Allgemeinmedizin up2date 2021; 2(01): 75-91
DOI: 10.1055/a-1179-2810
Symptome – Syndrome

Kinder und Jugendliche mit Otalgien

Fritz Meyer

Ohrenschmerzen (Otalgien ICD-10 H92.0 und ICPC-2 H01) von Kindern und Jugendlichen sind ein Symptom, keine Krankheit an sich. Eine Blickdiagnose ist bei diesem Beratungsanlass oft, aber längst nicht immer möglich. Welche Symptome, Anamnesefragen und Untersuchungen sind relevant, wann sind Antibiotika indiziert, wann drohen abwendbar gefährliche Verläufe? Die Antworten hierzu und viele weitere praxisnahe Informationen präsentiert dieser Beitrag.

Kernaussagen
  • Hauptursache kindlicher Ohrenschmerzen sind akute Mittelohrentzündungen (50 %), Gehörgangsentzündungen (10 %) und Ohrfremdkörper (5 %).

  • Trommelfellvorwölbung mit Rötung, Gefäßinjektionen, schollig-gelbliche Oberfläche, verstrichene Hammergriffstruktur sowie Änderungen des Lichtreflexes lassen die Otitis media vermuten. Als Bestätigung gilt der Flüssigkeitsspiegel hinter dem Trommelfell und/oder eine Perforation mit Otorrhoe.

  • Wegen der hohen Spontanheilungsrate kindlicher Mittelohrentzündungen können Kinder ≥ 2. Lebensjahr mit leichten Ohrenschmerzen und Fieber < 39,0 °C strikt kontrolliert und symptomatisch behandelt werden.

  • Kontrolliertes „watchful waiting“ ist auch vom 6. – 24. Lebensmonat bei leichten Ohrenschmerzen, Fieber < 39,0 °C und einer nur einseitigen Otitis media möglich.

  • Sofortige Antibiotikagabe ist indiziert bei Säuglingen < 6 Monaten, bei Kindern vom 6. – 24. Lebensmonat mit beidseitiger akuter Otitis media und ausgeprägter Begleitsymptomatik sowie bei Kindern ≥ 2. Lebensjahr mit mäßig bis starken Ohrenschmerzen, Fieber ≥ 39,0 °C oder Otorrhoe.

  • Bei Vorerkrankungen/Risikokonstellationen ist individuell eine sofortige antibiotische Behandlung der kindlichen Otitis media zu erwägen.

  • Die Otitis externa ist sehr schmerzhaft und kann Trommelfell sowie Ohrmuschel einschließen.

  • Therapeutisch erfolgen bei Otitis externa Gehörgangstoilette, abschwellende und antiseptische Gehörgangsstreifen/Ohrentropfen, danach befundabhängig topische Otologika. Systemische Schmerzmittel sind meist erforderlich, systemische Antibiotika nicht.

  • Bei Schmerzpersistenz sind Gehörgangsfremdkörper und Mittelohrerkrankungen, bei Rezidiven sind kausale Hauterkrankungen zu bedenken.

  • Ohrenschmerzen ohne entsprechenden Lokalbefund liegen bei Kindern häufig Rachenerkrankungen (z. B. Angina tonsillaris) zugrunde.



Publikationsverlauf

Artikel online veröffentlicht:
19. Februar 2021

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