Aktuelle Rheumatologie 2021; 46(03): 222
DOI: 10.1055/a-1295-5497
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Systemische Sklerose geht mit Multiorganerkrankungen einher

Contributor(s):
Maddalena Angela Di Lellis
Fretheim H. et al.
Multidimensional tracking of phenotypes and organ involvement in a complete nationwide systemic sclerosis cohort.

Rheumatology 2020;
59: 2920-2929
 

    Die systemische Sklerose (SSc) ist eine heterogene Erkrankung mit großen interindividuellen Unterschieden hinsichtlich Hautbeteiligung, Erkrankungen innerer Organe und Krankheitsverlauf. Bevölkerungsbezogene Schätzungen zum phänotypischen Spektrum, zur allgemeinen Krankheitslast und zu den gesellschaftlichen Auswirkungen fehlen weitgehend. Fretheim et al. sammelten epidemiologische Daten, um die Häufigkeit von Organerkrankungen abzuschätzen.


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    Über den Studienzeitraum von 13 Jahren ergaben sich steigende Inzidenz- und Prävalenzraten von SSc und eine hohe kumulative Koexistenz von Multiorganerkrankungen. Die Forscher erfassten alle zwischen 2000 und 2012 in Norwegen ansässigen SSc-Patienten. Hierfür durchsuchten die Experten die administrativen Datenbanken aller öffentlichen Krankenhäuser in Norwegen und die Datenbanken der 12 privaten Rheumatologen des Landes, um alle Patienten mit einer ICD-10-Diagnose (M34.0, M34.1, M34.8 und M34.9) für SSc während der Studienperiode zu identifizieren. In einem zweiten Schritt überprüften die Forscher im Detail die elektronische Akte jedes Patienten, der zwischen 2000 und 2012 in Norwegen wohnhaft war, wobei relevante Krankheitsparameter in einem vordefinierten Patientenformular aufgezeichnet wurden. Für jeden Patienten erfassten die Forscher die verfügbaren Daten zum Zeitpunkt der SSc-Diagnose, zum Krankheitsverlauf, zu den Symptomen und zu Ergebnissen von Biopsien, Labor- und Röntgenuntersuchungen und Funktionstests der Lungen und des Herzens.

    Die Wissenschaftler schlossen 815 Fälle ein, die eine klinische SSc aufwiesen. Von den 815 Patienten definierten die Forscher 630 (77%) als Inzidenzfälle (d. h. ab 2000 diagnostiziert), während 185 (23%) prävalente Fälle waren (d. h. vor 2000 diagnostiziert). Die geschätzte Punktprävalenz von SSc in Norwegen betrug am 1. Januar 2013 13 Fälle je 1 00 000 Einwohner. Die geschätzte Inzidenz stieg von 4 pro Million Einwohner im Jahr 2000 auf 13 pro Millionen im Jahr 2012. Testergebnisse für antinukleäre Antikörper lagen bei 99,6% der Patienten der Kohorte vor und waren bei 93% positiv. Von insgesamt 650 Patienten lagen Daten zu Lungen-CT‘s vor, bei 50% Patienten fanden die Ärzte eine Lungenfibrose. Multiorganerkrankungen wie eine gastrointestinale Beteiligung, Hautaffektionen, digitale Ulzerationen, pulmonale Hypertonien und Sklerodermie-Nierenkrisen kamen sehr häufig vor. Untersuchungen auf pulmonale Hypertonien mittels Rechtsherzkatheter wurden bei 190 Patienten (23%) durchgeführt. Bei insgesamt 155 Patienten lagen vollständige hämodynamische Werte und Werte zum pulmonalen Gefäßwiderstand vor. 5% der Patienten wiesen eine pulmonale arterielle Hypertonie auf.

    Fazit

    Die Ergebnisse unterstreichen, dass die systemische Sklerose (SSc) eine seltene, heterogene Krankheit mit einer hohen Krankheitslast ist, die von Multiorganerkrankungen begleitet wird, so die Autoren. Im Rahmen der Studie kamen die Experten außerdem zu der Erkenntnis, dass große Unterschiede bei der Beurteilung der Krankheitslast zwischen Zentren und Ländern existieren, die eine einheitliche Diagnose von begleitenden Multiorganerkrankungen bei SSc-Patienten verhindern.

    Dr. Maddalena Angela Di Lellis, Tübingen


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    Publication History

    Article published online:
    16 June 2021

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