physiopraxis 2020; 18(07/08): 48-49
DOI: 10.1055/a-1192-2470
Therapie
© Georg Thieme Verlag Stuttgart – New York

Mobilitätsstatus erheben und Prognose abgeben – New Mobility Score

Viktoria Peter
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Publication Date:
15 July 2020 (online)

 

Nach einer Hüftfraktur ist es für ältere Personen wichtig, wieder schnell an Mobilität zu gewinnen. Der New Mobility Score ist ein Instrument, das dabei hilft, eine Prognose darüber zu treffen, inwieweit sich ein Patient wieder selbstständig fortbewegen wird.


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Viktoria Peter

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Viktoria Peter, Ergotherapeutin BSc (Occ. Th. UK), arbeitet in der Ergotherapie-Praxis Kramer in Bonn mit dem Schwerpunkt Pädiatrie und Neurologie. Ihr Fokus liegt dabei auf Assessments, die Patienten auf den Alltag mit allen Facetten vorbereiten.

Im Januar 2020 erschien eine Studie amerikanischer Ergotherapeuten, die die Mobilität und Selbstständigkeit von Patienten nach Hüftfrakturen untersucht. Außerdem betrachtet sie die Belastung für Familien und Pflegepersonal nach dem Akutereignis [1]. Die Forschenden fanden heraus, dass die Genesungsrate und Dauer des Aufenthalts in Rehabilitationskliniken signifikant damit in Verbindung stehen, wie selbstständig die Patienten am Ende des Aufenthalts in der Mobilität und der Durchführung von Alltagsaktivitäten waren. Die Genesungsrate setzt den Fortschritt der Genesung einer Person in Beziehung mit der Zeit, die dafür aufgewendet wurde. Laut der Studie heißt das zum Beispiel, dass für Ptienten, die eine mittlere Genesungsrate aufweisen, mehr als 21 Tage Behandlung notwendig sind, um wieder selbstständig Treppen zu steigen und den Toilettengang durchzuführen. Ansonsten bestanden diese Probleme oft weiter.

Mobilität als Ziel der Physiotherapie

Auch in Deutschland sind Hüftfrakturen einer der größten Faktoren für starke Einbußen in der Lebensqualität für ältere Menschen [2]. Stürzen vorzubeugen und Patienten wieder Sicherheit beim Aufstehen, beim Gehen in der Wohnung und beim Einkaufen zu geben, ist oft Ziel der Physiotherapie. Die geriatrische Forschung empfiehlt dabei den Einsatz des New Mobility Scores (NMS), der auch als Parker and Palmer Mobility Score (PPMS) bekannt ist [3].


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Von mehreren Professionen anzuwenden

Der NMS ist ein Instrument zur Prognoseabschätzung der Mortalität und Mobilität von Patienten nach Hüftfrakturen [4]. Er wurde 1993 von Martyn J. Parker und Christopher R. Palmer in Großbritannien entwickelt und von Sonja Krupp 2017 ins Deutsche übersetzt [5]. Der NMS kann von Ärzten, Physio- und Ergotherapeuten sowie Pflegekräften durchgeführt werden und findet bei leicht bis schwer betroffenen Patienten Einsatz. Der Zeitaufwand beträgt für den Patienten rund eine Minute und für den Untersuchenden etwa zwei Minuten.


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AWMF – Medizinische Leitlinien

AWMF steht für „Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften“. Dabei handelt es sich um einen gemeinnützigen Verein, der seit 1962 medizinische Leitlinien erstellt. Diese beinhalten Empfehlungen, wie Diagnostik und Therapie zu bestimmten Erkrankungen erfolgen sollten. Sie richten sich an Ärzte, Heilmittelerbringer und Pflegekräfte.

Auf der Webseite der AWMF finden sich Kurz- und Langversionen der Leitlinien, sowohl für Patienten als auch für medizinische Berufe: www.awmf.de .

Der Test wurde in die AWMF-Leitlinie für geriatrische Assessments der Stufe 2 aufgenommen (AWMF). Sie beinhaltet Basistests für die geriatrische Behandlung, die zum Beispiel in der Frührehabilitation oder im ambulanten Rahmen angewandt werden. Der NMS entspricht somit den Anforderungen der akutgeriatrischen, frührehabilitativen Komplexbehandlung [3].

Psychometrisch zeigt der NMS eine sehr hohe Interrater-Reliabilität und eine sehr hohe Validität zwischen Mobilität und Selbstständigkeit [1], [6]–[8].


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Einfaches Bewerten

Im NMS fragt der Untersuchende die Fähigkeiten des Patienten in drei Mobilitätssettings ab ([TAB].): sich in der Wohnung und außerhalb des Hauses fortbewegen und einkaufen gehen. Für jedes Setting werden Punkte vergeben. Drei Punkte bedeuten, dass die Person selbstständig laufen kann, zwei, dass ein Hilfsmittel benötigt wird. Einen Punkt gibt es, wenn eine Hilfsperson notwendig ist, und null, wenn die Aktivität nicht durchgeführt wird. Die Fragen zum Mobilitätsstatus können die Patienten selbst oder das erweiterte Umfeld (Familie, Pflegepersonal) beantworten. Wichtig ist, dass sich die Fragen auf den Status vor der Hüftfraktur beziehen: Konnte die Person schon zuvor beispielsweise nicht ohne Hilfe in der Wohnung gehen, ist es wahrscheinlich, dass sie es nach der Hüftfraktur auch nur eingeschränkt tun kann.

TAB. Im New Mobility Score (NMS) fragt der Untersuchende den Patienten und/oder das erweiterte Umfeld, wie das Gehen in der Wohnung, außerhalb des Hauses und beim Einkaufen vor dem Akutereignis gelang. Je höher der Score, desto wahrscheinlicher ist es, dass die Person in den genannten Mobilitätsfähigkeiten wieder selbstständig wird.

Mobilität

ohne Schwierigkeit

mit Hilfsmittel

mit personeller Hilfe

gar nicht

in der Wohnung gehen

3

2

1

0

nach draußen gehen

3

2

1

0

einkaufen gehen

3

2

1

0

Mobilität
Für ältere Personen bedeutet ein hohes Maß an Mobilität, sich im Alltag selbstständig versorgen zu können.

Erreicht die Person eine Summe von 0–5, ist dies als ein niedriger funktioneller Score einzuschätzen, von 6–9 handelt es sich um einen hohen funktionellen Score [7], [8]. Ein niedriger Score macht es 18-mal wahrscheinlicher, dass Patienten keine Selbstständigkeit in den Basismobilitätsfähigkeiten erreichen. Sie werden (wenn überhaupt) im Durchschnitt erst drei Tage später selbstständig als diejenigen, die einen hohen Score erreichen. Außerdem ist es für sie 13-mal wahrscheinlicher, nicht ins eigene Zuhause entlassen zu werden [7], [8].


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Schneller Hinweis auf Prognose

Der NMS ist ein einfaches, schnelles, interdisziplinäres, prognostisches Assessment. Da es eine Vielzahl an Faktoren gibt, die die Genesung einer Person beeinflussen, erscheint es empfehlenswert, zusätzlich die Aufenthaltsdauer in Rehabilitationskliniken, die benutzten Hilfsmittel, die Unterstützung des sozialen Umfelds und chronische Vorerkrankungen zu berücksichtigen, um eine umfassende Prognose über die zu erwartende Mobilität treffen zu können.


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