Aktuelle Rheumatologie 2023; 48(02): 112
DOI: 10.1055/a-1992-6520
Für Sie Notiert

Systemischer Lupus erythematodes: Was ist das optimale Therapieziel?

Ugarte-Gil MF. et al.
Remission and low disease activity (LDA) prevent damage accrual in patients with systemic lupus erythematosus: results from the Systemic Lupus International Collaborating Clinics (SLICC) inception cohort.

Ann Rheum Dis 2022;
81: 1541-1548
DOI: 10.1136/ard-2022-222487.
 

Behandlungsziele für Menschen mit einem systemischen Lupus erythematodes (SLE) stellen die Remission sowie die geringe Krankheitsaktivität (engl. Low Disease Activity, LDA) dar. Allerdings werden diese Ziele unterschiedlich definiert. Welcher Zusammenhang besteht zwischen den verschiedenen Definitionen und dem Zuwachs an Organschäden bzw. spezifischen Organschäden? Dieser Frage ging ein internationales Forscherteam nach.


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Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler analysierten Daten der SLICC (Systemic Lupus International Collaborating Clinics)-Kohorte. An dieser multinationalen longitudinalen SLE-Kohorte beteiligen sich 33 Zentren in Asien, Europa und Nordamerika. Die eingeschlossenen Patientinnen und Patienten absolvieren bei der Aufnahme sowie anschließend in jährlichen Intervallen umfangreiche Untersuchungen. Hierbei erheben die Behandelnden unter anderem die Krankheitsaktivität der Betroffenen mithilfe des cSLEDAI-2K (clinical Systemic Lupus Erythematosus Disease Activity Index), den Schadenzuwachs mithilfe des SDI (Systemic Lupus International Collaborating Clinics/American College of Rheumatology Damage Index) sowie die Medikamentendosierungen. Das Studienkollektiv umfasste 1652 Personen, die mindestens 2 Kontrolluntersuchungen absolviert hatten. Die Forschenden bildeten 5 einander ausschließende Krankheitsaktivitäts-Kategorien:

  • Remission ohne Behandlung: cSLEDAI-2K=0, kein Prednison oder Immunsuppressiva am Tag der Vorstellung

  • Remission unter Therapie: cSLEDAI-2K=0, Prednison≤5 mg/d und/oder Immunsuppressiva in Erhaltungsdosis

  • LDA-TC (Low Disease Activity Toronto Cohort): cSLEDAI-2K≤2, kein Prednison oder Immunsuppressiva

  • mLLDAS (modified Lupus Low Disease Activity): cSLEDAI-2K≤4, keine Aktivität in großen Organsystemen, keine neuen Merkmale der Krankheitsaktivität im Vergleich zur Voruntersuchung, Prednison≤7,5 mg/d und/oder Immunsuppressiva in Erhaltungsdosis

  • Aktiv: alle anderen

Traf mehr als eine Definition zu, wählten die Forschenden die jeweils strengste Definition. Die Studienendpunkte bildeten die Zunahme des SDI-Scores zwischen 2 aufeinander folgenden Terminen sowie die Zunahme der einzelnen Organ-Scores. Bei ihren Berechnungen berücksichtigten die Forschenden zahlreiche potenzielle Störvariablen und Effektmodifikatoren.

Ergebnisse

1464 der Studienteilnehmenden (88,6%) waren Frauen, das mediane Alter der Betroffenen zum Diagnosezeitpunkt betrug 34,2 Jahre und die durchschnittliche Erkrankungsdauer 5,6 Monate. Während durchschnittlich 7,7 Jahren nahmen die Patientinnen und Patienten 12236 Kontrolltermine wahr (durchschnittlich 7,5 pro Person). 20,9% der Konsultationen fielen in die Kategorie „Remission ohne Behandlung“, 19,8% in die Kategorie „Remission unter Therapie“, 4,5% in die Kategorie „LDA-TC“, 5,6% in die Kategorie „mLLDAS“ und 49,2% in die Kategorie „Aktiv“. Eine Remission ohne Behandlung, eine Remission unter Therapie sowie eine niedrige Krankheitsaktivität gemäß LDA-TC oder mLLDAS gingen (pro 25% Zunahme der in der jeweiligen Kategorie verbrachten Zeit versus der aktiven Erkrankung) mit einer signifikant geringeren Wahrscheinlichkeit für einen Schadenzuwachs einer (Inzidenz Rate Ratio/IRR 0,75; 95% KI 0,70–0,81 bzw. IRR 0,68; 95% KI 0,62–0,75 bzw. IRR 0,79; 95% KI 0,68–0,92 bzw. IRR 0,76; 95% KI 0,65–0,89). Im Hinblick auf die spezifischen Organbeteiligungen zeigte sich: Die Remission ohne Behandlung und die Remission unter Therapie sowie der LDA-TC-Status gingen mit einer geringeren Wahrscheinlichkeit für Augen- und Nierenschäden einher, bei einer Remission ohne oder unter Therapie traten seltener neuropsychiatrische, kardiovaskuläre, muskuloskelettale und Hautschäden auf, die Remission ohne Therapie korrelierte mit selteneren Lungen- und Gonadenschäden, der LDA-TC-Status korrelierte mit einer geringeren Wahrscheinlichkeit für periphere Gefäßschäden und der mLLDAS-Status war mit einer geringeren Diabeteswahrscheinlichkeit assoziiert.

Fazit

Beim SLE, so die Forschenden, korrelieren die Definitionen „Remission ohne Behandlung“, „Remission unter Therapie“, LDA-TC“ und „mLLDAS“ unabhängig von Störvariablen und Effektmodifikatoren mit einer geringeren Wahrscheinlichkeit für einen Schadenzuwachs. Damit unterstreichen die Studienergebnisse die Bedeutung dieser potenziellen Therapieziele. Idealerweise sollte die Behandlung das Ziel „Remission ohne Behandlung“ oder „Remission unter Therapie“ haben, meinen sie.

Dr. med. Judith Lorenz, Künzell


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Publication History

Article published online:
03 April 2023

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