Pneumologie 2021; 75(10): 742
DOI: 10.1055/a-1481-4169
Pneumo-Fokus

Hohe Aufmerksamkeit für COVID-19-Publikationen auf Preprint-Servern

Jung YE. et al.
Effect and Reach of Medical Articles Posted on Preprint Servers During the COVID-19 Pandemic.

JAMA Intern Med 2021;
181: 395-396
DOI: 10.1001/jamainternmed.2020.662
 

Preprint-Server ermöglichen Wissenschaftlern, ihre Manuskripte der Öffentlichkeit vor der Publikation in einem Journal mit Peer-Review zugänglich zu machen – unabhängig davon, ob die Arbeiten eingereicht oder angenommen wurden. Im Zuge der COVID-19-Pandemie hat sich die Aufmerksamkeit für möglichst schnell publizierte Daten erhöht. Eine Studie untersuchte, wie groß die Beachtung ist, die solche Beiträge auf Preprint-Servern finden.


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Ein Autorenteam um Ye Eun (Grace) Jung von der Ben-Gurion Universität der Negev in Beersheva, Israel, verglich den Effekt und die Reichweite von Studien zu möglichen Therapien von COVID-19, die auf dem Preprint-Server medRxiv erstmals zugänglich gemacht worden waren, mit Beiträgen, die nicht auf irgendeinem Preprint-Server erschienen waren, bevor sie in einem Wissenschaftsjournal publiziert wurden. Eingeschlossen wurden englischsprachige Veröffentlichungen zu Chloroquin und Hydroxychloroquin, Lopinavir-Ritonavir, Angiotensin-Rezeptorenblocker, Angiotensin-converting Enzyme(ACE)-Hemmer, Rekonvaleszentenplasma und Kortikosteroiden zur Therapie von COVID-19. Die Publikationen mussten zwischen dem 1. Februar und 10. Mai 2020 auf medRxiv bzw. in einer medizinischen Fachzeitschrift zwischen 1. Februar und 10. Juli 2020 veröffentlicht worden sein. Die erhaltene Aufmerksamkeit und durch den jeweiligen Beitrag ausgelöste Online-Aktivität ermittelten die Autoren mithilfe des Altmetric-Attention-Scores, eines kommerziell verfügbaren Online-Messinstruments für wissenschaftliche Ergebnisse, sowie mithilfe der Auswertung individueller Posts auf Twitter, Seitenaufrufen und der wissenschaftlichen Zitierung.

Ergebnisse

In Zeitschriften mit Peer Review wurden im besagten Zeitraum 45 Publikationen zu möglichen COVID-19-Therapien publiziert, die nicht vorher auf medRxiv verfügbar waren, und 17, die bereits dort vor Druck abrufbar gewesen waren. Eine vorab auf medRxiv veröffentlichte Studie führte später auch zu 2 Peer-Review-Publikationen. Zusätzlich gab es auf medRxiv noch 18 Preprint-Publikationen, die bis Juli 2020 nicht in Zeitschriften mit Peer Review erschienen waren.

Peer-Review-Publikationen wurden mit median 22 Zitaten (interquartile range [IQR] 4,3–52,5) signifikant häufiger zitiert als Preprints (median 5,5 Zitate [IQR 1,3–20,3]; p = 0,01). Es gab aber bei den anderen Parametern (Altmetric-Attention-Score, Online-Abrufe, Twitter-Posts) keine Unterschiede. Alle Parameter zeigten eine hohe Variabilität in den einzelnen Studien. Einen signifikanten Unterschied bezüglich des Impact-Faktors der Zeitschriften mit Publikationen ohne und mit Preprint-Veröffentlichungen gab es nicht.

Erst preprint und dann in Peer-Review-Zeitschriften veröffentlichte Studien wiesen höhere Altmetric-Attention-Scores, häufigere Zitierungen in Zeitschriften und mehr Onlineabrufe auf als nur preprint veröffentlichte Studien. Auch Twitter-Meldungen und Zitate insgesamt zeigten einen positiven Trend zugunsten der voll publizierten Artikel. Dennoch erfuhren auch die nur preprint veröffentlichten Studien eine gewisse Verbreitung.

Fazit

Die Autoren räumen ein, dass die analysierten Parameter mit einer gewissen Ungenauigkeit behaftet sind. Sie zeigen aber doch recht klar, dass über Preprint-Server Zeitschriftenartikel weit verbreitet werden können, auch wenn sie kein Peer-Review-Verfahren durchlaufen haben oder erst noch durchlaufen werden.

Friederike Klein, München


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Publikationsverlauf

Artikel online veröffentlicht:
18. Oktober 2021

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