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DOI: 10.1055/a-1868-7301
Probleme der Digitalisierung sowie Protest gegen das Finanzstabilisierungsgesetz
- Abstract
- Digitalisierung: Ein weiterer Rückschlag
- Finanzstabilizierungsgesetzes aus dem Bundesministerium für Gesundheit (BMG) und ärztlicher Protest
- Für den Vorstand der Deutschen Hämostaseologen
Abstract
Wiederholt hatte der Vorstand des Berufsverbandes der Deutschen Hämostaseologen (BDDH) in Übereinstimmung mit anderen Berufs- und Ärzteverbänden auf die massiven Probleme der Digitalisierung im Gesundheitswesen hingewiesen. Ärzte waren sich weitgehend einig, dass die Digitalisierung in der aktuellen Form aufgrund fehlender Akzeptanz und massiven technischen Problemen nicht umsetzbar sein wird und zum Scheitern verurteilt ist.
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Digitalisierung: Ein weiterer Rückschlag
Die zahlreichen Probleme bei der Einführung des e-Rezeptes sind hinlänglich bekannt. Eine zuletzt für Januar 2022 geplante bundesweite Einführung wurde erneut verschoben und zwar auf unbestimmte Zeit, wurde 12/2021 kommuniziert. Die kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) ließ verlauten, dass ein Regelbetrieb noch in weiter Ferne läge. Bis zum Dezember 2021 seien lediglich sehr wenige e-Rezepte ausgestellt worden. Ein laufender Test in Berlin-Brandenburg sei nicht aussagekräftig. Die Anzahl teilnehmender Ärzte und Apotheken sei sehr überschaubar und Krankenhäuser seien erst gar nicht involviert worden.
Nun musste die Digitalisierung einen weiteren Schlag hinnehmen, der eigentlich überfällig war und von vielen erwartet wurde: Aufgrund datenschutzrechtlicher Bedenken möchte die Kassenärztliche Vereinigung (KV) von Schleswig-Holstein aus dem e-Rezept aussteigen, wie im August 2022 veröffentlicht wurde – und das eine Woche vor der geplanten Einführung in Westfalen-Lippe und Schleswig-Holstein (Quelle: https://www.kvsh.de/praxis/praxisfuehrung/newsletter/erezept-ausstieg-aus-dem-rollout). Konkreter Grund sind Bedenken hinsichtlich des Versands von Daten, hier QR-Codes, via E-Mail; die mailbasierte Umsetzung des e-Rezeptes sei nämlich untersagt. Die Vorstandvorsitzende Dr. Monika Schliffke wurde wie folgt zitiert: „Der Nutzen des E-Rezepts liegt für Arztpraxen im Komfort der bürokratiearmen Erstellung und für Patienten in der Einsparung mehrfacher Wege, was insbesondere für Menschen in ländlichen Bereichen vorteilhaft wäre. Beides kann momentan nicht erreicht werden“.
Zudem ist - nach Gutachten der Datenschutzbeauftragten, u.a. Schleswig-Holstein, - die Ärzteschaft von der Erzeugung/Ausstellung eines Barcodes für ein Rezept bis zur Einlösung durch die Patienten/Patientinnen in einer Apotheke haftungsrechtlich verantwortlich! Dies ist neu gegenüber dem bisherigen Papierrezept. Hier endete die ärztliche Haftung bei der persönlichen Übergabe des Rezeptes an die Patienten/Patientinnen.
Wie es nun weitergeht, ist völlig ungeklärt. Aktuell existieren eigentliche keine Alternativen zur Fortführung der bisherigen Praxis mit Ausstellung eines Papierrezeptes. Die Gematik-App, die unabdingbar für die Einführung der digitalen Anwendungen im Gesundheitswesen ist, kann derzeit kaum benutzt werden, weil wiederum nur wenige Versicherte über eine hierfür erforderliche NFC-fähige Gesundheitskarte oder ebenfalls erforderliche geeignete Smartphone-Typen verfügen. Und das sind nur einige der zahlreichen Probleme.
Es ist völlig unverständlich, warum seitens der Politik die Problematik nicht ausreichend wahrgenommen und aktuell weiter auf einer zeitnahen Einführung der digitalen Anwendungen unter der Anwendung von Sanktionen beharrt wird. Konsens ist, dass eine Digitalisierung im Gesundheitswesen überfällig und bei optimaler Nutzung Vorteile für Patienten und Ärzte bringen könnte. Klar ist aber auch, dass die aktuelle Strategie, welche von der Politik vorgegeben wurde, einerseits nicht realisierbar ist und andererseits selbst eine Umsetzung mehr Probleme aufwerfen würde, als Vorteile erwachsen würde. Die ganz überwiegende Mehrheit der Ärzteschaft, der Ärztevertretungen und der Kassenärztlichen Vereinigungen glauben seit langem nicht mehr an eine Umsetzung der Digitalisierung im Gesundheitswesen in der jetzigen Form.
Die politischen Entscheidungsträger müssen verstehen, dass die Digitalisierung nicht mit der Brechstange ohne ausreichende Beteiligung der Fachorganisationen durchgesetzt werden kann und darf. Um zukünftig digitale Lösungen im Gesundheitswesen zur Verbesserung der Patientenversorgung und Entlastung der Ärzte einsetzen zu können, bedarf es einer grundlegenden Neuausrichtung oder gar eines Neuanfanges. Diese kann nur gelingen, wenn von Anfang an diejenigen, die mit den digitalen Anwendungen umgehen müssen, insbesondere Ärzteschaft und Patienten, stark eingebunden werden und Entscheidungen nicht nur von Politik und praxisfernen medizinischen Institutionen und der Digitalisierungsindustrie getroffen werden.
Die Politik ist am Zug. Die Ärzteschaft steht sicherlich bereit, um über neue Wege auf dem Weg zur Digitalisierung im Gesundheitswesen zu diskutieren. In der jetzigen Form ist diese in eine Sackgasse geraten, aus der wohl kein Weg mehr hinausführt.
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Finanzstabilizierungsgesetzes aus dem Bundesministerium für Gesundheit (BMG) und ärztlicher Protest
Da ein Defizit von ca. 30 Milliarden Euro durch die Pandemiekosten und weitere Kosten im GKV-Bereich, z.B. bis 500 Mio. Euro für die Anschaffung neuer Konnektoren in der immer noch nicht funktionierenden IT-Infrastruktur, entstanden ist, werden Einsparungen in ALLEN Bereichen, auch der ärztlichen Versorgung, schnellstens angestrebt. Als erstes soll die Neupatientenregelung im ärztlichen Versorgungsbereich gekippt werden. Nach und nach sind weitere Leistungseinschränkungen im ärztlichen Versorgungsbereich geplant, die noch nicht konkret vom BMG genannt wurden. Das geplante Finanzstabilizierungsgesetz wird der Anfang für weitere Streichlisten von Seiten des BMG und ggf. des GKV-Spitzenverbandes werden. Dies führte der Vorsitzende der KBV Dr. Gassen nach entsprechender persönlicher Rücksprache mit den politischen Trägern aus. Die 132i-Verträge nach SGB V sind nicht betroffen. Inwieweit der Punktewert für Alle ärztlichen Leistungen nach unten angepasst werden muss, ist noch nicht absehbar. Leistungskürzungen sind bereits jetzt eingetreten, wie in vielen ärztlichen Bereichen von den Berufsverbänden dokumentiert und ausgeführt.
Die Auswirkungen sind insbesondere den Patienten/Patientinnen noch nicht bewusst.
Der BDDH unterstützt die KBV in Ihrem Vorgehen, u.a. die Freiberuflichkeit und die Vergütungssicherheit der Ärzte/Ärztinnen gemeinsam abzusichern. Hierbei werden zahlreiche konkrete Maßnahmen von der KBV bereits vorbereitet.
Gemeinsam mit der SpiFa (Spitzenverband der Fachärzte Deutschlands e.V. in Klinik und Praxis) und der konzertierten Aktion aller Berufsverbände unter dem Dach der KBV soll sich in einer ersten „Protest-Phase“ an die Politikerinnen und Politiker in dem jeweiligen Wahlkreis gewendet werden. Diese sollen über die Auswirkungen dieser ersten Sparmaßnahmen aufgeklärt werden. Die Kontaktdaten für die Abgeordneten des jeweiligen Wahlkreises sind auf der Homepage des Deutschen Bundestages zu finden (https://www.bundestag.de/abgeordnete).
Im Nachgang zu den zahlreichen außerordentlichen Sitzungen der KBV wurde nun auch ein online-Brief u.a. von der KBV und weiteren Berufsverbänden zur Verfügung gestellt (https://www.kbv.de/html/offener-brief-bmg.php). Der Protest soll nicht nur über die Vorstände der Berufsverbände und die KBV erfolgen, sondern auch Allen Mitgliedern ALLER Berufsverbände und der SpiFa ermöglicht werden. Die „Protest-Phase“ ist bereits mit zahlreichen aktuellen geplanten Aktionen angelaufen (https://www.kbv.de).
Die Politik, insbesondere das BMG unter Führung von Professor Lauterbach, ist aktuell von der „Kassenlage“ getrieben und nimmt die Leistungserbringer stark in die Pflicht.
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Für den Vorstand der Deutschen Hämostaseologen
Priv.-Doz. Dr. med. Jürgen Koscielny, Vorsitzender
Priv.-Doz. Dr. med. Christoph Sucker, Beisitzer des Vorstandes
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Die Autoren geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht.
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Publikationsverlauf
Artikel online veröffentlicht:
07. November 2022
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