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DOI: 10.1055/a-1337-3325
Möglichkeiten der Vorhersage des Erfolgs einer Hörgeräteversorgung mittels des APHAB-Fragebogens
Possibilities to predict the success of an individual hearing aid fitting using the APHABZusammenfassung
Hintergrund Die subjektive Bewertung einer Hörminderung durch Patienten erfolgt durch Fragebögen, z. B. den APHAB. Kumulierte Werte (Gesamtnutzen, Verbesserungsquotient) konnten bisher nicht individuell interpretiert werden, da es keine entsprechenden Daten gab. Diese zu schaffen und die Klärung der Frage, ob eine Perzentiltreue vor und nach einer HGV besteht, waren die Ziele der Studie.
Methode Aufgrund von 6861 Datensätzen von Patienten mit abgeschlossener HGV aus einer APHAB-Datenbank wurden für verschiedene Alters- sowie Perzentilgruppen der Gesamtnutzen und der Verbesserungsquotient berechnet und eine Heatmap erzeugt. Die Perzentiltreue der Individuen vor und nach einer HGV wurde mittels des Rangkoeffizienten nach Spearman ermittelt.
Ergebnisse Der Mittelwert des Verbesserungsquotienten lag bei 41,01 %. Jüngere Probanden (Durchschnitt 72,26 Jahre ± 11,86) hatten einen signifikant besseren Verbesserungsquotienten (44,36 %) als ältere (37,66 %). Der durchschnittliche Verbesserungsquotient nahm mit kleinerem APHAB-Score vor einer HGV in Bezug auf die Perzentilgruppen ab (23,22–52,07 %). Der Spearman-Korrelationskoeffizient für den APHAB-Nutzen war 0,285, die Effektstärke nach Cohen war klein. Der Gesamtnutzen korrelierte mit 0,582 und der Verbesserungsquotient mit 0,270 mit dem APHAB-Score vor einer HGV.
Schlussfolgerung Eine Perzentiltreue von Probanden vor und nach einer HGV war nicht nachweisbar. Es lassen sich aber Aussagen zum durchschnittlichen Erfolg nach dem Verbesserungsquotienten in Abhängigkeit von Perzentilgruppen und dem Lebensalter vom APHAB vor einer HGV erkennen. Alte Patienten mit einem geringen subjektiven Hörverlust profitierten am geringsten, junge mit einem hohen subjektiven Hörverlust am meisten von einer HGV.
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Abstract
Background Since 2012, the APHAB is part of the quality agreement for statutory insured patients in hearing aid fitting (HAF). So far, individual results could be interpreted by using percentile curves only, but not for the improvement quotient and the cumulated benefit. The presented study should close this gap. Moreover, it should be clarified if an individual constancy within percentile exists.
Methods Using the data of 6861 hearing aid fitted patients from a database, we calculated the benefit by improvement quotient and cumulated benefit for different age-classes and percentile-groups and presented by a heatmap. Individual constancy of percentile would be calculated using Spearman’s rank correlation.
Results The average benefit was 21.41. The average of the improvement quotient was 41.01. It was significantly higher (44.36 %) in subjects younger than the average (27.26 years ± 11.86) than in the elderly (37.66 %). It decreased in cases of lower APHAB-scores before HAF concerning the percentile-group, ranging from 23.22 % to 52.07 %. Spearman’s rank coefficient for the APHAB benefit was 0.285, Cohen’s effect size was small. The correlation between the APHAB-score before HAF and the cumulated benefit was 0.582 and the improvement quotient was 0.270.
Conclusions An individual constancy within percentile before and after HAF was not detectable. Nevertheless, some relationships of the improvement quotient and the age resp. percentile-groups could be demonstrated. The benefit of HAF was less in older subjects with lower APHAB-scores and best in young subjects with higher APHAB-scores before HAF.
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Schlüsselwörter
Schwerhörigkeit - Hörgeräteversorgung - Qualitätssicherung - APHAB - Nutzen - FragebogenKey words
hearing loss - hearing aid fitting - quality measurement - APHAB - benefit - questionnaireHintergrund
Etwa 466 Millionen Menschen, 6,1 % der Menschheit, sind von Schwerhörigkeit betroffen, hiervon sind 93 % Erwachsene [1]. Schwerhörigkeit ist laut Weltgesundheitsorganisation (WHO) eines der weitverbreitetsten Gesundheitsprobleme überhaupt [2]. In Deutschland liegt die Prävalenz für Schwerhörigkeit unter Erwachsenen je nach Studie bei 16–21 % [3]. Diese nimmt ab dem 50. Lebensjahr stetig zu, es sind ungefähr ein Drittel aller Erwachsenen ab einem Alter von 65 Jahren betroffen [4] [5]. Eine beidseitige, symmetrische, progrediente Innenohrschwerhörigkeit in der zweiten Lebenshälfte wird als Presbyakusis bezeichnet und ist der häufigste Grund für eine Schwerhörigkeit in dieser Altersgruppe. Ursachen dafür können einerseits exogene Einflüsse sein, wobei in industriellen Ländern Lärm und Übergewicht die wichtigsten sind, hinzu kommen weitere Faktoren, wie z. B. Ischämie, Hypoxie, oxidativer Stress und Degeneration von Haar- und Ganglienzellen [6]. Die mit einer Schwerhörigkeit im höheren Alter verbundenen Erkrankungen sind vielfältig. Das relative Risiko, nach 10 Jahren an einer Demenz zu erkranken, steigt mit zunehmender Schwerhörigkeit an, wobei bei einer mittelgradigen Hörminderung mit einem Hörverlust von 40–70 dB im Oktavbereich zwischen 0,5 und 4 kHz eine Verdreifachung des Risikos beschrieben wird [7] [8]. In einigen Studien wird Schwerhörigkeit mit einem generellen Verlust kognitiver Fähigkeiten in Verbindung gebracht, die das Gedächtnis und exekutive Funktionen reduzieren [9] [10]. Eine unbehandelte Schwerhörigkeit erhöht des Weiteren das Risiko, eine Depression oder ängstliche Symptome zu entwickeln [11] [12]. Im Gegensatz dazu kann eine rechtzeitige Hörgeräteversorgung (HGV) das Ausmaß von Depression und die Lebensqualität verbessern [13]. Außerdem zeigte eine systematische Übersichtsarbeit bei bisher noch ungeklärtem Kausalzusammenhang, dass Hörminderungen einen unabhängigen Risikofaktor für Stürze bei älteren Menschen darstellen; nach dieser Untersuchung steigt das Risiko für Stürze um das 1,69–2,39-Fache an [14].
Um eine Hörminderung zu diagnostizieren, werden ton- und sprachaudiometrische Untersuchungen verwendet. Um die subjektive Bewertung einer Hörminderung durch die Patienten besser bewerten zu können, werden Frageninventare eingesetzt. Insgesamt gibt es eine große Anzahl solcher Fragebögen, die verschiedene Aspekte des subjektiven Hörvermögens und der Zufriedenheit mit Hörgeräten untersuchen [15]. Der von Cox und Alexander 1995 in den USA entwickelte APHAB (Abbreviated Profile of Hearing Aid Benefit) ist ein 24 Fragen umfassendes Inventar, das für den deutschsprachigen Raum evaluiert wurde [16] [17] [18] [19]. Dieses Frageninventar untersucht das subjektive Hörvermögen in 4 verschiedenen Hörsituationen mit jeweils 6 Fragen. Ein Teil der Fragen ist invers gestellt, diese Fragen müssen vor der Auswertung konvertiert werden [20]. Drei Subskalen sind dabei auf verschiedene Alltagssituationen bezogen, die vierte auf das Missempfinden von lauten Situationen:
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EC-Skala (ease of communication) – einfache Hörsituation ohne Nebengeräusche
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BN-Skala (background noise) – Hören mit Hintergrundgeräuschen
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RV-Skala (reverberation) – Hören in großen Räumen mit Echo- oder Hallsituationen
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AV-Skala (aversiveness of sounds) – Hörempfinden von lauten Situationen
Auf einer 7-stufigen Skala wird angegeben, inwieweit die beschriebenen Situationen für die Patienten subjektiv zutreffen und diese Prozenträngen zugeordnet („immer“: 99 %, „fast immer“: 87 %, „häufig“: 75 %, „in der Hälfte der Fälle“: 50 %, „gelegentlich“: 25 %, „selten“: 12 %, „nie“: 1 %). Die Fragen werden vor und ggf. nach einer HGV von den Patienten beantwortet. Der subjektive Nutzen von Hörgeräten kann für jede Frage einzeln sowie für die Subskalen durch Differenzbildung vor und nach einer Hörgeräteversorgung errechnet werden; die Werte vor einer HGV werden mit APHABu, die nach einer HGV mit APHABa, der Nutzen einer HGV mit APHABb bezeichnet.
Der APHAB gehört zu den am umfassendsten untersuchten deutschsprachigen Fragebogeninventaren. Die Sensitivität, einen Hörverlust von mindestens 25 dB in einer der Oktavenfrequenzen zwischen 0,5 und 8,0 kHz zu ermitteln, liegt zwischen 0,70 und 0,84, die Spezifität zwischen 0,79 und 0,95 [21]. Eine weitere Studie zeigte, dass die Wahrscheinlichkeit eines positiven Nutzens einer HGV für die EC-, BN- und RV-Skala zwischen 0,75 und 0,88 liegt [22]. In diesen 3 Subskalen liegt der durchschnittliche Hörgewinn durch Hörgeräte jeweils bei knapp 30 %. In der AV-Skala ist grundsätzlich keine Hörverbesserung zu erwarten [22].
Der APHAB-Fragebogen ist im Rahmen einer HGV neben anderen Parametern seit 2012 obligater Bestandteil der Qualitätssicherungsvereinbarung (QSV) nach der Hilfsmittel-Richtlinie zwischen der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) und dem Spitzenverband der gesetzlichen Krankenkassen [23] [24]. Zur Ermittlung des Nutzens einer Hörgeräteversorgung werden dabei spezielle Berechnungsformeln angewendet [25] [26]. Zuerst wird je für die EC-, BN- und RV-Subskala des APHAB vor und nach einer HGV der Mittelwert gebildet, diese Mittelwerte werden auch als APHAB-Score bezeichnet:
Die kumulierten APHAB-Werte (APHAB-Score) ergeben sich durch die Zusammenfassung der Subskalen EC, BN und RV:
Aus der Differenz der beiden kumulierten APHAB-Werte ohne und mit HGV ergibt sich der Gesamtnutzen bzw. die Gesamtbewertung:
Da die Begriffe Gesamtnutzen und Gesamtbewertung in der Literatur synonym verwendet werden, wird im Folgenden nur die Bezeichnung Gesamtnutzen verwendet, weil dieser präzise Bezug auf das Ergebnis der Berechnungsformel nimmt.
Im Gegensatz zum absolut messenden Gesamtnutzen ist eine weitere Berechnung bei der Anwendung des APHAB im Rahmen der QSV der relativ bewertende Verbesserungsquotient. Die Berechnungsformel wurde in einer vorangegangenen Untersuchung im Vergleich zu der in der QSV verwendeten Formel modifiziert, weil die bisherige Formel einen negativen Nutzen überbewertet (Formeln 4a, b, Infobox). Die neue Formel berücksichtigt, dass der APHAB-Nutzen nur Werte von –98 bis + 98 Prozentpunkte annehmen kann [27]. In der hier vorgestellten Studie wurde dieser modifizierte Verbesserungsquotient verwendet.
Zur Vorhersage eines möglichen Erfolgs einer HGV im Sinne einer Reduktion der subjektiven Hörbeeinträchtigung können Kontingenztabellen, Boxplots und Perzentilverteilungskurven eingesetzt werden. Mit Kontingenztabellen lassen sich bedingte Wahrscheinlichkeiten für den potenziellen Nutzen einer HGV unter Kenntnis der Antworten eines Patienten ohne Hörgeräte für jede APHAB-Skala ableiten [19]. Boxplots geben die Verteilung der Antworten in relativ grober Form wieder, daher lässt sich mit diesen nur abschätzen, wie sich die individuell ermittelten Werte zu dem jeweiligen Bereich verhalten; eine weitere Differenzierung darüber hinaus ist nicht möglich [22]. Die Anwendung von Perzentilverteilungskurven ermöglicht eine feinere Abstufung und damit genauere Angaben, indem z. B. gesagt werden kann, ob ermittelte Werte im flachen oder steilen Bereich der Verteilungskurve liegen. Des Weiteren kann abgelesen werden, wie viele Patienten im Verhältnis zum betrachteten Individuum mindestens ähnlich gut bzw. schlecht geantwortet haben [22].
Offen war bislang die Frage, ob und wie oft ein Individuum vor und nach einer HGV innerhalb seiner individuellen Range der APHAB-Perzentilverteilung verbleibt, ob es also eine gewisse Perzentiltreue gibt, die eine genauere Abschätzung für den Erfolg einer HGV geben könnte (Beispiel: Der Patient befände sich vor einer HGV auf einer APHAB-Subskala auf der 40er-Perzentile, nach einer HGV ebenfalls). Es wurde bereits gezeigt, dass eine hohe, interindividuell unterschiedliche Kompensationsfähigkeit des subjektiven Hörvermögens besteht, da sich keine Korrelation zwischen einem tonaudiometrischen Hörverlust und den Werten zumindest der BN-Skala bzw. dem Vorliegen bestimmter Hörverlusttypen und dem APHAB nachweisen ließ [22]. Daher wäre es denkbar, dass es eine solche Perzentiltreue aufgrund der hohen interindividuellen Variabilität in der Kompensationsmöglichkeit von Hörschwierigkeiten nicht gibt.
Eine weitere Möglichkeit zur Einschätzung des Erfolgs einer individuellen HGV wäre, die Probanden nach Alter und APHABu-Werten in Subgruppen einzuteilen und dann den Gesamtnutzen und Verbesserungsquotienten zu berechnen [27]. Die zugehörigen Daten sollen in einer sog. Heatmap visualisiert werden.
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Methoden
Am Stichtag 17.01.2018 waren 12 562 Datensätze von schwerhörenden Patienten im Rahmen einer Hörgeräteversorgung in der Datenbank QuIHz von über 100 Kliniken und Praxen aus ganz Deutschland erfasst worden (www.quiz.de, [28]). Die Teilnahme der Probanden war freiwillig, die Daten wurden anonymisiert erfasst. Patienten wurden von der Erfassung ausgeschlossen, deren Geburtsdatum fehlte oder die am Tag der Erfassung unter 18 Jahre alt waren. Um eine Vergleichbarkeit mit vorherigen Veröffentlichungen zu haben und eine zu große Seitendifferenz bei den Hörverlusten zu vermeiden, wurde die Erfassung der Fälle ausgeschlossen, deren Summe ihres tonaudiometrischen Hörverlustes bei 0,5, 1 und 2 kHz pro Seite mehr als 60 dB betrug [18] [19]. Außerdem wurden Datensätze ausgeschlossen, bei denen nicht mindestens 4 von 6 Antwortpaaren einer Unterskala vor und nach einer HGV vorhanden waren.
Die Perzentiltreue der Patienten vor und nach einer HGV wurde mithilfe des Rangkorrelationskoeffizienten nach Spearman untersucht. Er gibt den ungerichteten, linearen Zusammenhang der Ränge zweier Variablen an, der von einer positiven über keiner bis zu einer negativen Korrelation reichen kann. Es kann dabei keine kausale Aussage gemacht werden. Die Effektstärke rs kann Werte von –1 bis + 1 annehmen und wird nach Cohen in klein (> |0,1|), mittel (> |0,3|) und stark (> |0,5|) eingeteilt [29]. Untersucht wurden die APHAB-Scores vor und nach einer HGV sowie Korrelationen mit dem Alter, der Gesamtnutzen und der Verbesserungsquotient (Infobox 1).
Untersucht wurden das Alter und die APHAB-Scores vor sowie nach einer HGV. Alle Probanden befanden sich in Bezug auf alle anderen in einer bestimmten Perzentilgruppe, z. B. die Gruppe der 10 % mit den schlechtesten Werten. Angestrebt wurde eine möglichst gleichmäßige Aufteilung in 10er-Perzentilgruppen. Durch Voruntersuchungen war bekannt, dass ein Großteil der Probanden (ca. 68 %) zwischen 60 und 85 Jahre alt ist. In dem am stärksten vertretenen Altersbereich von 60–85 Jahren wurden daher Altersgruppen im Abstand von 5 Jahren gewählt, sodass in dieser besonders wichtigen Gruppe eine genauere Differenzierung ermöglicht wurde. Die Gruppe der 50–60-Jährigen wurde zu einer weiteren Gruppe zusammengefasst. In den Altersstufen bis 50 und über 85 Jahren waren insgesamt so wenige Probanden vorhanden, dass diese bei der Gruppierung weiter zusammengefasst werden mussten. Die Jüngsten wurden dabei mit den übrigen unter 50-Jährigen und die ältesten Probanden mit den über 85-Jährigen vereint.
Für jede dieser Perzentilgruppen wurde in Abhängigkeit vom Alter der Verbesserungsquotient ermittelt und tabellarisch erfasst. Zur besseren Visualisierung wurden die Verbesserungsquotienten einer 6-stufigen Farbskala in gerundeten 10 %-Schritten zugeordnet und als sog. Heatmap dargestellt.
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Ergebnisse
Alters- und Geschlechtsverteilung
Die Datensätze reduzierten sich durch die genannten Ausschlusskriterien von ursprünglich 12 562 auf 6861. Von diesen 6861 Probanden waren 3723 männlich (54,3 %) und 3138 (47,7 %) weiblich. Das durchschnittliche Alter aller Probanden betrug 72,26 Jahre (Standardabweichung (SD) ± 11,86 Jahre, Median 74,55 Jahre), die Altersspanne reichte von 18–102 Jahren. Nach dem Mann-Whitney-U-Test war das Durchschnittsalter der Männer mit 72,97 Jahren (SD ± 12,24 Jahre) signifikant (p < 0,0001) höher als das der Frauen mit 71,42 Jahren (SD ± 11,34 Jahre). Die geschlechtsbezogene Altersverteilung zeigt [Abb. 1].
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APHAB-Score und durchschnittlicher Gesamtnutzen
Der durchschnittliche APHAB-Score, also der kumulative Mittelwert der Subskalen EC, BN und RV, lag bei 50,70 vor und bei 29,29 nach einer HGV ([Tab. 1]), der höhere Wert der Männer war nach dem Mann-Whitney-U-Test signifikant (p < 0,0001). Der durchschnittliche Gesamtnutzen lag bei 21,41 ([Tab. 1]), der höhere Wert für die Männer war nach dem Mann-Whitney-U-Test nicht signifikant (p > 0,05). Der durchschnittliche Gesamtnutzen sank von der Altersgruppe der unter 50-Jährigen von 24,83 auf 19,32 bei den 75–79-Jährigen ab, um danach wieder leicht und über den Durchschnittswert anzusteigen ([Abb. 2]).
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Verbesserungsquotient in Bezug zum Alter und APHABu-Score
Der Mittelwert des Verbesserungsquotienten lag bei 41,01 % ([Tab. 1], [Abb. 2]). Nach dem Mann-Whitney-U-Test ist der geringfügig höhere Wert der Frauen von 41,29 % im Vergleich zu dem der Männer mit 40,7 % nicht signifikant (p > 0,05). Der altersgruppenbezogene Verbesserungsquotient veränderte sich ähnlich wie beim durchschnittlichen Gesamtnutzen, zeigte jedoch bei den jüngeren Probanden höhere Werte in Bezug zum Durchschnitt und stieg bei den über 80-Jährigen weniger stark und ohne den Mittelwert zu übersteigen an ([Abb. 2]). Die Verteilung der alters- und geschlechtsbezogenen Konfidenzintervalle zeigt [Abb. 3]. Die Verbesserungsquotienten der Probanden mit einem Alter unter dem Durchschnitt von 72,26 Jahren unterschieden sich signifikant von denen, die älter waren (p < 0,0001). Die Probanden, deren Alter unter dem Durchschnitt lag, hatten einen durchschnittlichen höheren Verbesserungsquotienten von 44,36 % als die über dem Durchschnittsalter liegenden, bei denen der Verbesserungsquotient bei 37,66 % lag.
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Perzentilgruppen
Nach der Aufteilung der Probanden in 10 %-Perzentilgruppen ihrer APHAB-Werte vor einer HGV ergaben sich die Grenzwerte für die jeweiligen Perzentilgruppen ([Tab. 2]). Die erste Perzentilgruppe (PG 1) repräsentiert die 10 % höchsten APHABu-Scores, also diejenigen 10 % der Probanden, die subjektiv am schlechtesten vor einer HGV hörten. Dagegen sind in der zehnten Perzentilgruppe (PG 10) die 10 % der am besten subjektiv Hörenden (mit den niedrigsten APHABu-Scores) repräsentiert.
APHABu-Score |
APHABa-Score |
Gesamtnutzen |
Alter |
Verbesserungsquotient |
|
APHAB-Score vor HGV |
1 |
0,285[*] |
0,582[*] |
0,111[*] |
0,270[*] |
APHAB-Score nach HGV |
0,285[*] |
1 |
–0,550[*] |
0,184[*] |
–0,797[*] |
Gesamtnutzen |
0,582[*] |
–0,550[*] |
1 |
–0,061[*] |
0,913[*] |
Alter |
0,111[*] |
0,184[*] |
–0,061[*] |
1 |
–0,125[*] |
Verbesserungsquotient |
0,270[*] |
–0,797[*] |
0,913[*] |
–0,125[*] |
1 |
* Die Korrelation ist auf 2-seitigem 0,01-Niveau signifikant.
Der durchschnittliche Verbesserungsquotient nahm bei sinkendem APHAB-Score vor einer HGV in Bezug auf die Perzentilgruppen ab ([Abb. 4]). Bei einem Vergleich der Probanden, deren APHABu-Score über dem Durchschnittswert von 50,7 lag, mit denen mit einem niedrigeren APHABu-Score war der Unterschied im Verbesserungsquotienten nach dem Mann-Whitney-U-Test signifikant (p < 0,001). Dieser Unterschied reichte bei der Perzentilgruppe 10 (10 % besten APHABu-Scores) mit einem durchschnittlichen Verbesserungsquotienten von 23,22 % zur Perzentilgruppe 1 (10 % schlechtesten APHABu-Scores) mit einem durchschnittlichen Verbesserungsquotienten von 52,07 % ([Abb. 4]).
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Korrelation von APHAB-Werten vor und nach einer HGV
Bei der Berechnung nach Spearman ergab sich für den APHAB-Score vor und nach einer HGV ein Korrelationskoeffizient von 0,285 ([Tab. 3]). Da rs zwischen 0,1 und 0,3 liegt, ist die Effektstärke nach Cohen klein. Der Gesamtnutzen korrelierte mit 0,582 und der Verbesserungsquotient mit 0,270 mit dem APHAB-Score vor einer HGV ([Tab. 3]).
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Heatmap
Setzt man die auf die Alters- und die Perzentilgruppen bezogenen durchschnittlichen Verbesserungsquotienten in Bezug zu den zugehörigen APHAB-Scores vor einer HGV, dann erhält man die durchschnittlich errechneten Verbesserungsquotienten für jede dieser Untergruppen ([Tab. 4]). Mit steigendem Alter und höherer Perzentilgruppe nimmt der durchschnittliche Verbesserungsquotient dabei ab. Das höchste Verbesserungspotenzial von 60,78 Prozentpunkten hatten die unter 50-Jährigen in der ersten Perzentilgruppe, das schlechteste die 85-Jährigen in der zehnten Perzentilgruppe mit 11,21 Prozentpunkten. Diesen annähernd diagonalen Verlauf eines abnehmenden Verbesserungspotenzials von links unten nach rechts oben in [Tab. 4] zeigt auch die Farbkodierung der Heatmap von dunkelgrün nach dunkelrot ([Tab. 4]). Des Weiteren zeigt die Heatmap, dass in den Perzentilgruppen 8–10 der Altersgruppen oberhalb der 50-Jährigen eine Verbesserung von maximal ca. 40 Prozentpunkten zu erreichen ist. Hingegen ist in der Perzentilgruppe 1 unabhängig vom Alter ein Verbesserungsquotient von 50–60 Prozentpunkten möglich ([Tab. 4]).
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Diskussion
Diese Studie untersuchte anhand der Datensätze von 6861 Probanden die durchschnittliche Verbesserung des subjektiven Hörvermögens mittels des APHAB-Fragebogens anhand des durchschnittlichen Gesamtnutzens und Verbesserungsquotienten. Zudem wurde die Perzentiltreue der Probanden vor und nach einer Hörgeräteversorgung überprüft sowie die Perzentil- und altersabhängige Verteilung des durchschnittlichen Verbesserungsquotienten in einer Heatmap dargestellt.
Alters- und Perzentilgruppen
Bei der Einteilung der Probanden nach Alter wurden feste Altersgrenzen genommen, die zwar zu einer unterschiedlichen Anzahl in den Gruppen führen, aber eine praktikable und schnelle Zuordnung des Probanden in die jeweilige Gruppe erlauben. Hingegen würde eine Einteilung in gleich große Gruppen im Bereich zwischen 60 und 85 Jahren sehr geringe und unzweckmäßig kleine Altersabstände erzeugen. Die Perzentilgruppierung über die APHABu-Werte führte zu Probandengrößen von ca. 680 ([Tab. 2]). Dabei fällt auf, dass in der 1. Perzentilgruppe als maximaler APHAB-Wert nicht 99 steht, obwohl dies rechnerisch bei der Beantwortung des APHAB mit einem maximal schlechten subjektiven Verstehen möglich ist. In dieser Studie hatte dies kein Proband erreicht. Hingegen wurde in der 10. Perzentilgruppe der theoretische APHAB-Bestwert von 1 erreicht.
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Verbesserungsquotient in Bezug zum Lebensalter
Mit steigendem Lebensalter verringerte sich der Verbesserungsquotient tendenziell in allen Perzentilgruppen und entsprach somit auch dem Trend des Gesamtnutzens. Dies bedeutet, dass jüngere Probanden unabhängig von ihrem APHABu-Score von einer HGV mehr profitierten als ältere. Mögliche Erklärungen hierzu wären z. B. eine mögliche bessere Handhabung der Hörgeräte und Compliance durch jüngere Patienten. Weiter wären degenerative Prozesse und ein partielles Verlernen des regulären Hörens denkbare Ursachen. Insgesamt war der signifikante Unterschied allerdings klein. Diese Überlegungen unterstreichen die Notwendigkeit einer frühzeitigen HGV und sollten Anlass für eine besondere Schulung und Nachsorge gerade älterer Patienten sein.
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Verbesserungsquotient und Gesamtnutzen in Bezug auf den APHABu-Score
In einer vorangegangenen Untersuchung wurde gezeigt, dass der Verbesserungsquotient schwach negativ mit dem Alter (–0,1 ≥ r ≥ –0,3) und mäßig positiv mit dem APHABu-Score (0,1 ≥ r ≥ 0,3) korreliert [27]. Dies spiegelte sich auch in unserer Studie mit durchschnittlich höheren Verbesserungsquotienten bei hohen APHABu-Scores vor einer HGV in den niedrigrangigen Perzentilgruppen wider. Das bedeutet, dass Probanden mit einer schlechten subjektiven Ausganghörsituation nicht nur absolut, sondern auch relativ mehr von einer HGV als Probanden mit leicht eingeschränktem subjektivem Hörproblem (niedrigem APHABu) profitierten.
Bei der Verwendung des Gesamtnutzens zeigte sich bereits in der Vorstudie, dass sich Personen mit noch relativ gutem Hörvermögen (niedrigem APHABu) nur um relativ wenige Prozentpunkte in ihrem Hörvermögen durch eine HGV verbessern konnten [27]. Diese Progredienz zur Mitte war mit dem hier verwendeten Verbesserungsquotienten ([Tab. 2]) zu beobachten. Die höheren Verbesserungsquotienten von Probanden mit hohen APHABu-Scores zeigten, dass diese Probanden besonders gut von einer HGV profitieren; es lohnt sich also, eine HGV auch bei bereits stark eingeschränkten Hörfähigkeiten zu beginnen.
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Perzentiltreue
Die Korrelation nach Cohen zwischen APHAB-Score vor und nach einer HGV war mit rs = 0,285 klein, somit ist von keiner Perzentiltreue auszugehen. Damit bestätigt sich die eingangs vermutete hohe interindividuelle Kompensationsfähigkeit hinsichtlich des subjektiven Hörvermögens der Probanden. Eine Vorhersage des Erfolgs einer HGV im Sinne der Verbesserung des subjektiven Hörvermögens ist somit nur in engen Grenzen möglich. Die durchschnittlichen Verbesserungsquotienten und der Gesamtnutzen der einzelnen Subgruppen bieten dafür einen Anhalt.
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Heatmap
Die Heatmap visualisiert die vorgenannten Zusammenhänge zwischen durchschnittlichen Verbesserungsquotienten einerseits und dem Alter und APHABu-Score der Probanden andererseits. Insgesamt war der Einfluss des APHABu-Scores auf den Verbesserungsquotienten stärker als das Alter. Im unteren rechten Quadranten der Heatmap befinden sich die älteren Probanden mit unterdurchschnittlichen APHABu-Scores. Trotz fortgeschrittenem Alter und gutem subjektivem Hören konnten diese Probanden einen durchschnittlichen Verbesserungsquotienten von 40–50 % erreichen. Die geringste Verbesserung erreichten Probanden in der 10. Perzentilgruppe, hier war auch der Einfluss des Alters am größten.
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Fazit für die Praxis
Insgesamt zeigte sich eine hohe interindividuelle Variabilität in der Kompensationsmöglichkeit von Hörschwierigkeiten. Eine Perzentiltreue von Probanden vor und nach einer Hörgeräteversorgung war nicht erkennbar. Jedoch lassen sich Aussagen zum durchschnittlichen Erfolg nach dem Verbesserungsquotienten in Abhängigkeit von Perzentilgruppen und dem Lebensalter, dargestellt in einer Heatmap, vom APHABu-Score erkennen. Dabei zeigte sich, dass besonders Probanden mit einem schlechten APHABu-Score von einer HGV profitieren. Alte Patienten mit einem geringen subjektiven Hörverlust profitierten am geringsten, junge mit einem hohen subjektiven Hörverlust am meisten von einer Hörgeräteversorgung.
Funding
Deutscher Berufsverband der HNO-Ärzte e. V.
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Interessenkonflikt
Die Autorinnen/Autoren geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht.
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Literatur
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Publication History
Received: 24 November 2020
Accepted: 09 December 2020
Article published online:
11 January 2021
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