Aktuelle Rheumatologie 2021; 46(04): 332
DOI: 10.1055/a-1512-0664
Für Sie notiert

Prädisponiert die Adipositas für eine rheumatoiden Arthritis?

Contributor(s):
Judith Lorenz
Tang B. et al.
Obesity-Related Traits and the Development of Rheumatoid Arthritis: Evidence From Genetic Data.

Arthritis Rheumatol 2021;
73: 203-211 doi: 10.1002/art.41517
 

Es wird angenommen, dass ein Zusammenhang zwischen der Adipositas und dem Risiko, an einer rheumatoiden Arthritis (RA) zu erkranken, besteht und dass Frauen diesbezüglich stärker gefährdet sind als Männer. Ein Team schwedischer und US-amerikanischer Forscherinnen und Forscher hat diese Fragestellung nun mithilfe einer genetischen Korrelationsanalyse sowie einer Mendelschen Randomisierungsstudie beleuchtet.


#

Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler prüften, ob eine Kausalbeziehung zwischen verschiedenen Adipositas-Parametern – dem Bodymassindex (BMI), der Waist-to-Hip-Ratio (WHR) sowie der bezüglich des BMI adjustierten WHR (WHRadjBMI) – und der RA besteht. Hierzu werteten sie genomweite genetische Daten von mehr als 850000 Individuen europäischer Abstammung aus, wobei sie auf die Daten der bislang größten genomweiten Assoziationsstudie/Metaanalyse zurückgriffen. Die Analyse zum BMI umfasste 806810, die Analyse zur WHR 697734, die Analyse zur WHRadjBMI 694649 und die Analyse zur RA 14361 Individuen. Weitere 43923 Individuen bildeten das Kontrollkollektiv. Für jeden einzelnen Adipositas-Parameter berücksichtigte das Forscherteam jeweils mehrere Hundert bekannte Single-Nukleotid-Polymorphismen (SNPs) und quantifizierte die paarweise genetische Korrelation zwischen den Merkmalen. Die Analyse erfolgte dabei einerseits an der Gesamtbevölkerung und andererseits nach Geschlechtern getrennt.

Ergebnisse

Die verschiedenen Adipositas-Parameter korrelierten genetisch stark miteinander. Eine gemeinsame allgemeine genetische Basis zwischen dem BMI, der WHR bzw. der WHRadjBMI und der RA konnten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler zwar weder in der Gesamtpopulation noch bei den Frauen oder den Männern feststellen, allerdings fanden sie eine signifikante lokale genetische Korrelation einiger Regionen auf Chromosom 6 und Chromosom 19. Bei den Frauen bestanden ferner gemeinsame Genloci auf Chromosom 8 und 16. Die Mendelsche Randomisierungsanalyse deutete auf eine Kausalbeziehung zwischen dem genetisch prognostizierten BMI und der RA hin: Pro Standardabweichung BMI-Zunahme (4,8 kg/m2) stieg das RA-Risiko um rund 20% (Odds Ratio 1,22; 95% KI 1,09-1,37). Dieser Effekt hielt verschiedenen Sensitivitätsanalysen Stand und war bei beiden Geschlechtern ähnlich (Männer: Odds Ratio 1,22; 95% KI 1,04-1,44 bzw. Frauen: Odds Ratio 1,19; 95% KI 1,04-1,36). Einen signifikanten Kausalzusammenhang zwischen der genetisch prognostizierten WHR bzw. der WHRadjBMI und der RA fanden die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler dagegen nicht.

Fazit

Die Studienergebnisse deuten darauf hin, so das Fazit der Forscherinnen und Forscher, dass zwar der genetisch angelegte BMI, nicht jedoch die WHR das RA-Risiko signifikant erhöhen. Weitere Studien müssen nun ihrer Ansicht nach unter anderem klären, welche biologischen Mechanismen diesem Zusammenhang zu Grunde liegen und wie man sich dieses Wissen möglicherweise diagnostisch und therapeutisch zu Nutze machen kann.

Dr. med. Judith Lorenz, Künzell


#
#

Publication History

Article published online:
24 August 2021

© 2021. Thieme. All rights reserved.

Georg Thieme Verlag KG
Rüdigerstraße 14, 70469 Stuttgart, Germany