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DOI: 10.1055/a-1182-8869
Langfristige Ozonbelastung in der Luft ist schädlich für Raucher
Über die kurzfristigen Folgen einer erhöhten Ozonbelastung in der Umgebungsluft wurde viel geforscht und es liegen valide Daten zu Assoziationen mit respiratorischen Störungen vor. Weniger ist über die Langzeitfolgen einer Exposition mit dem farblosen, giftigen Gas bekannt. Diese Lücke schließt eine aktuelle Querschnittsstudie aus den USA.
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Ozon in Bodennähe entsteht aus Vorläuferschadstoffen unter intensiver Sonneneinstrahlung. Diese Ozonvorläufersubstanzen sind überwiegend menschengemacht: Es handelt sich vor allem um Stickoxide und flüchtige organische Verbindungen, die zu einem großen Teil aus Emissionen des Straßenverkehrs und aus Feuerungsanlagen der Industrie und Kraftwerke stammen. Die höchsten Ozonkonzentrationen finden sich dabei paradoxerweise in verkehrsfernen städtischen und in ländlichen Gebieten. Ozon ist als starkes Oxidans sehr reaktionsfreudig, es reizt Schleimhäute, Augen und das Lungengewebe.
Die aktuellen Analysen basieren auf Daten der SPIROMICS (Subpopulations and Intermediate Outcome Measures in COPD Study)-Kohorte. In die Nebenstudie SPIROMICS AIR wurden zwischen 2010 und 2018 in 7 US-amerikanischen Zentren insgesamt knapp 1900 Personen zwischen 40 und 80 Jahren mit aktuellem bzw. in der Vergangenheit betriebenem Nikotinabusus aufgenommen. Das mittlere Alter lag in der Kohorte bei 65 Jahren, 54 % waren Männer. Gefordert waren für einen Studieneinschluss mindestens 20 sog. Pack Years (py), also rechnerisch 20 Jahre, in denen jeweils 1 Schachtel Zigaretten pro Tag geraucht wurde; die mittlere Nikotinbelastung betrug in der Kohorte 50 py. Bei 1 Drittel der Studienteilnehmer bestand eine chronisch obstruktive Lungenerkrankung (COPD).
Die Autoren verknüpften historische Daten zur Ozonbelastung am Wohnort der jeweiligen Studienteilnehmer über einen Zeitraum der vergangenen 10 Jahre mit aktuellen klinischen Untersuchungsergebnissen. Im Einzelnen wurden eine Spirometrie, eine Thorax-Computertomografie sowie ein 6-Minuten-Gehtest durchgeführt, und es kamen Fragebögen zur gesundheitsbezogenen Lebensqualität und zum klinischen Verlauf zum Einsatz. Einbezogen wurde unter anderem auch, wieviel Zeit jeder Studienteilnehmer durchschnittlich im Freien verbrachte, wo die Ozonkonzentration i. d. R. deutlich höher liegt als in Innenräumen.
Mit steigender Langzeit-Ozonexposition zeigten sich eine Verschlechterung der Lungenfunktion, ein höheres Risiko für ein im CT nachweisbares Emphysem bzw. Air Trapping und auch eine subjektiv als schlechter wahrgenommene respiratorische Situation. Außerdem stand die Häufigkeit klinischer Exazerbationen einer COPD in nachweisbarem Zusammenhang mit der Höhe der Ozonkonzentration im 10-Jahres-Langzeitverlauf. Die Ergebnisse erschienen dabei unabhängig von der Intensität des Nikotinabusus.
Die Langzeitexposition gegenüber Ozon in der Umgebungsluft hat bei Rauchern bzw. Ex-Rauchern einen deutlichen Einfluss auf die Lungenfunktion, Emphysementwicklung sowie die Lebensqualität und den klinischen Verlauf. Eine Absenkung der Ozonkonzentration könnte helfen, akuten Exazerbationen einer COPD entgegenzuwirken und hätte damit auch gesundheitsökonomische Implikationen. Die Studienergebnisse rechtfertigen aus Sicht der Autoren die Reevaluation der Umweltstandards in den USA.
Dr. Katharina Franke, Darmstadt
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Publikationsverlauf
Artikel online veröffentlicht:
16. Juli 2020
© Georg Thieme Verlag KG
Stuttgart · New York