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DOI: 10.1055/a-1288-4587
Qualitätssteigerung in der Intensivmedizin durch Telemedizin: Beispiel TELnet@NRW
Quality Improvement in Intensive Care Through Telemedicine: the TELnet@NRW ExampleZusammenfassung
Das deutsche Gesundheitssystem steht vor der großen Herausforderung, eine qualitativ hochwertige und flächendeckende Gesundheitsversorgung bei zunehmendem Ärztemangel auch in Zukunft sicherzustellen. Telemedizinisch gestützte Gesundheitsnetzwerke, die einen wohnortnahen und bedarfsgerechten Zugang zu spezialisierter fachärztlicher Expertise und damit zu einer qualitativ hochwertigen, patientenzentrierten Behandlung gewährleisten, könnten eine Lösung darstellen. Anhand des Best-Practice-Projekts TELnet@NRW werden die Potenziale der Tele-Intensivmedizin aufgezeigt und praktisch umgesetzt. TELnet@NRW zeigt, dass telemedizinische Prozessinnovationen die Behandlungsqualität verbessern können und somit die Patientenversorgung auf einem qualitativ sehr hohen Niveau sicherstellen. Mit der flächendeckenden Etablierung telemedizinischer Anwendungen werden neue Strukturen im Gesundheitswesen geschaffen, die eine effizientere Nutzung der vorhandenen Ressourcen ermöglichen. TELnet@NRW wurde in der ersten Phase der Innovationsfondsprojekte gefördert. Die Experten der Universitätskliniken Aachen und Münster führten gemeinsam mit 17 Kooperationskrankenhäusern und 2 Ärztenetzen mit über 100 angeschlossenen niedergelassenen Ärzten täglich intensivmedizinische Televisiten und infektiologische Telekonsile durch. Es gab eine 24/7/365 Verfügbarkeit. Die Kommunikation erfolgte über ein verschlüsseltes Audio-Video-Konferenzsystem und die zertifizierte Datenaustauschplattform FallAkte Plus diente dem datenschutzkonformen Austausch relevanter patientenbezogener Dokumente und dem Telekonsilbericht. Ziel von TELnet@NRW war der Aufbau eines sektorenübergreifenden telemedizinischen Netzwerks als neue digitale Versorgungsform. Insgesamt wurden > 150 000 Patienten in die Cluster-randomisierte Studie eingeschlossen. Mit TELnet@NRW konnte ein Grundstein für eine telemedizinische gestützte, zukunftssichere und qualitativ hochwertige Gesundheitsversorgung gelegt werden. Dieser wird aktuell als konzeptionelle Grundlage für das Virtuelle Krankenhaus NRW als mögliche Verstetigungslösung der ehemaligen Projektleistungen genutzt.
Telemedizinisch gestützte Gesundheitsnetzwerke können einen wohnortnahen und bedarfsgerechten Zugang zu spezialisierter fachärztlicher Expertise und damit zu einer qualitativ hochwertigen, patientenzentrierten Behandlung gewährleisten. Der Beitrag zeigt am Beispiel des Best-Practice-Projekts TELnet@NRW die Potenziale der Tele-Intensivmedizin und deren praktische Umsetzung.
Abstract
The German health care system faces the great challenge of ensuring high-quality and comprehensive health care in the future as the shortage of physicians continues to grow. Telemedicine-supported healthcare networks, which guarantee access to specialized medical expertise close to the patientʼs home and tailored to their needs, and thus to high-quality patient-centered treatment, could provide a solution. The TELnet@NRW best-practice project provides a blueprint for expert teleconsultations and put them into practice. TELnet@NRW demonstrated that expert teleconsultations improve interdisciplinary exchange and thus increase quality and efficiency in healthcare. With the widespread telemedical network as a new structure of the healthcare system, TELnet@NRW enabled a more efficient use of existing resources. TELnet@NRW was funded in the first phase of the Innovation Fund. The experts from the two university hospitals in Aachen and Münster provided daily expert teleconsultations to the 17 cooperating hospitals and two physician networks. A 24/7/365 availability was provided, accompanied by training for doctors and nursing staff aimed at improving evidence-based care. Communication took place via an encrypted audio-video conferencing system and the certified data exchange platform FallAkte Plus. The aim of TELnet@NRW was to establish a cross-sectoral telemedical network as a new digital form of care. A total of > 150 000 patients were included. With TELnet@NRW, a major step towards future-proof healthcare was taken, and for us this means providing patients with high-quality care close to patientsʼ homes. This is currently being used as the conceptual basis for the Virtuelles Krankenhaus NRW as a possible solution for the continuation of former project services.
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Aufgrund des demografischen Wandels werden in Deutschland zunehmend ältere, multimorbide, chronisch erkrankte Patienten bei gleichzeitig zunehmendem Fachkräftemangel intensivmedizinisch versorgt.
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Insbesondere das Krankheitsbild der Sepsis stellt eine Hauptursache für die hohe Sterblichkeit auf Intensivstationen dar. Eine frühzeitige leitliniengerechte Behandlung ist daher entscheidend für das Überleben der Patienten.
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Telnet@NRW war eine multizentrische, Cluster-randomisierte Studie, die an den Universitätskliniken Aachen und Münster mit 17 Krankenhäusern und 103 ambulanten Ärzten aus 2 Ärztenetzen durchgeführt wurde.
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Das Projekt hat ein umfangreiches, sektorenübergreifendes, telemedizinisches Qualitätsnetzwerk als neue digitale Gesundheitsstruktur geschaffen, das von den Nutzern in hohem Maße akzeptiert wird, technisch einwandfrei funktioniert und das Ziel der messbaren Verbesserung der Behandlungs- und Prozessqualität in der Versorgung von Patienten in den Bereichen Intensivmedizin und Infektiologie verfolgte.
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Die positiven Erfahrungen und Belege aus TELnet@NRW sind konzeptionelle Grundlage für das Virtuelle Krankenhaus NRW. Hier konnte eine Verstetigungsmöglichkeit geschaffen werden, die im Rahmen einer Vorstufe in der COVID-19-Pandemie zum Zweck einer telemedizinisch optimierten Intensivbettenkapazitätsbereitstellung zielführend genutzt wurde.
Publication History
Article published online:
07 January 2021
© 2021. Thieme. All rights reserved.
Georg Thieme Verlag KG
Rüdigerstraße 14, 70469 Stuttgart, Germany
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