Subscribe to RSS
DOI: 10.1055/a-1246-4236
Anatomie der Arterien: Untere Extremität
Article in several languages: deutsch | English- Zusammenfassung
- Aortenbifurkation
- Beckenarterien
- Leistenregion
- Beinarterien
- Unterschenkelarterien
- Erläuterungen zur Sonografie
- Literatur
Zusammenfassung
Anatomie, Morphologie und Hämodynamik sind elementare Bausteine der Gefäßmedizin. Insbesondere die Kenntnis der Anatomie der Arterien der unteren Extremität ist für weiterführende diagnostische Maßnahmen wie die farbkodierte Duplexsonografie von großer Bedeutung. Der vorliegende Artikel zeigt pragmatisch in parallelen Bildern den anatomischen Verlauf der Beinarterie zum Skelett, die Projektion der Anatomie auf die Haut mit der erforderlichen Schallkopfführung und den sonografischen Normalbefund.
#
Die Bedeutung einer validen Kenntnis der Gefäßanatomie lässt sich durch die hohe Prävalenz pathologischer Prozesse der Beinarterien erklären. Über 50 % stenosierender, meist atherosklerotischer Gefäßprozesse finden sich in den Beinarterien [1]. Dieses Kapitel soll über eine sonografische Darstellung in Verbindung mit einer oberflächlichen Visualisierung des Gefäßverlaufs ([Abb. 1]) die Anatomie der Arterien der unteren Extremität, beginnend an der Bifurkation der distalen Bauchaorta bis zum Fuß, näherbringen [2] [3] [4].


Aortenbifurkation
Die Gefäßversorgung der unteren Extremitäten beginnt mit der Aufteilung der abdominalen Aorta in Höhe des 4. Lendenwirbels in die großen Stammgefäße Aa. iliacae communes dextra und sinistra ([Abb. 2]).


#
Beckenarterien
A. iliaca communis
Die A. iliaca communis verläuft mit einem Durchmesser von 7–12 mm vom Peritoneum parietale bedeckt am medialen Rand des M. psoas major ohne wesentliche Astabgabe nach lateral distal ([Abb. 3]).


Die A. iliaca communis dextra überkreuzt den Beginn der V. cava inferior und die Vv. iliacae communes. Die linke A. iliaca communis verläuft ventral lateral von der V. iliaca communis sinistra. Die Länge der Aa. iliacae communes kann zwischen 2 und 8 cm variieren.
In Höhe des Sakroiliakalgelenks teilt sich die A. iliaca communis in die Aa. iliacae externa und interna.
Die Arteriendurchmesser nehmen von proximal nach distal ab. Eine positive Korrelation des Gefäßdurchmessers wird mit der Körperoberfläche und einem höheren Lebensalter beschrieben [5].
#
A. iliaca interna
Die A. iliaca interna (Durchmesser 4–7,5 mm) versorgt über ihre parietalen und viszeralen Äste Strukturen der Beckenwand und des Sakralkanals, die Gesäßregion, die Oberschenkelinnenseite, den Beckenboden sowie das äußere Genitale und den Analkanal ([Abb. 4]).


#
A. iliaca externa
Die A. iliaca externa setzt als großlumigeres Gefäß (Diameter zwischen 5–10 mm) zunächst den Verlauf der A. iliaca communis am medialen Rand des M. iliopsoas fort ([Abb. 5]).


In ihrem weiteren Verlauf nach distal gelangt sie auf der Vorderseite des Muskels zur Lacuna vasorum und wird nach deren Passage zur A. femoralis communis. Vor dem Eintritt in die Lacuna vasorum gibt sie die A. epigastrica inferior und die A. circumflexa iliaca profunda ab.
Das Aufsuchen der Beckenarterien fällt häufig leichter, wenn man oberhalb des Leistenbands den Verlauf der A. iliaca externa nach kranial verfolgt. Durch laterales Kippen lässt sich der Abgang der A. iliaca interna darstellen.
#
#
Leistenregion
Die Leitungsbahnen der unteren Extremität gelangen auf der Vorderseite durch die Lacuna vasorum und durch die Lacuna musculorum sowie auf der medialen Seite durch den Canalis obtoratorius aus dem Becken zur freien unteren Extremität.
#
Beinarterien
Distal des Leistenbands stellt die A. femoralis communis die Fortsetzung der A. iliaca externa dar. Aus der A. femoralis communis gehen die Arterien für Oberschenkel, Unterschenkel und Fuß hervor. Proximales Femurende, Femurschaft, Hüftgelenkregion und der überwiegende Teil der Oberschenkelmuskeln werden aus der A. profunda femoris versorgt. Die aus der A. femoralis superficialis hervorgehenden Arterien versorgen Knieregion, Unterschenkel und Fuß.
Arteria femoralis communis
Die A. femoralis communis verläuft mit einem Durchmesser von 5–7 mm lateral von der gleichnamigen Vene zwischen den Mm. iliopsoas und pectineus nach distal ([Abb. 6]) und teilt sich in die A. femoralis superficialis und in die A. profunda femoris ([Abb. 7], [8]).






Die Höhe der Femoralisbifurkation variiert teilweise deutlich. In einigen Fällen kann die Femoralisgabel weit proximal nahe am Leistenband liegen.
#
Arteria profunda femoris
Die A. profunda femoris entspringt in der Regel etwa 3–6 cm unterhalb des Leistenbands nach lateral-dorsal ziehend aus der A. femoralis communis ([Abb. 9]).


Die tiefe Femoralarterie versorgt den größten Teil der Strukturen des Oberschenkels. Die Arterie liegt lateral oder hinter der A. femoralis superficialis und zieht hinter den Vasa femoralia (superficialia) zur medialen Seite des Femurs, wo sie zwischen Adduktoren und M. vastus medialis in die Tiefe gelangt. Distal der Femoralisgabel entspringt im Regelfall aus der A. profunda femoris die A. circumflexa femoris medialis, die zur medialen Seite des Oberschenkelhalses zieht ([Abb. 8c]).
#
Arteria femoralis superficialis
Die A. femoralis superficialis setzt den Verlauf der A. femoralis communis fort und gelangt in Begleitung der V. femoralis in einer Rinne zwischen den Muskeln Vastus medialis und Adductor longus zum distalen Ende des Schenkeldreiecks ([Abb. 10]).


Im mittleren Oberschenkelbereich zieht die A. femoralis superficialis in den Adduktorenkanal. Sie hat einen Durchmesser von 4–7 mm. Am Ausgang des Adduktorenkanals (Hiatus adductorius) an der Dorsalseite des Oberschenkels geht die A. femoralis superficialis in die A. poplitea über.
Die begleitende Vena femoralis ist im Ultraschall am Oberschenkel stets unterhalb der Arterie gelegen und durch Druck komprimierbar.
#
Arteria poplitea
Die A. poplitea setzt anatomisch gesehen ab dem Ende des Adduktorenkanals den Verlauf der A. femoralis superficialis fort ([Abb. 11]).


Die Arterie zieht auf einer Länge von 15–20 cm mit einem Diameter von 4–6 mm vom Adduktorenschlitz nach distal in die Mitte der Kniekehle. Sie versorgt benachbarte Muskeln, Kniegelenk und Haut. Klinisch wird die A. poplitea in 3 Segmente unterteilt: das 1. Segment reicht bis zur oberen Patellakante (Poplitea (P)I-Segment), der Kniegelenkspalt bildet den Übergang vom PII- zum PIII-Segment, das schließlich bis zum Abgang der A. tibialis anterior reicht ([Abb. 11]).
Aus der A. poplitea entspringen als kräftige Muskeläste die Aa. surales, die im mittleren Abschnitt der A. poplitea abgehen und in die Köpfe des M. gastrocnemius eindringen. Aus der A. poplitea zweigen meistens 5 Äste zur Versorgung des Kniegelenks ab, die das Rete articulare genus bilden.
Die Poplitealgefäße können im Liegen mit aufgestelltem, angewinkeltem Bein, in Seitenlagerung oder im Sitzen untersucht werden. Wird in der Transversalachse geschallt, findet sich meist oberhalb der A. poplitea eine Vene.
Die auf dem knöchernen Boden der Fossa poplitea liegende A. poplitea teilt sich am Unterrand des M. popliteus anatomisch in die beiden Unterschenkelarterien Aa. tibialis anterior und tibialis posterior ([Abb. 12]).


Die distale Poplitealarterie, auch als P(Pars)III-Segment bezeichnet, lässt sich am einfachsten am proximalen medialen Unterschenkel begleitet von 2 Begleitvenen darstellen.
#
#
Unterschenkelarterien
Alle 3 Unterschenkelarterien werden in der Regel durch 2 Venen begleitet, die sich leicht durch Kompression zusammendrücken lassen.
Arteria tibialis anterior
Die A. tibialis anterior entspringt am distalen Rand des M. popliteus aus der A. poplitea ([Abb. 12]). Sie tritt durch die Membrana interossea cruris in die Extensorenloge und versorgt mit zahlreichen Muskelästen die Vorderseite des Unterschenkels.
Im Bereich der Aufzweigung der A. poplitea und ihrer Äste kommen Varianten vor. Selten teilt sich die A. poplitea am distalen Rand des M. popliteus in Form einer sog. Trifurkation in die Aa. tibialis anterior, tibialis posterior und fibularis. In anderen Varianten kann die A. tibialis anterior oberhalb des M. popliteus entspringen.
Die am häufigsten gewählte Klassifikation der arteriellen Abgangsvarianten der Unterschenkelarterien beschreibt 9 Typen [6]. Abweichend vom häufigsten Typ (ca. 90 %), die als ersten Ast abgehende A. tib. anterior, kommen die anderen Varianten in ca. 10 % der Fälle vor. In 80–85 % der Fälle liegt dieselbe Abgangsvariante in beiden Beinen vor.
In der Extensorenloge zieht die A. tibialis anterior gemeinsam mit ihren Begleitvenen und dem N. peroneus profundus auf der Membrana interossea cruris in einem von Bindegewebe umschlossenen Kanal (Canalis tibialis anterior), der medial vom M. tibialis anterior sowie lateral von den Mm. extensor hallucis longus und extensor digitorum longus gebildet wird, nach distal. In Knöchelhöhe nehmen die Leitungsbahnen eine oberflächliche Lage ein und gelangen zwischen den Sehnen des M. tibialis anterior und des M. extensor hallucis longus unter dem Retinaculum mm. extensorum superius zum Fußrücken ([Abb. 13]).


Unter dem Retinaculum mm. extensorum inferius unterkreuzt die Arterie die Sehnen der Mm. extensores hallucis longus und brevis und wendet sich nach lateral. Sie zieht als A. dorsalis pedis auf dem Fußrücken nur von Haut und Unterhautgewebe bedeckt zwischen den Ansatzsehnen der Mm. extensor hallucis longus und extensor digitorum longus in das Spatium interosseum metatarsi I, wo sie sich in die Aa. plantaris profunda und metatarsalis dorsalis I aufzweigt ([Abb. 14]).


Die A. dorsalis pedis liegt wie die übrigen Leitungsbahnen auf dem Fußrücken zwischen dem oberflächlichen und tiefen Blatt der Fascia dorsalis pedis. Sie gibt meistens 3 Äste ab: A. tarsalis lateralis, Aa. tarsales mediales und A. arcuata. Über die aus der A. arcuata entspringenden Aa. metatarsales dorsales stehen die Arterien des Fußrückens über Rr. perforantes mit den Arterien der Planta pedis in Verbindung.
#
Arteria tibialis posterior
Die A. tibialis posterior setzt den Verlauf der A. poplitea fort. Der Abschnitt zwischen dem Abgang der A. tibialis anterior und der Abzweigung der A. fibularis aus der A. tibialis posterior wird klinisch als Tractus tibiofibularis bezeichnet ([Abb. 15]).


Die Arterie tritt unter dem Arcus tendineus des M. soleus in die tiefe Flexorenloge ([Abb. 15], [16]).


Die A. tibialis posterior versorgt die tiefen Flexoren sowie die Tibia und deren Periost. In Höhe der Knöchelgegend nimmt die A. tibialis posterior eine oberflächliche Lage ein. Sie verläuft ca. 2 cm vor dem medialen Rand der Achillessehne hinter dem medialen Knöchel, wo ihr Puls getastet werden kann ([Abb. 17]).


Sie läuft gemeinsam mit ihren Begleitvenen und dem N. tibialis um den Malleolus medialis. Dann zieht die A. tibialis posterior unter den Ursprungsbereich des M. abductor hallucis zur Planta pedis, wo sie sich in die Aa. plantares medialis und lateralis aufteilt. Die A. plantaris medialis ist der schwächere Ast, sie versorgt die Muskeln im Bereich der Großzehenloge.
Die A. plantaris lateralis zieht zum lateralen Fußrand und versorgt die Muskeln der mittleren Loge und die Kleinzehenmuskeln. Die Arterie bildet den Arcus plantaris profundus, aus dem 4 Aa. metatarsales plantares entspringen. Die Arterien stehen über hintere und vordere Rr. perforantes mit den A. metatarsales dorsales in Verbindung. Eine kräftige Anastomose bilden Arcus plantaris profundus und A. plantaris profunda aus der A. dorsalis pedis. Aus den Aa. metatarsales plantares gehen die Zehenarterien hervor, die am plantaren Rand der einander zugekehrten Seiten der Zehen I–V bis zu den Endgliedern ziehen, wo sie ein dichtes Gefäßnetz bilden.
Medial in Wadenmitte direkt an der Schienbeinkante lassen sich die posteriore und die fibulare Gefäßgruppe gut erfassen ([Abb. 17e]).
#
Arteria fibularis
Wenige Zentimeter unterhalb der Fossa poplitea (Kniekehle) entspringt als stärkster Ast der A. tibialis posterior im spitzen Winkel die A. fibularis (peronea). Sie zieht am dorsalen Unterschenkel an der Rückseite der Fibula nach kaudal und lateral distalwärts und versorgt die Fibula und Muskeln der tiefen Wadenregion ([Abb. 18]). Die A. fibularis verläuft innerhalb der tiefen Flexorenloge und endet an der Rückseite des Malleolus lateralis (Außenknöchel).


In ihrem Verlauf gibt die A. fibularis Äste ab (Rr. musculares), die die Muskeln innerhalb der Fibularisgruppe (M. peroneus longus und brevis) und der Flexorenloge (M. soleus, tiefe Flexoren) versorgen. Über den R. communicans ist die A. fibularis oberhalb des Sprunggelenks mit der A. tibialis posterior verbunden.
Bei schwach ausgebildeter A. tibialis anterior oder A. tibialis posterior können deren Versorgungsbereiche von der A. fibularis übernommen werden.
Die fibulare Gefäßgruppe kann sowohl von medial und von lateral als auch von dorsal gut eingestellt werden. Für das Auffinden ist ein Kippen der Sonde erforderlich.
#
#
Erläuterungen zur Sonografie
Der Patient wird in der Regel in Rückenlage mit im Hüftgelenk leicht nach außen rotiertem Bein untersucht. Im Bereich der Beckenarterien wird bei einer zu erwartenden Eindringtiefe von bis zu 15–20 cm ein 2–3,5 MHz-Sektor- oder Vektorschallkopf verwendet. Wegen der oberflächlichen Lage der Arterien unterhalb der Leiste wird ein Linearschallkopf mit mittlerer oder höherer Emissionsfrequenz (5–7,5 MHz), der gute morphologische Ultraschallsignale erzielt, verwendet. Die Darstellung der Arterien erfolgt in der Longitudinal- und in der Transversalebene. Bei der longitudinalen Schnittführung wird das Gefäß im B-Bild so eingestellt, dass das proximale Gefäßsegment linksseitig, das distale Segment entsprechend rechtsseitig vom Betrachter aus gesehen zur Darstellung kommt. Die A. poplitea kann in Rücken- oder Seitenlage oder seltener in Bauchlage untersucht werden.
Die abgebildeten Ultraschallbilder sind an gesunden Probanden vorgenommen worden.
Abkürzungen
#
#
Interessenkonflikt
Die Autorinnen/Autoren geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht.
-
Literatur
- 1 Lawall H, Huppert P, Espinola-Klein C. et al. German guideline on the diagnosis and treatment of peripheral artery disease – a comprehensive update 2016. Vasa 2017; 46 (02) 79-86
- 2 Rohen JR, Yokochi C. Anatomie des Menschen, Band II. Stuttgart: Schattauer Verlag; 1983
- 3 Fritsch H, Kühnel W. Taschenatlas der Anatomie, Band 2. 12. Aufl.. Stuttgart: Thieme; 2018
- 4 Anderhuber F, Pera F, Streicher J. Waldeyer – Anatomie des Menschen. 19. Aufl.. Berlin: De Gruyter; 2012
- 5 Mensel B, Grotz A, Kühn JP. et al. Analyse der Gefäßdurchmesser sowie der Stenoseprävalenz der Becken-Bein-Arterien in einer Normalbevölkerung. Röfö 2014; 186: V0302-V0307
- 6 Kim D, Orron DE, Skillman JJ. Surgical significance of popliteal arterial variants. A unified angiographic classification. Ann Surg 1989; 210 (06) 776-781
Korrespondenzadresse
Publication History
Article published online:
08 December 2020
© 2020. Thieme. All rights reserved.
Georg Thieme Verlag KG
Rüdigerstraße 14, 70469 Stuttgart, Germany
-
Literatur
- 1 Lawall H, Huppert P, Espinola-Klein C. et al. German guideline on the diagnosis and treatment of peripheral artery disease – a comprehensive update 2016. Vasa 2017; 46 (02) 79-86
- 2 Rohen JR, Yokochi C. Anatomie des Menschen, Band II. Stuttgart: Schattauer Verlag; 1983
- 3 Fritsch H, Kühnel W. Taschenatlas der Anatomie, Band 2. 12. Aufl.. Stuttgart: Thieme; 2018
- 4 Anderhuber F, Pera F, Streicher J. Waldeyer – Anatomie des Menschen. 19. Aufl.. Berlin: De Gruyter; 2012
- 5 Mensel B, Grotz A, Kühn JP. et al. Analyse der Gefäßdurchmesser sowie der Stenoseprävalenz der Becken-Bein-Arterien in einer Normalbevölkerung. Röfö 2014; 186: V0302-V0307
- 6 Kim D, Orron DE, Skillman JJ. Surgical significance of popliteal arterial variants. A unified angiographic classification. Ann Surg 1989; 210 (06) 776-781







































































