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DOI: 10.1055/a-2108-9111
Brustimplantat assoziiertes Plattenepithelkarzinom (BIA-SCC) – eine systematische Literaturübersicht
Breast implant-associated squamous cell carcinoma: a systematic literature reviewZusammenfassung
Hintergrund Das Brustimplantat assoziierte Plattenepithelkarzinom (BIA-SCC) wird als eigenständige, von der Implantatkapsel ausgehende, maligne Tumorentität diskutiert. Die FDA und die ASPS veröffentlichten 2022 eine Mitteilung zum BIA-SCC, wobei bereits in den 1990er Jahren erstmalig ein Fallbericht von BIA-SCC erschien. Das Manuskript fasst die aktuelle wissenschaftliche Datenlage zu dieser seltenen Tumorentität zusammen.
Material und Methoden Die Literaturübersicht basiert auf einer systematischen Datenabfrage aus zwei unabhängigen Datenbanken und schließt alle Veröffentlichungen von Fällen mit histopathologisch gesichertem BIA-SCC ein. Die Datenextraktion umfasste Studiendesign, demografische Daten, Informationen zu den Implantaten, sowie Details zur Diagnostik und Therapie.
Ergebnisse Die Recherche ergab 19 BIA-SCC-Fälle in 16 Publikationen, mit einem Durchschnittsalter von 57±10 Jahren. Die Indikation zur Verwendung eines Brustimplantates war in den meisten Fällen eine ästhetische Brustvergrößerung (n=13). Sowohl silikon- (n=11), als auch kochsalzhaltige (n=7) Implantate mit unterschiedlichen Oberflächen (glatt n=3, texturiert n=3, polyurethan n=1) wurden eingesetzt. Symptome wie einseitige Schwellung (n=18), Schmerzen (n=14) und Erythem (n=5) traten im Durchschnitt 23±9 Jahre nach Implantation auf. Die Bildgebung zeigte einen Flüssigkeitssaum (n=8) oder eine Tumormasse (n=4) um das Brustimplantat. Die häufigste chirurgische Therapie war die Explantation mit Kapsulektomie. In 6 Fällen wurde eine Metastasierung beschrieben.
Schlussfolgerung Das BIA-SCC ist eine maligne Tumorentität, die mit Brustimplantaten und der Kapsel um Brustimplantate in Verbindung gebracht wird. Zum aktuellen Zeitpunkt kann aufgrund der Datenlage aus Studien mit niedrigem Evidenzgrad V keine endgültige Aussage bezüglich Korrelation und Kausalität des SCC in Patient*innen mit Brustimplantaten erfolgen. Es besteht dringender Bedarf nationaler und internationaler Brustimplantat- und Brustkrebsregister, um valide Daten zu Inzidenz, Pathogenese, und Klinik seltener Tumorentitäten zu erlangen.
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Abstract
Background Breast implant-associated squamous cell carcinoma (BIA-SCC) is being discussed as a distinct malignant tumour entity originating from the implant capsule. The FDA and the ASPS published a safety communication on BIA-SCC in 2022, with a first case report of BIA-SCC having been published in the 1990s. This manuscript summarises the current scientific data on this rare tumour entity.
Material and Methods This systematic literature review from two independent databases includes all publications of cases with histopathologically confirmed BIA-SCC. Data extraction included study design, demographic data, implant information and details regarding diagnosis and treatment.
Results Nineteen cases of BIA-SCC with a mean age of 57±10 years were reported in 16 publications. In most cases, the indication was aesthetic augmentation (n=13). Both silicone (n=11) and saline (n=7) implants with different surfaces (smooth n=3, textured n=3, polyurethane n=1) were used. Symptoms such as unilateral swelling (n=18), pain (n=14) and erythema (n=5) occurred on an average of 23±9 years after implantation. Imaging showed fluid collection (n=8) or a tumour mass (n=4) around the breast implant. The most common surgical treatment was explantation with capsulectomy. Metastasis was described in 6 cases.
Conclusions BIA-SCC is a malignant tumour entity associated with breast implant capsules. Based on current low-quality data (level of evidence class V), no definitive conclusion regarding correlation and causality of SCC in patients with breast implants can be drawn. There is an urgent need for national and international breast implant and breast cancer registries to obtain valid data on the incidence, pathogenesis and clinical presentation of rare tumour entities.
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Einleitung
Über die letzten Jahre zeigt sich ein steigender Trend von Brustvergrößerungen und Rekonstruktionen mittels Brustimplantaten [1] [2]. Die Gesamtzahl der implantierten Prothesen wird auf ca. 35 Millionen Implantate geschätzt [3] während weltweit jährlich über 1,5 Millionen neue Implantat-basierte Brustvergrößerungen erfolgen [4]. Eine der häufigsten Komplikationen stellt die Kapselfibrose dar [5]. Unmittelbar nach dem Einsetzen bildet sich durch eine Fremdkörperreaktion mit akuter und chronischer Entzündung eine Kapsel um das Implantat. Die Entwicklung der Kapsel hängt von verschiedenen Faktoren ab, wie z. B. der Beschaffenheit des Implantats (glatt vs. texturiert), postoperativer Hämatombildung, Biofilm/Infektion, Trauma, Silikonleckage, und/oder Bestrahlung [6]. So kann eine Kapselfibrose unterschiedlicher Ausprägung entstehen, [7] in seltenen Fällen kommt es aber auch zur Ausbildung eines (Spät-) Seroms oder einer Tumormasse [8]. Die Kapselfibrose führt je nach Stadium zu Verhärtung, Deformierung, Kontraktur und letztlich Schmerzen der vergrößerten oder rekonstruierten Brust. Neben der klassischen Kapselfibrose sind seltene, maligne Tumorentitäten der Brustimplantat-Kapsel beschrieben. Hierzu gehört neben dem in den letzten Jahren viel diskutierten BIA-ALCL [9] [10] das sogenannte Brustimplantat assoziierte Plattenepithelkarzinom (BIA-SCC) [8]. Das BIA-SCC wird als potenziell aggressiver, epithelialer Tumor der Implantat-Kapsel beschrieben, welcher Lymphknoten- sowie Fernmetastasen aufweisen kann und vom primären SCC der Brust in Patient*innen mit und ohne Implantate unterschieden wird [11] [12]. Analog zu Patient*innen mit BIA-ALCL klagen Betroffene über unspezifische Symptome wie einseitige Schwellung, Schmerzen und/oder Erythem. Weiter können ein Spätserom und/oder Tumorzellmassen in der Brust oder in der Axilla vorliegen. Nachdem bereits in den 1990er Jahren erste Berichte eines von der Kapsel ausgehenden Plattenepithelkarzinoms beschrieben wurden [13], erschienen im Jahr 2022 Sicherheitshinweise der FDA [11] [14] [15] und ASPS, [16] welche 2023 auch von der DGPRÄC im Rahmen einer Mitgliederinformation versandt wurde. Aufgrund der Seltenheit der Tumorentität, der unklaren Inzidenz, Prävalenz und Pathogenese sind bislang keine evidenzbasierten Behandlungsmethoden oder Algorithmen zur Diagnostik und Therapie beschrieben. Empfehlungen zum Management dieser Patient*innen orientieren sich an denen des BIA-ALCL [17], mit der radikalen Implantatentfernung und Kapsulektomie als potenziell kurativem Behandlungsansatz. Aufgrund der teils unklaren Datenlage und der relativen Unbekanntheit dieser Tumorentität soll in diesem Manuskript die aktuelle wissenschaftliche Datenlage zusammengefasst werden.
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Methoden
In Übereinstimmung mit den Metaanalyse-Richtlinien für Systematic Reviews führten wir eine umfassende systematische Literaturrecherche (letzter Dateneintrag 01.03.2023) in den zwei folgenden bibliografischen und elektronischen Datenbanken durch: PubMed (https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov) und Cochrane (https://www.cochranelibrary.com). Die zwei Komponenten der Suchstrategie bezogen sich auf die Assoziation mit Brustimplantaten und dem pathologischen Nachweis eines Plattenepithelkarzinoms. Die verwendeten Suchbegriffe waren Schlagworte (MeSH, Emtree-Terms) und/oder Schlüsselwörter. Die Booleschen Operatoren OR und AND wurden verwendet, um die Suchbegriffe und die Komponenten der Suchstrategie zu kombinieren. Die Suchergebnisse waren auf die englische Sprache beschränkt; es wurden keine zeitlichen Beschränkungen angewandt.
Die Suchstrategie umfasste die folgenden Schlüsselbegriffe:
((“Breast Implants” [MeSH] OR BIA-SCC [tiab] OR “Breast”[MeSH] OR “Mammaprothesis”[Mesh] OR breast[tiab] OR breasts[tiab] OR) AND (“Prostheses and Implants” [Mesh] OR “Prosthesis Implantation”[Mesh] OR BIA-SCC [tiab] OR implant[tiab] OR implants[tiab] OR implantation[tiab] OR prosthesis[tiab] OR prostheses[tiab] OR endoprosthesis[tiab] OR endoprostheses[tiab] OR prosthetic[tiab] OR endoprosthetic[tiab]) AND (“Squamous” [Mesh] OR SCC[tiab] OR cell carcinoma [tiab]) AND (“Device Removal” [MeSH] OR “Reoperation”[MeSH] OR OR removal[tiab] OR remove[tiab] OR removes[tiab] OR removed[tiab] OR removing[tiab] OR replacement[tiab] OR replace[tiab] OR replaced[tiab] OR replaces[tiab] OR replacing[tiab] OR exchange[tiab] OR exchanged[tiab] OR exchanges[tiab] OR exchanging[tiab] OR capsulectomy[tiab] OR capsulectomies[tiab]) AND (English[lang]).
Einschluss- und Ausschlusskriterien
Die untersuchte Population waren Frauen und Männer, bei denen Brustimplantate mit ästhetischer oder rekonstruktiver Indikation eingesetzt wurden und bei denen ein BIA-SCC histopathologisch diagnostiziert wurde. Die ausgewählten Arbeiten umfassten Patient*innen mit jedem Stadium oder Tumorgröße und jeder Art der chirurgischen Therapie inklusive Bestrahlung und Chemotherapie. Die Artikel wurden auch dann berücksichtigt, wenn keine Überlebensdaten angegeben waren. Ausgeschlossen wurden Artikel, die keine sicheren histopathologischen Daten enthielten, die nicht in englischer Sprache verfasst waren, und die andere mit Brustimplantaten oder Implantat-Kapseln assoziierte Malignitäten, wie beispielsweise Lymphome oder mesenchymale Tumoren vorstellten [18] [19] [20] [21] [22] [23].
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Screening
Die Autoren (BF und NM) überprüften die Artikel unabhängig voneinander für ihre Aufnahme in die Studie. Es wurde anhand der durch die Suche generierten Zitate und entfernten Duplikate nach solchen Publikationstypen gescreent, die als nicht geeignet erachtet wurden. Dabei erfolgte das Vorgehen den Berichterstattungsempfehlungen des PRISMA-Statements (Preferred Reporting Items for Systematic Reviews and Meta-Analyses) ([Abb. 1]). Die ausgewählten Artikel wurden nach Studientyp und Methodik kategorisiert. Anschließend wurden alle Abstracts gesichtet und die Volltextversionen der relevanten Arbeiten zur weiteren Bewertung erneut auf die Ein- und Ausschlusskriterien überprüft. Alle diesbezüglichen Zweifel wurden durch Diskussionen zwischen den Autoren ausgeräumt, und es wurde ein Konsens erzielt. Alle Abstracts mit widersprüchlicher Evidenz wurden von der Letztautorin (CH) geprüft.
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Datenextraktion
Es wurde eine Datenextraktionstabelle entwickelt und auf alle ausgewählten Arbeiten angewandt, die die Einschlusskriterien erfüllten. Diese Tabelle wurde anhand von standardisierten Kriterien formatiert, wie z. B. Autoren, Jahr, Land der Veröffentlichung, Studiendesign, demografische Daten der Patient*innen, Grund für die Implantation, Oberflächenbeschaffenheit des Implantats, Implantat-Volumen, Implantat-Typ, Symptome bei Präsentation, durchgeführte bildgebende Verfahren, Tumorgröße, Metastasen, betroffene Seite, Management (chirurgisch und onkologisch), Nachbeobachtungszeitraum (Monate) und Überlebenszeit.
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Statistische Auswertung
Die Daten sind als Mittelwerte mit Standardabweichung oder als absolute und relative Häufigkeiten angegeben. Die Daten wurden mit Microsoft Excel (Microsoft Corporation, Redmond, Washington, USA) tabellarisch dargestellt. Deskriptive Statistiken wurden mit SPSS Statistics 28 (IBM, Armonk, NY, USA) durchgeführt.
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Ergebnisse
Überblick
Die systematische Datenbankrecherche ([Tab. 1]) ergab 19 BIA-SCC Fälle (weiblich n=18, männlich n=1 [Poland Syndrom]) mit einem Durchschnittsalter von 57±10 (Spanne 40-81) Jahren bei Diagnose. Die Fälle wurden in 16 Publikationen dargestellt. Die meisten Fälle stammen aus Arbeiten aus den USA (n=13). Eine Anfrage beim BfArM ergab keine dokumentierten Fälle in Deutschland, was sich auch mit der publizierten Datenlage deckt. 13 Fälle wurden in Patientinnen nach ästhetischer Brustvergrößerung, 6 Fälle in Patient*innen nach Brustrekonstruktion beschrieben. Bei n=3 Patientinnen lag ein Mammakarzinom vor Implantatrekonstruktion vor. Ein metaplastisches Mammakarzinom oder primäres SCC der Mamma war in keinem dieser Fälle beschrieben. In der Vorgeschichte war bei n=1 Patientin ein metastasiertes Kolonkarzinom bekannt. Die medizinische Vorgeschichte der Patient*innen zeigte soweit angegeben keine weiteren malignen Vorerkrankungen. Bei n=6 Patientinnen war zumindest eine Implantatrevision vor Diagnosestellung des BIA-SCC erfolgt.
Ref |
Geschlecht |
Alter |
Indikation |
Seite |
Vorgeschichte |
Implantat |
Onset der Symptome |
Lokalisation der Symptome |
Symptome |
Bildgebung |
Therapie |
Implantat Integrität |
Tumor (cm) |
Invasion |
Differenzierung |
Metastasierung |
(Neo-) Adjuvante Therapie |
Follow-up (Monate) |
Outcome |
|||
---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|
Typ |
Oberfläche |
Lage |
Hersteller |
|||||||||||||||||||
[39] |
w |
60 |
Ästhetisch |
Bilateral |
Keine |
Kochsalz |
Texturiert |
NR |
MCGH |
27 |
Links |
Schmerzen, Schwellung, Erythem, Ausfluss, Kapselkontraktur |
CT: Flüssigkeitsansammlung |
Implantatentfernung, Kapsulektomie |
Rupturiert |
3 |
Keine |
Gut |
Keine |
Keine |
9 |
Tumorfrei |
w |
57 |
Ästhetisch |
Bilateral |
Metastasiertes Kolonkarzinom |
Kochsalz |
NR |
NR |
NR |
25 |
Rechts |
Schmerzen, Schwellung, Ausfluss, Kapselkontraktur |
Ultraschall, MRT: Flüssigkeitsansammlung, kontrastmittelaufnehmende Masse und vergrößerte Lymphknoten |
Implantatentfernung, Kapsulektomie |
NR |
7,5 |
Keine |
Gut |
Keine |
Keine |
0 |
NR |
|
[40] |
w |
68 |
Rekonstruktiv |
Rechts |
Invasiv duktales Mammakarzinom |
Kochsalz |
NR |
Subpektoral |
NR |
17 |
Rechts |
Schwellung |
NR |
Chirurgische Exzision |
NR |
NR |
Keine |
Mäßig |
NR |
NR |
NR |
NR |
[41] |
w |
65 |
Ästhetisch |
Bilateral |
Keine |
Silikon |
Polyurethan |
Epipektoral |
Heyer Schulte |
35 |
Links |
Schmerzen, Schwellung |
Ultraschall, Mammographie: Flüssigkeitsansammlung; PET-CT im Verlauf (Staging) |
Implantatentfernung, Kapsulektomie, Radikale Mastektomie, mediale Thoraxwandresektion |
Rupturiert |
NR |
Thoraxwand |
Gut |
Lymphogen |
Radiatio |
96 |
Tumorfrei |
[42] |
w |
52 |
Ästhetisch |
Bilateral |
Keine |
Silikon |
NR |
NR |
Heyer Schulte |
15 |
Links |
Schmerzen, Schwellung, Kapselkontraktur |
NR |
Implantatentfernung, Kapsulektomie, modifizierte radikale Mastektomie |
NR |
6 |
Keine |
Schlecht |
Keine |
Keine |
NR |
NR |
[43] |
w |
56 |
Ästhetisch |
Bilateral |
Implantatrevision |
Silikon und Kochsalz |
Texturiert |
NR |
NR |
28 |
Links |
Schmerzen, Schwellung, Hautveränderung, Kapselkontraktur |
NR |
Implantatentfernung, Kapsulektomie, Mastektomie,SLNB |
Intakt |
3,5 |
Brustparenchym und Thoraxwand |
Gut-Mäßig |
Subkutane Metastase Axilla |
Radiatio, Chemotherapie |
>12 |
Palliative Therapie |
w |
81 |
Rekonstruktiv |
Links |
Benigner Brusttumor |
Silikon |
NR |
NR |
NR |
42 |
Links |
Schwellung, tastbare Masse |
Ultraschall: Masse; PET-CT im Verlauf (Staging) |
Implantatentfernung, Kapsulektomie, Mastektomie, SLNB |
Intakt |
5 |
Brustparenchym |
Mäßig |
Leber, Lunge, Lymphknoten, Weichteil untere Extremität |
Radiation, Chemotherapy |
12 |
Tod |
|
[44] |
w |
58 |
Ästhetisch |
Bilateral |
Implantatrevision |
NR |
NR |
NR |
NR |
29 |
Links |
Schmerzen und Induration |
NR |
Mastektomie |
NR |
NR |
NR |
NR |
NR |
NR |
NR |
NR |
[45] |
w |
46 |
Ästhetisch |
Bilateral |
Implantatrevision |
Silikon |
NR |
NR |
NR |
19 |
Rechts |
Schmerzen, Schwellung |
MRT: Flüssigkeitsansammlung |
Implantatentfernung, Kapsulektomie, Thoraxwandresektion |
Intakt |
4 |
Thoraxwand |
Mäßig |
Lunge, Niere, Leber, Retroperitoneum, M. iliopsoas, Leptomeninx |
Radiatio |
12 |
Tod |
[46] |
w |
58 |
Ästhetisch |
Bilateral |
Implantatrevision |
Silikon und Kochsalz |
NR |
NR |
NR |
35 |
Rechts |
Schmerzen, Schwellung, Erythem |
PET-CT |
Biopsie, Mastektomie, ALND, Resektion M. pektoralis |
Intakt |
5,5 |
Thoraxwand |
Mäßig |
Keine |
NR |
NR |
NR |
[47] |
w |
40 |
Ästhetisch |
Bilateral |
Keine |
Kochsalz |
Glatt |
Subpektoral |
NR |
11 |
Links |
Schmerzen, Schwellung, Erythem, Ausfluss, Kapselkontraktur |
CT: Flüssigkeitsansammlung; MRT, PET-CT, CT im Verlauf (Staging) |
Implantatentfernung, Kapsulektomie, Thoraxwandresektion |
Intakt |
NR |
Thoraxwand |
Mäßig |
Keine |
Chemotherapie |
3 |
Tod |
w |
62 |
Rekonstruktiv |
Bilateral |
Fibrozystische Mastopathie, Implantatrevision |
Silikon |
Glatt |
NR |
NR |
32 |
Rechts |
Schwellung, Erythem, Kapselkontraktur |
Ultraschall: Flüssigkeitsansammlung; MRT, PET-CT, CT im Verlauf (Staging) |
Implantatentfernung, Kapsulektomie |
Intakt |
NR |
Thoraxwand |
Gut |
Keine |
Radiatio, Chemotherapie |
Loss to follow-up |
Palliative Therapie |
|
[48] |
w |
70 |
Rekonstruktiv |
Rechts |
Mammakarzinom |
Silikon |
NR |
NR |
NR |
16 |
Rechts |
Schwellung, Veränderung der Form |
MRT: Rupturiertes Implantat und Flüssigkeitsansammlung |
Implantatentfernung, Kapsulektomie |
Rupturiert |
NR |
NR |
NR |
Keine |
NR |
NR |
NR |
[13] |
w |
52 |
Ästhetisch |
Bilateral |
Keine |
Silikon |
NR |
Epipektoral |
Heyer Schulte |
16 |
Links |
Schwellung, Schmerzen |
Röntgen Thorax, sowie CT (Staging) |
Implantatentfernung, Kapsulektomie, Radikale Mastektomie |
Intakt |
6 |
Keine |
Gut-Schlecht |
Keine |
Keine |
12 |
Tumorfrei |
[49] |
w |
45 |
Rekonstruktiv |
Bilateral |
Invasiv duktales Mammakarzinom |
Silikon |
NR |
NR |
NR |
10 |
Links |
Schwellung, tastbare Masse |
CT und MRT: Signalanreicherung M. pektoralis major und Axilla sowie supraklavikuläre Lymphknoten |
Biopsie, Resektion Tumor Thoraxwand, Implantatentfernung, SLNB |
NR |
6 |
Thoraxwand |
Schlecht |
Lymphogen |
Radiatio, Chemotherapie |
24 |
Tumorfrei |
[50] |
w |
70 |
Ästhetisch |
Bilateral |
Keine |
Silikon (flüssig) |
NR |
NR |
NR |
25 |
Links |
Schmerzen, Schwellung, invertierte Mamille |
Röntgen Thorax: granulomatöse Veränderung und Asymmetrie; Sonographie: Irregularitäten, inhomogenes Gewebe; MRT: große Zyste |
Mastektomie, ALND, Muskelbiopsie |
NR |
8 |
Brustparenchym |
Mäßig |
Keine |
Keine |
NR |
NR |
[51] |
w |
51 |
Ästhetisch |
Bilateral |
Hepatitis C |
Silikon (flüssig) |
NR |
NR |
NR |
16 |
Links |
Schmerzen, Schwellung, Erythem, Ausfluss, Hautveränderung |
Ultraschall, CT: Ulzerationen, Knotenbildung; MRT: unklare Masse |
Mastektomie, ALND |
NR |
NR |
Brustparenchym |
Gut |
Keine |
Chemotherapie |
NR |
NR |
[52] |
w |
46 |
Ästhetisch |
Bilateral |
Schwanger, Implantatrevision |
Kochsalz |
Glatt |
Subpektoral |
Mentor |
NR |
Rechts |
Schwellung, Schmerzen |
Ultraschall: Flüssigkeitsansammlung, Masse |
Biopsie, Mastektomie,SLNB |
Intakt |
6×4 x 3 |
Brustparenchym und Thoraxwand |
Gut |
Keine |
Radiatio, Chemotherapie |
12 |
Tumorfrei |
[53] |
m |
52 |
Rekonstruktiv |
Links |
Poland-Syndrom |
Silikon |
Texturiert |
NR |
NR |
18 |
Links |
Schwellung, Schmerzen, tastbare Masse |
CT, PET-CT, MRT, Ultraschall |
Implantatentfernung, Kapsulektomie, Tumorresektion, SLNB |
NR |
3,5 |
Thoraxwand |
Mäßig-Schlecht |
Haut (Thorax), Pleura, Lymphogen |
Radiatio, Chemotherapie |
12 |
Diffuse Metastasierung |
NR=not reported.
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Implantate
BIA-SCC wurde sowohl nach Verwendung von silikon- (n=11) als auch kochsalzhaltigen (n=7) Implantaten, sowie nach Injektion von flüssigem Silikon (n=2) diagnostiziert. Die Fallberichte beschreiben das Auftreten von BIA-SCC sowohl in texturierten n=3, als auch in glatten (n=3), sowie Polyurethan Implantaten (n=1). Sowohl Epi- (n=2), als auch subpektorale Implantatlagen (n=3) sind beschrieben. Die Implantate zeigten sich in 3 Fällen nach Explantation rupturiert.
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Symptome, Diagnostik und Therapie
Die Symptome traten im Durchschnitt 23±9 Jahre (Spanne 10-42) nach Erstimplantation auf. Zu den häufigsten Symptomen der betroffenen Patient*innen gehörten die einseitige Schwellung (n=18), Schmerzen (n=14) und das Erythem (n=5) der betroffenen Brust. Zahlreiche bildgebende Verfahren wurden zur erweiterten Diagnostik verwendet, inklusive Ultraschall, Computertomographie, Magnetresonanztomographie, Positronen-Emissions-Tomografie, und Mammographie. Dabei zeigte sich in 8 Fällen ein Flüssigkeitssaum und in 4 Fällen eine Tumormasse angrenzend an das Implantat. Die häufigste chirurgische Therapie war die Implantatentfernung und vollständige Kapsulektomie, welche je nach Ausdehnung des Befundes um eine Mastektomie mit Thoraxwandresektion, sowie Sentinellymphknotenbiopsie oder Axilladissektion erweitert wurde. Entsprechend des Befundes, sowie eventueller Staging-Untersuchungen wurde eine (Neo-)Adjuvante Radiochemotherapie eingeleitet. Eine Metastasierung wurde in 6 Fällen beschrieben. Diese erfolgte sowohl lymphogen als auch hämatogen.
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Outcome
Im Durchschnitt wurden die Patientinnen über einen Zeitraum von 19±26 Monate nachverfolgt. 3 Patientinnen waren verstorben. Bei 3 Patientinnen wurde eine palliative Therapie eingeleitet.
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Diskussion
Verschiedene maligne Tumoren sind in den letzten Jahren mit Brustimplantaten und der Kapsel um Brustimplantate in Verbindung gebracht worden [8]. Dazu gehören verschiedene Lymphome und mesenchymale Tumoren [18] [19] [20] [21] [22] [23]. Das BIA-ALCL gehört in dieser Gruppe der seltenen Tumoren zu den häufigsten und am besten untersuchten. In Deutschland sind zum aktuellen Zeitpunkt 43 histologisch gesicherte Fälle beschrieben [24], während es weltweit nach Daten der ASPS ca. 1300 Fälle sind [25]. Mittlerweile wird auch die Entstehung eines Plattenepithelkarzinoms, welches von der Implantat Kapsel ausgeht diskutiert. Diese systematische Literaturübersicht fasst 19 aktuell in der Literatur beschriebene Fälle zusammen.
Während die Symptome des BIA-SCC den Symptomen des BIA-ALCL ähneln und beispielsweise durch das Auftreten eines Spätseroms oder einer Tumorzellmasse>10 Jahre nach Einsetzen von Brustimplantaten auffallen, scheint das BIA-SCC mit aggressiveren Verläufen einherzugehen. Pathophysiologisch werden ähnlich dem BIA-ALCL verschiedene Mechanismen der Entstehung dieser von der Implantat-Kapsel ausgehenden Tumoren diskutiert. Im Vordergrund steht dabei die chronische Entzündung um das Brustimplantat, welche zunächst die Entstehung der Kapsel und schließlich der Kapselfibrose bedingt und in einer Plattenepithelmetaplasie münden könnte. Dabei ist die Quelle der Plattenepithelien umstritten und könnte durch den chirurgischen Hautschnitt, durch Metaplasie des dem Implantat angrenzenden Brustdrüsen-Epithels oder durch Metaplasie der Zellen in der Kapsel verursacht werden [8].
Die Ergebnisse dieser Arbeit beruhen auf minderer Datenqualität (Evidenzgrad V), nachdem die Inzidenz, klinische Ausprägung, und Empfehlungen zur Therapie auf Fallberichten oder Fallserien basieren und in vielen Fällen Informationen zur Vorgeschichte in Bezug auf die vorausgegangene Implantat-basierte Brustvergrößerung hinsichtlich Implantat-Typ- oder Beschaffenheit sowie Revisionsoperation fehlen. Die Notwendigkeit hochqualitativer Daten aus nationalen und internationalen Implantat-, [26] sowie Brustkrebsregistern wird hierdurch unterstrichen. Eine solide Datenqualität muss dabei durch standardisierte Dateneingabe gewährleistet sein, um Unklarheiten durch Datenlücken zu vermeiden. In den USA werden Fälle von BIA-ALCL, aber auch von anderen mit Brustimplantaten und Implantatkapseln assoziierte Tumoren in der sogenannten PROFILE Datenbank dokumentiert [27].
Die Frage nach Korrelation, Kausalität oder rein zufälligem Auftreten des SCC in Patient*innen mit Brustimplantaten kann anhand der aktuellen Datenlage nicht abschließend geklärt werden. Zahlreiche Faktoren sind zum aktuellen Zeitpunkt unklar und bedürfen weiterer Untersuchungen. Das primäre Mammakarzinom tritt bei Patient*innen mit Brustimplantaten mit ähnlicher Häufigkeit auf, wie bei implantat-naiven Patient*innen [28]. Nachdem primäre Plattenepithelkarzinome der Mamma zwar sehr selten sind, aber doch in ca. 0,1% aller Mammakarzinom-Fälle auftreten [29], ist eine Abgrenzung dieser Fälle zum BIA-SCC zu treffen, insbesondere, nachdem ein primäres Mammakarzinom bei Implantatträger*innen auch in die Kapsel eines Implantates infiltrieren kann [8] [28] [30]. Folgende Beispiel-Rechnung soll dies erläutern: Geht man von ca. 70.000 neuen Mammakarzinomen jährlich in Deutschland aus, [31] würde dies ca. 70 (0,1%) primären Plattenepithelkarzinomen der Mamma entsprechen. Geht man etwa von 35 Millionen implantierten Brustimplantaten weltweit aus, [3] bei einer Gesamtbevölkerungszahl von ca. 8 Milliarde Menschen, entspricht dies ca. 0,5-1% der weiblichen Bevölkerung mit Brustimplantaten. Auf Deutschland bezogen würde dies bedeuten, dass jährlich ca. 0,35-0,7 primäre Plattenepithelkarzinome der Mamma bei Implantat-Trägerinnen auftreten müssten. Es stellt sich die Frage inwiefern sich diese sicher von den in den Fallberichten dargestellten von der Implantatkapsel ausgehenden BIA-SCC Fällen differenzieren ließen. Prinzipiell ist als Differenzialdiagnose auch an seltene intra-mammäre Metastasen eines Plattenepithelkarzinoms, [32] [33] wie beispielsweise der Cervix, [34] des Oropharynx, [35] der Zunge, [36] oder der Haut [37] zu denken. Das CUP-Syndrom beschreibt dabei das Vorhandensein eines metastasierenden Tumors mit unklarem Primärherd. Plattenepithelkarzinome machen ca. 15-20% aller CUP-Syndrome (engl. Cancer of unknown primary) aus [38] und sollten differenzialdiagnostisch in Betracht gezogen werden.
Somit kann erst nach Ausschluss eines primären Plattenepithelkarzinoms der Brust, einer metastatischen Infiltration durch ein anderweitig lokalisiertes Plattenepithelkarzinom oder eines Plattenepithelkarzinoms der Haut oder Hautadnexen ein sicherer Zusammenhang mit einem Implantat gestellt werden. Dies wiederum setzt die interdisziplinäre Zusammenarbeit der beteiligten Kliniken und eine gezielte Aufarbeitung des Operationspräparates in der Pathologie voraus. Auf das Vorliegen von Metaplasien und Plattenepithelzellen in der Kapsel nach Implanatrevisionen mit Kapsulektomie sollte somit zukünftig besonders geachtet werden.
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Zusammenfassung
Das BIA-SCC ist eine maligne Tumorentität, die mit Brustimplantaten und der Kapsel um Brustimplantate in Verbindung gebracht wird. Zum aktuellen Zeitpunkt kann aufgrund der Datenlage aus Studien mit niedrigem Evidenzgrad V keine endgültige Aussage bezüglich Korrelation und Kausalität des SCC in Patient*innen mit Brustimplantaten erfolgen. Die beschriebenen Fallberichte sollten dennoch sehr ernst genommen werden. Eine langfristige Betreuung und Anbindung von Patient*innen mit Brustimplantaten ist notwendig. Im Aufklärungsgespräch sollte auf seltene mit Brustimplantaten/mit der Implantatkapsel assoziierte Tumoren eingegangen werden. Dabei sollte jedoch auch eine realistische Einordnung des individuellen Risikos erfolgen und eine Aufklärung über die aktuelle Datenlage und die momentan beschriebenen – niedrigen – Fallzahlen eingegangen werden. Es besteht dringender Bedarf nationaler und internationaler Brustimplantat- und Brustkrebsregister, um valide Daten zu Inzidenz, Pathogenese, und Klinik dieser seltenen Tumorentitäten zu erlangen, und Algorithmen zur Diagnostik und Therapie zu ermitteln.
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Interessenkonflikt
Die Autoren bestätigen, dass kein Interessenkonflikt besteht.
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Literatur
- 1 Panchal H, Matros E. Current Trends in Postmastectomy Breast Reconstruction. Plast Reconstr Surg 2017; 140: 7S-13S DOI: 10.1097/PRS.0000000000003941.
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Publikationsverlauf
Eingereicht: 02. April 2023
Angenommen: 24. Mai 2023
Artikel online veröffentlicht:
20. Juli 2023
© 2023. Thieme. All rights reserved.
Georg Thieme Verlag KG
Rüdigerstraße 14, 70469 Stuttgart, Germany
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