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DOI: 10.1055/a-1693-7091
Rheumatoide Arthritis: Wie lange dauert das Ausschleichen von Glukokortikoiden?
Laut der aktuellen EULAR (European League Against Rheumatism)-Leitlinien sollen die bei der rheumatoiden Arthritis (RA) begleitend zu konventionellen synthetischen krankheitsmodifizierenden antirheumatischen Medikamenten (csDMARD) eingesetzten Glukokortikoide so schnell wie möglich ausgeschlichen und idealerweise innerhalb von 3 Monaten wieder abgesetzt werden. Wie gut gelingt es in der Praxis, diese Empfehlungen umzusetzen?
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Dieser Frage gingen chinesische Forscherinnen und Forscher nach. Sie werteten die Daten von 207 Patientinnen und Patienten mit einer RA aus, die zwischen 2009 und 2019 in die von der Universität Peking initiierte prospektive, longitudinale TARRA (Treat-to-TARget in RA)-Kohorte eingeschlossen worden waren. Alle Personen hatten bei der Erstvorstellung eine Behandlung mit csDMARDs sowie Glukokortikoiden in Form einer Überbrückungstherapie begonnen und waren mindestens ein Jahr lang regelmäßig nachbeobachtet worden. Personen, die zusätzlich biologische oder gezielt wirkende synthetische DMARDs erhalten hatten, schlossen die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler von der Analyse aus. Sie objektivierten die Dynamik der im Verlauf der Beobachtungszeit verschriebenen Prednisolon-Äquivalenzdosen und die Veränderung der Krankheitsaktivität. Zudem prüften sie, bei wie vielen Betroffenen ein Absetzen der Glukokortikoide gelang und wie häufig in den folgenden 6 Monaten Krankheitsrezidive auftraten.
Ergebnisse
Die mehrheitlich weiblichen Studienteilnehmenden waren im Schnitt 55,9 Jahre alt und litten im Median seit 24 Monaten an der rheumatischen Erkrankung. 110 der 207 Patientinnen und Patienten hatten im Vorfeld keine DMARD erhalten bzw. die DMARD-Behandlung dauerte zum Zeitpunkt des Glukokortikoidbeginns kürzer als 3 Monate. Während der medianen Nachbeobachtungszeit von 38,6 Monaten beobachtete das Forscherteam eine signifikante Reduktion der medianen Prednisolon-Tagesdosis: Sie halbierte sich innerhalb der ersten 6 Monate von initial 10 auf 5 mg und nahm anschließend langsamer ab – auf 2,5 mg nach 36 Monaten und auf 0 mg nach 48 Monaten. Auch die Krankheitskontrolle verbesserte sich innerhalb der ersten 6 Monate signifikant und stabilisierte sich im Verlauf der weiteren Nachbeobachtungsperiode. Insgesamt 124 Patientinnen und Patienten (59,9%) konnten die Glukokortikoidbehandlung beenden. Die kumulative Wahrscheinlichkeit hierfür betrug nach 6 Monaten, 1, 2 und 3 Jahren 9,7, 26,6, 48,0 bzw. 58,6%. Im Median vergingen 27 Monate bis zum Absetzen der Glukokortikoidmedikation. In der Gruppe der 110 DMARD-naiven Personen betrug die kumulative Wahrscheinlichkeit für ein Absetzen der Glukokortikoide nach 6 Monaten, 1, 2 und 3 Jahren 12,7, 30,0, 50,9 bzw. 60,6% und die mediane Zeit bis zum Behandlungsende 24 Monate. 35 der 124 Patientinnen und Patienten (28,2%), welche die Glukokortikoidtherapie beendet hatten, benötigten eine Intensivierung der csDMARD-Therapie bzw. die Hinzunahme weiterer csDMARDs und etwa die Hälfte der 124 Personen befand sich zum Zeitpunkt des Glukokortikoid-Absetzens in Remission. Von 115 der 124 Personen lagen Informationen zum Krankheitsstatus 6 Monate nach Beendigung der Glukokortikoidbehandlung vor: 91 Betroffene (79,1%) blieben über diesen Zeitraum frei von Krankheitsschüben.
Bei RA-Kranken, die begleitend zu csDMARDs eine Glukokortikoid-Überbrückungstherapie erhalten, ist ein schrittweises Ausschleichen der Glukokortikoide bei guter Kontrolle der Krankheitsaktivität möglich, schlussfolgern die Forscherinnen und Forscher. Allerdings vergeht in der Praxis deutlich mehr Zeit bis zum Absetzen der Medikamente: Das von den Leitlinien vorgegebene Zeitfenster kann ihrer Einschätzung nach nur dann eingehalten werden, wenn zusätzlich gezielt wirkende DMARDs eingesetzt werden.
Dr. med. Judith Lorenz, Künzell
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Publication History
Article published online:
07 April 2022
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Georg Thieme Verlag KG
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