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DOI: 10.1055/a-1244-2612
Narkolepsie im Erwachsenenalter: Definition, Ätiologie und Behandlung
Narcolepsy in adults: Definition, etiology and treatment- Zusammenfassung
- Abstract
- Einleitung
- Klinisches Bild
- Epidemiologie
- Ursachen
- Diagnostik
- Therapie
- Take Home Message
- Fazit für die Praxis:
- Literatur
Zusammenfassung
Narkolepsie ist eine Hypersomnolenz-Erkrankung, die mit einer Störung der Wach-Schlaf-Regulation einhergeht. Leitsymptome sind exzessive Tagesschläfrigkeit und Kataplexien. Zudem treten hypnagogene/hypnopompe Halluzinationen, Schlaflähmungen und gestörter Nachtschlaf auf. Es werden zwei Formen unterschieden. Bei der Narkolepsie Typ 1, früher Narkolepsie mit Kataplexie, besteht eine Hypocretin-Defizienz. Die Ursache der Narkolepsie Typ 2, früher Narkolepsie ohne Kataplexie, ist im Wesentlichen ungeklärt. Zur Diagnosestellung ist ein multimodaler Ansatz notwendig. Die Latenz zwischen Erkrankungsbeginn und Diagnosestellung in Europa beträgt im Mittel 14 Jahre. Es bestehen erhebliche Probleme in der Versorgung von Menschen mit Narkolepsie. Die in aller Regel lebenslange Behandlung der Narkolepsie umfasst sowohl nichtmedikamentöse Strategien als auch die symptomatische medikamentöse Behandlung.
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Abstract
Narcolepsy is a hypersomnolence disorder of central origin that presents with a disturbance of the wake-sleep regulation. Lead symptoms consist of excessive daytime sleepiness and cataplexy. Nowadays, two types of narcolepsy are distinguished. Type 1 narcolepsy, formerly known as narcolepsy with cataplexy, is based on hypocretin deficiency. The cause of type 2 narcolepsy, formerly known as narcolepsy without cataplexy, remains mainly unknown. A multimodal approach is necessary for diagnosis. The mean latency between the onset of disease and diagnosis in Europe ranges 14 years. Narcolepsy has a major impact on workability and quality of life. The management of narcolepsy is usually life-long and includes non-pharmacological approaches and a symptomatic pharmacological treatment.
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Schlüsselwörter
Narkolepsie - Hypocretin - Solriamfetol - Pitolisant - Methylphenidat - Natrium-OxybatEinleitung
Narkolepsie ist eine seltene chronische neurologische Erkrankung, die mit einer Störung der Wach-Schlaf-Regulation einhergeht.
Die klinischen Leitsymptome sind eine exzessive Tagesschläfrigkeit, Kataplexien, hypnagogene/hypnopompe Halluzinationen, Schlaflähmungen und ein fragmentierter Nachtschlaf, wobei nur bei einem Drittel der Patienten alle Leitsymptome vorhanden sind [1]. Neben den Leitsymptomen bestehen verschiedene weitere assoziierte Symptome, welche unten aufgeführt sind.
Die fehlende Spezifität vieler Untersuchungsergebnisse erfordert einen multimodalen Diagnoseansatz. Die Tatsache, dass die Latenz zwischen Erkrankungsbeginn und Diagnosestellung in Europa momentan im Mittel 14 Jahre beträgt [2], illustriert die bestehenden Schwierigkeiten. Zuletzt konnten wichtige Erkenntnisse zur Pathophysiologie der Erkrankung gewonnen werden. Der Nachweis, dass spezifische T-Zellen beim Untergang Hypocretin-sezernierender Zellen eine entscheidende Rolle spielen, stützt die Hypothese einer autoimmunen Ätiologie [3], [4]. Die erfreuliche dynamische Entwicklung der Therapiemöglichkeiten mit Zulassung verschiedener neuer Medikamente in den letzten Jahren zeigt, dass eine frühzeitige Diagnosestellung therapeutische Relevanz hat. Dieser Artikel gibt eine aktuelle Übersicht über das Erkrankungsbild und seine diagnostischen und therapeutischen Möglichkeiten.
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Klinisches Bild
Definition
Aktuell unterteilt man gemäß der International Classification of Sleep Disorders (ICSD-3) die Narkolepsie in Typ 1 (NT1), früher Narkolepsie mit Kataplexie, und Typ 2 (NT2), früher Narkolepsie ohne Kataplexie (siehe [Abb. 1] [5]).
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Symptome
Tagesschläfrigkeit
Meist ist die exzessive Tagesschläfrigkeit das erste und am stärksten beeinträchtigende Symptom. Zum Symptom der exzessiven Tagesschläfrigkeit, die chronisch vorliegt, gehören auch imperative Einschlafattacken, automatische Handlungen (als Ausdruck von Mikroschlaf) und ein erhöhtes Schlafbedürfnis.
Die Tagesschläfrigkeit ist verstärkt bei monotonen Tätigkeiten. In 80% der Fälle kommt es zu imperativen Schlafattacken von 15–20 Minuten [6], die im Gegensatz zu Patienten mit idiopathischer Hypersomnie als erfrischend wahrgenommen werden. Hinweisend auf eine Narkolepsie sind zudem Träume während dieser Tagschlafphasen, welche bei Gesunden in der Regel nicht vorkommen. Relevant ist die Unterscheidung zwischen exzessiver Tagesschläfrigkeit und Müdigkeit oder auch Fatigue, die konkomittant auftreten kann und therapeutisch oft nicht gut anspricht [7].
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Kataplexien
Kataplexien sind ein pathognomonisches Symptom der NT1. Hierbei kommt es zu einem meist bilateral-symmetrischen plötzlichen Verlust des Muskeltonus, oft beginnend im Gesicht/Hals mit Übergang zu den Extremitäten, die Atemmuskulatur ist immer ausgespart. Bei sehr kurzen Attacken ist ein Sturz nicht obligat, die Patienten berichten dann oft über „weiche Knie“. Das Bewusstsein bleibt erhalten. Auslöser sind oftmals starke, sehr oft positive Emotionen (fast immer Lachen). Während einer Kataplexie-Episode, die üblicherweise wenige Sekunden bis wenige Minuten andauert, besteht, falls untersuchbar, eine Areflexie. Kataplexien sind zeitlich oft das zweite Symptom und können erst Jahre nach Beginn der exzessiven Tagesschläfrigkeit auftreten [7].
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Halluzinationen
Diese treten häufig beim Einschlafen (hypnagog) und selten beim Erwachen (hypnopomp) auf, haben oft einen ängstigenden Charakter (z.B. Gefühl der Anwesenheit von Menschen oder Tieren im Zimmer) [1]. Im Gegensatz zu Psychosen sind sich Menschen mit Narkolepsie der Irrealität der Halluzinationen bewusst. Halluzinationen können sowohl visuell, akustisch als auch haptisch/taktil sein.
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Schlaflähmung
Bei Schlaflähmungen kommt es beim Erwachen zu einer kurzen, 1–2 Minuten andauernden Unfähigkeit zu sprechen oder sich zu bewegen im Übergang vom Wachzustand zu Schlaf (oder umgekehrt). Diese können auch bei Gesunden auftreten, dann oft seltener (≤ 1-mal jährlich) als bei Menschen mit Narkolepsie [1].
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Fragmentierter Nachtschlaf
Menschen mit Narkolepsie berichten oft eine schlechte Schlafqualität mit häufigem nächtlichen Erwachen und Schwierigkeiten, wieder einzuschlafen, was sich auch polysomnographisch belegen lässt. Das Ausmaß der nächtlichen Schlaffragmentierung korreliert nur schwach mit dem Ausmaß der Tagesschläfrigkeit [8].
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Assoziierte Symptome
Menschen mit Narkolepsie haben ein erhöhtes Risiko für weitere Symptome und Erkrankungen, die zusätzlich behandlungsbedürftig sein können. Hierzu gehören weitere Schlafstörungen wie obstruktive Schlafapnoe, Restless-legs-Syndrom, REM-Schlafverhaltensstörungen und Somnambulismus sowie Adipositas, aber auch psychiatrische Erkrankungen, v.a. Angststörungen und Depressionen [8]–[11].
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Epidemiologie
Die Prävalenz für die Narkolepsie insgesamt beträgt in Europa und Nordamerika etwa 25–79/100.000 Einwohner [12]–[14]. Bisherige epidemiologische Studien differenzieren in Narkolepsie mit Kataplexie, entsprechend NT1, und ohne Kataplexie, a.e. NT2 entsprechend. Für Narkolepsie mit Kataplexie sind Prävalenzraten von 14–36/100.000 Einwohner beschrieben [12], [14]. Eine aktuelle epidemiologische Arbeit ergab für die Narkolepsie ohne Kataplexie Prävalenzraten von 65/100.000 Einwohnern [14]. In Deutschland werden Inzidenzraten von 0,6–1/100.000 Personenjahre angenommen [15]. Das Erkrankungsalter liegt meist am Ende des 2. und Beginn des 3. Lebensjahrzehnts, ein Beginn im Kindesalter und mittleren Erwachsenenalter ist aber möglich [16], [17]. Männer und Frauen sind in etwa gleich häufig betroffen [7].
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Ursachen
NT1
Bei NT1 kommt es zu einem Untergang von Hypocretin-sezernierenden Neuronen, welche ausschließlich im lateralen Hypothalamus lokalisiert sind. Die Neuropeptide Hypocretin/Orexin wurden 1998 unabhängig von zwei Arbeitsgruppen entdeckt [18], [19]. Hieraus resultiert die synonyme Verwendung von Hypocretin bzw. Orexin, wobei in der deutschsprachigen Literatur vornehmlich die Bezeichnung Hypocretin verwendet wird. Hypocretin wird im Wachen sezerniert und erhöht die Aktivität in Hirnregionen, die der Erhaltung der Wachheit dienen, und verhindert einen inadäquaten Übergang in REM- und Non-REM-Schlaf [20]. Der Verlust von Hypocretin führt dazu, dass sich REM-Schlaf-assoziierte Phänomene in Wachheitsphasen hineindrängen. Die Ursache der Hypocretin-Defizienz ist unklar, ein autoimmuner Prozess, der multifaktoriell durch genetische Prädisposition, Umweltfaktoren und provozierende Ereignisse beeinflusst ist, wird angenommen [3], [7]. In der Arbeit von Latorre, Kallweit et al. konnten erstmalig autoreaktive CD4 + und CD8 + Zellen gegen Hypocretin nachgewiesen werden [3], [7]. Ein autoimmuner Trigger wurde zudem angenommen, als die Narkolepsie-Inzidenzraten nach der Grippepandemie mit Influenza A H1N1-Virus und/oder der nachfolgenden Massenimpfung mit dem Impfstoff Pandemrix® 2009/2010 anstiegen. Eine aktuelle Studie bestätigte diese Hypothese, indem sie zeigte, dass die Zerstörung der Hypocretin-sezernierenden Zellen durch spezifische T-Zellen durch molekulares Mimikry mit H1N1 erfolgen könnte [4]. Bei Menschen mit NT1 wurde in > 90% der Fälle HLA DQB1*0602 nachgewiesen [7], was auf eine genetische Prädisposition hinweist. Menschen mit diesem Haplotyp haben ein 250-fach erhöhtes Risiko, an NT1 zu erkranken [21]. Die Spezifität des Befundes ist hingegen gering, da HLA DQB1*0602 auch bei bis zu 35% der Normalbevölkerung vorkommt [22]. Das Risiko, eine NT1 zu entwickeln, liegt für Angehörige 1. Grades bei 1–2% [7] und ist damit 20–40% höher als in der Gesamtpopulation [12]–[14]. Dass bei monozygoten Zwillingen nur in 25% der Fälle beide erkranken [23], lässt den Einfluss weiterer Faktoren, welche zur Ausbildung der Erkrankung führen, vermuten.
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NT2
Die Ursache der NT2 ist unbekannt. Ein messbarer Hypocretin-Mangel liegt nicht vor [24]. Vermutlich handelt es sich hier nicht um eine einheitliche Entität. Die HLA DQB1*0602-Assoziation besteht nur bei 40% der Fälle [25]. In manchen Fällen kann eine NT2 im Verlauf in eine NT1 übergehen [26], kann in diesen Fällen möglicherweise als deren Prodrom gesehen werden. Auch bei Patienten mit NT2 wurden autoreaktive T-Zellen gegen Hypocretin-produzierende Neurone gefunden [7].
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Sekundäre Narkolepsie
Selten können Läsionen im Hypothalamus und Mittelhirn mit Schädigung Hypocretin-sezernierender Zellen oder deren Projektionsbahnen eine sekundäre Narkolepsie verursachen. Als Ursachen wurden Schlaganfälle, Tumore, vaskuläre Malformationen, Multiple Sklerose und andere autoimmune Entzündungen (Neurosarkoidose, anti-Ma2-Enzephalitis) gefunden [27], [28].
Auch bei den genetischen Syndromen Prader-Willi-Syndrom [29] oder Niemann-Pick Typ C [30] sind exzessive Tagesmüdigkeit und Kataplexie-artige Episoden beschrieben worden. Als wichtiges klinisches Merkmal bestehen bei sekundärer Narkolepsie zumeist auch fokal-neurologische Defizite, da nicht nur isoliert die Hypocretin-sezernierenden Neurone geschädigt sind.
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Diagnostik
Die Diagnose wird gemäß den ICSD-3-Kriterien erstellt [5].
Anamnese
Eine umfangreiche Schlaf-Wach-Anamnese ist die Grundlage für die Diagnose. Nachfolgend sind hilfreiche Fragen bei Verdacht auf eine Narkolepsie aufgelistet, deren Implikationen in Klammern dahinter eingefügt sind (modifiziert nach [1]):
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Sind Sie über die meiste Zeit des Tages schläfrig? (exzessive Tagesschläfrigkeit)
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Wie oft ist es in den letzten beiden Wochen passiert, dass Sie über Tage eingeschlafen sind, ohne es zu wollen? (Imperativer Schlafdrang mit Einschlafattacken)
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Sind kurze Schlafphasen über Tage hilfreich gegen die Schläfrigkeit? (erholsame Wirkung von kurzen Schlafpausen)
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Haben Sie lebhafte Träume, wenn Sie tagsüber schlafen? (mögliche REM-Schlafphasen über Tage)
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Kommt es vor, dass Sie während des Einschlafens Dinge hören, sehen oder fühlen, von denen Sie wissen, dass sie nicht da sind? (Hypnagoge Halluzinationen)
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Kommt es vor, dass Sie sich nach dem Erwachen für kurze Zeit nicht bewegen können? (Schlaflähmung)
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Kann es passieren, dass Sie eine akute Muskelschwäche haben, wenn sie plötzlich lachen müssen? (Kataplexien)
Zusätzliche Symptome und Begleiterkrankungen, die unter 1.2.5 aufgeführt sind, sollten in der Anamnese gezielt erfragt werden. Differenzialdiagnosen zu den Leitsymptomen sind in [Tab. 1] dargestellt.
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Multipler Schlaflatenztest (MSLT)
Der MSLT ist integraler Bestandteil zur Diagnosesicherung bei Verdacht auf Narkolepsie. Erfasst werden die Einschlaflatenz und das Auftreten von umittelbaren REM-Schlaf-Phasen (sleep onset REM-Phasen, SOREMP) nach Schlafbeginn. Aufgrund seiner oft entscheidenden Aussage sollte er nur unter standardisierten Bedingungen von erfahrenen Untersuchern durchgeführt werden, entsprechende Konsensus-Empfehlungen finden sich in [31]. Eine mittlere Einschlaflatenz unter 8 Minuten und der Nachweis von ≥ 2 SOREMP bei 5 Einschlaftests sind hinweisend auf eine Narkolepsie [32]. In der Nacht zuvor soll eine Polysomnographie erfolgen. Diese dient u.a. dazu, die Schlafzeit vor dem MSLT zu beurteilen, die nicht unter 6 Stunden liegen sollte. Zudem kann in der Beurteilung ein SOREMP in der Polysomnographie, der innerhalb von 15 Minuten nach Schlafbeginn auftritt, einen SOREMP in den Einschlaftests ersetzen [5]. Sowohl eine verminderte Einschlaflatenz als auch SOREMP sind nicht pathognomonisch für eine Narkolepsie, sondern können auch bei sonstigen Störungen im Tag-Wach-Rhythmus auftreten, z.B. bei Schichtarbeitern, obstruktiver Schlafapnoe und sonstigem Schlafmangel [26]. Auch kann die Einnahme REM-Schlaf-unterdrückender Medikamente, z.B. Antidepressiva und Sedativa, SOREMP unterdrücken oder nach deren Absetzen vermehrt erzeugen. Zudem haben bis zu 20% der Normalbevölkerung eine mittlere Einschlaflatenz ≤ 8 Minuten [31], und bei 5–10% der Normalbevölkerung können ≥ 2 SOREMP im MSLT auftreten [31], [33]. Der MSLT kann daher in 20–30% der Fälle falsch-negativ oder falsch-positiv sein [34], [35]. Bei negativem Testergebnis und weiterhin bestehendem starken Verdacht auf eine Narkolepsie sollte er daher wiederholt werden.
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Multipler Wachbleibetest (engl. Maintenance of Wakefulness Test, MWT)
Der MWT misst die Fähigkeit des Probanden, in einer monotonen Situation für eine festgelegte Zeitspanne wach zu bleiben. Evaluiert wird die Einschlaflatenz. Empfohlen sind 4 Wachtests zu je 40 Minuten im Abstand von 2 Stunden (standardisierte Empfehlungen in [31]). Der MWT wird in der Regel zur Evaluation des Therapieansprechens bei exzessiver Tagesschläfrigkeit und bei verkehrsgutachterlichen Fragestellungen durchgeführt. Zur Diagnosestellung der Narkolepsie findet der MWT keine Berücksichtigung.
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Hypocretin im Liquor
Die Bestimmung von Hypocretin im Liquor mittels Radioimmunoassay (RIA) hat sich in den letzten Jahren zwar zunehmend etabliert, der Test ist allerdings nur zu wissenschaftlichen Fragestellungen zugelassen. Bei nicht validierten Methoden kommt es wiederholt zu falsch-positiven Werten (erniedrigte Hypocretinwerte), die dann zu einer falschen Diagnose führen können. Zur Bestimmung von Hypocretin sollen Polypropylen-Probenröhrchen verwendet werden, damit eine Adsorption an der Gefäßwand bei Polystyrol oder Glas vermieden wird und somit keine falsch-niedrigen Werte erhoben werden. Hypocretin-Werte unterhalb von 110 pg/ml im Liquor gelten als pathologisch und werden richtungsweisend für das Vorliegen einer Narkolepsie angesehen. Messwerte zwischen 110–200 pg/ml werden als „intermediärer Bereich“ bezeichnet, und Werte, die höher als 200 pg/ml liegen, werden als normal erachtet [24], [36]. Der Test ist sinnvoll, wenn die Diagnose anhand anderer Kriterien (s. [Abb. 1]) nicht gesichert werden kann, jedoch der hochgradige Verdacht auf das Vorliegen einer Narkolepsie fortbesteht. Die Diagnosestellung anhand der alleinigen Bestimmung des Hypocretin-Wertes ohne schlafmedizinische Diagnostik (v.a. MSLT) ist, auch aus o.g. Gründen, nicht empfehlenswert.
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HLA-Bestimmung
Die Bestimmung von HLA DQB1*0602 wird aktuell nicht zur Routine-Testung empfohlen und ist kein Diagnosekriterium in der aktuellen Definition (s. [Abb. 1]). Sie kann jedoch für die Beratung wichtig sein, da Menschen mit diesem Haplotyp ein 250-fach erhöhtes Risiko haben, an Narkolepsie zu erkranken. Der fehlende Nachweis macht die Verdachtsdiagnose einer NT1 unwahrscheinlicher [7].
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Schlaffragebögen
Die Epworth Sleepiness Scale (ESS) ist ein in deutscher Übersetzung erhältlicher 8-Item-Kurzfragebogen zur Erfassung der Tagesschläfrigkeit. Er kann als Screeningtest in der Diagnostik und als Therapiekontrollinstrument verwendet werden. Ein ebenfalls gut validierter Screeningtest für NT1 ist die Swiss Narcolepsy Scale [37] (https://www.swissnarcolepsyscale.com). Zudem können Schlaftagebücher zur Langzeitbeurteilung sinnvoll sein. Darin wird in einem Abend- und einem Morgenprotokoll zweimal täglich für die Dauer von ca. 2 Wochen die eigene subjektive Einschätzung zu Schlaf und Tagesmüdigkeit dokumentiert. Hieraus können Rückschlüsse auf den persönlichen Schlafrhythmus gezogen und eine individuelle medikamentöse Therapie angepasst werden. Auch für Kataplexien sollte ein Tagebuch geführt werden, welche die Häufigkeit und ggf. Auslöser dokumentiert (erhältlich zum Beispiel unter: www.dgsm.de).
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Bildgebung
Eine cerebrale Bildgebung ist nicht zwingend gefordert, sollte aber zum Ausschluss von anderen Ursachen für Hypersomnolenz durchgeführt werden [1].
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Therapie
Die Therapie bei Narkolepsie ist eine symptomatische Dauertherapie. Primäre Zielsymptome sind die Besserung der exzessiven Tagesschläfrigkeit und der REM-Schlaf-assoziierten Beschwerden, in erster Linie der Kataplexien.
Allgemeine und nichtmedikamentöse Therapie
Die nichtmedikamentöse Behandlung umfasst Verhaltensempfehlungen wie regelmäßiges Einhalten der individuell notwendigen Schlafmenge, das Einlegen eines kurzen Tagschlafs von 15–20 Minuten zur temporären Verbesserung der Wachheit. Weiterhin werden eine ausgeglichene Ernährung, der Genuss stimulierender Getränke bei Alkohol- und Nikotinkarenz und körperliches Training empfohlen. Die Einübung von spezifischen Bewältigungsmustern, die Beratung bei der Auswahl des Arbeitsplatzes und die Organisation der Arbeitsabläufe dienen der Minderung von sozialen Nachteilen. Menschen mit Narkolepsie haben ein erhöhtes Risiko, Autounfälle zu verursachen [38], weshalb bei bestehender Symptomatik (und ohne Behandlung) keine Eignung zum Führen eines Kraftfahrzeuges besteht, worüber der Arzt ausführlich aufklären muss. Bei erfolgreicher Therapie sollte eine verkehrsmedizinische Begutachtung zur Beurteilung der Fahreignung erfolgen [39].
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Medikamentöse Therapie
In der Regel sind die oben genannten allgemeinen Therapieempfehlungen nicht ausreichend, sodass eine medikamentöse Dauertherapie zusätzlich nötig ist [40], [41]. Die vorhandenen Medikamente wirken entweder auf eines oder auf mehrere Leitsymptome. Alle Substanzen sind nur für Erwachsene zugelassen und werden in der Schwangerschaft und Stillzeit nicht empfohlen. Aufgrund des Missbrauchspotenzials sind einige Medikamente nach dem Betäubungsmittelgesetz (BTM) zu verordnen. Die aktuell verfügbaren Substanzen sind im Detail in [Tab. 2] dargestellt.
Substanz |
Pharmakokinetik |
Dosierung |
Häufige Nebenwirkungen |
Warnhinweise |
Interaktionen/Wechselwirkungen |
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Modafinil |
Tmax: 2–4 h (Nah + 1 h) Plasmaproteinbindung: 60% Biotransformation: hepatisch Elimination: > 90% renal HWZ: 15 h |
Beginn 200 mg/d, max 400 mg/d Einnahme 1x morgens o verteilt auf morgens und mittags, o Nahrung Dosisanpassungen: N: kA; L, Ä: ½ Dosis |
Kopfschmerzen, Nervosität, Reizbarkeit, Schlafstörungen, Appetitverlust Schwerwiegendste UAW: schwere Hautreaktionen (nicht bekannt*), schwere Fehlbildungen (nicht bekannt*) |
Gegenanzeigen: nicht kontrollierte Hypertonie, HRST Warnhinweise: psych. VE; Herzerkrankungen |
Durch CYP3A4/5 Induktion, CYP2C9 Inhibition: ↑Phenytoin, Trizyklische Antidepressiva/SSRI, Warfarin, Diazepam, Propanolol, Omeprazol ↓Kontrazeptiva Starke CYP-Induktoren: ↓Modafinil |
Methylphenidat BTM |
Tmax: 1–2 h Plasmaproteinbindung: 10–33% Biotransformation: hepatisch Elimination: 97 % renal HWZ: 1 bis 4 h |
Beginn mit 20 mg/die unret, durchschnittliche Zieldosis:40–60 mg/d, max 80 mg/d, Einnahme verteilt auf morgens und mittags, m/o Nahrung Alternative Formulierungen: - Retard zum Morgen - Mit veränderter Wirkfreisetzung: Einmaltablette mit zeitlich versetzter Freisetzung unretardierter Wirkanteile Dosisanpassungen: N, L, Ä: kA |
Kopfschmerzen, Nervosität, Reizbarkeit, Schlafstörungen, Appetitverlust, Übelkeit Mundtrockenheit, Schwitzen, Geräuschempfindlichkeit Schwerwiegendste UAW: Plötzlicher Herztod (sehr selten*), exfoliative Dermatitis (sehr selten), zerebrale Arteriitis (sehr selten*) |
Gegenanzeigen: Glaukom, Phäochromozytom, Hyperthyreose, psych VE, HRST/Herzerkrankungen, cerebrale Aneurysmen/Vaskulitis Warnhinweise: HRST/Herzerkrankungen, Tourette-Syndrom/Tic-Störung, Epilepsie, BB-Veränderungen, Nieren-/Lebererkrankungen |
Keine rel. Cytochrom P450-Interaktionen ≠MAO-Hemmern, halogenierten Narkotika, alpha-2 Antagonisten, bei ret. Formulierungen: H2-Rezeptorenblockern, PPI oder Antazida ↑Marcumar, Phenobarbital, Phenytoin, trizyklische Antidepressiva und SSRI ! Dopaminagonisten/antagonisten |
Pitolisant (Wakix®) |
Tmax: 3 h (Nah + 1 h) Plasmaproteinbindung: > 90% Biotransformation: hepatisch Elimination: 63% renal, 25% Atemluft HWZ: 10–12 h |
Beginn mit 9 mg morgens (2 Tbl a 4,5 mg), nach 1 Woche Erhöhung auf 18 mg (1 Tbl 18 mg) oder Senkung auf 4,5 mg (1 Tbl 4,5 mg) morgens, nach einer Woche ggf. max Dosis 36 mg (2 Tbl 18 mg), o Nahrung Dosisanpassungen: N:max 18 mg/d; L: mittel: max. 18 mg/d; schwer: kAnw; Ä: kA |
Kopfschmerzen, Schaflosigkeit, Angst, Tremor Schwerwiegendste UAW: Abnormer Gewichtsverlust (selten*), Spontanabort (selten*) |
Gegenanzeigen: schwere Leberfunktionsstörung Warnhinweise: psych VE, säurebedingte Magenerkrankungen, Epilepsie |
Durch CYP3A4/CYP2B6 – Induktion: ↓ Kontrazeptiva CYP-Induktoren: ↓Pitolisant CYP2D6-Inhibitoren (u.a. Venlafaxin, Fluoxetin) ↑Pitolisant ! QTV |
Solriamfetol (Sunosi®) |
Tmax: 2 h (Nah + 1 h) Plasmaproteinbindung: < 20% Biotransformation: keine Elimination: > 95% renal HWZ: 7 h |
Beginn 75 mg morgens, max 150 mg, m/o Nahrung Dosisanpassungen: N: CrCl 30–59 ml/min max 75 mg/d; CrCl 15–29 ml/min max 37,5 mg/d CrCl < 15 ml/min: kAnw; L: kA; Ä: kA |
Kopfschmerzen, Angstzustände, Schlafstörungen, Reizbarkeit, Mundtrockenheit, Schwerwiegendste UAW: Blutochdruck (häufig*), Palpitationen (selten*) |
Gegenanzeigen: Herzinfarkt im vergangenen Jahr, nicht kontrollierte Hypertonie, höhergradige HRST/Herzerkrankung Warnhinweise: psych VE, gesteigerter Erregbarkeit, Insomnie |
Keine rel CYP/UGT-Interaktionen ≠ MAO-Hemmer ↑ Dopamin-Agonisten |
Natrium-Oxybat (Xyrem®) BTM |
Tmax: 0.5–1 h (Nah: + 2 h) Plasmaproteinbindung: < 1% Biotransformation: hepatisch Elimination: > 95% Atemluft HWZ: 10–12 h |
Beginn 4,5 mg/d (verteilt auf zwei Einzeldosen von 2,25 g, beim zu Bettgehen und 2,25 bis 4 h danach), Erhöhung um 1,5 g/d auf max 9 mg/d in 2 Einzeldosen, o Nahrung Dosisanpassungen: N, Ä: keine; L: ½ Dosis Bei gleichzeitiger Gabe von Valproat Dosisreduktion −20% |
Schwindel, Übelkeit, Kopfschmerzen Schwerwiegendste UAW: Suizidversuche (gelegentlich*), Psychose (gelegentlich*), Atemdepression (nicht bekannt*), Konvulsionen (nicht bekannt*) |
Gegenanzeigen: schwere Depression, Succinatsemialdehyd-dehydrogenase-Mangel Warnhinweise: Atemdepression, BMI ≥ 40 kg/m2, Porphyrie, Epilepsie |
Keine rel CYP/UGT-Interaktionen ≠ Opioiden/Barbituraten ↑ Benzodiazepinen, Alkohol, Sedativa ! Valproat, Topiramat, Rebound-Effekt |
Venlafaxin |
Tmax: 2–3 h unret, 6–9 h ret Plasmaproteinbindung: 30% Biotransformation: hepatisch Elimination: 87% renal, 23% Fäzes HWZ: 11 h |
2x 37,5–75 mg unret., oder 1x 37,5–75 mg ret., max. 375 mg/d, m Nahrung Dosisanpassungen: N: GFR < 30 ml/min ½ Dosis; L: ½ Dosis Ältere: keine |
Schlaflosigkeit, Kopfschmerzen, Schwindelgefühl, Sedierung, Übelkeit, Mundtrockenheit, Verstopfung, Schwitzen Schwerwiegendste UAW: Rhabdomyolyse (selten*), schwere Hautreaktionen (selten*), Kammerflimmern (selten*) |
Warnhinweise: Suizidgedanken, sexuelle Funktionsstörungen, Serotonin-Syndrom, Engwinkelglaukom, HRST, Epilepsie, Hyponatriämie, abnorme Blutungen, Manie, Aggression |
Durch schwache CYP2D6-Inhibiton: ↑ Haloperidol, Risperidon, Metoprolol ≠Linezolid, MAO-Hemmern ! QT-V Medikation, Rebound-Effekt |
Fluoxetin |
Tmax: 6–8 h Plasmaproteinbindung: 95 % Biotransformation: hepatisch Elimination: 60% renal, 25% Fäzes HWZ: 96–144 h |
Beginn mit 10–20 mg einmal morgens, max 80 mg/d, m/o Nahrung Dosisanpassungen: N, Ä: keine; L: schwer: Dosis jeden 2. Tag |
Schlaflosigkeit, Kopfschmerzen, Diarrhö, Übelkeit, Müdigkeit Schwerwiegendste UAW: idiosynkratische Hepatitis (selten*), schwere Hautreaktionen (selten*) |
Warnhinweise: Epilepsie, Suizidgedanken, Akathisie, Unruhe, sexuelle Funktionsstörungen |
Durch starke CYP2D6-Inhibiton: ↑ Antiarrhythmika, Carbamazepin, Risperidon ≠ MAO-Hemmern, Metoprolol (bei Herzinsuffizienz), Tamoxifen ! QT-V Medikation, Rebound-Effekt |
Clomipramin |
Tmax: 3–4 h unret, 5–8 h ret (Nah + 2 h) Plasmaproteinbindung: 98% Biotransformation: hepatisch Elimination: 75% renal, 25% Fäzes HWZ: 12–36 h |
Beginn mit 1- bis 3-mal täglich 25 mg, max. 250 mg/d, m/o Nahrung Dosisanpassungen: N, Ä: keine; L: ½ Dosis |
Gewichtszunahme, Libido/Potenzstörungen, Benommenheit Müdigkeit, Nervosität, Schwindel, Tremor, Kopfschmerzen, Myoklonien, Mundtrockenheit, Obstipation, Übelkeit, Schwitzen, Miktionsstörungen Schwerwiegendste UAW: Suizidversuche (nicht bekannt*), paralytischer Ileus (selten*), SIADH (selten*) |
Gegenanzeigen: Harnverhalt, Delirium, Engwinkelglaukom, Prostatahypertrophie mit Restharnbildung, Pylorusstenose, paralytischer Ileus, akuter Myokardinfarkt, angeborenes QT-Syndrom Warnhinweise: Epilepsie, höhergradige HRST/Herzerkrankung, Nieren-/Lebererkrankungen, Tumoren des Nebennierenmarks, Verstärkung der Angstzustände, Hypotonie, Hornhautschäden bei Kontaktlinsenträgern wegen verminderter Tränendrüsentätigkeit |
Clomipramin enzymatisch inaktiv, aber multiple WW über CYP-450 Methylierung ≠ MAO-Hemmer ↓Guanethidin, Betanidin, Reserpin, Clonidin und Alpha-Methyldopa ↑anticholinerg wirkender Substanzen, Alkohol, Sedativa, SSRI, SRNI, trizyklischen Antidepressiva, Lithium ! Hypokaliämie |
Legende: Tmax: Zeit bis zur maximalen Konzentration; HWZ: Halbwertzeit; Einnahme und Nahrung; m: mit; o: ohne; N: eingeschränkte Nierenfunktion; L: eingeschränkte Leberfunktion; Ä: ältere Patienten; CrCl: Creatinin-Clearance; GFR: Glomeruläre Filtrationsrate; kA: keine Angaben erhältlich; kAnw: keine Anwendung; UAW: unerwünschte Arzneimittelwirkung; psych VE: psychiatrische Vorerkrankungen: Psychosen, Depressionen, Manien, Angststörungen, Substanzabusus; QTV: QT-Zeitverlängerung, TdP: Torsade de pointes; PPI: Protonenpumpeninhibitoren; WW: Wechselwirkungen; BTM: verschreibbar nach dem Betäubungsmittelgesetz; ↓ vermindert die Wirkung von; ↑erhöht die Wirkung von; ≠ nicht gemeinsam anwenden mit; !: Cave bei; HRST: Herzrhythmusstörungen BB: Blutbild; SSRI: selektive Serotonin-Reuptake-Hemmer; MAO: Mono-Aminooxidase; *Auftretenshäufigkeit
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Medikamente gegen exzessive Tagesschläfrigkeit
Modafinil wird seit über 20 Jahren zur Behandlung der exzessiven Tagesschläfrigkeit eingesetzt. Die Wirksamkeit wurde in zwei randomisierten Studien nachgewiesen [42], [43]. Als Wirkmechanismus wird eine Dopamin-Wiederaufnahmehemmung angenommen [41]. Es wird im Allgemeinen gut vertragen und hat ein geringes Abhängigkeitspotenzial. Es bestehen Warnhinweise zu erhöhten Fehlbildungsraten unter Therapie, wobei kein einheitliches Fehlbildungsmuster zu erkennen ist. Aufgrund der Cytochrom-P450-Enzyminduktion ist die Wirkung von hormonellen Kontrazeptiva vermindert, weshalb sichere alternative Verhütungsmethoden gewählt werden müssen. Armodafinil, das aktive R-Enantiomer mit verlängerter Wirkung, ist als Medikament nur in den USA zugelassen.
Methylphenidat ist ein Dopamin- und Noradrenalin-Wiederaufnahmehemmer mit guter Wirkung auf die exzessive Tagesschläfrigkeit. Das Nebenwirkungsprofil ist im Vergleich zu Modafinil ungünstiger, weshalb Methylphenidat heute eher zweite Wahl ist. Es sind verschiedene Formulierungen erhältlich. Initial kommen zunächst unretardierte Formulierungen zum Einsatz. Im Verlauf kann zur Vermeidung von Missbrauchs- und Gewöhnungseffekten auf retardierte Präparate oder Präparate mit veränderter Wirkstofffreisetzung umgestellt werden. Bei Letzteren kommt es zur zeitversetzten prozentualen Freigabe des Wirkstoffes in unretardierter Form. Auch bei den retardierten Formulierungen kann bei ausgeprägter Tagesmüdigkeit am Nachmittag eine zweite Gabe am frühen Nachmittag (vor 14 Uhr) hilfreich sein.
Solriamfetol (Sunosi) wurde Anfang 2020 in Europa zur Behandlung exzessiver Tagesschläfrigkeit bei Narkolepsie und bei obstruktiver Schlafapnoe zugelassen. Es ist seit Mai 2020 in Deutschland verfügbar und wird für die Indikation Narkolepsie von den gesetzlichen Krankenkassen erstattet. Der Wirkmechanismus besteht in einer Dopamin- und Noradrenalin-Wiederaufnahmehemmung [44].
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Medikamente gegen exzessive Tagesschläfrigkeit und Kataplexien
Pitolisant (Wakix) wirkt gegen exzessive Tagesschläfrigkeit und Kataplexien, geringer auch gegen Halluzinationen und Schlaflähmungen. Der Histamin-H3-Rezeptor-Antagonist zeigte in den Zulassungsstudien eine Überlegenheit gegenüber Plazebo bei vergleichbarer Wirkung zu Modafinil [45], [46]. Wegen einer CYP3A4-Induktion kann die Wirkung hormoneller Kontrazeptiva reduziert werden, weshalb alternative Verhütungsmethoden bei Frauen im gebärfähigen Alter nötig sind. CYP2D6-Inhibitoren (u.a. Venlafaxin) wiederum können die Pitolisant-Konzentration erhöhen, weshalb auf Nebenwirkungen zu achten ist und Dosisanpassungen bedacht werden sollten.
Natrium-Oxybat (Xyrem), das Natriumsalz der Gammahydroxybuttersäure (GHB), einem Metaboliten der Gamma-Amino-Buttersäure (GABA), wirkt gegen fragmentierten Nachtschlaf, wodurch die Tagesmüdigkeit verbessert wird, und gegen Kataplexien [47]–[50]. Der genaue Wirkmechanismus ist nicht bekannt, man nimmt eine GABAerge Wirkung mit Unterdrückung von REM-Schlaf und Förderung tiefer Schlafphasen an. Es wird in flüssiger Form in zwei geteilten Dosierungen eingenommen, beim Zubettgehen und 2,5–4 Stunden danach. Dies erfordert in der ersten Zeit das Stellen eines Weckers, im Verlauf kommt es meist zu einer Konditionierung mit selbstständigem Erwachen des Patienten zum zweiten Einnahmezeitpunkt. Praktisch empfiehlt es sich, dass beide Dosierungen bereits vor dem Zubettgehen zubereitet und auf den Nachttisch gestellt werden. Eine wichtige Interaktion besteht mit Valproat, das als GHB-Dehydrogenase-Inhibitor zu einer Wirkverstärkung führen kann, weshalb in dieser Kombination eine Reduktion von Natrium-Oxybat um 20% empfohlen wird. GHB besitzt ein relevantes Missbrauchspotenzial und kann z.B. als Inhalt von KO-Tropfen verwendet werden.
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Medikamente gegen Kataplexien
Venlafaxin wirkt gut gegen Kataplexien, wenngleich die Empfehlungen auf Expertenkonsens und nicht auf klinischen Studien beruhen [51], weshalb es nicht zur Behandlung der Narkolepsie zugelassen ist. Venlafaxin ist ein Serotonin- und Noradrenalinwiederaufnahme-Inhibitor (SNRI). Die Wirkung setzt bei Narkolepsie oft schon in geringen Dosierungen und innerhalb weniger Tage an. Nach abruptem Absetzen sind Rebound-Phänomene mit erhöhter Kataplexierate möglich, weshalb eine schrittweise Abdosierung empfohlen wird.
Clomipramin ist als einziges Antidepressivum und nur in Deutschland zur Behandlung von Kataplexien bei Narkolepsie zugelassen. Aufgrund des ungünstigeren Nebenwirkungs- und hohen Interaktionspotenzials wird es nicht zur Erstlinien-Therapie empfohlen. Wegen der Metabolisierung über verschiedene CYP-450-Isoenzyme (v.a. CYP3A4, CYP2C19, CYP1A2, CYP2D6) bestehen multiple Wechselwirkungen, wenngleich Clomipramin selbst nicht enzymatisch aktiv. Eine Interaktion zu hormonellen Kontrazeptiva besteht nicht.
Fluoxetin, ein Serotonin-Wiederaufnahmehemmer, wirkt ebenfalls gegen Kataplexien, die Empfehlung basiert auf Expertenkonsens, es besteht keine Zulassung für Narkolepsie.
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Auswahl der Medikamente
Die Auswahl der Medikamente erfolgt individuell nach den bestehenden Beschwerden und nach dem individuellen Risikoprofil. Eine Übersicht hierüber gibt [Tab. 3]. Oft ist es zudem nötig, verschiedene Medikamente zu kombinieren. Die Substanzen zeigen untereinander nur wenige relevante Interaktionen. Relevant ist, dass die Wirkung von Clomipramin bei Zugabe von Modafinil erhöht sein kann. Verschiedene relevante Interaktionen bestehen bei Pitolisant: Venlafaxin und Fluoxetin können die Wirkung verstärken, wohingegen Clomipramin die Wirkung vermindern kann. Nicht sinnvoll ist aus pharmakologischer Sicht eine Kombination von Modafinil mit Methylphenidat oder Solriamfetol.
Symptom |
Verbessert durch[*] |
Verschlechtert durch |
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Leitsymptome |
||
Exzessive Tagesschläfrigkeit |
Methylphenidat, Modafinil, Solriamfetol |
Alkohol, sedierende Antidepressiva, Anti-Histaminika, Benzodiazepine, Neuroleptika, Opiate … |
Kataplexie |
Clomipramin, Na-Oxybat, Pitolisant, Venlafaxin, |
plötzliches Absetzen von Antidepressiva, Prazosin |
Exzessive Tagesmüdigkeit und Kataplexie |
Na-Oxybat, Pitolisant |
|
Hypnagoge Halluzinationen |
Na-Oxybat, Pitolisant, Venlafaxin |
|
Schlafparalyse |
Na-Oxybat, Pitolisant, Venlafaxin |
|
Fragmentierter Nachtschlaf |
Na-Oxybat, Zolpidem |
Methylphenidat, Modafinil, Pitolisant, Solriamfetol, Venlafaxin |
* Aufzählung in alphabetischer Reihenfolge
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Take Home Message
Narkolepsie ist eine chronische Erkrankung mit Störungen der Schlaf-Wach-Regulation. Ursächlich besteht bei NT1 eine Hypocretin-Defizienz, die Ursache der NT2 ist überwiegend unklar. In nahezu allen Fällen ist eine dauerhafte medikamentöse Therapie nötig, welche nach den bestehenden Symptomen und dem individuellen Verträglichkeitsprofil ausgewählt wird. Pitolisant (für Tagesschläfrigkeit und Kataplexien) und Solriamfetol (für Tagesschläfrigkeit) haben aktuell die Therapiemöglichkeiten erweitert.
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Fazit für die Praxis:
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Narkolepsie ist eine chronische Erkrankung mit Störungen der Schlaf-Wach-Regulation.
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Leitsymptome sind exzessive Tagesschläfrigkeit, Kataplexien, hypnagogene/hypnopompe Halluzinationen, Schlaflähmungen und gestörter Nachtschlaf.
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Bei Auftreten von Kataplexien besteht eine Narkolepsie Typ 1 (NT1), bei deren Fehlen eine Narkolepsie Typ 2 (NT2).
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Ursache der NT 1 ist eine Hypocretin-Defizienz, die Ursache der NT2 ist unbekannt.
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In allen Fällen ist eine dauerhafte symptomatische medikamentöse Therapie indiziert.
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Pitolisant und Solriamfetol haben aktuell die Therapiemöglichkeiten erweitert.
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Interessenkonflikt
MPM erhielt Honorare für Vortrags- und Beratertätigkeit von UCB und EISAI.
JN berichtet keine Interessenkonflikte.
AT berichtet keine Interessenkonflikte.
UK erhielt Honorare für Vortrags- und Beratertätigkeit von AOP Orphan Pharmaceuticals, Bioprojet Pharma, Harmony Biosciences, Jazz Pharma, Takeda Pharmaceutical, UCB Pharma. Die wissenschaftlichen Arbeiten wurden unterstützt durch das European Narcolepsy Network, die Universität Witten/Herdecke (interne Forschungsförderung Nr. 2020-31), Bioprojet Pharma, Harmony Biosciences und UCB Pharma.
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Literatur
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Korrespondenzadresse
Publication History
Received: 26 June 2020
Accepted: 17 August 2020
Article published online:
18 December 2020
© 2020. Thieme. All rights reserved.
Georg Thieme Verlag KG
Rüdigerstraße 14, 70469 Stuttgart, Germany
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