eine Metaanalyse von 9 Studien zum Vergleich von Dexmedetomidin mit Midazolam veröffentlicht [257]. Dexmedetomidin erzielte tiefere Sedierung auf der Ramsay-Skala und erscheint daher besonders geeignet für ERCP und ESD. Es fanden sich keine Unterschiede in Bezug auf kardiovaskuläre Parameter, von den Autoren wurde spekuliert, dass der Einsatz von Butylscopolamin unter Dexmedetomidin vermehrt auftretende Bradykardien maskiert [257]. Bezüglich der Erholungszeit gab es keine Unterschiede zwischen Dexmedetomidin und Midazolam. In einer von Zhang et al. erstellten Metaanalyse von 6 Studien wies Dexmedetomidin weniger Nebenwirkungen vor allem in Bezug auf respiratorische Depression bei besserer Sedierungsqualität auf [258]. Von der Arbeitsgruppe um Nishizawa wurde 2017 eine Metaanalyse von 6 Studien zum Vergleich von Dexmedetomidin mit Propofol publiziert [259]. Dexmedetomidin führte zu mehr Bradykardie, bei sonst vergleichbaren Häufigkeiten an Nebenwirkungen war die Patientenzufriedenheit unter Propofolsedierung signifikant besser. Es wurden keine Unterschiede bei der Erholungszeit gefunden.

Empfehlung 2.8

neu 2022

Bei endoskopischen Prozeduren kann der Einsatz von Dexmedetomidin erwogen werden.

Evidenzlevel 1b, Empfehlungsgrad 0, starker Konsens


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2.2.4.4 Inhalationsanästhetika als Monotherapeutikum

2.2.4.4.1 Distickstoffmonoxid (Lachgas)

Empfehlung 2.9

modifiziert 2022

Zur Durchführung einer Koloskopie kann Lachgas (Distickstoffmonoxid) für Analgesie und Sedierung verwendet werden, wenn die strukturellen Voraussetzungen gegeben sind.

Evidenzlevel 1b, Empfehlungsgrad 0, starker Konsens

2.2.4.4.1.1 Allgemeines

Medizinisches Lachgas (N2O; Distickstoffmonoxid) ist ein stabiles, reaktionsträges, farb- und geruchloses Gas, das stark analgetisch und schwach hypnotisch wirkt. Distickstoffmonoxid besitzt einen raschen Wirkungseintritt und eine schnelle Erholungszeit. Im Gemisch mit Sauerstoff wird es z. B. zur Anästhesie-Einleitung oder Aufrechterhaltung eingesetzt. In Deutschland ist seit 2008 eine feste Mischung aus 50 % Distickstoffmonoxid und 50 % Sauerstoff kommerziell verfügbar (Livopan; in Großbritannien seit 1965 als Entonox, in anderen Ländern auch Emono oder Meopa). Bei Raumtemperatur ist Distickstoffmonoxid gasförmig und darf nur mit Hilfe von geeigneten Inhalationsgeräten bzw. Anästhesiegeräten verabreicht werden. Es führt zu einer geringen Sedierung und einer ausgeprägten Analgesie. Obwohl nur eine geringe Wirkung auf den Kreislauf zu erwarten ist, kann es zur Senkung des Blutdrucks, zur Abnahme des Schlagvolumens und zur Steigerung des pulmonalvaskulären Widerstandes kommen. An unerwünschten Nebenwirkungen können Übelkeit und Erbrechen auftreten. Das Auftreten von Euphorien, Träumen und Phantasien wird beschrieben. Der Methionin-, der Folsäurestoff- und der Vitamin-B12-Stoffwechsel werden beeinträchtigt [260]. Bei Überdosierung können Hypoxie, Kreislaufdepression, Agitation oder Somnolenz bis Bewusstlosigkeit auftreten. Bei der Anwendung von Distickstoffmonoxid sind die Vorgaben des Arbeitsschutzes zu beachten. Auch die brandfördernde Wirkung ist nicht außer Acht zu lassen (siehe auch Stellungnahme BDA und DGAI) [261].

In einer Metaanalyse von 11 Studien mit 623 Patienten, die sich einer Sigmoidoskopie oder Koloskopie unterziehen mussten, wurde die Anwendung von Distickstoffmonoxid mit einem Verzicht auf ein Analgetikum verglichen [262]. Es wurden keine Unterschiede in Bezug auf die Schmerzhaftigkeit des Eingriffs ohne Analgetikum gefunden, aber auch keine Unterschiede bezüglich einer iv-Sedierung für eine Koloskopie. Die Verwendung von Lachgas führte aber zu einer schnelleren Verlegbarkeit der Patienten im Vergleich zur iv-Sedierung. In einer Cochrane-Metanalyse wurde die Anwendung von Distickstoffmonoxid für die Koloskopie untersucht [263]. Es wurden insgesamt 16 Studien mit 547 Patienten eingeschlossen. Es wurden vier Studien gefunden, die zeigten, dass Distickstoffmonoxid Schmerzen gleich gut reduziert wie eine konventionelle Sedierung, eine Studie fand eine Überlegenheit für die Sedierung und eine Studie zeigte einen Vorteil für Distickstoffmonoxid. Zwei Studien fanden eine schnellere Erholung der Patienten, eine fand keinen Unterschied. Schließlich wurde in zwei Studien eine größere Sicherheit für Distickstoffmonoxid beschrieben, während nur eine Studie eine größere Sicherheit für eine Sedierung fand [263]. Insgesamt wurde das Fazit gezogen, dass Distickstoffmonoxid bei der Koloskopie so effizient war, wie eine konventionelle Sedierung, dass es sicherer ist, aber dass noch mehr Daten benötigt werden. In einer neueren Untersuchung wurde gefunden, dass Distickstoffmonoxid zu einer schnelleren Erholung bei größerer Schmerzfreiheit und Zufriedenheit der Patienten führt, in einer weiteren zeigte sich jedoch kein Unterschied zwischen Distickstoffmonoxid und iv-Sedierung, wenn beides nur bedarfsweise „On-Demand“ appliziert wurde [264] [265]. Wenige neue Studien weisen darauf hin, dass Distickstoffmonoxid eine vergleichbare Sedierungsqualität aufweist, wie eine iv- Sedierung [266] [267] [268].

Die Datenlage erscheint immer noch zu schwach, als dass der Stellenwert von Distickstoffmonoxid für die Durchführung einer Endoskopie eindeutig einzuschätzen ist. Es ist aber darauf hinzuweisen, dass bei Anwendung von Distickstoffmonoxid die Arbeitsschutzbestimmungen einzuhalten sind.


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2.3 Kombinationstherapien

2.3.1 Allgemeines

Kombinationstherapien beinhalten in der Regel die Kombination eines Sedativums mit einem Analgetikum oder die Kombination verschiedener Sedativa. Ein generelles Prinzip bei der Kombination eines Opioids mit einem Sedativum ist die gegenseitige Wirkverstärkung, sodass die Gefahr von entsprechenden Nebenwirkungen größer ist [269] [270] [271]. Die Dosiseinsparung durch Kombination verschiedener Substanzen kann zu einer schnelleren Aufwachzeit beitragen [87] [196] [272] [273]. Auch wenn es unter einer Kombinationstherapie im Vergleich zu einer Monotherapie häufiger zu einem Abfall von Blutdruck und Sauerstoffsättigung kommen kann [274] [275] [276], werden akzidentelle Übersedierungen reduziert [112] [116] (siehe auch Abschnitt 2.3.3). In den letzten Jahren wurden auch Kombinationen von Sedativa mit iv-appliziertem Lidocain beschrieben [277] [278] [279] [280].

Aufgrund von synergistischen Effekten von Propofol, Midazolam und Opioiden kann die Dosis von Propofol in Kombination mit diesen Substanzen deutlich reduziert werden und damit das Risiko von Propofol-induzierten Nebenwirkungen [281] [282]. Darüber hinaus scheint die Kombination eine verbesserte Sicherheit in der Erreichung einer moderaten Sedierung statt einer tiefen Sedierung zu ermöglichen [201] [281] [283] [284]. Die Kombination von Midazolam mit Propofol führte bei älteren Patienten mit Komorbiditäten zu einer kürzeren Zeit bis zum Erwachen und einer besseren Patientenzufriedenheit im Vergleich zu Midazolam allein [285]. Diese Resultate werden durch eine Metaanalyse aus dem Jahr 2010 bestätigt, die einen höheren Sedierungsgrad mit Propofol allein im Vergleich zur Standardsedierung fand, dagegen gab es bei einer Kombination von Propofol mit anderen Substanzen keinen Unterschied zur Standardsedierung [66]. Durch Anästhesisten wird dagegen die Gefahr der Überdosierung bei Kombinationstherapien betont [286].

Sowohl Midazolam als auch Propofol sind Sedativa/Hypnotika mit einem primären Ansatzpunkt am GABA-Rezeptor. Daher ist von einer additiven Wirkung der beiden Substanzen auszugehen. Die Dosierungen von Propofol und Midazolam können bei einer Kombination reduziert werden, dennoch sollte der Effekt auf die GABA-Rezeptoren vergleichbar sein. Da die Wirkungen von Propofol und Midazolam zumindest in Bezug auf kardiorespiratorische Effekte ähnlich sind, kann es auch zu entsprechenden hämodynamischen Veränderungen kommen. Midazolam hat eine längere Wirkdauer verglichen mit Propofol, daher ist bei der Kombination der beiden Substanzen gegenüber der alleinigen Anwendung von Propofol mit einer Verlängerung der Erholung der Patienten zu rechnen. Zunehmend werden Propofol, Midazolam und/oder Ketamin auch mit Dexmedetomidin kombiniert [246] [287] [288] [289] [290] [291] [292] [293]. Der unterschiedliche Wirkmechanismus, die geringere respiratorische Depression und Wirkungsverstärkung durch Dexmedetomidin können dabei genutzt werden.


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2.3.2 Spezifische Kombinationen

2.3.2.1 Kombination Benzodiazepin plus Opioid

In einer Studie von Milligan et al. [272] zeigte die Kombination von Alfentanil/Midazolam im Vergleich zur alleinigen Gabe vom Midazolam bei oberer Intestinoskopie, neben einer Verbesserung der Untersuchungsbedingungen für den Endoskopiker, eine höhere Patientenakzeptanz und eine schnellere Aufwachzeit. In einer weiteren randomisierten, doppelt geblindeten Studie von Radaelli et al. [294] zum Vergleich von Midazolam versus Midazolam/Pethidin im Rahmen der Koloskopie bei 253 Patienten, wurden von den Patienten unter Kombinationstherapie signifikant weniger Schmerzen und eine höhere Bereitschaft für eine Wiederholungsuntersuchung angegeben. Die Aufwachzeit und ein Abfall der Sauerstoffsättigung waren in beiden Untersuchungsgruppen nicht unterschiedlich. In einer Studie, die die Anwendung von Midazolam allein mit der Kombination aus Midazolam und Pethidin bei 74 Patienten verglich, wurde kein Unterschied in der Qualität der Analgesie, der Zeit bis zum Erwachen und in der Prozedurzeit gefunden [295]. Die Kombination aus Midazolam und Fentanyl führte dagegen bei gleichwertiger Analgesie zu einer deutlich schnelleren Aufwachzeit als Midazolam plus Pethidin [296].


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2.3.2.2 Kombination Propofol plus Opioid

In einer randomisierten, kontrollierten Studie von VanNatta et al. [106] erhielten 200 Patienten zur Koloskopie entweder nur Propofol zur tiefen Sedierung, oder eine Kombinationstherapie mit Propofol/Fentanyl, Propofol/Midazolam oder Propofol/Midazolam/Fentanyl, um eine moderate Sedierung zu erzielen. Verglichen wurden Aufwachzeit, Patientenzufriedenheit und Vitalparameter. Patienten unter alleiniger Propofolsedierung benötigten signifikant höhere Dosierungen und zeigten signifikant tiefere Sedierungsstadien im Vergleich mit den anderen Kombinationstherapien (p < 0,001). Die Entlassungszeit nach Kombinationstherapie war schneller als unter alleiniger Propofolgabe (Median 13,0–14,7 versus 18,1 min, p < 0,01). Hinsichtlich der Vitalparameter zeigte sich kein Unterschied zwischen den einzelnen Untersuchungsgruppen, auch die Patientenzufriedenheit war nicht signifikant unterschiedlich. Die Kombination aus Propofol und Opioid zeigte in einer großen Untersuchung an 222 Patienten, die sich komplexen endoskopischen Prozeduren unterzogen, keinen Unterschied in der Sicherheit zwischen Propofol und Standardsedierung [297]. Darüber hinaus zeigte sich in der Untersuchung von Lee, dass die Verwendung von Propofol mit einer deutlich erhöhten Patientenzufriedenheit einherging.


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2.3.2.3 Kombination Sedativum plus Propofol

Bei 64 Patienten, die im Rahmen zweier aufeinander folgender, längerdauernder (> 30 Minuten) endoskopischen Untersuchungen zunächst mit Propofol und nachfolgend mit der Kombination Midazolam/Propofol sediert wurden, lag der Vorteil der Kombinationssedierung in einem deutlichen Einspareffekt von Propofol (– 59 %). Die postinterventionelle Aufwachzeit war unter der Kombination allerdings doppelt so lang (4 vs. 8 Minuten) [298]. Auch bei 239 konsekutiven Patienten zur therapeutischen Endoskopie (ÖGD und EUS) führte die Kombination von Propofol mit Midazolam zu einer Dosiseinsparung von Propofol im Vergleich zur alleinigen Propofolgabe (0,20 +/– 0,09 mg*kg–1*min–1 vs. 0,25 +/– 0,13 mg*kg–1*min–1, p < 0,01), bei ansonsten gleicher Effektivität [273]. Das Kombinationsregime war allerdings

ebenfalls mit einer verlängerten postinterventionellen Erholungszeit verbunden (25 ± 8 min vs. 19 ± 7, p < 0,05). In einer weiteren Untersuchung fand sich ein ähnlicher Einspareffekt bei Kombination von Propofol und Midazolam bei kürzeren postinterventionellen Erholungszeiten im Vergleich zu alleiniger Propofolgabe (13,0–14,7 versus 18,1 min, p < 0,01) [106].

Empfehlung 2.10

geprüft 2022

Eine Kombination von Propofol und Midazolam sollte nicht erfolgen.

Evidenzlevel 1b, Empfehlungsgrad B, Konsens


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2.3.2.4 Kombination Sedativum plus Spasmolytikum

In einer prospektiven, doppelt verblindeten, Placebo-kontrollierten Studie von Mui et al. [299] wurde die Verwendung des Spasmolytikums Hyoscin N-Butylpromide (Buscopan) zur Prämedikation bei Patienten-kontrollierter Sedierung mittels Propofol/Alfentanil im Rahmen der Koloskopie untersucht. Neben einer verlängerten Caecum-Intubations-Zeit und signifikant geringeren Untersucherzufriedenheit, auch ein signifikant erhöhter Bedarf an Sedativum/Analgetikum, sowie eine signifikante hämodynamische Instabilität.

Die Kombination von Spasmolytika und Sedativa erhöht die Rate von kardiovaskulären Nebenwirkungen und reduziert sowohl die Patientenzufriedenheit als auch die Untersucherbeurteilung, daher sollte der Einsatz von Spasmolytika bei der Endoskopie in Sedierung sorgfältig erwogen werden. Da sich die Leitlinie mit der Sedierung und nicht der Spasmolyse beschäftigt, erfolgt hier keine dezidierte Empfehlung.


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2.3.3 Nebenwirkungen bei Kombinationstherapie

2.3.3.1 Allgemeines

Trotz Einhaltung der empfohlen Dosisreduktion im Rahmen einer Kombinationstherapie, kommt es häufiger zu einer Kompromittierung der respiratorischen Funktionen als unter Monotherapie [274] [275] [276]. Auf Basis der Studienlage kann nicht gezeigt werden, ob lebensbedrohliche Situationen unter Kombinationstherapie häufiger auftreten.

In einer randomisierten doppelblinden, Placebokontrollierten Studie erhielten 71 Patienten eine Sedierung mit Diazepam oder Diazepam in Kombination mit Pethidin. Während die Patientenzufriedenheit in beiden Gruppen vergleichbar war, zogen die Untersucher die Kombinationstherapie aufgrund einer besseren Patiententoleranz vor. Allerdings kam es unter Kombinationstherapie doppelt so häufig zu einem Abfall der Sauerstoffsättigung als unter alleiniger Gabe von Diazepam (p  = 0,008) [276]. In einer weiteren Studie erhielten 35 Patienten für eine Koloskopie randomisiert entweder eine Kombinationstherapie mit Alfentanil/Midazolam oder Midazolam allein [274]. Auch hier zeigte sich bei Kombinationstherapie ein gehäufter Abfall der Sauerstoffsättigung mit der Notwendigkeit der Sauerstoffgabe. Patiententoleranz, Patientenzufriedenheit, Aufwachzeit, und Blutdruck waren in beiden Gruppen nicht unterschiedlich.

In einer randomisierten, doppelt geblindeten Studie wurde die additive Gabe Remifentanil zur Sedierung mittels Propofol bei 50 relativ gesunden Patienten (ASA I und II) zur Koloskopie untersucht. In der Remifentanil/Propofol-Gruppe kam es signifikant häufiger zu einem Abfall von Blutdruck und Sauerstoffsättigung. Und obwohl die Gabe von Remifentanil zu einer Dosisreduktion von Propofol führte, war die Aufwachzeit unter alleiniger Propofolsedierung signifikant kürzer (p < 0,01) und die Patientenzufriedenheit signifikant höher (p < 0,01) [275].


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2.4 Einfluss der Ko-Morbidität

2.4.1 Allgemeines

Patienten mit Ko-Morbiditäten werden je nach Erkrankungsschwere höheren ASA-Klassen zugeordnet. Bei diesen Patienten kommt es häufiger zu Nebenwirkungen im Vergleich zu sonst gesunden Patienten [92] [300] [301]. Ältere Patienten und insbesondere Patienten mit kardialen oder pulmonalen Erkrankungen haben ein höheres Risiko für das Auftreten von Komplikationen im Rahmen einer Endoskopie mit Sedierung [92] [302] [303]. Auch hepato-biliäre Erkrankungen mit verminderter Elimination von Pharmaka oder ein altersbedingt verlangsamter Metabolismus können zu verlängerten Aufwachzeiten und einer Häufung von Nebenwirkungen führen [172] [304] [305].

Eine Vielfalt an physiologischen Prozessen trägt zu einer erhöhten Sensitivität gegenüber den verschiedenen Substanzen mit einem entsprechend erhöhtem Sedierungsrisiko bei [306]. Altersbedingte Erkrankungen und schnelle oder übermäßige Dosierungen tragen aber mehr zu dem Auftreten von kardiorespiratorischen Komplikationen bei, als das Alter per se [306].


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2.4.2 Risikopatienten

Empfehlung 2.11

geprüft 2022

Patienten mit höherer ASA-Klasse und/oder ältere Patienten weisen ein höheres Risiko Sedierungs-bedingter Nebenwirkungen auf (kardio-respiratorische Depression). Die Dosis des benutzten Sedativums/Analgetikums sollte dementsprechend angepasst bzw. verringert werden.

Evidenzlevel 2b, Empfehlungsgrad B, starker Konsens


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2.4.3 Substanzart

Entsprechend der Modifikation der Empfehlungen der American Society of Gastroenterology für ältere Patienten im Rahmen der gastrointestinalen Endoskopie [307] sollten bei diesen Patienten weniger Substanzen, langsamer appliziert und Substanzen mit geringer Kumulation verabreicht werden [307] [308]. Vielfach werden zur Sedierung von älteren Patienten Midazolam und/oder Opioide verwendet. Da bei der Verwendung von Benzodiazepinen ein erhöhtes Hypoxämie-Risiko bei älteren Patienten, Patienten mit Übergewicht und anämischen Patienten besteht, erscheint eine Dosisminderung ratsam [309]. Auch postinterventionell ist das Hypoxämierisiko insbesondere bei älteren Patienten erhöht [213].

Da Propofol einen engen therapeutischen Bereich hat, kann es bei älteren Hochrisikopatienten im Vergleich zu Jüngeren gehäuft zu kardio-respiratorischen Komplikationen kommen [92] [310]. Niedrige Initialdosen von Propofol, im Allgemeinen die Hälfte der empfohlenen Dosis für Erwachsene, sowie eine langsame, allmähliche Titrierung und ein sorgfältiges Monitoring erscheinen daher bei Sedierung älterer Patienten sinnvoll [311] [312] [313]. Unter Beachtung der besonderen Sorgfalt bei der Sedierung älterer Patienten konnte gezeigt werden, dass Propofol dann auch bei dieser Patientengruppe sicher angewandt werden kann [213] [310] [313]. In einer Untersuchung an älteren Patienten, die Propofol für eine endoskopische Untersuchung erhielten, wurde gezeigt, dass Patienten über 70 Jahren geringere Propofoldosierungen benötigten als Patienten unter 70 Jahren. Die Häufigkeit von größeren und kleineren Komplikationen war in beiden Patientengruppen gleich [313]. Anhand von 27 000 Patienten wurde gezeigt, dass es unter einer Sedierung mit Propofol bei 2,3 % der Patienten zu einem Abfall der Sauerstoffsättigung kam, obwohl 2 L Sauerstoff während der Prozedur verabreicht wurden. Bei älteren Patienten über 70 Jahren waren es sogar über 5 % [117]. Bei diesen Patienten wurden hämodynamische Parameter nur in wenigen Fällen erhoben, sodass sich über weitere Komplikationen nur spekulieren lässt. Es fand auch kein Monitoring der Ventilation statt, sodass über eine Hypoventilation und Hyperkapnie ebenfalls nur spekuliert werden kann. Die kontinuierliche Verabreichung von Propofol bei Patienten über 80 Jahren führte zu einer deutlichen Tendenz von vermehrten Abfällen der Sauerstoffsättigung, auch wenn es insgesamt nicht zu mehr Komplikationen im Vergleich zu jüngeren Patienten kam [114]. In einer Kohortenstudie von Vargo et al. [300] zur Frage nach Risikofaktoren für kardiopulmonale Ereignisse im Rahmen einer Propofol-Sedierung bei oberer und unterer Intestinoskopie, wurde das Gesamtrisiko für das Auftreten eines kardiopulmonalen Ereignisses während 528 Gastroskopien und 1683 Koloskopien mit 11,7/1000 Fälle angegeben. Ein erhöhtes Risiko zeigte sich bei Patienten mit ansteigender ASA-Klassifikation im Rahmen der Koloskopie.

In einer randomisierten Studie von Riphaus et al. [314] bei insgesamt 60 Patienten mit bekannter Leberzirrhose und portaler Hypertension wurde entweder Propofol oder Midazolam verabreicht. Alle Patienten absolvierten vor und zwei Stunden nach Beendigung der Untersuchung einen Zahlenverbindungstest (ZVT-A), sowie einen portosystemischen Encephalopathie-Syndrom-Test (PSE). Als Kontrollgruppe dienten 20 Patienten ohne Leberzirrhose, die keiner Gastroskopie unterzogen wurden. Darüber hinaus wurden die Aufwachzeit und der Aufwachscore bestimmt. Bei den mit Propofol sedierten Patienten zeigt sich eine im Vergleich zu Midazolam deutliche Verkürzung der Aufwachzeit (7,8 ± 2,9 min. vs. 18,4 ± 6,7 min.). Darüber hinaus zeigte sich nach Sedierung mit Propofol auch ein geringerer Effekt auf den PSE-Gesamt-Score im Vergleich zu Midazolam, dessen Verwendung zu einer deutlichen Aggravation einer bestehenden subklinischen, hepatischen Encephalopathie führte. Eine Sedierung mit Propofol führte dagegen nicht zur Exazerbation einer subklinischen, hepatischen Encephalopathie bei Patienten mit Leberzirrhose und stellt eine Alternative für diese Patienten dar. Entsprechend konnte in einer weiteren Studie, die die Kombination von Propofol oder Midazolam mit Fentanyl bei Patienten, die sich einer oberen gastrointestinalen Endoskopie unterzogen, demonstriert werden, dass die Propofolsedierung effektiver war und die Patienten sich schneller erholten als die Patienten, die Midazolam erhielten [315]. Aufgrund der kürzeren Wirkdauer und besseren Steuerbarkeit sowie weniger Komplikationen in Bezug auf hepatische Encephalopathien bei zirrhotischen Patienten wird Propofol für die Sedierung gegenüber Benzodiazepinen und/oder Opioiden vorgezogen [314] [315] [316] [317] [318].

Empfehlung 2.12

geprüft 2022

Zur Sedierung soll bei Patienten mit hepatischer Enzephalopathie Propofol verwendet werden. Benzodiazepine sollen bei Patienten mit hepatischer Enzephalopathie nicht eingesetzt werden.

Evidenzlevel 1b, Empfehlungsgrad A, starker Konsens


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2.4.4 Adipositas

Die Auswirkungen einer Adipositas auf eine Sedierung für eine Endoskopie sind derzeit nur wenig untersucht. Adipositas per magna kann mit einer Reihe von Komorbiditäten einhergehen, dazu gehören zum Beispiel die obstruktive Schlaf-Apnoe, restriktive Lungenveränderungen und ein pulmonaler Hochdruck. Erkrankungen der Lunge und der oberen Atemwege erhöhen aber das Risiko von Komplikationen im Rahmen einer Sedierung. In einer Untersuchung an adipösen Patienten, die sich einer Endoskopie des oberen Magen- Darmtrakts unterziehen mussten, zeigte sich, dass es bei zwei von 69 Patienten die mit Propofol sediert wurden, zu einer Hypoxämie kam, die behandelt werden musste [319]. Auch in einer weiteren Studie konnte anhand einer multivariaten Analyse nachgewiesen werden, dass ein direkter Zusammenhang zwischen dem Body-Mass-Index und Sedierungsproblemen kam, bei Patienten, die mit Propofol sediert wurden [320]. In einer Analyse an 799 Patienten zeigte sich, dass ein höherer BMI und eine höhere ASA-Klasse unabhängige Prädiktoren für das Auftreten von respiratorischen und kardialen Komplikationen sind [321]. Multivariate Analyse zeigte, dass Patienten mit einer ASA-Klasse von III oder mehr sowie Patienten mit einem erhöhten BMI unabhängige Risikofaktoren für die Notwendigkeit eines Airway- Manövers aufwiesen [322].


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2.4.5 Ältere Patienten

Ähnlich wie bei adipösen Patienten ist die Studienlage für die Sedierung von geriatrischen Patienten im Rahmen von Endoskopien dünn. Generell führt der Alterungsprozess zu einer Reduktion von Organfunktionen. Insbesondere Funktionseinschränkungen von Leber und Niere sind dabei für die Metabolisierung und Elimination von Sedativa und Analgetika von Bedeutung [323]. Zudem ist zu beachten, dass ältere Menschen aufgrund von Komorbiditäten oft eine Vielzahl von Medikamenten einnehmen, die zu einer Interaktion mit den zur Sedierung verwendeten Substanzen führen können. In einer Studie an Patienten, die älter als 70 Jahre waren, zeigte sich, dass die Patienten weniger Propofol benötigten, als Patienten unter 70 Jahren [313]. Bei Patienten über 90 Jahren wurden nur sehr geringe Propofoldosierungen benötigt, um adäquate Untersuchungsbedingungen herzustellen [324]. Auch zeigte sich bei Patienten über 80 Jahren, dass ein erhöhtes Risiko für einen Abfall der Sauerstoffsättigung bestand [114]. In einer Untersuchung an über 10 000 Patienten zeigte sich, dass die Häufigkeit von Komplikationen mit dem Alter zunahm [325]. In einer deutschen Analyse an über 80- jährigen Patienten wurde ein nur gering erhöhtes Risiko bei leichten Sedierungen gefunden [213]. Die benötigte Dosis für eine adäquate Sedierung lag bei den Hochrisikopatienten 10–20 % unter der benötigten Dosis der Patienten mit ASA-Klassifikation I und II [310]. Ein entsprechend sorgfältiges Monitoring bei älteren Hochrisikopatienten wird daher gefordert. Auch eine Reihe neuerer Studien zeigte, dass eine Sedierung bei Älteren sicher durchgeführt werden kann, wenn die Dosierung der Sedativa/Analgetika und ein adäquates Monitoring sorgfältig beachtet werden [156] [326] [327] [328] [329] [330]. Postprozedural können Pneumonien bei sedierten Patienten gehäuft auftreten [27].

Empfehlung 2.13

geprüft 2022

Zur Sedierung kann auch bei älteren Patienten Propofol verwendet werden.

Evidenzlevel 1b, Empfehlungsgrad 0, starker Konsens


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2.4.6 Komorbiditäten

Auch jüngere Patienten mit Komorbiditäten haben ein erhöhtes Risiko, wenn sie sich einer Untersuchung unter Sedierung unterziehen müssen. Entsprechend scheinen höhere ASA- Klassen einen Prädiktor für häufiger auftretende Komplikationen darzustellen [322] [331] [332] [333] [334]. In einer Untersuchung zur Propofolsedierung bei Endosonographien, in die Patienten aller ASA-Klassen eingeschlossen wurden, da alle Prozeduren anästhesiologisch begleitet wurden, fand sich dagegen keine Korrelation der Komplikationshäufigkeit mit der ASA-Klasse [72]. Es gilt zu berücksichtigen, dass bei multimorbiden Patienten und solchen mit erhöhtem Risikoprofil bestimmte personelle Voraussetzungen (s. Kap. 3.3) zu beachten sind.

Eine Metaanalyse zur Sedierung von Patienten mit Leberzirrhose ergab, dass Propofol bei vergleichbaren Nebenwirkungen eine kürzere Erholungszeit und Entlassungszeit besaß als Midazolam (296). Eine weitere Metaanalyse kam ebenfalls zu dem Ergebnis, dass die Häufigkeit von Nebenwirkungen unter Midazolam und Propofol gleich sei, dass aber die Effektivität der Propofolsedierung signifikant besser sei und daher bei Patienten mit Leberzirrhose eine Sedierung mit Propofol zu bevorzugen ist [335]. Bei Patienten, die sich einer Varizenligatur unterziehen mussten, kam es in der Midazolam-Gruppe zu häufigeren Entsättigungen (23,2 % vs. 7,7 %), Bradykardien (22,5 % vs. 17,2 %) und hepatischer Encephalopathie (6,6 % vs. 0,6 %) im Vergleich zu nicht mit Midazolam sedierten Patienten [336].


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2.4.7 Antagonisten

Empfehlung 2.14

modifiziert 2022

Bei Anwendung von Benzodiazepinen und/oder Opioiden sollen spezifische Antagonisten im Endoskopie-Bereich umgehend verfügbar sein.

Adaptiert von der ASGE, 2008

Evidenzlevel 5, Empfehlungsgrad A, starker Konsens

Empfehlung 2.15

geprüft 2022

Um die Dosis des verwendeten Sedativums zu reduzieren, kann dem Patienten das Hören von Musik angeboten werden.

Evidenzlevel 1b, Empfehlungsgrad 0, starker Konsens

Eine Reihe von Studien fand eine günstige Wirkung in Bezug auf Einsparungen in den Dosierungen von Analgetika und Sedativa, die auch in Metaanalysen bestätigt wurden.

Auch in einer neueren randomisierten und kontrollierten Studie wurde ein Vorteil von Musik bei Koloskopien gefunden. In der Musikgruppe hatten die Patienten weniger Schmerzen, waren zufriedener und die Untersuchung ließ sich einfacher durchführen. Darüber hinaus war der Bedarf an Midazolam und Pethidin geringer als in der Kontrollgruppe [337]. Auch das Niveau der Angst wurde durch Musik während einer Endoskopie günstig beeinflusst. Bei 180 Patienten fand sich kein Unterschied im Angstniveau in Abhängigkeit von Alter oder Art der Untersuchung. Durch Musik wurde aber die Angst signifikant reduziert [338]. Dagegen zeigte sich in einer Untersuchung an 307 Patienten, dass Musik keinen Einfluss auf das Schmerzempfinden während einer endoskopischen Prozedur hat [339].

In einer Metaanalyse von Rudin et al. [312] wurden sechs randomisierte, kontrollierte Studien mit insgesamt 641 Patienten bewertet. In drei Studien erfolgte die Endoskopie unter alleiniger Musiktherapie, wodurch die Angst der Patienten im Vergleich zur Kontrollgruppe um 8,6 % reduziert werden konnten (p  = 0,004). In den drei verbliebenen Studien erhielten die Patienten zusätzlich zur medikamentösen Therapie (Midazolam, Pethidin oder Propofol/Alfentanil) eine Musiktherapie. Dadurch kam es zu einer signifikanten Reduktion der benötigten Analgetika um 29,7 % ( = 0,001) und Sedativa um 15 % (p  = 0,055). Eine andere Metaanalyse von 8 Studien mit 722 Patienten, die sich Koloskopien unterzogen, fand eine Reduktion der Dauer der Untersuchung, weitere Parameter wie Schmerzen, Blutdruck und Erholungszeit wurden jedoch nur gering durch Musik beeinflusst. Es fanden sich aber keine ungünstigen Effekte, abgesehen von der akustischen Abschirmung der Patienten von den Endoskopikern [340]. Eine dritte Metaanalyse mit 8 Studien und 712 eingeschlossenen Patienten fand schließlich keine Differenz in verschiedenen untersuchten Parametern zwischen den mit Musik beschallten Patienten und der Kontrollgruppe. Die Zufriedenheit der Patienten über alles war jedoch signifikant höher in der Musikgruppe [341]. In einer neueren Studie an Patienten, die sich einer Koloskopie unterzogen, wurde mittels eines EMG der fazialen Muskulatur eine Objektivierung des Stressgeschehens angestrebt. Es zeigte sich, dass Patienten, die während der Prozedur Musik hörten, ein signifikant niedrigeren Stressniveau aufwiesen als die Kontrollgruppe [342]. Während die Patientenzufriedenheit keine Unterschiede aufwies, waren die Endoskopiker signifikant zufriedener mit dem Verlauf der Koloskopie.

Insgesamt deutet die Datenlage darauf hin, dass Musik während einer endoskopischen Prozedur zu einer kürzeren Untersuchungsdauer mit möglichen Einsparungen bei Sedativa führen kann. Da die Anwendung von Musik relativ wenig aufwändig ist und zu keinen relevanten Nebenwirkungen führt, kann die Anwendung bei Patienten, die dieses wünschen, empfohlen werden.

Akupunktur/Hypnose

Obwohl in den letzten Jahren ein zunehmendes Interesse an der alternativen Medizin besteht, ist die Datenlage zur Anwendung von Akupunktur während endoskopischer Prozeduren noch sehr knapp. Während es Hinweise auf einen reduzierten Bedarf an Sedativa/Analgetika bei Patienten mit Akupunktur gibt [342], zeigen andere Ergebnisse keinen Einfluss auf die Sedierung [343]. Weitere Studien müssen abgewartet werden, bevor der Stellenwert der Akupunktur für die Sedierung bei endoskopischen gastrointestinalen Prozeduren abgeschätzt werden kann. Entsprechendes gilt auch für die Anwendung von Hypnosen.


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3 Leitlinie – Strukturqualität

Da zu dem Themenkomplex der Strukturqualität nur eingeschränkt prospektive Studien existieren, wurden als Grundlage für die meisten Empfehlungen die aktuellen Leitlinien anderer Fachgesellschaften [21] [81] [117] [344] [345] [346] [347] [348] [349] [350] [351] [352] [353] [354] [355] [356] [357] [358] [359] [360] [361] [362] [363] [364] [365] [366] [367] [368] [369] [370] [371] [372] [373] sowie die aktuelle S2k-Leitlinie „Qualitätsanforderungen an die gastrointestinale Endoskopie“ (AWMF-Register Nr. 021–022) herangezogen.

3.1 Persönliche Voraussetzungen

Sowohl der diagnostische oder therapeutische Eingriff als auch die Sedierung sind eigenständige medizinische Verfahren. Führt ein Arzt den diagnostischen oder therapeutischen Eingriff und gleichzeitig das Sedierungsverfahren durch, übernimmt er nicht nur für den Eingriff, sondern auch für die Sedierung und/oder die Analgesie einschließlich der Überwachung und gegebenenfalls Wiederherstellung vitaler Funktionen die Verantwortung.

Spezielle Kenntnisse in Theorie und Praxis der Sedierung und/oder Analgesie sind nicht nur für den Arzt, sondern auch für das ihn unterstützende, ärztliche wie nicht-ärztliche Personal notwendig. Ein Arzt kann nicht in Personalunion zur gleichen Zeit den invasiven Eingriff durchführen und die Sedierung und/oder das Analgesieverfahren überwachen.

Somit sollten sämtliche an der Sedierung bzw. der Patientenüberwachung beteiligten Personen mit der Anwendung des genutzten Sedierungsverfahrens und deren Überwachung sowie dem Komplikationsmanagement vertraut und geschult sein (s. Punkt 3.3.1).

Ob die das Sedierungsverfahren überwachende ärztliche Person im individuellen Fall durch qualifiziertes, speziell geschultes, nicht-ärztliches Personal ersetzt werden kann, ist im jeweiligen Einzelfall von dem die diagnostische oder therapeutische Intervention durchführenden Arzt, unter Berücksichtigung der Struktur der Arbeitsstätte, des Zustands des Patienten und der Komplexität der Intervention vor Ort zu beurteilen und zu verantworten (s. a. Punkt 3.3.3.1).

Der den endoskopischen Eingriff durchführende Arzt muss sich vergewissern, dass diese Person, welche die Sedierungsaufgaben und die Überwachung übernimmt, ausreichend qualifiziert und in der Lage ist, ihre Aufgaben adäquat zu erfüllen.

Die Problematik des Organisations-/Übernahmeverschuldens ergibt sich aus den allgemeinen Rechtsgrundsätzen, welche sich aus dem Zivil-, Straf- und Berufsrecht herleiten. Den detaillierten Hinweisen der Hersteller der jeweils verwendeten Pharmaka, insbesondere zur Strukturqualität (z. B. apparative und personelle Ausstattung), ist zu folgen.

Empfehlung 3.1

modifiziert 2022

Der für die Sedierung verantwortliche Arzt soll in der Intensivmedizin erfahren sein. Er soll in der Anwendung von Sedativa und Analgetika und damit in Kenntnis, Erkennung und Behandlung der zu erwartenden Nebenwirkungen, einschließlich der kardiopulmonalen Reanimation, dem Freimachen/Freihalten eines durchgängigen Luftweges, der Intubation und manuelle Beatmung speziell geschult sein und sie beherrschen.

Evidenzlevel 5, Empfehlungsgrad A, starker Konsens

Analog zu den Leitlinien anderer Fachgesellschaften [21] [311] [361] [362] [363] [364] [365] [366] [367] [368] [369] [370] [371] [372] [374] [375] [376] [377] [378] [379] [380] zählen zu den persönlichen Voraussetzungen für die Durchführung einer Analgo-Sedierung sowohl die Beherrschung der Notfallsituation – mit Korrektur Kreislauf-zirkulatorischer Probleme – als auch die Fähigkeit zur endotrachealen Intubation.

Dies hat sich auch in den Neufassungen verschiedener, ausländischer Leitlinien nicht geändert [373] [381] [382] [383] [384].


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3.2 Ausbildungs- und Trainingskurse

Empfehlung 3.2

modifiziert 2022

Im Rahmen der Qualitätssicherung sollen Ärzte und nicht-ärztliches Assistenzpersonal initial und nachfolgend regelmäßig an einem speziell auf die Sedierung ausgerichteten Training teilnehmen. Die Kenntnisse für das nicht-ärztliche Personal sollten in einem schriftlichen Zertifikat bescheinigt werden.

Evidenzlevel 5, Empfehlungsgrad A, starker Konsens

Spezielle, auf die Sedierung und das Notfallmanagement ausgerichtete Trainingsvorschriften existieren bisher nur vereinzelt. Sie zeigen, dass ein spezifisches Training, auch in Form von Simulationskursen, zur verbesserten Handlungssicherheit von Ärzten führt [385] [386].

Ein weitaus umfangreicheres Trainingsprogramm für nicht-ärztliches Assistenzpersonal war Gegenstand spezieller Studien mit Propofol [94] [334]. Seitens der DGVS wurden strukturierte Curricula für ein eintägiges, gemeinschaftliches (Team-)Training von ärztlichen und nicht-ärztlichen Mitarbeitern entwickelt [387]. Für die Schulung des nicht-ärztlichen Fachpersonals (Gesundheitspfleger/-in oder medizinische Fachangestellte/-in) liegt ein dreitägiges Curriculum der DEGEA vor [387], welches von der DGVS anerkannt wurde. Zudem existiert seit 2012 auch ein Trainingscurriculum der ESGE und der ESGENA [388], welches in Anlehnung an die deutschen Empfehlungen entwickelt wurde. Alle diese Curricula basieren auf Simulator-gestützten Trainingsverfahren.

Hierzu liegen neuerdings positive Empfehlungen zahlreicher internationaler Leitlinien vor [373] [381] [382] [383] [384] [389] [390]. Auch in zumeist retrospektiven Studien konnte eine hohe Sicherheit bei der Anwendung von NAPS durch geschulte Teams dokumentiert werden [391] [392] [393]. Für die Sedierung mit Midazolam plus Opiaten (moderate Sedierung) konnte eine Reduktion der Zahl von Hypoxien durch trainierte, im Vergleich zu untrainierten, Endoskopikern dokumentiert werden [386].

Empfehlung 3.3

modifiziert 2022

Die Qualifikation des ärztlichen sowie des nicht-ärztlichen Personals, welches an der Durchführung der Sedierung, Überwachung und Nachsorge beteiligt ist, soll durch periodische Teilnahme an strukturierten Fortbildungscurricula sichergestellt werden.

Neben theoretischen Kenntnissen sollen auch praktische Fähigkeiten inkl. Komplikationsmanagement (z. B. im Simulatormodell) in diesen Curricula vermittelt werden.

Anmerkung: Hierbei sollte insgesamt ein gemeinsames Training des gesamten Untersucherteams (ärztliches und nicht-ärztliches Personal) bevorzugt werden.

Evidenzlevel 2, Empfehlungsgrad A, starker Konsens

Hintergrund

Die jährlichen kardio-pulmonalen Reanimationstraining-Veranstaltungen (z. B. „Megacode“-Training) für sämtliche Pflegekräfte in Krankenhäusern sind weiterhin allseits empfohlen. Das Fortbildungscurriculum Sedierung stellt keinen Ersatz für diese jährlichen Übungen dar. In welcher Frequenz das Fortbildungscurriculum Sedierung durchgeführt werden sollte, ist durch die individuellen Vorrausetzungen (Erfahrung/Ausbildung des ärztlichen und nicht-ärztlichen Personals, Häufigkeit der Durchführung von Sedierungen, Erfahrungen im Komplikationsmanagement etc.) in den verschiedenen Einrichtungen in Praxis und Klinik sehr unterschiedlich. Daher kann die Leitlinie bezüglich der Frequenz der Repetition solcher Fortbildungscurricula keine definitive Festlegung treffen. Die individuelle Frequenz (z. B. alle drei Jahre) sollte jede endoskopierende Einheit im Rahmen des Qualitätsmanagements, wenn möglich durch eine externe Begutachtung (peer-review-Verfahren), festlegen und schriftlich fixieren. Seitens der DEGEA wird für das Assistenzpersonal eine Wiederholung der Schulungsmaßnahme alle drei Jahre empfohlen. Auch in mehreren retrospektiven Studien konnte eine hohe Sicherheit bei der Anwendung von NAPS durch geschulte Teams dokumentiert werden [391] [392] [393]. Für die Sedierung mit Midazolam plus Opiaten (moderate Sedierung) konnte eine Reduktion der Zahl von Hypoxien durch trainierte, im Vergleich zu untrainierten, Endoskopikern dokumentiert werden [386].

Prinzipiell ist ein Teamtraining von Ärzten und nicht-ärztlichem Personal zu empfehlen, die Teilnahme von Ärzten, insbesondere an Wiederholungskursen war jedoch in der Vergangenheit in der bundesdeutschen Realität oftmals nicht gegeben.


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3.3 Personelle Voraussetzungen

Empfehlung 3.4

modifiziert 2022

Bei einer Endoskopie mit Sedierung soll eine Person ausschließlich für die Durchführung, Überwachung und Dokumentation der Sedierung zuständig sein. Diese Person soll in der Überwachung von Patienten, die Medikamente (Sedativa, Hypnotika und/oder Analgetika) erhalten, speziell und nachweislich geschult und erfahren sein.

Wann immer der Patient ein erhöhtes Risiko aufweist (z. B. ASA-Klasse ≥ III und prozedural besondere Risikofaktoren für kardiopulmonale Ereignisse) oder anatomischen Besonderheiten der Atemwege bzw. schwerwiegende neurologische Erkrankung zu erwarten sind, soll ein zweiter entsprechend qualifizierter Arzt zugegen sein, der ausschließlich die Durchführung und Überwachung der Sedierung sicherstellt.

Evidenzlevel 5, Empfehlungsgrad A, Konsens

In den Leitlinien der DGAI [376] heißt es: „Da der Untersucher während der Durchführung der Endoskopie in aller Regel nicht in der Lage ist, den Vitalfunktionen des Patienten die notwendige Aufmerksamkeit zu schenken, ist es erforderlich, dass eine zweite, in der Patientenüberwachung speziell geschulte, qualifizierte Person diese Aufgabe zuverlässig wahrnimmt“.

In mehreren Studien konnte gezeigt werden, dass insbesondere bei Patienten mit erhöhter Ko-Morbidität (ASA-Klasse ≥ III), bei der Durchführung von Notfallendoskopien und im Rahmen von langandauernden Untersuchungen (> 60 Min) ein erhöhtes Sedierungsrisiko besteht [220] [394] [395] [396]. Fragen zur Zusammensetzung des Endoskopie-Teams bzw. zu den an der Endoskopie bzw. endoskopischen Intervention beteiligten Personen sind Gegenstand der DGVS-Leitlinie „Qualitätsanforderungen an die gastro-intestinale Endoskopie“ (AWMF Register Nr. 021–022). Es wird an der ursprünglichen Auffassung festgehalten, dass zur Überwachung der Sedierung eine Person ausschließlich zuständig ist.

Hinsichtlich der Ausbildungsvoraussetzungen sei auf das Trainingscurriculum der ESGE wie auch der DEGEA verwiesen [387] [388]. Grundsätzlich soll nur Assistenzpersonal in Sedierung und Notfallmanagement geschult werden, dass über eine entsprechende Ausbildung in einem entsprechenden Medizinalfachberuf verfügt (z. B. Gesundheits- und Krankenpflege, Medizinische Fachangestellte etc.).

Die Empfehlung entspricht auch den Empfehlungen der großen Mehrzahl aktueller, internationaler Leitlinien [373] [381] [382] [383] [384] [390]. In einer neuen, speziell auf dieses Thema fokussierten („Staffing requirements“) ASGE-Leitlinie [397] wird ein differenziertes Vorgehen zwischen der Durchführung unsedierter Endoskopien (dies ist aber nicht Gegenstand der aktuellen Leitlinie), bei Verabreichung einer moderaten Sedierung (durch Benzodiazepine und andere Substanzen, exklusive Propofol) und einer tiefen Sedierung (mit Propofol) ausgesprochen. Hier wird die alleinige Konzentration der sedierenden Person auf das Sedierungsprozedere („sole task“) nur bei tiefer Sedierung mit Propofol verlangt. Auch die bundesdeutschen „Pro-Sed“-Studien [34] [398] legen nahe, dass bei Niedrig-Risiko-Patienten und -Eingriffen, eine ausschließlich auf die Sedierung konzentrierte Person, auch bei Propofol-Gabe, nicht zwingend erforderlich ist. Ein definitiver Beweis anhand harter Endpunkte konnte jedoch bisher für diese Strategie nicht erbracht werden. Vor dem Hintergrund des „Primats der Patientensicherheit“ wird die bisherige diesbezügliche Empfehlung fortgeschrieben. Bei der Risikoklassifizierung bezüglich der Patienten, bei denen ein zweiter Arzt zugegen sein sollte, erweist sich die Betrachtung der ASA-Klassifikation als hervorgehobener Faktor schwierig, da die Definition dieser Gruppe sehr inhomogen ist. So stellt eine dekompensierte Herzinsuffizienz oder eine schwergradige COPD gewiss eine Indikation für eine ärztlich-geführte Sedierung statt einer NAPS-Sedierung dar, ein nur schlecht eingestellter Diabetes mellitus oder ein chronisches, Frequenz-kontrolliertes Vorhofflimmern aber zumeist nicht. Die Leitlinien-Gruppe hat sich aber mehrheitlich für die Beibehaltung der Empfehlung von 2014 ausgesprochen.

In einer neueren, retrospektiven skandinavischen Studie [392] konnte gezeigt werden, dass bei ASA I–II-Patienten auch kompliziertere endoskopische Untersuchungen (ERCP, EUS, Ballon-Enteroskopien, also solche mit einem höheren prozeduralen Risiko) in einem „NAPS-Setting“ sicher möglich sind. Diese Evidenz einer einzelnen retrospektiven Studie reicht aber derzeit für eine Änderung der Empfehlung nicht aus.


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3.4 Überwachung während und nach Sedierung („Monitoring“)

Empfehlung 3.5

geprüft 2022

Die Überwachungsmaßnahmen sollen sich nach dem Gesundheitszustand des Patienten, der Invasivität des durchzuführenden endoskopischen Eingriffes und der Art der Sedierung/Analgesie richten.

Evidenzlevel 5, Empfehlungsgrad A, starker Konsens

In mehreren prospektiven Komplikationsregistern [220] [394] [395] [396] zeigte sich eine erhöhte Komplikationshäufigkeit bei Patienten mit ASA-Klasse III und höher, sowohl bei der interventionellen Endoskopie wie auch bei Notfalluntersuchungen. In einer unizentrischen, prospektiven Fallserie bei Patienten, bei denen interventionelle Endoskopien durchgeführt wurden (mehrheitlich Blutstillung am oberen GI-Trakt sowie ERCP) [214], fand sich eine erhöhte Morbidität und Mortalität und Patienten mit höherer ASA-Klasse und solche, bei denen Notfallinterventionen erfolgten, waren dem höchsten Risiko ausgesetzt. Dies wird auch in den neueren deutschen Publikationen bestätigt [34] [398]. Die Empfehlung ist im Konsens sämtlicher sich hiermit beschäftigender internationalen Leitlinien [373] [381] [382] [383] [384] [390].

Empfehlung 3.6

modifiziert 2022

Die Sedierung soll durch eine(n) entsprechend qualifizierte Ärztin/Arzt (s. Empfehlung 3.1) eingeleitet werden.

Evidenzlevel 5, Empfehlungsgrad A, starker Konsens

Für die Delegation ärztlicher Leistungen, wie hier die Delegation der Überwachung an Assistenzpersonal, ist die Anwesenheit eines Arztes erforderlich, welcher die Übertragung dieser Tätigkeit persönlich verantwortet.

Die Indikationsstellung zur Sedierung und die Wahl der speziellen Medikation muss in Deutschland durch einen hierfür qualifizierten Arzt erfolgen (Vorgabe des Arzneimittelrechts).

Empfehlung 3.7

modifiziert 2022

Die Sedierung kann anschließend von einer entsprechend ausgebildeten und erfahrenen Person (Arzt, Gesundheits- und Krankenpflegepersonal/Medizinische Fachangestellte) überwacht und fortgeführt werden.

Evidenzlevel 1, Empfehlungsgrad 0, starker Konsens

Die Sicherheit einer NAPS-Sedierung konnte in zahlreichen internationalen, zumeist prospektiven, Studien [34] [125] [398] [399] [400] [401] [402] [403] [404] [405] [406] dokumentiert werden.

Die bisherige Empfehlung 3.3.3.1c ist zu der Empfehlung 3.4 (bisher 3.3.2.1) redundant und wurde in den früheren Leitlinien-Fassungen von 2008 und 2014 belassen, um unter dem Primat der Patientensicherheit die Bedeutung dieses Passus („die sedierende Person ist ausschließlich für die Durchführung, Überwachung und Dokumentation der Sedierung zuständig“) zu betonen. Wegen der Redundanz wurde jetzt diese Empfehlung gestrichen. Die Annahme des Beschlusses erfolgte nur mit einfacher Mehrheit (kein Konsens erreicht) da vielen Mitgliedern der LL-Gruppe dieses Statement weiterhin wichtig ist. Andererseits gibt es aber in der Literatur durchaus auch Modifikationen dieser Empfehlung:

Die europäische Leitlinie ist offener im Hinblick auf die Forderung, dass keine relevante Einschränkung der Tätigkeiten der die Sedierung-überwachende Person möglich ist [362] und dies gilt gleichermaßen für eine Leitlinie der ASGE [367]. Hier wird festgehalten, dass kurze, jederzeit ohne Gefährdung unterbrechbare, Tätigkeiten von dieser Person zusätzlich übernommen werden können [362] [367]. Ein mögliches Beispiel wäre das Anreichen einer Biopsiezange z. B. zur Entnahme eines Helicobacter-Tests während der Gastroskopie. Eine präzise Definition dieser „short interruptable tasks“ [367] erfolgt aber nicht. Die deutsche Leitlinien-Gruppe blieb jedoch aufgrund der rechtlichen Voraussetzungen, welche dem Gutachten zur Delegationsfähigkeit der intravenösen Sedierung in der Endoskopie von Prof. Dr. Dr. A. Ehlers (s. Homepage der DGVS unter www.dgvs.de) aus dem Jahre 2006 zu Grunde lagen, hier stringent.

Empfehlung 3.8

modifiziert 2022

Die zur Aufrechterhaltung der Sedierung bzw. Beherrschung von Komplikationen erforderlichen Medikamente können von einer entsprechend ausgebildeten und erfahrenen Person, die ausschließlich mit dieser Aufgabe betraut ist, auf ärztliche Anordnung während der Untersuchung verabreicht werden.

Evidenzlevel 1, Empfehlungsgrad 0, starker Konsens

Unter entsprechenden Voraussetzungen ist NAPS sicher und effizient [334] [407] [408] [409] bei Patienten mit ASA-Klassifikation I–III (siehe [Tab. 8]). Bei ASA IV-Patienten soll kein NAPS erfolgen [334] [407] [408] [409]. NAPS sollte von einer entsprechend ausgebildeten Person, die ausschließlich mit dieser Aufgabe betreut ist, durchgeführt werden. Bis heute existiert nur eine einzige, prospektive Fallserie bei diagnostischer ÖGD und Koloskopie an 27 000 Patienten, die zeigt, dass auch bei Überwachung durch die assistierende Endoskopie-Schwester („2-Mann-Prozedur“) NAPS sicher zu sein scheint [117]. Randomisierte Studien zu dieser Fragestellung liegen aber bis heute nicht vor, die ganz weit überwiegende Zahl aller Studien zum Thema „NAPS“ (> 95 %) wurde in einer „3-Mann-Situation“ vorgenommen. Dass die bundesdeutsche Anwendungswirklichkeit, wie in einer Erhebung von A. Behrens et al. [410] gezeigt, die Beteiligung einer „dritten Person“ nur in maximal 50 % der Fälle realisiert, ist für die Empfehlung einer Leitlinie (die sich primär an der publizierten Evidenz und der Anwendungssicherheit orientieren muss) unerheblich. Direkt vergleichende, randomisierte Studien zur Frage der Komplikationshäufigkeit bei Vorgehen mittels „2-Mann- vs. 3-Mann-Prozedur“ im Rahmen der Sedierung bei der GI-Endoskopie fehlen bisher. Diesbezüglich ist eine erste Studie, die eine solches Setting realisiert, erst kürzlich abgeschlossen worden („Pro-Sed 3-Studie), die Resultate sind jedoch noch nicht im Volltext publiziert.

Empfehlung 3.9

modifiziert 2022

Nach Beendigung der Untersuchung sollen die sedierten Patienten überwacht werden.

Evidenzlevel 5, Empfehlungsgrad A, starker Konsens

Eine postinterventionelle Überwachung ist notwendig, um mögliche Folgen der Sedierung zu erkennen. Die Dauer der postinterventionellen Überwachungsphase ist von dem zu erwartenden Risiko abhängig [270]. Die Wirkdauer und Halbwertszeit der verwendeten Substanz ist hierbei zu berücksichtigen.

Die lückenlose Überwachung der Patienten durch qualifiziertes Personal unabhängig von der verwendeten Substanz, ggf. unter Verwendung eines Pulsoxymeters, ist fortzusetzen, bis sich der Patient vollständig erholt hat. Patienten können aus dem Überwachungsbereich entlassen werden, wenn die Vitalzeichen stabil und sie orientiert sind [376]. Die Vitalzeichen und der Wachheitsgrad des Patienten müssen bei Entlassung aus dem Überwachungsbereich dokumentiert werden. Zu den Details für den ambulanten wie den stationären Bereich sei auf Kapitel V dieser Leitlinie verwiesen.

Da die Nachüberwachung auch die Nachsorge bezüglich nicht durch die Sedierung verursachter Probleme umfassen soll, z. B. Perforation, Übelkeit etc., erschien eine sprachliche Änderung der Empfehlung von 2014, obwohl ohne jede Evidenz, sinnvoll. In nahezu sämtlichen auswärtigen Leitlinien [373] [381] [382] [383] [384] [390] wird eine Nachüberwachung der Patienten empfohlen, unabhängig ob mit Fokus auf Sedierung oder nicht. Bei sedierten Patienten kann das Entdecken auch nicht-Sedierungs-bedingter Probleme (z. B. Perforation oder anderer technischer Komplikationen) verzögert sein.

Empfehlung 3.10

geprüft 2022

Die Überwachung des Patienten in der Aufwachphase soll durch entsprechend geschultes und qualifiziertes Personal vorgenommen werden.

Evidenzlevel 5, Empfehlungsgrad A, starker Konsens

Die entsprechende Person muss ständig im Aufwachbereich sein und die zu überwachenden Patienten direkt im Auge haben (eine telemetrische Überwachung mittels Kamera etc. ist nicht zu empfehlen). Die überwachende Person darf jedoch z. B. telefonieren oder Befunde abheften (d. h. jederzeit zu beendende Tätigkeiten verrichten). Aus Gründen der Patientensicherheit sollen auch bereits wache Patienten bis zur Entlassung im Überwachungsbereich verweilen. Somit kann verhindert werden, dass der evtl. noch beeinträchtigte Patient eigenständig den Untersuchungsbereich verlässt (s. BGH-Urteil, Aktenzeichen: VI ZR 265/02).

Diese Empfehlung steht im Kontext zu sämtlichen Empfehlungen anderer Fachgesellschaften [373] [381] [382] [383] [384] [390].


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3.5 Räumliche und apparative Ausstattung

Empfehlung 3.11

modifiziert 2022

Die Sedierung soll nur in einer Umgebung durchgeführt werden, die hinreichend zur Überwachung und Unterstützung der Atmungs- und Herzkreislaufüberwachung ausgestattet ist. Ein zusätzlicher und separater Aufwachbereich soll vorgehalten werden.

Dieser Aufwachbereich soll gleichfalls die Überwachung der Vitalfunktionen sowie eine Therapie kardio-pulmonaler Komplikationen ermöglichen und von hierfür qualifizierten Personen betreut werden.

Evidenzlevel 5, Empfehlungsgrad A, Konsens

Entsprechend den Leitlinien der DGAI [376] „müssen sich die räumlichen Gegebenheiten und die Ausstattung der Behandlungs- und Überwachungsräume an den Erfordernisse von Patienten mit relevanten Begleiterkrankungen (ASA III und höher) orientieren. Der Behandlungsraum sollte mit Monitoring (Pulsoxymetrie, RR, EKG), Medikamenten, Sauerstoffanschluss, Absaugung und den Hilfsmitteln und Gerätschaften für die Durchführung einer Reanimation ausgestattet sein. Im Fall einer schwerwiegenden Komplikation muss eine geeignete Transportmöglichkeit in eine qualifizierte Behandlungseinrichtung (Intensivstation) sichergestellt sein (z. B. Aufzug mit Möglichkeit des Liegendtransportes).“ Derzeit liegt zu den gültigen Empfehlungen und Standards keine Evidenz-basierte Datenlage vor. Zu weiteren Details sei auf die Leitlinie zu den „Qualitätsanforderungen an die gastro-intestinale Endoskopie“ (AWMF-Register Nr. 021–022) verwiesen. In dieser Leitlinie werden auch die Kriterien für die strukturelle und personelle Ausstattung des Aufwachbereichs beschrieben, welche seit 2014 in die aktuelle Fassung der Sedierungs-Leitlinie mit aufgenommen wurden.

Empfehlung 3.12

geprüft 2022

Das obligate Monitoring während der Sedierung soll die Pulsoxymetrie und die Blutdruckmessung beinhalten.

Evidenzlevel 5, Empfehlungsgrad A, starker Konsens

Bei Patienten mit schwerer Herzerkrankung und/oder mit zu erwartenden rhythmologischen Problemen sollte darüber hinaus eine kontinuierliche EKG-Registrierung erfolgen.

Evidenzlevel 5, Empfehlungsgrad B, starker Konsens

Die für die Überwachung zuständige Person kontrolliert klinisch die Atemtätigkeit des Patienten durch Beobachtung, durch Palpation der Thorax- und Bauchdeckenbewegungen und evtl. durch Auskultation des Luftstroms der Ausatmung. Voraussetzung für das Endoskopie-Personal ist eine entsprechende Notfallausbildung und die Beherrschung der kardiopulmonalen Reanimation.

Entsprechend den Empfehlungen von nationalen und internationalen Fachgesellschaften [5] [22] [23] [24] [25] [26] [27] [28] [29] [30] [31] [44] [47] [48] [49] [281] [361] [372] wird eine pulsoxymetrische Überwachung bei allen Untersuchungen gefordert. Bei sedierten Patienten und Risikopatienten werden ergänzend noch eine kontinuierliche Blutdruckkontrolle und eine EKG-Ableitung gefordert.

Neben der klinischen Überwachung ist die Pulsoxymetrie heute (insbesondere nach Einführung der Qualitätssicherungsvereinbarung zur Koloskopie gem. § 135 SGB V) Voraussetzung für eine Sedierung. Hierbei werden Sauerstoffsättigung und Herzfrequenz ständig gemessen. In der Schweiz wurden laut einer Umfrage des Jahres 2012 100 % aller Endoskopien bei Propofol-Sedierung durch die Pulsoxymetrie überwacht [411]. Ähnliche Studien aus anderen Ländern wie auch aus Deutschland [13] [14] [50] [51] zeigen vergleichbare Zahlen mit einer Überwachungsrate von 96 % bis 97 %. Bei der Sedierung mit Propofol ist auch eine Überwachung des Blutdrucks erforderlich. Optimal sind Überwachungsgeräte, bei denen Sauerstoffsättigung, Herzfrequenz und automatische Blutdruckmessung auf einem Monitor angezeigt werden, der direkt neben dem Endoskopie-Monitor angebracht ist und somit vom Untersucher mit eingesehen werden kann. Auch eine Dokumentation der Meßparameter ist wünschenswert. In Deutschland konnte binnen 3 Jahren nahezu eine Verdoppelung der Häufigkeit der Überwachung des Blutdrucks, nach Implementierung der ersten nationalen Versorgungs-Leitlinie im Jahr 2008, dokumentiert werden [14].

Nahezu sämtliche, aktuellen internationalen Leitlinien stützen diese Empfehlung [373] [381] [382] [383] [384]. In einigen Leitlinien wird zusätzlich die Einschätzung der Bewusstseinslage des Patienten (z. B. durch den MOAA/S-Score) gefordert [382] [384]. Harte Evidenz hierfür gibt es nach Ansicht der Leitlinien-Gruppe nicht. Die teilweise für die Ermittlung des MOAS/S-Scores erforderlichen taktilen Maßnahmen am Patienten stören den Ablauf, vor allem kurzdauernder, endoskopischer Prozeduren. Wenn überhaupt können solche Maßnahmen nur bei länger dauernden Prozeduren sinnvoll sein. Da sich die Empfehlung im Wesentlichen auf das technische Monitoring bezieht, ist hier einer Inklusion des o. g. Aspekts eher nicht sinnvoll. Dass die Bewusstseinslage des sedierten Patienten beobachtet werden muss, ist in den Empfehlungen der AG II schon enthalten. Ob hier der MOAA/S-System sinnvoll ist, erscheint zumindest diskutabel.

3.5.1 Erweitertes Monitoring

Empfehlung 3.13

modifiziert 2022

Die Kapnographie kann zur frühzeitigen Detektion von Apnoe verwendet werden. Der zusätzliche Einsatz der Kapnographie kann insbesondere bei multi-morbiden oder höhergradig adipösen Patienten, welche Interventionen mit hohem prozeduralem Risiko für kardiopulmonale Komplikationen unterzogen werden, erwogen werden.

Evidenzlevel 1, Empfehlungsgrad 0, starker Konsens

Bei der Kapnographie wird über eine Nasenbrille die CO2-Konzentration in der Atemluft registriert. Dabei kann die Atmungsaktivität graphisch dargestellt werden. Eine Apnoe kann durch Beobachtung der kontinuierlichen graphischen Darstellung der CO2-Konzentration in der Ausatemluft auf dem Monitor frühzeitiger als mit der Pulsoxymetrie diagnostiziert werden, die zeitliche Differenz liegt in einem Bereich von bis zu 1 Minute [412] [413] [414] [415] [416] [417]. Der Bestimmung der absoluten CO2-Konzentration im Gewebe (z. B. mittels transkutaner Messung) oder auch in der Ausatemluft kommt dabei, im Gegensatz zum Einsatz der Kapnometrie bei der Narkosesteuerung an beatmeten Patienten, eine geringere Bedeutung zu (das Hauptaugenmerk gilt der Beobachtung der kapnographischen fortlaufenden Registrierung).

In drei neueren, internationalen Leitlinien wird der Einsatz der Kapnografie bei Hochrisikopatienten, tiefer Sedierung und langdauernden Prozeduren empfohlen („recommended“), ohne dass eine eindeutige klare Empfehlung ausgesprochen wird [373] [381] [383]. In einer Cochrane-Analyse wurde der Effekt der Kapnografie bei der Durchführung schmerzhafter Prozeduren in einer Notfallambulanz (keine endoskopischen Untersuchungen) evaluiert, es wurden hier drei randomisierte kontrollierte Studien gefunden, eine Reduktion von Komplikationen konnte jedoch nicht gezeigt werden [418].

Bezüglich des Einsatzes der Kapnografie bei endoskopischen Untersuchungen/Interventionen wurde von Joplink et al. eine retrospektive Datenanalyse an Abrechnungsdaten von insgesamt 258 000 Patienten vorgelegt [419]. Es wurde hier das Setting einer alleinigen Kapnografie, einer alleinigen Pulsoximetrie oder der Kombination von beiden Monitoring-Verfahren analysiert. Bei der retrospektiven Analyse zeigte sich, dass der Einsatz der Kapnografie (sowohl allein oder in Kombination) die Notwendigkeit pharmakologischer Interventionen signifikant reduzierte. Die Anzahl der verzeichneten Todesfälle war unter Einsatz der Kapnografie ebenfalls geringer, erreichte jedoch kein Signifikanzniveau (Odds Ratio 0,18, P = 0,16) [419].

Bezüglich einer möglichen Kosten-Nutzen-Analyse erfolgte eine Literatur-basierte Studie in den Vereinigten Staaten, diese zeigte anhand der Literatur, dass eine Reduktion von Nebenwirkungen bei tiefer Sedierung in 27,2 % bzw. bei moderater Sedierung in 18 % der Fälle zu erwarten war. Insofern wurde (für das Setting der Vereinigten Staaten) bestimmt, dass ein Einsatz der Kapnografie kosteneffektiv sei [420].

In einer Metaanalyse der Literatur von randomisiert-kontrollierten Studien bezüglich des Erreichens einer niedrigeren Hypoxämierate durch den Einsatz der Kapnografie wurden 9 Studien ausgewertet [421]. Es konnte gezeigt werden, dass die einfache Hypoxämie-Häufigkeit (pO2 < 90 %) mit einer Odds Ratio von 0,61 signifikant vermindert war, ebenso das Auftreten einer schweren Hypoxämie (pO2 < 85 %) mit einer Odds Ratio von 0,53. Allerdings war die Häufigkeit bezüglich der Notwendigkeit einer assistierten Ventilation oder einer Notwendigkeit zur Erhöhung der Sauerstoffzufuhr durch den Einsatz der Kapnografie nicht unterschiedlich gegenüber dem Standard-Monitoring [421].

Darüber hinaus finden sich in der aktuellen Literatur mehrere randomisiert-kontrollierte Studien:

In einer Studie von Slagelse et al. wurden 540 Patienten unizentrisch mit NAPS sediert, es wurde in die Zahl der Nebenwirkungen (insbesondere Hypoxämie), mit oder ohne Einsatz der Kapnografie (in Ergänzung zum Standard-Monitoring), evaluiert. So wurde die Zahl und die Zeitdauer der Hypoxämie-Episoden um 40 % (leichte Hypoxämie pO2 < 90 %) bzw. 21 % (schwere Hypoxämie, pO2 < 85 %) durch die Kapnografie reduziert (beide Effekte waren jedoch nicht signifikant). Insgesamt bescheinigt die Studie der Kapnographie nur einen sehr begrenzten klinischen Vorteil [422].

Etwas günstiger waren die Ergebnisse in einer RCT von Friedrich-Rust et al. an 533 Patienten, die an 2 Zentren einer Koloskopie in NAPS- oder MAC-Sedierung mit oder ohne zusätzlicher Kapnografie untersucht wurden. Eine Hypoxämie (pO2 < 90 %) wurde nur bei 18 % der mit Kapnografie überwachten Patienten, jedoch in 32 % unter dem Standard-Monitoring beobachtet (signifikanter Effekt). Als zusätzliche Risikofaktoren für das Auftreten einer Hypoxämie fand sich das Alter, der BMI, das Vorliegen eines Schlafapnoe-Syndroms und auch der Einsatz einer Anästhesie geführten Sedierung (MAC) [423].

Hingegen war in einer weiteren RCT, die unizentrisch durchgeführt wurde, an 452 Patienten, die einer Gastroskopie oder Koloskopie unterzogen wurden (ASA-Status 1 und 2) die Hypoxierate mit 54 % ohne Kapnografie, gegenüber 50 % mit Kapnografie, nicht signifikant unterschiedlich [424].

In zwei weiteren RCT aus der Frankfurter Arbeitsgruppe zum Thema der Kapnografie im Rahmen einer PEG-Anlage wurde zum einen bei 150 Patienten die Hypoxämie-Häufigkeit deutlich reduziert (Odds Ratio 0,29 für Hypoxie < 90 % bzw. Odds Ratio 0,35 für schwere Hypoxie < 85 %) [425]. Bei weiteren 147 Patienten wurde der Stellenwert eines aus der Kapnografie errechneten Parameters, dem sogenannten integrierten pulmonalen Index (IPI), evaluiert, hier zeigte sich kein relevanter Vorteil dieser Methode gegenüber der Standardauswertung der Kapnografie [426].

In 2 prospektiven, jedoch nicht-kontrollierten, Studien wurde die Kapnografie bei stark übergewichtigen Patienten (BMI 46,4) für sinnvoll erachtet [427] bzw. bei Einsatz im Rahmen der ERCP (N = 11 Patienten) als sinnvoll dargestellt [428].

Eine weitere Studie verglich die Methode der Kapnografie entweder über die herkömmliche Bestimmung der CO2-Konzentration aus dem nasalen Atemfluss, gegenüber einer neueren Methode, mit Bestimmung des CO2-Gehalts über ein spezielles Beißstück, somit via oral. Hier wurde bei 104 Patienten, welche eine Gastroskopie erhielten (ASA-1 und -2 Patienten), eine genauere Detektion der CO2-Konzentration mit der oralen Kapnografie (100 % Genauigkeit) gegenüber der nasalen Kapnografie (47 % Genauigkeit) dargestellt [429].

Alle publizierten Studien (nicht nur die in der Meta-Analyse inkludierten) zeigten nahezu unisono eine signifikante Reduktion der Zahl der beobachteten Hypoxämien unter zusätzlichem Einsatz der Kapnografie (s. oben). Der Nachweis einer signifikanten Reduktion harter Endpunkte, wie Mortalität oder dauerhafter Folgen bzw. sogar die Reduktion der Häufigkeit endotrachealer Intubationen, konnte nicht erbracht werden. Vor diesem Hintergrund erscheint einzig eine „Kann“-Empfehlung möglich, gerade der Einsatz der Kapnografie, in Ergänzung zum Standard-Monitoring, bei multi-morbiden oder stark adipösen Patienten und komplexen Prozeduren, kann durchaus als sinnvoll angesehen werden.

Statement 3.14

geprüft 2022

Der Nutzen des EEG-Monitorings hinsichtlich relevanter Zielgrößen in der gastrointestinalen Endoskopie ist nicht nachgewiesen.

Evidenzlevel 1b, starker Konsens

Die elektrische Hirnaktivität ist mit dem Wachheitsgrad des Menschen, wie auch mit der Hirndurchblutung, korreliert. Daher kann eine Kontrolle der elektrischen Hirnaktivität mittels EEG im Rahmen von Narkosen oder einer tiefen Sedierung sinnvoll sein. Das bispektrale (BIS-) Monitoring wird in der Intensivmedizin und bei chirurgischen Patienten verwandt, um die Sedationstiefe zu evaluieren.

Eine anästhesiologische Gruppe untersuchte die Korrelation der Schlaftiefe unter Propofol-Sedierung unter Einsatz des bispektralen (BIS)-Index und einer ergänzenden topographischen EEG-Ableitung bei mit Propofol sedierten Patienten während einer Endoskopie. Es konnten hier unterschiedliche Veränderungen in den differenten Hirnregionen zwischen der natürlichen Schlaftiefe unter Propofol-Sedierung aufgezeigt werden [430].

Eine deutsche Arbeitsgruppe evaluierte die Korrelation zwischen der klinischen Einschätzung der Bewusstseinslage und den verschiedenen EEG-Parametern bei einer fronto-temporalen EEG-Ableitung, mit dem Neuroline 720-Gerät der Firma Ambu, während gastroenterologischer und bronchoskopischer Untersuchungen unter Propofol-Sedierung bei 171 Patienten (ASA I und II). Es konnte hierbei nur eine schwache Korrelation zwischen der klinisch festgestellten Bewusstseinslage und den EEG-Parametern, insbesondere dem BIS–Index, festgestellt werden. Daher wurde, insbesondere für das BIS-Monitoring gefolgert, dass die Anwendung dieser Methode im Setting der Endoskopie durch die zahlreichen Artefakte nicht aussagefähig ist [431].

Zahlreiche weitere Studien [432] [433] [434] [435] [436] [437] [438] [439] [440] [441] konnten mehrheitlich allerdings keine signifikante Verminderung der benötigten Propofol-Dosis im Rahmen meist interventioneller Endoskopien belegen. Auch führte die Anwendung des BIS-Monitorings überwiegend nicht zu einer Reduktion von Surrogat-Parametern der Patientensicherheit (Hypoxämie, RR-Abfall) [436]. Zudem wurde in einigen Studien über eine unzureichende bzw. zeitlich nicht schnell genug korrelierte Einschätzung der Sedierungstiefe des Patienten im Vergleich zur klinischen Beobachtung der Sedierungstiefe und der Evaluation mittels BIS-Monitoring, berichtet [438].

In einer Metaanalyse zum BIS-Monitoring wurden 12 Studien einbezogen, allerdings wurden 6 dieser Studien als von minderer Qualität bewertet [442]. Insgesamt wurde die Evidenzqualität von allen Studien als „Niedrig“ angesehen. Im Ergebnis fand sich kein signifikanter Effekt eines BIS-Monitorings auf die Zeitdauer der endoskopischen Untersuchung, auf die Zeitdauer des Erwachens nach der Sedierung und letztendlich auch auf klinisch relevante Nebenwirkungen. Einzig die Hypoxämie-Häufigkeit und die Zahl der Blutdruckabfälle wurden signifikant reduziert. Insgesamt wurde daher gefolgert, dass die Aussagekraft der bisher bestehenden Studien sehr limitiert sind [442].

In einer randomisierten kontrollierten Studie an 115 Patienten, die einer Koloskopie unter Propofol-Sedierung unterzogen wurden, fand sich nur eine moderate Korrelation zwischen der klinischen Einschätzung der Sedierungstiefe (MOAA/s) und dem BIS-Score [443].

In einer randomisierten Studie zum Einsatz des BIS-Monitorings im Rahmen gastraler ESD- Prozeduren bei 90 Patienten war die Notwendigkeit von Interventionen (z. B. Chin-Lift-Manöver oder Erhöhung der Sauerstoffzufuhr) bei 47,8 % der ohne BIS-Monitoring untersuchten Patienten, im Gegensatz zu 30 % der mit BIS-Monitoring untersuchten Patienten, erforderlich [444]. Allerdings fand sich auch hier kein Unterschied in der Häufigkeit von Sedierungs-assistierten Komplikationen. Die Schlussfolgerung war, dass das BIS-Monitoring klinisch nicht relevant ist [444].

Eine weitere randomisierte Studie untersuchte das BIS-Monitoring bei 280 Patienten, die einer Screening-Koloskopie unterzogen wurden. Hier konnte einzig festgestellt werden, dass die benötigte Propofol-Dosis höher war in der Gruppe, die ein BIS-Monitoring erhielt. Insgesamt wurde das BIS-Monitoring auch hier als für den klinischen Einsatz nicht hilfreich angesehen [445]. Eine 2019 durchgeführte randomisierte Studie an 50 Patienten mit ambulanter Koloskopie fand hingegen, dass die benötigte Propofol-Dosis unter BIS-Monitoring niedriger lag. Zudem wurde der kognitive Status, vor und nach Sedierung, in beiden Gruppen evaluiert (MMSE, Trieger-Test und Uhrzeigertest), hierbei fand sich ein günstigeres Ergebnis unter BIS-Monitoring [446].

In einer Vergleichsstudie [447] mit einem weiteren EEG-Monitoring Verfahren, der Detektion akustisch-evozierter Potenziale, schnitt das BIS-Monitoring jedoch günstiger ab (bezüglich der Einschätzung der Sedierungstiefe unter Propofol-Sedierung).

In einer randomisiert, kontrollierten Studie von Wehrmann et al. [199] konnte bei der Verwendung eines weiteren, alternativen EEG-Monitoring-Verfahrens, dem Narcotrend-System, im Rahmen der ERCP, eine signifikante Verminderung der benötigten Propofoldosis nachgewiesen werden. Dies wurde jedoch, unter Verwendung des gleichen Narcotrend-Verfahrens, in einer neueren randomisierten Studie [448] bezüglich der Steuerung der Propofol-Sedierung bei der ERCP jedoch nicht bestätigt, allerdings fand sich hier eine geringere Rate an Hypoxämien und Blutdruckabfällen unter dem Narcotrend-Monitoring.

Zusammenfassend konnte somit in den vorliegenden aktuellen und älteren Studien für den Einsatz eines EEG-Monitorings in der gastrointestinalen Endoskopie keine wesentlichen relevanten Vorteile dokumentiert werden. Daher kann der Einsatz solcher Verfahren auch aktuell weiterhin nicht empfohlen werden.


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3.5.2 Addendum: Neuere Monitoring-Verfahren (ohne Empfehlung)

In zwei Studien wurde der Einsatz eines Bio-Impedanz-Monitors zur Beurteilung des respiratorischen Minuten-Volumens (RMV) eingesetzt. Bei dieser Methode werden 3 Klebeelektroden am Sternum, am Xiphoid und in der rechten Axillarlinie des Patienten angebracht. Durch eine Analyse der Wandbewegung des Brustkorbs wird hierbei das Atemminutenvolumen eingeschätzt [449]. In einer ersten randomisierten Studie an 51 Patienten, die oberen gastrointestinalen Endoskopien unterzogen wurden, fand sich eine bessere Einschätzung der resp. Funktion der Patienten durch diese Bestimmung des respiratorischen Minutenvolumens, wie durch die alleinige Bestimmung der Respirations-Frequenz [449].

In einer zweiten Studie an 73 Patienten, die oberen gastrointestinalen Interventionen unterzogen wurden, wurde bei 15,3 % der Patienten unter einem Standard-Monitoring eine Verminderung des Minutenvolumens festgestellt, gegenüber nur 7,2 % der Patienten, die mit dem neuen RVM-Monitoring (Bio-Impedanztechnik) untersucht wurden (eine Absenkung des Minutenvolumen < 40 % des Ausgangswertes, wurde hierbei als relevant erachtet). Dieser Effekt war noch ausgeprägter bei den 10 % der Patienten, bei denen der Anästhesist die Bestimmung des Atemminutenvolumens vorab als klinisch sinnvoll einschätzte [450].

In einer Studie wurde eine Photoplethysmografie zur Detektion der Atemfrequenz eingesetzt (Nellcor-System, welches am Finger angebracht wird). Hier wurde im Rahmen einer Machbarkeits- Studie an 26 Patienten keine erhöhte Sensitivität durch dieses Monitoring zur Detektion von Apnoeepisoden beschrieben [451].

In einer anderen Studie – von Pariser Anästhesisten – wurde eine Photoplethymografie-Methode für ein Blutdruckmonitoring eingesetzt. In dieser Machbarkeits-Studie an 20 Patienten, die einer Gastroskopie und Koloskopie unterzogen wurden, konnte ein Abfall des mittleren arteriellen Drucks auf < 65 mmHg bei 91 % der Patienten im Standard-Monitoring, aber nur bei 30 % der Patienten, die zusätzlich mit dem photoplethymografischen Verfahren untersucht wurden, nachgewiesen werden [452].

Eine weitere Studie beschreibt den Einsatz eines akustischen Monitorings zur Detektion der respiratorischen Aktivität im Vergleich zur Kapnografie [453]. Hierbei wird ein akustischer Sensor am Nacken des Patienten angebracht. Es wurden hier 49 Patienten, die einer MAC-Sedierung im Rahmen einer Gastroskopie mit ESD unterzogen wurden, evaluiert. Es fand sich eine höhere technische Ausfallrate der Kapnografie (40 %) gegenüber dem akustischen Monitor (22 %), die Vitalparameter waren in beiden Gruppen nicht unterschiedlich [453].

In einer anderen Machbarkeitsstudie der Cleveland-Gruppe wurde die Messung der Ausatemluft-Temperatur zur Bestimmung der Atemfrequenz bei 12 Patienten evaluiert. Im Rahmen dieser ersten Evaluation wurde dieses Gerät als praktikabel angesehen. Der sog. „Linsham Respiatory-Monitor“ ist inkorporiert in eine Gesichtsmaske, durch welche auch das Endoskop oral eingeführt werden kann [454].

Sämtliche der oben erwähnten neueren Methoden sind jedoch bisher nur in Machbarkeitsstudien evaluiert, so dass eine definitive Einschätzung ihres klinischen Stellenwerts derzeit nicht möglich ist und daher diesbezüglich keine Empfehlungen gegeben werden können.


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4 Leitlinie – Aufklärung, Einwilligung/Voraussetzung für Durchführung der Sedierung/Sicherung vitaler Funktionen/klinische Überwachung/Zwischenfallmanagement

4.1 Patientenaufklärung und -einwilligung

Empfehlung 4.1

geprüft 2022

Die Patienten sollen im Rahmen der Aufklärung über die Endoskopie auch über sedierungsassoziierte Wirkungen, insbesondere anterograde Amnesie und die Möglichkeit eingeschränkter psychomotorischer Leistungen nach der Sedierung, aufgeklärt sein.

Evidenzlevel 5, Empfehlungsgrad A, starker Konsens

4.1.1 Allgemeine und rechtliche Aspekte

Die Rechtsprechung zum ärztlichen Eingriff, der ärztlichen Aufklärung und der Patientenaufklärung ist äußert komplex. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs stellt jeder ärztliche Eingriff den Tatbestand der Körperverletzung im Sinn der §§ 223 ff. StGB; 823 I BGB dar. Ein ärztlicher Eingriff umfasst nicht nur die Durchführung diagnostischer Verfahren, sondern auch therapeutische Maßnahmen wie eine Operation oder die Verabreichung von Medikamenten [455]. Die für diese Maßnahmen notwendige Einverständniserklärung ist nur wirksam, wenn der Patient hinreichend aufgeklärt wurde und von seinem Selbstbestimmungsrecht Gebrauch machen kann („informed consent“). Sollte der Patient nicht einwilligungsfähig sein (z. B. Kinder, schwer geistig behinderte Personen), muss der Arzt dessen Vertreter (Erziehungsberechtigte, Bevollmächtigte für Gesundheitsangelegenheiten oder Betreuer) aufklären [456]. Der Patient ist nur dann einwilligungsfähig, wenn er auch die Tragweite des Eingriffs verstehen kann. Abgesehen vom rechtlichen Hintergrund erhöht eine gute Aufklärung auch die Patientenzufriedenheit [457]. Eine Aufklärung sollte auch erfolgen, wenn der Patient bereits früher endoskopische Eingriffe derselben Art erfahren hat oder angibt, gut informiert zu sein. Denn viele Patienten können ihr eigenes Informations- und Wissensniveau schlecht einschätzen. Ferner geraten frühere Aufklärungen in Vergessenheit oder Details der Aufklärung sind unverstanden geblieben. Zudem hat die Aufklärung im konkreten Fall der aktuell intendierten Untersuchung zu erfolgen.


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4.1.2 Aufklärende Person

Empfehlung 4.2

geprüft 2022

Die Aufklärung soll durch einen fach- und sachkundigen Arzt in für den Patienten verständlicher Form erfolgen.

Evidenzlevel 5, Empfehlungsgrad A, starker Konsens

Hintergrund

Der Arzt muss über die notwendige Fach- und Sachkenntnis zur Sedierung verfügen. Die Aufklärung muss in einer für den Patienten – als medizinischen Laien – behutsamen und verständlichen Weise erfolgen. Wichtig ist, dass der Patient die Bedeutung und Tragweite des Eingriffs einschätzen kann. Davon hat sich der Arzt im Gespräch zu überzeugen. Eine Delegation, z. B. an ärztliches Hilfspersonal, ist nicht statthaft.


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4.1.3 Durchführung der Aufklärung

Statement 4.3

modifiziert 2022

Grundlage der Aufklärung ist das Gespräch zwischen Arzt und Patient.

Inhalt und Umfang der Aufklärung sind zu dokumentieren. Dem Patienten sind Abschriften von Unterlagen, die er im Zusammenhang mit der Aufklärung oder Einwilligung unterzeichnet hat, auszuhändigen (gemäß § 630e BGB).

Evidenzlevel 5, starker Konsens

Empfehlung 4.4

modifiziert 2022

Die Aufklärung soll rechtzeitig erfolgen, sodass der Patient seine Entscheidung über die Einwilligung wohlüberlegt treffen kann (gemäß § 630e BGB).

Evidenzlevel 5, Empfehlungsgrad A, starker Konsens

Hintergrund

Das Gespräch muss patientenzentriert geführt werden, d. h. abhängig von der Auffassungsgabe und dem Umfang des Informationsbedürfnisses des Patienten. Standardisierte Aufklärungsbögen können zusätzlich verwendet werden, sie dienen aber nur der Unterstützung in der Informationsweitergabe und der Dokumentation und sind kein Ersatz für das persönliche Aufklärungsgespräch. Zivilrechtlich hat der Arzt die Beweispflicht für die ordnungsgemäße Durchführung der Aufklärung; eine schriftliche Dokumentation ist deshalb essenziell [455]. Ein Aufklärungsverzicht sollte dem Patienten nicht angeboten und erst recht nicht nahegelegt werden. Wenn der Patient jedoch aus eigenem Antrieb eine Aufklärung ablehnt, ist der Aufklärungsverzicht zu dokumentieren und vom Patienten zu unterschreiben [456]. Die Bedeutung des Selbstbestimmungsrechts des Patienten verlangt zudem die Rechtzeitigkeit [458] der Einwilligungserklärung und damit auch eine Aufklärung, die eine Entscheidungsfreiheit ohne Zeitdruck gewährleistet. Der richtige Zeitpunkt der Aufklärung hängt von den Umständen im Einzelfall ab. Ansprechbare Patienten sollten auch in Notfällen vor ihrer Einwilligung so weit aufgeklärt werden, wie es die Zeit zulässt [458]. Grundsätzlich sollte die Aufklärung so früh wie möglich erfolgen. Es empfiehlt sich, sie mit der Aufklärung über die endoskopische Maßnahme zusammen bei deren Vereinbarung durchzuführen.


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4.1.4 Inhalte des Aufklärungsgesprächs

Empfehlung 4.5

geprüft 2022

Das Gespräch soll Informationen über die Vorbereitung der Sedierung, verschiedene Sedierungsmethoden und deren mögliche Komplikationen umfassen. Inhalt des Gesprächs soll es auch sein, den Patienten auf die Möglichkeit hinzuweisen, auf die Sedierung zu verzichten.

Evidenzlevel 5, Empfehlungsgrad A, starker Konsens

Hintergrund

Bei fast allen Untersuchungen sind unerwünschte Wirkungen der Sedierung für mindestens 50 % der Komplikationen verantwortlich [459]. Somit sind die Sedierungskomplikationen (Aspiration, arterielle Hypotension, Bradykardie, Apnoe, usw.) typische Komplikationen und müssen mit dem Patienten ausführlich besprochen werden. Über typische Risiken der Sedierung ist unabhängig von der Komplikationsrate aufzuklären. Auch über gravierende atypische Risiken muss aufgeklärt werden. Der Arzt sollte hinsichtlich des „Ob und Wie“ der Sedierung zum Berater des Patienten werden. Bezüglich der Dosis der Sedierung scheint es sinnvoll, neben Geschlecht und Alter auch das Beunruhigungs-/Angstniveau der Patienten zu erheben, da diese 3 Faktoren geeignet sind, die Kooperation des Patienten während der Untersuchung und seine Zufriedenheit danach einzuschätzen [460] [461] [462]. Jüngeren und ängstlicheren Patienten sowie Frauen sollte eher zu einer Sedierung geraten werden [5] [8] [55] [460]. Bei länger dauernden und diffizilen Eingriffen (z. B. ERCP, schwierige Polypektomie) ist eine Sedierung erforderlich, um ungewollte Spontanbewegungen des Patienten zu verhindern [165] [463]. Dieser Zusammenhang sollte bei der Aufklärung erklärt werden. Kommt der Patient zu Schaden, nachdem er die Zustimmung zu einer notwendigen Untersuchung aufgrund einer sachlich unzutreffenden und/oder unsachlichen Aufklärung verweigert, kann den Arzt eine Verantwortung treffen [464]. Wenn entweder der Patient in eine hohe ASA-Risikoklasse fällt [465] [466] oder wenn die Einrichtung und das Personal nicht ausreichen, um die Sedierung fachgerecht durchzuführen, kann eine Sedierung auch nicht durchgeführt werden. In diesen Fällen muss der Arzt dem Patienten erklären, warum keine Sedierung erfolgen kann. Ob über die Möglichkeit des Todes infolge des Eingriffs aufgeklärt werden muss, ist umstritten. In 2 Urteilen des Oberlandesgerichts Stuttgart [464] [467] und einem Urteil des Oberlandesgerichts Zweibrücken [468] wurde gefordert, dass der Patient vor der Koloskopie schonend darüber hätte informiert werden müssen, dass er an den Folgen einer Perforation versterben könnte. Im anderen Fall wurde eingefordert, dass die Patientin über das Risiko, an einer ERCP zu sterben, gleichfalls hätte informiert werden müssen. Bei besonders dringlichen Eingriffen kann der Umfang der Aufklärung der Situation angepasst werden.


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4.1.5 Sicherungsaufklärung (Verhalten nach der Sedierung)

Empfehlung 4.6

geprüft 2022

Der Patient soll über das korrekte Verhalten nach der Sedierung und der Entlassung aus der ambulanten Therapie aufgeklärt werden. Er soll ein Informationsblatt ausgehändigt bekommen.

Evidenzlevel 5, Empfehlungsgrad A, starker Konsens

Hintergrund

Verhalten nach der Untersuchung (Entlassmanagement, siehe Kapitel 5.2): Ambulant untersuchte Patienten sollten darauf hingewiesen werden, dass sie einer Begleitperson bedürfen, die sie nach Hause bringt. Alle Patienten, die eine Sedierung erhalten haben, sind darüber hinaus darauf hinzuweisen, dass sie am Untersuchungstag nicht aktiv am Straßenverkehr teilnehmen dürfen, insbesondere nicht ein Fahrzeug führen, keine schwierigen Maschinen bedienen, keinen Alkohol trinken und keine wichtigen oder rechtlich bindenden Entscheidungen treffen. Aufgrund der Halbwertzeit reicht bei einer Propofol-Monosedierung eine Ruhephase und Abstinenz von den oben genannten Tätigkeiten am Tag des Eingriffs aus. Bei Einsatz anderer Medikamente, auch in Kombination mit Propofol, kann diese Frist länger sein, z. B. 24 Stunden bei Verwendung von Midazolam. Grundsätzlich ist allen Patienten eine telefonische Kontaktmöglichkeit zum Arzt oder Klinikum zu benennen für den Fall, dass nach der Endoskopie Befindlichkeitsstörungen, Blutungen oder andere Komplikationen auftreten [456]. Die Aufklärungen über die Verhaltensmaßnahmen für die Zeit nach der Untersuchung sollten dem Patienten schriftlich an die Hand gegeben werden [456]. Bei kritischen Prozeduren oder Patienten mit hoher Komorbidität war hier eine gezielte Nachfrage seitens der Klinik mittels Telefonanruf am nächsten Tag effektiver als eine schriftliche Aufforderung an den Patienten, seinerseits Rücksprache zu halten [469].


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4.2 Voraussetzung für die Durchführung der Sedierung

Statement 4.7

geprüft 2022

Voraussetzung für eine Sedierung und/oder Analgesie ist ein permanenter intravenöser Zugang.

Evidenzlevel 2b, starker Konsens

Hintergrund

Die Verabreichung von Sedativa erfordert prinzipiell einen peripher-venösen Zugang. In einer vergleichenden Studie von Smith et al. [470] zur Funktionstüchtigkeit von Schmetterlingskanülen (Butterfly) und Venenverweilkanüle 1 Stunde nach erfolgter Endoskopie, also einem Zeitraum, in dem die Halbwertszeit der meisten Benzodiazepine und Opiate nicht einmal erreicht ist, waren nur noch 44 % der Schmetterlingskanülen, aber 98 % der Venenverweilkanülen noch funktionstüchtig.


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4.3 Sicherung vitaler Funktionen

Empfehlung 4.8

geprüft 2022

Sedierte Patienten sollen prophylaktisch Sauerstoff über eine Nasensonde erhalten.

Evidenzlevel 2b, Empfehlungsgrad A, starker Konsens

Hintergrund

Zwischenfälle, die auf eine Sedierung zurückzuführen sind, sind in erster Linie kardiopulmonale Ereignisse [459]. Diese umfassen etwa die Hälfte aller Komplikationen in der Endoskopie und können je nach vorbestehendem Risiko des Patienten bei Gastroskopien auch ohne Sedierung auftreten [471]. Die Häufigkeit kardiopulmonaler Ereignisse wird in der älteren Literatur und unter Verwendung von Benzodiazepinen um 5 % [220] und in Studien zu Propofol um 0,1 % [394] beziffert. Besonders ältere Patienten sind durch eine Hypoxie unter Sedierung gefährdet [127] [178]. Eine prophylaktische Sauerstoffgabe über eine Nasensonde kann die Häufigkeit hypoxämischer Ereignisse signifikant vermindern [472] [473] [474] [475] [476] [477]. Allerdings wurden auch Bedenken geäußert, dass die prophylaktische Sauerstoffgabe die frühzeitige Detektion von Störungen der Ventilation mittels Pulsoxymetrie verzögern kann [270] [465]. Die Leitlinienautoren werten jedoch den „Sicherheitspuffer“ durch die prophylaktische Sauerstoffgabe höher als den Nachteil dieser verzögerten Hypoxiedetektion.

In neueren Studien wurde die Anwendung von nasalem High Flow während Sedierung für die gastrointestinale Endoskopie untersucht [478]. Bei der nasalen High-Flow-Therapie werden spezielle großlumige Nasenbrillen verwendet, die einen hohen Gasfluss von bis zu 60 Litern pro Minute mit variablem Sauerstoffanteil erlauben. Dies führt zu einem geringen Überdruck in den Atemwegen. Die Datenlage für den Einsatz in der gastrointestinalen Endoskopie ist nur spärlich, sodass ein Einsatz außerhalb von Studien nicht sinnvoll ist. Gleiches gilt für die Anwendung von nasal appliziertem PEEP (insbesondere bei Patienten mit obstruktiver Schlafapnoe und/oder erheblicher Adipositas), auch hier liegen bisher nur Machbarkeitsstudien vor, eine randomisierte bundesdeutsche Studie (Th. Rösch et al., am Universitäts-Klinikum Hamburg-Eppendorf) wird demnächst starten [479].


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4.4 Zwischenfallmanagement

4.4.1 Hypoxie

Eine Hypoxie liegt vor bei einem Abfall der Sauerstoffsättigung unter 90 %, gemessen mit dem Pulsoxymeter. Bei den meisten Pulsoxymetern wird die Höhe der Sauerstoffsättigung durch die Tonhöhe des Impulses angezeigt. Sinkt also die Tonfrequenz oder die digital sichtbare Sauerstoffsättigung kontinuierlich ab, müssen Gegenmaßnahmen getroffen werden. Diese bestehen zunächst darin, dass man den Patienten laut auffordert und durch taktile Reize anregt, tiefer zu atmen. In Rücken- oder Seitenlage kann durch einen Esmarch-Handgriff das Kinn nach oben gezogen werden, sodass der Patient wieder frei durch den Mund atmen kann, evtl. hilft hier das Einlegen eines Guedel- oder Wendl-Tubus. Zudem sollte der Sauerstofffluss erhöht (z. B. von 2 auf 4–5 l/Min) und die Verabreichung von Sedativa pausiert werden. Sollte der Patient unter diesen Maßnahmen keine Spontanatmung entwickeln, muss eine Atemhilfe mit Maskenbeatmung durchgeführt werden. Der Atemweg muss dann schließlich ggf. instrumentell gesichert werden (z. B. endotracheale Intubation oder Larynxmaske). Im Falle einer Sedierung mit Benzodiazepinen kann zusätzlich der Antagonist Flumazenil intravenös (bei Opiatgabe der Antagonist Naloxon) verabreicht werden, wodurch eine Beatmung häufig vermieden werden kann. Ansonsten soll bei einer Hypoxie unter Benzodiazepinen gleich verfahren werden wie unter einer Sedierung mit Propofol.


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4.4.2 Herzrhythmusstörungen

4.4.2.1 Allgemeines

Allein die endoskopische Intubation des Kolons erzeugt beim unsedierten Patienten ein Übergewicht des sympathischen autoregulativen Nervensystems [480] und erhöht damit die Wahrscheinlichkeit für kardiovaskuläre Ereignisse. Der Einfluss auf die Herzfrequenzvariabilität wird aber durch eine Sedierung noch verstärkt [481]. Kardiopulmonale Ereignisse können aber auch bei unsedierten Patienten während der Gastroskopie beobachtet werden [482] [483].


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4.4.2.2 Tachykarde Herzrhythmusstörungen

Das Auftreten von supraventrikulären und ventrikulären tachykarden Herzrhythmusstörungen während der Endoskopie ist für wenige Fälle beschrieben [484] [485] [486] [487]. Für den Notfall sollten Antiarrhythmika und ein Defibrillator bereitgehalten werden [488] [489].


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4.4.2.3 Bradykarde Herzrhythmusstörungen

Insbesondere bei der Koloskopie mit oder ohne Sedierung treten mitunter Bradykardien auf. Die Häufigkeit wird mit 0,5 % angegeben [490], wobei aber nur bei einem Drittel der Patienten eine medikamentöse Intervention erforderlich war. Die Intervention besteht aus der Gabe von 0,5 mg Atropin i. v., evtl. wiederholt bis 3 mg und/oder Adrenalin (2–10 µg/min), in bedrohlichen Fällen ist eine kardiopulmonale Reanimation indiziert [491].


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4.4.3 Arterielle Hypotonien

Die Häufigkeit einer arteriellen Hypotension bei Koloskopie schwankt je nach Definition zwischen 0,3 % [490] und 3–19 % [480]. Im Falle einer arteriellen Hypotension besteht die Intervention in der Infusion kristalloider Lösungen und bei persistierender Hypotension in der Gabe von vasoaktiven Substanzen. Die prophylaktische Infusion bei allen Koloskopien wird nicht empfohlen [492], ist aber bei älteren exsikkierten Patienten durchaus sinnvoll. Auch bei länger dauernden Eingriffen unter Propofol-Sedierung kann wegen der ausgeprägten blutdrucksenkenden Eigenschaften von Propofol die prophylaktische intravenöse Gabe kristalloider Lösungen als sinnvoll erachtet werden.


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4.4.4 Myokardiale Ischämien

Myokardiale Ischämien können während der Endoskopie bei sedierten und unsedierten Patienten auftreten. In einer prospektiven Studie wurde eine ST-Segmentdepression in 7 % der koloskopierten Patienten beschrieben, wobei 3/4 der Ereignisse vor der eigentlichen Endoskopie auftraten [493]. ST-Streckensenkungen können durch Sauerstoffgabe während der Endoskopie signifikant verringert werden [473]. In der Literatur wird ein Fall eines Herzinfarkts während der Koloskopie beschrieben [303].


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4.4.5 Seltene Ereignisse bei Sedierung

Selten werden bei Endoskopien von sedierten Patienten Allergien beobachtet. Bei einer von 80 000 Koloskopien wurde eine allergische Reaktion gegen Midazolam beobachtet [459]. Häufiger ist die Applikation von Propofol insbesondere in schmalkalibrige, periphere Venen schmerzhaft. Dieser Injektionsschmerz kann durch intravenöse Lokalanästhesie oder durch Injektion eines Lokalanästhetikums bei Bedarf, nach einer kleinen Propofol-Probedosis, weitgehend vermieden werden [494] [495] [496] [497].


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5 Leitlinie – Ergebnisqualität: Interne Qualitätssicherung/Entlassungskriterien/Verkehrsfähigkeit/Arbeitsfähigkeit/Dokumentation/„Benchmarking“

5.1 Interne Qualitätssicherung

Empfehlung 5.1

geprüft 2022

Es soll eine schriftliche und klar verständliche Ablaufplanung für die Durchführung von Sedierungen und/oder Analgesie, die Überwachung der Patienten nach der Sedierung, die Entlassungskriterien in den ambulanten bzw. allgemeinstationären Bereich, sowie hinsichtlich eines möglichen Komplikationsmanagements vorliegen. Die jeweiligen Zuständigkeiten sollen hierbei klar definiert sein.

Evidenzlevel 5, Empfehlungsgrad A, starker Konsens


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5.2 Entlassungskriterien

5.2.1 Patienteninstruktionen

Empfehlung 5.2

modifiziert 2022

Die Entlassung der Patienten soll in Begleitung erfolgen. Weiterhin soll der Patient schriftliche Instruktionen einschließlich einer über 24 Stunden erreichbaren Notfalltelefonnummer für den Fall von untersuchungsbezogenen Komplikationen (Sedierung, Eingriff) erhalten.

Evidenzlevel 5, Empfehlungsgrad A, Konsens


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5.2.2 Minimalkriterien für die Entlassung

Empfehlung 5.3

geprüft 2022

Die Verwendung von Minimalkriterien für die Entlassung von Patienten nach erfolgter Sedierung und/oder Analgesie aus dem Aufwachbereich ist sinnvoll, ein standardisierter Entlassungsbogen wird empfohlen.

Evidenzlevel 5, Empfehlungsgrad A, starker Konsens

Empfehlung 5.4

geprüft 2022

Tab. 10

Verlegung/Entlassung nach ambulanter Endoskopie.

Minimalkriterien für die Entlassung aus dem Aufwachraum nach ambulanter Endoskopie mit Sedierung/Analgesie (modifiziert nach Ead H. [498])

Stabile Vitalparameter für mindestens 1 Stunde

Wach und orientiert zu Zeit, Ort und zur Person (bei Patienten mit initial eingeschränktem mentalem Status soll der Ausgangsstatus erreicht werden)

Komplette (oder weitgehende) Schmerzfreiheit

Fähigkeit, sich selbstständig anzuziehen und in Begleitung zu laufen (bei Patienten mit initial eingeschränktem funktionellem/mentalem Status soll der Ausgangsstatus erreicht werden)

Entlassung in Begleitung eines verantwortlichen Erwachsenen

Schriftliche und mündliche Anweisungen erteilen bezüglich Nahrungsaufnahme, Aktivitäten, Medikamenteneinnahme, Teilnahme am Straßenverkehr, Urteilsvermögen, typische Anzeichen von Komplikationen, Nachsorgeterminen und einer Notfallnummer im Fall von Komplikationen

Evidenzlevel 5, Empfehlungsgrad A, Konsens

Empfehlung 5.5

geprüft 2022

Für Patienten im stationären Bereich sollen die Entlass-Kriterien gemäß [Tab. 11] erfüllt und dokumentiert sein.

Tab. 11

Verlegung nach stationärer Endoskopie.

Minimalkriterien für die Verlegung nach Endoskopie mit Sedierung/Analgesie aus dem Aufwachbereich auf Normalstation (nach DGAI, 2009 [499])

Bewusstseinslage wach bzw. wie präendoskopisch

Schutzreflexe vorhanden bzw. wie präendoskopisch

Spontanatmung ohne Therapie ausreichend bzw. wie präendoskopisch

Kreislauf ohne Therapie stabil bzw. wie präendoskopisch

Evidenzlevel 5, Empfehlungsgrad A, starker Konsens


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5.2.3 Verwendung von Score-Systemen für die Entlassung

Empfehlung 5.6

geprüft 2022

Score-Systeme (z. B. Aldrete-Score) sollten nicht allein zur Beurteilung der Entlassungsfähigkeit verwendet werden, da sie die psychomotorische Funktion der Patienten nicht valide beurteilen können.

Evidenzlevel 1b, Empfehlungsgrad A, starker Konsens

Hintergrund

Verschiedene Scoring-Systeme zur Beurteilung der Patientenerholung nach chirurgischen Eingriffen wurden auch nach erfolgter Sedierung für endoskopische Untersuchungen angewendet; die am häufigsten verwendeten sind der modifizierte Aldrete-Score (für die frühe oder Phase-I-Erholung) und das Post-Anästhesiologische Score-System zur Patientenentlassung (PADDS, für die zwischenzeitliche oder Phase-II-Erholung) [504] [505]. Trotz der Limitationen des PADDS bezüglich seines Fokus auf chirurgische Prozeduren (z. B. ist eines der fünf Kriterien „chirurgische Blutung“) konnte unter Verwendung dieses Score-Systems eine sichere Entlassung nach gastrointestinaler Endoskopie in einer relativ kleinen prospektiven Studie dokumentiert werden [506]. Für die Entlassung aus dem ambulanten Bereich wird nachfolgend die Verwendung der Checkliste ([Tab. 10], modifiziert nach Ead et al. [498]) empfohlen. Als Mindeststandard sollten die Kriterien gemäß der American Society of Anesthesiology erfüllt sein [20]. Häufig verwendete Tests umfassen die Beantwortung verschiedener Fragen, die Fähigkeit auf einem Fuß zu stehen und auf einer geraden Linie über 5 Meter zu laufen.

Es gilt zu beachten, dass die Verwendung eines modifizierten Aldrete-Scores [507] nur Aussagen zu den Vitalfunktionen des Patienten ermöglicht, aber nicht zu dessen psychomotorischer Leistungsfähigkeit. Diese ist selbst bei Erreichen eines maximalen Score-Werts noch erheblich eingeschränkt [508].
Auch wenn Patienten nach einer Sedierung stabile Vitalzeichen zeigen und ausreichend wach erscheinen, ist bekannt, dass bei Verwendung mittellang wirkender Substanzen (z. B. Midazolam, Pethidin) eine verlängerte Phase von Amnesie und eine Beeinträchtigung des Urteilsvermögens sowie der Reflexe vorhanden sind.

Bei Patienten, die im Rahmen einer Koloskopie mit dem früher häufig verwendeten Sedierungsregime Midazolam plus Opioid sediert werden, sind Reaktionszeit, Feinmotorik und die Wahrnehmung zumindest für 30 Minuten nach der Untersuchung eingeschränkt. Verschiedene Studien zeigen, dass die verbleibenden Nachwirkungen von Midazolam unterschiedliche Aspekte der psychomotorischen Funktionen für mindestens eine Stunde nach der Applikation beeinträchtigen [508] [509]. Midazolam scheint hier der Hauptgrund für die anhaltende psychomotorische Funktionseinschränkung nach Sedierung zu sein [510]. Ein ähnliches Ergebnis erbrachte auch die Studie von Thapar et al. [510], in der die Wirkung von Midazolam mit der Wirkung von Fentanyl und Propofol verglichen wurde. Und auch eine aktuelle Studie von Watkins et al. konnte zeigen, dass eine Sedierung mit Propofol allein im Vergleich zur Kombination von Propofol plus Fentanyl oder Fentanyl plus Midazolam, die geringste Auswirkung auf die kognitive Funktion nach dem Eingriff hat [511]


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5.3 „Street-Fitness“

5.3.1 Verkehrstauglichkeit

Empfehlung 5.7

modifiziert 2022

Die psychomotorischen Funktionen können auch bei Erreichen der geforderten Entlassungskriterien noch signifikant eingeschränkt sein. Daher soll der Zeitpunkt für die aktive und passive Teilnahme am Straßenverkehr jeweils in Abhängigkeit der jeweils verwendeten Substanzen und vom Risikoprofil des Patienten zum Entlassungszeitpunkt individuell festgelegt werden.

Evidenzlevel 1b, Empfehlungsgrad A, Konsens

Empfehlung 5.8

geprüft 2022

Die Patienten sollten nach erfolgter Sedierung mittels Propofol (als einziges Sedativum) für mindestens 12 Stunden nicht aktiv am Straßenverkehr teilnehmen, keine Maschinen bedienen und keine legal bindenden Dokumente unterzeichnen.

Evidenzlevel 1b, Empfehlungsgrad A, starker Konsens

Empfehlung 5.9

geprüft 2022

Bei erfolgter Sedierung mit Verwendung von Benzodiazepinen sollte ein Zeitraum von 24 Stunden eingehalten werden.

Evidenzlevel 1b, Empfehlungsgrad A, starker Konsens

Hintergrund

Die bis 2008 geltenden Empfehlungen der verschiedenen Fachgesellschaften [376] [377] [512] für 24 Stunden weder aktiv noch passiv am Straßenverkehr teilzunehmen, erscheinen bei fehlender Evidenz für die Festlegung dieses Zeitraumes insbesondere bei der Verwendung von ultrakurz wirksamen Substanzen wie Propofol und Remifentanil als zu weit gefasst.

Bereits in einer ganzen Reihe von Studien von Kortilla et al. [513] [514] [515] aus den siebziger Jahren, in denen die psychomotorischen Fähigkeiten nach Sedierung mit verschiedenen Substanzen untersucht wurden, konnte gezeigt werden, dass selbst bei der Verwendung von Benzodiazepinen in einer höheren Dosierung (Diazepam 0,45 mg/kg/KG), die psychomotorischen Funktionen bereits nach 10 Stunden nicht mehr eingeschränkt waren [514]. Lediglich bei der heute im Rahmen der Endoskopie nicht mehr üblichen Applikation von 75 mg Dolantin i. m. zeigten sich die psychomotorischen Fähigkeiten für bis zu 12 Stunden eingeschränkt, sodass hier die Empfehlung eines „Fahrverbots“ für 24 Stunden gerechtfertigt erscheint [513].

Die Normalisierung der psychomotorischen Funktion am Untersuchungstag hängt entscheidend von der Halbwertszeit der verwendeten Substanz ab, wobei kurz wirksame Substanzen einen Vorteil bieten. In einer prospektiven Studie von Riphaus et al. [86] an 98 Patienten, die im Rahmen der Gastroskopie und Koloskopie entweder mittels Propofol oder Midazolam/Pethidin sediert wurden, zeigte sich zwei Stunden nach der Sedierung mit Propofol im Vergleich zu Midazolam/Pethidin keine Einschränkung der psychomotorischen Fähigkeiten (unter Verwendung eines Fahrsimulators).

In einer ähnlich konzipierten Studie von Horiuchi et al. [516] wurden diese Ergebnisse für Propofol bestätigt, allerdings unter Verwendung einer sehr niedrigen mittleren Dosis von Propofol (um 40 mg), die die klinische Realität im Umgang mit der Propofol-Sedierung im bundesdeutschen Alltag nicht adäquat reflektiert [13] [14].

In einer weiteren Studie von Horiuchi et al. [517] fuhren 92 % von 400 Patienten nach erfolgter, jedoch wiederum niedrig dosierter Propofol-Sedierung (Dosis meist < 50 mg, bei asiatischen Patienten) im Rahmen einer Gastroskopie mit dem Auto nach Hause, ohne einen Verkehrsunfall zu provozieren.

In einer aktuellen Studie von Sato et al. [125] zur Sicherheit und Wirksamkeit der von Assistenzpersonal verabreichten Propofol-Sedierung mit einer mittleren Dosierung von 105 mg bei ambulanten Gastroskopie und Koloskopie bei insgesamt 117 661 ASA I und II-Patienten wurde im Rahmen einer Fragebogenbasierten Nachevaluation (2 Wochen nach der Untersuchung) unter anderem auch die Fragen gestellt, ob die Patienten „nach dem medizinischen Check-up nach Hause oder ins Büro gefahren sind?“ und „kurz nach dem medizinischen Check-up einen Unfall hatten?“. Es zeigte sich, dass eine große Anzahl von mindestens 66 250 Personen nach dem Eingriff selbst nach Hause oder zur Arbeit fahren konnte, ohne in einen Verkehrsunfall verwickelt zu werden. Welches Verkehrsmittel hierbei verwendet wurde, wurde in der Studie nicht weiter aufgeführt. Ebenso sind aufgrund der Abfrage mittels Fragebogen anstelle einer beispielsweise telefonischen Nacherfassung etwaige schwerwiegende Unfälle, die ein Beantwortung des Fragebogens nicht möglich machen, nicht erfasst.

Insgesamt scheint nach Verwendung von kurz wirksamen Hypnotika (z. B. Propofol) als Monosubstanz unter Berücksichtigung der Halbwertszeit die Verkehrstauglichkeit schnell wiederhergestellt zu sein. Gleichwohl wird aufgrund der in der vorliegenden prospektiven Studie von Riphaus et al. [86] an 98 Probanden und auch von Horiuchi et al. [518] mit einer Fallzahl von 48 Probanden (und damit sehr geringen Fallzahlen) derzeit allenfalls die Benutzung von Bus und Bahn (auch ohne Begleitperson) für möglich gehalten. Für das Führen eines Kraftfahrzeugs/Fahrrads bedarf es jedoch weiterer großer, prospektiver Feldstudien, die bislang von keiner Arbeitsgruppe weltweit vorgelegt wurden.

Entsprechend der geringen Evidenz der aktuell vorliegenden Datenlage zur Verkehrstauglichkeit nach Propofolsedierung und der in erster Linie zu berücksichtigenden Patientensicherheit hat die Leitliniengruppe sich im Rahmen der Leitlinienadaptation ein weiteres Mal den Empfehlungen der aktuellen Evidenz- und Konsensbasierten Leitlinie der European Society of Gastrointestinal Endoscopy (ESGE) zur Propofol-Sedierung durch Nichtanästhesisten [362] angeschlossen (siehe Empfehlung 5.8 und Empfehlung 5.9).

Dies auch vor dem Hintergrund einer Studie von Brechmann et al. [519] wobei mit Hilfe eines multi-dimensionalen Fragebogens bei 82 Patienten, welche den Fragebogen 1 Stunde vor und nach, sowie 1 Woche nach einer Propofol-Monosedierung ausfüllten, gezeigt werden konnte, dass bei 36 dieser Patienten (44 %) ein deutlich euphorisierender Effekt nachweisbar war. Es ist also nicht allein ein sedierender Effekt, welcher einen Einfluss auf die Fahrfähigkeit haben kann.

Darüber hinaus legen erste Daten von Riphaus et al. [520] zu geschlechtersensiblen Unterschieden bei der Aufwachzeit nach einer Monosedierung mittels Propofol im Rahmen der Koloskopie nahe, dass auch geschlechterspezifische Unterschiede die Aufwachzeit beeinflussen. Ziel dieser aktuellen Studie war es zu untersuchen, ob und inwieweit geschlechtsspezifische Unterschiede in der Erholungszeit von einer Propofol-Sedierung während der Koloskopie durch den Einsatz eines EEG-Monitorings zur Aufrechterhaltung eines konstanten Sedierungsniveaus erkannt werden können. Im Ergebnis wachten Frauen signifikant schneller auf als Männer, mit einer Zeit bis zum Öffnen der Augen von 7,3 ± 3,7 gegenüber 8,4 ± 3,4 Min (P = 0,005) und einer Zeit bis zur vollständigen Orientierung von 9,1 ± 3,9 gegenüber 10,4 ± 13,7 Min (P = 0,008). Die Propofol-Dosierung war nicht signifikant unterschiedlich, mit einem Trend zu mehr Propofol pro kg Körpergewicht bei Frauen (3,98 × 1,81 mg gegenüber 3,72 × 1,75 mg, P = 0,232). Die Ergebnisse lassen sich am besten durch geschlechtsabhängige Unterschiede in der Pharmakokinetik und Pharmakodynamik von Opioiden, Muskelrelaxanzien und intravenösen Anästhetika erklären. Die schnellere Erholungszeit kann mit einer möglichen niedrigeren Plasmakonzentration von Propofol bei Frauen sein, sowie von Unterschieden in der Konzentration glucuronidierter Abbauprodukte bei Frauen und Männern. Auch die CYP2B6-Konzentration (ein Abbauenzym von Propofol, das zu den Cytochrom-P450-Enzymen gehört, die für den oxidativen Metabolismus von Arzneimitteln verantwortlich sind) ist in der Leber von Frauen 1,9-mal höher als bei Männern [521].

Somit sollte der Einfluss von Geschlechtsaspekten berücksichtigt werden, wenn Propofol als Sedierung für die gastrointestinale Endoskopie verwendet wird. Dazu gehören eine angemessene Dosierung für Frauen sowie Vorsicht hinsichtlich einer möglichen Überdosierung bei männlichen Patienten.

Aufgrund der neusten Daten scheint eine reine Fokussierung auf die Halbwertszeit der jeweils verwendeten Substanz nicht hinreichend für die Bestimmung der Aufwachzeit und der nachfolgenden „Street–fitness“ zu sein. Weiterführende Daten hinsichtlich geschlechtersensibler Pharmakokinetik und -dynamik erscheinen notwendig, um auch bei der Sedierung in der gastrointestinalen Endoskopie eine personalisierte Medizin im Hinblick auf die größtmögliche Patientensicherheit zu ermöglichen.


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5.4 Dokumentation

Empfehlung 5.10

geprüft 2022

Die Akte oder das Dokumentationsblatt soll eine zeitabhängige Dokumentation der Vitalparameter (Herzfrequenz und Blutdruck, Sauerstoffsättigung), der verwendeten Medikamente mit Namen und Dosierung sowie der Gabe intravenöser Flüssigkeit und der Sauerstoffflussrate enthalten. Komplikationen und ihr Management sollen ebenfalls dokumentiert werden.

Evidenzlevel 5, Empfehlungsgrad A, starker Konsens

5.4.1 Allgemeines

Eine strukturierte Dokumentation während der Sedierung ist Bestandteil des Qualitätsprozesses und mag dazu beitragen, die Vorgaben einer Sedierungsleitlinie einzuhalten [522].
Die Dokumentation ist ein essenzieller Bestandteil der Patientenfürsorge und wird während der gesamten Untersuchung durchgeführt (diese ist zudem aus rechtlicher Sicht ein wichtiges Beweismittel für eine korrekte Durchführung von Sedierung und Überwachung).

Hierzu zählen:

  • die präinterventionelle Einschätzung des Patienten,

  • die Aufklärung des Patienten,

  • das Monitoring während der Untersuchung,

  • die Patientenerholung,

  • die Patientenentlassung Idealerweise sollte hier ein standardisierter Dokumentationsbogen verwendet werden, um die Dokumentation zu verbessern [522].


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5.4.2 Arbeitsunfähigkeit

Empfehlung 5.11

geprüft 2022

Die Dauer einer Arbeitsunfähigkeit soll individuell, arbeitsplatzkonkret und unter Berücksichtigung des Wirkungsprofils der verwendeten Substanzen beurteilt werden.

Evidenzlevel 5, Empfehlungsgrad A, starker Konsens

Hintergrund

Eine generelle bzw. präzise Empfehlung zur Dauer einer Arbeitsunfähigkeit kann nach der Verwendung von Sedativa und Analgetika im Rahmen gastrointestinaler Endoskopien nicht abgegeben werden. Als Orientierung wird ein Zeitraum von bis zu 24 Stunden empfohlen [376] [377] [512]. Allerdings besteht für diesen Zeitraum keine Evidenz. Bei Personen mit besonders gefahrengeneigter Tätigkeit (z. B. Kranführer) ist nach erfolgter Sedierung eine längere Abwesenheit vom Arbeitsplatz (z. B. 48 Stunden) empfehlenswert.


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5.5 Benchmarking

Empfehlung 5.12

modifiziert 2022

Alle Komplikationen, die bei der Endoskopie mit und ohne Sedierung auftreten, sollen dokumentiert werden. Dazu gehören vor allem:

  • interventionsbedürftige Blutdruckveränderung,

  • Interventionsbedürftige Herzrhythmusstörungen,

  • Hypoxämie,

  • Aspiration,

  • Maskenbeatmungen,

  • Ungeplante Intubationen,

  • neurologischer Defizite,

  • ungeplante intensivmedizinische Überwachungen,

  • Reanimationen,

  • Todesfälle.

Evidenzlevel 5, Empfehlungsgrad A, starker Konsens

Empfehlung 5.13

modifiziert 2022

Im Rahmen des internen Qualitätsmanagements soll regelmäßig (mindestens alle 3 Monate) eine Teambesprechung stattfinden.
Die Dokumentation der Teambesprechung soll mindestens Angaben zu den unter 5.5.1 genannten Komplikationen enthalten.

Evidenzlevel 5, Empfehlungsgrad A, starker Konsens

Hintergrund

„Benchmark“ bedeutet übertragen eine Orientierungsgröße (Kennzahl) bzw. die Gesamtheit der Vergleichsgrößen für eine relative Bewertung eines Produkts, einer Dienstleistung oder einer Organisationseinheit im wettbewerblichen Vergleich.

Die wesentliche Orientierungsgröße bei der Sedierung im Rahmen der gastrointestinalen Endoskopie sollte eine möglichst geringe Komplikationsrate sein.
Eine bundesweite Erhebung sämtlicher endoskopischer Untersuchungen und assoziierter Komplikationen mit und ohne Sedierung ist erstrebenswert. Die o. a. Komplikationen sollten zentral registriert und entsprechend ausgewertet werden, um nachfolgend Prozessabläufe optimieren zu können. Einzelne Projekte dieser Art sind schon etabliert (z. B. Studie der Arbeitsgemeinschaft leitender gastroenterologischer Krankenhausärzte, Komplikationregister der Helios-Kliniken etc.).


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Interessenkonflikt

Die Übersicht über die Interessenkonflikte der Autorinnen und Autoren sind im Leitlinienreport veröffentlicht.

* Die zwei Autor*innen haben in gleicher Weise zur Erstellung des Manuskripts beigetragen.


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Korrespondenzadresse

Prof. Dr. med. Till Wehrmann
Klinik für Gastroenterologie
DKD Helios Klinik Wiesbaden
Aukammallee 33
65191 Wiesbaden
Deutschland   
Prof. Dr. med. Andrea Riphaus
Medizinische Klinik
St. Elisabethen Krankenhaus Frankfurt Artemed SE
Ginnheimer Str. 3
60487 Frankfurt
Deutschland   

Publication History

Received: 29 June 2023

Accepted: 06 July 2023

Article published online:
07 September 2023

© 2023. Thieme. All rights reserved.

Georg Thieme Verlag KG
Rüdigerstraße 14, 70469 Stuttgart, Germany

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