CC BY-NC-ND 4.0 · Z Gastroenterol 2023; 61(11): 1494-1499
DOI: 10.1055/a-2003-9694
Kasuistik

Akute nekrotisierende Pankreatitis mit hämorrhagischem Schock bei sekundärer Milzruptur: Ein Fallbericht und Literaturübersicht

Acute necrotizing pancreatitis with hemorrhagic shock in secondary splenic rupture: a case report and literature review
Leon Kaiser
1   Gastroenterology, Gastrointestinal Oncology and Endocrinology, University Medical Center Göttingen, Göttingen, Germany (Ringgold ID: RIN84922)
,
1   Gastroenterology, Gastrointestinal Oncology and Endocrinology, University Medical Center Göttingen, Göttingen, Germany (Ringgold ID: RIN84922)
,
Ali Seif Amir Hosseini
2   Institut für Diagnostische und Interventionelle Radiologie der Universitätsmedizin Göttingen, Göttingen, Germany
,
Volker Ellenrieder
1   Gastroenterology, Gastrointestinal Oncology and Endocrinology, University Medical Center Göttingen, Göttingen, Germany (Ringgold ID: RIN84922)
,
Albrecht Neesse
1   Gastroenterology, Gastrointestinal Oncology and Endocrinology, University Medical Center Göttingen, Göttingen, Germany (Ringgold ID: RIN84922)
,
Christoph Ammer-Herrmenau
1   Gastroenterology, Gastrointestinal Oncology and Endocrinology, University Medical Center Göttingen, Göttingen, Germany (Ringgold ID: RIN84922)
› Author Affiliations
 

Zusammenfassung

Die atraumatische Milzruptur ist eine seltene Komplikation der akuten und chronischen Pankreatitis. Sie entsteht aufgrund ihrer anatomischen Nähe zum Pankreas, beispielsweise als Folge der Erosion großer Pseudozysten oder Walled-of-Nekrosen (WON).

Im Folgenden beschreiben wir den Fall einer 62-jährigen Patientin, welche sich zur weiteren Diagnostik und Therapie einer akuten Pankreatitis mit Ausbildung einer großen Walled-of-Nekrose (WON) im Pankreaskorpus und -schwanz vorstellte. Im Verlauf entwickelte die Patientin einen hämorrhagischen Schock. Eine Notfall-Computertomografie (CT) des Abdomens zeigte eine Milzruptur mit großem Kapselhämatom ohne den Nachweis einer aktiven Blutung. Im Gegensatz zu bereits publizierten Fällen wurde die Patientin ausschließlich minimalinvasiv therapiert: mittels radiologisch gesteuerter langstreckiger Embolisation der Arteria lienalis und mittels endosonografisch angelegtem Lumen-apposing Metall Stent (LAMS). Das Kapselhämatom zeigte sich unter einer Watch-and-wait-Strategie ohne sekundäre Drainage regredient.


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Abstract

Atraumatic splenic rupture is a rare complication of acute and chronic pancreatitis. It arises due to its anatomical proximity to the pancreas, for instance, due to erosion of large pseudocysts or walled-of-necrosis (WON).

Following we describe the case of a 62-year-old woman who presented for further diagnostics and treatment of acute pancreatitis with the development of large walled-of necrosis (WON) in the pancreatic corpus and tail. During the course, the patient developed a hemorrhagic shock. An emergency computer tomography (CT) of the abdomen revealed a ruptured spleen with a large capsular hematoma with no evidence of active bleeding. In contrast to previous published case reports, our treatment was exclusively minimal-invasive: by radiological guided embolization of the splenic artery and by endosonographic guided implantation of a lumen apposing metal stent (LAMS). The splenic hematoma was spontaneously regressive without secondary drainage.


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Fallpräsentation

Eine 62-jährige Frau stellte sich zur weiteren Diagnostik und Therapie einer akuten Pankreatitis mit Ausbildung einer großen Walled-of-Nekrose (WON) vor. Initial wurde die Patientin in einer externen neurologischen Klinik im Rahmen einer Augmentation unter dopaminerger Medikation eines Restless-Leg-Syndroms stationär behandelt. Die Patientin gab seit 8 Wochen bestehende Oberbauchschmerzen an. An weiteren relevanten Vorerkrankungen waren Vorhofflimmern, chronische Herzinsuffizienz, Z.n. Lungenarterienembolie, COPD unbekannten Stadiums, Z.n. totaler Thyreoektomie bei papillärem Schilddrüsenkarzinom, Z.n. Cholezystektomie, Z.n. Appendektomie, Z.n. Hysterektomie, Z.n. Osteomyelitis bei ossärer Tuberkulose sowie eine Depression bekannt. Eine B-Symptomatik wurde bei Aufnahme verneint. Die Patientin war Raucherin (10 Pack Years). Regelmäßiger Alkoholkonsum bestand nicht.

In der externen Klinik wurde aufgrund der Beschwerden eine Computertomografie (CT) des Thorax und Abdomen durchgeführt. Abdominell zeigten sich konfluierende, polyzystische bis über 8 cm große Strukturen im Pankreaskorpus und -schwanz. Die Milz imponierte vergrößert mit zwei 7 mm großen, am ehesten zystischen Läsionen. Retroperitoneal zeigten sich paraaortal multiple Lymphknoten bis ca. 1,5 cm vergrößert. Die abdominellen Gefäße waren regelrecht kontrastiert, ebenso war keine freie Flüssigkeit nachweisbar.

Bei Aufnahme auf unserer gastroenterologischen Normalstation präsentierte sich die Patientin hämodynamisch stabil. Nach etwa 48 Stunden berichtete sie über stark zunehmende, in den Rücken ausstrahlende Oberbauchschmerzen. Kurz darauf bot sie eine Sinustachykardie (120 Schläge/min), arterielle Hypotonie (70/40 mmHg), Kaltschweißigkeit sowie progrediente Vigilanzminderung. Laborchemisch zeigte sich ein Hb-Abfall (11,2 g/dl auf 9 g/dl) sowie ein Laktat-Anstieg (1 mmol/l auf 7 mmol/l). Eine Notfall-CT des Abdomens ergab eine Milzruptur mit großem Kapselhämatom (max. Transversaldurchmesser von 14,9 cm) ohne Nachweis einer aktiven Blutung ([Abb. 1]A, B). Des Weiteren zeigte sich das Bild einer nekrotisierenden Pankreatitis mit den bekannten großen zystoiden Läsionen im Korpus- und Schwanzbereich mit engem Lagebezug zur Magenwand sowie peripankreatische Fettgewebsnekrosen.

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Abb. 1 Mehrzeitige Milzruptur bei Walled-off necrosis (WON) und Coiling der Arteria lienalis. Eine 62-jährige Patientin in hämorrhagischem Schock präsentiert A) im Transversalschnitt der initialen CT einen mehrzeitigen Milzkapselriss (orange Pfeile), Walled-off necrosis (WON) des Pankreas (blauer Pfeil), perisplenisches Hämatom (grüner Pfeil) sowie Aszites (roter Pfeil). B) Der Frontalschnitt der initialen CT zeigt eine enge Lagebeziehung der Walled-off necrosis (WON) des Pankreas (blauer Pfeil) mit der Milz mit perisplenischem Hämatom (grüner Pfeil) und 4 Quadranten-Aszites (rote Pfeile). C) Perfusion der Milz vor Embolisation und D) Kontrastierung der verbliebenen Art. lienalis nach Embolisation ohne relevante Restperfusion der Milz (blauer Pfeil). Insgesamt wurden 16 ablösbare Mikrometallspiralen und ein nicht gecoverter Gefäßverschlusskörper (Vascular-Plaque) implantiert.

Zeitnah erfolgte in Intubationsnarkose eine radiologisch gesteuerte langstreckige Embolisation der Arteria linealis mit einer Kombination aus Mikro-Coils und einem Vascular Plaque mit dem Ergebnis einer erfolgreichen funktionellen Splenektomie ohne relevante Restperfusion der Milz ([Abb. 1]C, D).

Endosonografisch imponierte der Verhalt im Sinne einer Walled-of-Nekrose (WON) mit beginnender Drucknekrose der Magenhinterwand. Transgastral gelang die Einlage einer 15 mm Lumen apposing metal stent (LAMS)-Anlage ([Abb. 2]). Im Rahmen der 2-wöchigen intensivmedizinischen Behandlung kam es zu rezidivierenden kardiorespiratorischen Dekompensationen mit mehrfahren In- und Extubationen.

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Abb. 2 Endosonografische Drainage der WON. Einer Lumen-apposing metal stent (LAMS)-Applikation vorausgehend erfolgte eine A) diagnostische Punktion der WON. B) Eine Röntgenaufnahme nach LAMS-Anlage (15mm) zeigte die Metallspiralen und Verschlusskörper (blauer Pfeil), eine kontrastierte WON (orange Pfeile) sowie ein LAMS mit regelrechter Entfaltung der proximalen und distalen Tulpe (rote Pfeile). Nach LAMS-Freisetzung C) entleerte sich spontan bräunliche, eitrige Flüssigkeit.

Eine CT-Kontrolle des Abdomens nach 2 Tagen ergab eine größenregrediente WON von 10,3 cm auf 6 cm unter transgastraler Ableitung. Es imponierte ein breitflächiger Kontakt der Verhaltformation zum Kapselhämatom mit Kontinuitätsunterbrechung der Kapsel. Das Milzhämatom zeigte sich zunächst größenkonstant bei postinterventioneller weitgehender Nekrose des Parenchyms ([Abb. 3]A, B). Zusätzlich bestand weiterhin blutig tingierter 4-Quadranten-Aszites.

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Abb. 3 Sonografische Verlaufskontrollen. A+B) Nach funktioneller Splenektomie erfolgten in regelmäßigen Abständen sonografische Kontrollen. Hierbei fielen Lufteinschlüsse im Parenchym nach Embolisation (blaue Pfeile), Milzkapsel mit Ruptur (orange Pfeile), vitales Restgewebe (grüner Pfeil) sowie liquides perisplenisches Hämatom auf (graue Pfeile). C) Entlastungspunktion des perisplenischen Hämatoms, Punktionsnadel (blauer Pfeil), perisplenisches Hämatom (grauer Pfeil). D) Nach 3 Monaten konnte ein größenregredientes organsiertes Resthämatom dargestellt werden.

Bei fokalen Lufteinschlüssen ergab sich der Verdacht auf eine Superinfektion des nekrotischen Milzparenchyms bei angrenzender WON. Laborchemisch imponierten deutlich erhöhte Infektparameter, sodass eine kalkulierte antiinfektive Therapie mit Meropenem begonnen wurde. Bei Nachweis von Candida glabrata im WON-Sekret wurde diese um Caspofungin ergänzt. Hierunter zeigten sich die Infektwerte im Verlauf regredient.

Nach Stabilisierung und Verlegung auf eine gastroenterologische Normalstation erfolgte 17 Tage nach dem initialen Ereignis eine erneute computertomografische Kontrolle. Diese ergab eine weiter deutlich rückläufige Flüssigkeitskollektion des Pankreas. Der initial breitflächige Kontakt zur Milz war nicht mehr abgrenzbar. Das Milzhämatom zeigte sich mit 15,5 cm und zunehmenden Eindruck einer gespannten Kapsel jedoch gering progredient zur Voruntersuchung, sodass nach sonografischer Korrelation eine entlastende Punktion geplant wurde. Hier konnte jedoch nur eine geringe Menge koaguliertes Blut aspiriert werden, sodass keine Drainage-Anlage erfolgte ([Abb. 3]C). In einer gastroskopischen Kontrolle zeigte sich nach Kontrastmitteldarstellung über den LAMS keine Resthöhle, sodass der Stent nach 3 Wochen entfernt wurde.

Aufgrund der funktionellen Splenektomie erfolgten Impfungen gegen Meningokokken Subtypen ACWY + B, Haemophilus influenzae Typ b, Pneumokokken (Konjugatimpfstoff) und Influenza zur OPSI (overwhelming post-splenectomy infection)-Prophylaxe. Der weitere stationäre Aufenthalt gestaltete sich komplikationslos. Bei fallenden Infektwerten und subjektiver Beschwerdebesserung sowie hämodynamischer Stabilität konnte die Patientin nach 27 Tagen stationärer Behandlung in die Häuslichkeit entlassen werden. Eine sonografische Verlaufskontrolle 3 und 6 Monate nach Entlassung ergab erfreulicherweise ein größenregredientes Resthämatom der Milz ([Abb. 3]D). Im Pankreasbereich war ebenfalls kein größerer Verhalt mehr darstellbar. In Zusammenschau der Befunde lässt sich keine eindeutige Genese der Pankreatitis eruieren. Eine biliäre Genese mit Mikrolithiasis nach Cholezystektomie scheint klinisch jedoch am wahrscheinlichsten. Die Patientin zeigte sich in den Nachsorgeterminen insgesamt noch im reduzierten Allgemeinzustand. Die führende Symptomatik war jedoch das Restless-Leg-Syndrom, zu dessen weiteren Behandlung eine zeitnahe stationäre Aufnahme in einer externen Fachklinik geplant wurde.


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Diskussion

Die atraumatische Milzruptur mit Ausbildung eines großen Hämatoms ist eine seltene, jedoch bei verzögerter Diagnostik und dem Ausbleiben einer adäquaten Therapie schwerwiegende Komplikation der akuten und chronischen Pankreatitis.

Eine Literaturrecherche nach den Schlüsselwörtern „pancreatitis“, „splenic rupture“ und „splenic hematoma“ in Pubmed, MEDLINE und Google Scholar von Januar 2012 bis August 2022 ergab 21 publizierte Fallberichte, welche sich mit dem Thema beschäftigt haben [1] [2] [3] [4] [5] [6] [7] [8] [9] [10] [11] [12] [13] [14] [15] [16] [17] [18] [19] [20] [21]. Hierbei erfolgte in den meisten Fällen eine offene Laparotomie mit Splenektomie. Lediglich 3 weitere Fälle wurden ebenfalls radiologisch interventionell embolisiert [8] [11] [20]. In einem Fallbericht sistierte die Blutung spontan und die Milz wurde in situ belassen [6]. Nur ein Fallbericht in Abstract Format skizziert die von uns gewählte Sequenz aus funktioneller Splenektomie mittels radiologischer Embolisation und endoskopischer Drainage eines pankreatitischen Verhaltes [11]. [Abb. 4] gibt eine grafische Zusammenfassung der publizierten Fallberichte und [Tab. 1] listet die radiologisch interventionell durchgeführten Milzembolisationen auf. In Deutschland wurden bislang nur 2 Fälle einer Milzruptur durch eine Pankreatitis veröffentlicht: 2019 [12] und im Jahr 1987 [22].

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Abb. 4 Grafische Zusammenfassung der Literaturübersicht. A) Geschlechterverteilung, B) Art der Pankreatitis, C) Akut-Therapie der Milzruptur, D) Ätiologie der Pankreatitis und E) Outcome der 21 publizierten Fälle (2012–2022) einer atraumatischen Milzruptur im Rahmen einer akuten oder chronischen Pankreatitis.

Tab. 1 Auflistung der publizierten Fallberichte zur Milzarterienembolisation als Akutversorgung nach Milzruptur durch eine akute (AP) oder chronische Pankreatitis (CP) von Januar 2012 bis August 2022.

Studie

Jahr

Alter/Geschlecht

Art der Pankreatitis

Ätiologie der Pankreatitis

Milzruptur

Therapie

Outcome

Salam et al. [8]

2020

56/M

CP

Ethyltoxisch

Ja

Milzarterienembolisation

Remission

Zarrin et al. [11]

2019

39/M

AP

Ethyltoxisch

Ja

Milzarterienembolisation

Remission

Sawrey et al. [20]

2013

55/M

CP

Unklar

Subkapsuläres Hämatom

Milzarterienembolisation

In Genesung

Die Pathogenese der Milzruptur im Rahmen von Pankreatitiden ist heterogen. Sie liegt zum einem an der anatomischen Nähe des Pankreas zur Milz. Die Milzarterie und -vene sowie der Pankreasschwanz liegen im Ligamentum splenorenale. Die Erosion von Pseudozysten oder der direkte Abbau von Milzparenchym durch pankreatische Enzyme wird als potenzieller Mechanismus angesehen [23]. Eine Milzvenenthrombose als lokale Komplikation der Pankreatitis ist ein weiterer Risikofaktor, welcher durch die Erhöhung des portosystemischen Drucks zur Milzruptur führen kann [24] [25]. Zudem können Adhäsionen bei rezidivierenden Pankreatitiden zu mechanischem Zug und letztlich zur Ruptur der Milzkapsel führen.

In diesem Fall hat wahrscheinlich der direkte Kontakt der Walled-of-Nekrose zur Milzkapsel zur fortschreitenden Inflammation und Erosion mit anschließender Ruptur geführt. Des Weiteren ist in der Folge der Verdacht auf eine Superinfektion des Milzhämatoms mit Lufteinschlüssen innerhalb der Nekrosezone bei angrenzender WON gestellt worden, was auch zuvor als mögliche Komplikation beschrieben wurde [26].

Die Mehrheit der in [Abb. 4] beschriebenen Fälle (62%) hatte bereits eine chronische Pankreatitis oder rezidivierende akute Pankreatitiden. Beides ist in unserem Fall nicht beschrieben worden. Strukturierte Nachsorgen mit regelmäßigen transabdominellen Sonografien, Kontrollen des Gewichtes, des HbA1c und der pankreatischen Elastase im Stuhl sind gemäß den Empfehlungen der aktuellen Leitlinie geplant [27].

Die Mehrheit der in [Tab. 1] aufgeführten Pankreatitiden war ethyltoxischer Genese (81 %) und betraf vor allem Männer im mittleren Alter. Die Patientin erfüllte als Raucherin einen Risikofaktor, regelmäßiger Alkoholkonsum wurde verneint. Der Ductus hepatocholedochus (DHC) zeigte sich computertomografisch lediglich betont nach Cholezystektomie ohne Steinnachweis. Eine biliäre Ursache ist dennoch am wahrscheinlichsten im Sinne einer Mikrolithiasis. Das auswärtige Labor zeigte lediglich eine leicht erhöhte γ-GT, wobei die Bauchschmerzen bereits vor dem auswärtigen Krankenhausaufenthalt auftraten. Es gab keinen Hinweis auf einen Hyperparathyreoidismus oder eine medikamentös-toxische Ursache. Eine diagnostische Endosonografie ist nach vollständigem Rückgang der abdominellen Verhalte bei unserer Patientin geplant [27].

In den meisten Fällen, so auch in unserem, ist die Milzruptur mittels kontrastmittelverstärkter CT diagnostiziert worden. Der Vorteil liegt in der meist schnellen Verfügbarkeit und der Befunderhebung von potenziell therapierbaren Komplikationen, wie Blutungen, Ischämien, Thrombosen sowie Aszites. Weiterhin wird eine CT vor interventioneller, endoskopischer Therapie von Verhaltformationen von den aktuellen Leitlinien empfohlen [27]. Ebenso eignet sich die CT für Follow-Up-Untersuchungen, wobei eine Magnetresonanztomografie (MRT) alternativ zur besseren Darstellung weicher Gewebe sowie vaskulärer Schäden nützlich sein kann, aufgrund ihrer eingeschränkten Verfügbarkeit in der Akutsituation jedoch weniger zum Einsatz kommt [28].

Die klinischen Symptome einer Milzruptur sind unspezifisch, besonders werden jedoch starke Schmerzen im linken Oberbauch sowie Übelkeit und Erbrechen beschrieben [17]. Blutdruckabfälle, Kaltschweißigkeit und Tachykardie als Manifestation der Schocksymptomatik machen eine engmaschige klinische Überwachung erforderlich.

Die Therapie war in den meisten publizierten Fällen eine Laparotomie mit konsekutiver Splenektomie. Unsere Patientin wurde erfolgreich minimal-invasiv mit Mikro-Coils und einem Vascular-Plaque (intraarterielles Verschlusssystem) radiologisch gesteuert embolisiert und funktionell splenektomiert. Die Entscheidung hierzu wurde vor allem aufgrund der prompten klinischen Verfügbarkeit und der geringfügigen Invasivität getroffen. Weiterhin besteht zurzeit der Konsens, dass bei therapiewürdiger, infizierter WON, wie in unserem Fall, die endoskopische Drainage den Goldstandard darstellt und ein offenes chirurgisches Verfahren (Laparotomie) nur in Ausnahmefällen erfolgen soll [27] [29] [30] [31].

Die Patientin zeigte wie der Großteil der beschriebenen Fälle von 2012–2022 (>90%) im Verlauf nach 6 Monaten ein größenregredientes Milzhämatom. Hierbei war das Hämatom spontan rückläufig und keine sekundäre Drainage nötig. Ebenso waren keine größeren peripankreatischen Verhalte mehr einsehbar nach erfolgreicher endosonografischer Drainage mittels LAMS.

Zusammengefasst sollte bei Schocksymptomatik und nekrotisierender Pankreatitis an die seltene, jedoch unmittelbar lebensbedrohliche Milzruptur gedacht werden. Ein ausschließlich minimalinvasiver Ansatz ist eine sichere Therapieoption. Jedoch sollte jeder Fall interdisziplinär beurteilt werden.


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Interessenkonflikt

Die Autorinnen/Autoren geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht.


Korrespondenzadresse

Christoph Ammer-Herrmenau
Gastroenterology, Gastrointestinal Oncology and Endocrinology, University Medical Center Göttingen
Robert-Koch Str. 40
37075 Göttingen
Germany   

Publication History

Received: 08 November 2022

Article published online:
03 February 2023

© 2023. The Author(s). This is an open access article published by Thieme under the terms of the Creative Commons Attribution-NonDerivative-NonCommercial-License, permitting copying and reproduction so long as the original work is given appropriate credit. Contents may not be used for commercial purposes, or adapted, remixed, transformed or built upon. (https://creativecommons.org/licenses/by-nc-nd/4.0/).

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Abb. 1 Mehrzeitige Milzruptur bei Walled-off necrosis (WON) und Coiling der Arteria lienalis. Eine 62-jährige Patientin in hämorrhagischem Schock präsentiert A) im Transversalschnitt der initialen CT einen mehrzeitigen Milzkapselriss (orange Pfeile), Walled-off necrosis (WON) des Pankreas (blauer Pfeil), perisplenisches Hämatom (grüner Pfeil) sowie Aszites (roter Pfeil). B) Der Frontalschnitt der initialen CT zeigt eine enge Lagebeziehung der Walled-off necrosis (WON) des Pankreas (blauer Pfeil) mit der Milz mit perisplenischem Hämatom (grüner Pfeil) und 4 Quadranten-Aszites (rote Pfeile). C) Perfusion der Milz vor Embolisation und D) Kontrastierung der verbliebenen Art. lienalis nach Embolisation ohne relevante Restperfusion der Milz (blauer Pfeil). Insgesamt wurden 16 ablösbare Mikrometallspiralen und ein nicht gecoverter Gefäßverschlusskörper (Vascular-Plaque) implantiert.
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Abb. 2 Endosonografische Drainage der WON. Einer Lumen-apposing metal stent (LAMS)-Applikation vorausgehend erfolgte eine A) diagnostische Punktion der WON. B) Eine Röntgenaufnahme nach LAMS-Anlage (15mm) zeigte die Metallspiralen und Verschlusskörper (blauer Pfeil), eine kontrastierte WON (orange Pfeile) sowie ein LAMS mit regelrechter Entfaltung der proximalen und distalen Tulpe (rote Pfeile). Nach LAMS-Freisetzung C) entleerte sich spontan bräunliche, eitrige Flüssigkeit.
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Abb. 3 Sonografische Verlaufskontrollen. A+B) Nach funktioneller Splenektomie erfolgten in regelmäßigen Abständen sonografische Kontrollen. Hierbei fielen Lufteinschlüsse im Parenchym nach Embolisation (blaue Pfeile), Milzkapsel mit Ruptur (orange Pfeile), vitales Restgewebe (grüner Pfeil) sowie liquides perisplenisches Hämatom auf (graue Pfeile). C) Entlastungspunktion des perisplenischen Hämatoms, Punktionsnadel (blauer Pfeil), perisplenisches Hämatom (grauer Pfeil). D) Nach 3 Monaten konnte ein größenregredientes organsiertes Resthämatom dargestellt werden.
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Abb. 4 Grafische Zusammenfassung der Literaturübersicht. A) Geschlechterverteilung, B) Art der Pankreatitis, C) Akut-Therapie der Milzruptur, D) Ätiologie der Pankreatitis und E) Outcome der 21 publizierten Fälle (2012–2022) einer atraumatischen Milzruptur im Rahmen einer akuten oder chronischen Pankreatitis.