Aktuelle Rheumatologie 2022; 47(04): 262
DOI: 10.1055/a-1789-5866
Für Sie Notiert

Hoher BMI stellt insbesondere bei Frauen Risiko für Kniearthrose dar

Szilagyi IA. et al.
Towards sex-specific osteoarthritis risk models: evaluation of risk factors for knee osteoarthritis in males and females.

Rheumatology 2022;
61: 648-657
 

    Es wird angenommen, dass einer Kniearthrose bei den verschiedenen Geschlechtern eine unterschiedliche Ätiologie zugrunde liegen kann. Trotz dieses Wissens wurden bisher bei Studien zu Risikofaktoren und bei der Entwicklung von Vorhersagemodellen Geschlechtsunterschiede weitgehend ignoriert. Szilagyi et al. ermittelten die geschlechtsspezifische Prävalenz und Ausprägung personenbezogener Risikofaktoren für die Entwicklung einer radiologischen Kniearthrose.


    #

    Die Experten fanden geschlechtsspezifische Unterschiede sowohl beim Vorhandensein als auch beim relativen Risiko mehrerer Risikofaktoren für die Inzidenz einer röntgenologischen Kniearthrose. Insbesondere der Body Mass Index (BMI) wirkt sich bei Frauen stärker aus als bei Männern. Die Wissenschaftler des Universitätsklinikums Rotterdam in den Niederlanden wählten Probanden aus einer bevölkerungsbasierten prospektiven Studienkohorte aus, für die Röntgenaufnahmen des Knies in gestreckter bzw. zentraler Position des Knies und der Kniescheibe vorlagen. Röntgenaufnahmen des Knies lagen für 4874 Männer und 6084 Frauen zu Studienbeginn und für 3187 Männer und 3948 Frauen nach einer mittleren Nachbeobachtungszeit von 9,56 Jahren vor. Die Experten definierten das Auftreten einer Knie-OA nach dem Kellgren- und Lawrence-Scoring-System (KL) als ein KL-Score von 0 oder 1 bei Studienbeginn und ein KL-Score von 2–4 oder ein totaler Gelenkersatz beim zweiten oder dritten Besuch während der gesamten Nachbeobachtungszeit von 10 Jahren. Die Basisinformationen zu zahlreichen Merkmalen (u.a. demographische Daten, klinische Daten, Raucherstatus, Bildung etc.) erhoben die Wissenschaftler von den Teilnehmern mittels Fragebögen, Interviews und im Rahmen von Visiten im Forschungszentrum.

    Die Studienpopulation umfasste 10 958 Patienten, die bei der Erstuntersuchung keine Kniearthrose in mindestens einem Knie aufwiesen. Die Gruppe der Teilnehmer ohne Nachuntersuchungen (35% der Patienten) war im Durchschnitt älter und litt unter Behinderungen und anderen Komorbiditäten, weshalb sie an keiner der im Forschungszentrum durchgeführten Nachuntersuchungen teilnehmen konnten. Insgesamt 1064 Teilnehmer, 713 Frauen und 351 Männer, entwickelten während der Nachbeobachtung eine ein- oder beidseitige röntgenologische Kniearthrose. Die Prävalenz der untersuchten Risikofaktoren war bei Frauen im Allgemeinen höher als bei Männern, außer dass Männer signifikant häufiger rauchten und Alkohol konsumierten. Ein hohes Maß an körperlicher Aktivität oder ein Kellgren- und Lawrence-Score 1 bei Studienbeginn kam bei Männern öfter vor als bei Frauen. Ein BMI von 27 oder höher war bei Frauen mit einem höheren Risiko für die Entwicklung einer Kniearthrose verbunden; 25,6% der Frauen und 19,3% der Männer mit einem BMI ab 27 entwickelten eine Kniearthrose.

    Fazit

    Die Ergebnisse liefern Hinweise auf geschlechtsspezifische Unterschiede sowohl beim Vorhandensein einer Kniearthrose als auch beim Risiko, eine zu entwickeln. Der BMI ist jedoch der wichtigste modifizierbare Risikofaktor, der sich auf Frauen stärker auswirkt als auf Männer. Diese Erkenntnisse können bei der Entwicklung von Präventionsstrategien und bei der Entwicklung geschlechtsspezifischer Prognoseinstrumente zur Identifizierung von Patienten mit hohem Risikoprofil genutzt werden, so die Experten.

    Dr. Maddalena Angela Di Lellis, Tübingen


    #

    Publication History

    Article published online:
    11 August 2022

    © 2022. Thieme. All rights reserved.

    Georg Thieme Verlag KG
    Rüdigerstraße 14, 70469 Stuttgart, Germany