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DOI: 10.1055/a-1172-2822
Forensische Bildgebung im Fokus
Die neugegründete Arbeitsgemeinschaft Forensisch-Radiologische Bildgebung (AG FRB) in der Deutschen Röntgengesellschaft hat sich zum Ziel gesetzt, die diagnostische und wissenschaftliche Qualität in diesem Themenfeld zu fördern. Im Interview berichtet der Vorsitzende der AG, PD Dr. Joel Aissa, von den Plänen der Arbeitsgemeinschaft.
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Herr Dr. Aissa, weshalb engagieren Sie sich in der AG FRB?
Dr. Aissa: Schon sehr früh in meiner beruflichen Ausbildung habe ich mit forensischen Fragestellungen Kontakt gehabt. Hierbei hat mich besonders das breite Spektrum an Anwendungsgebieten und Anforderungen gereizt: Zunächst war da die Altersbestimmung durch bildgebende Verfahren, zu der in meiner Weiterbildung zum Kinderradiologen der Ausschluss von Kindesmisshandlung hinzukam. Des Weiteren arbeite ich daran, die Diagnose des intrakorporalen Transports von Drogen (so genanntes Body Packing) sicherer und dosisoptimierter zu gestalten. Dies sind alles spannende Fragestellungen, die mich persönlich auch deswegen interessieren, weil sie wenig schematisch sind und oft auch Aspekte berühren, die über das rein medizinische hinausgehen. Aufgrund meiner bisher gemachten Erfahrungen ist es mein Ziel, die postmortale Computertomografie als einen zusätzlichen Standard in der Radiologie zu etablieren. Die forensische Radiologie ist aktuell aber über unterschiedlichen Teilbereichen der Radiologie verstreut und besitzt keinen übergeordneten Rahmen. Dies ist aber Voraussetzung, um dieses Feld geordnet weiter zu entwickeln. Aus meiner Sicht ist eine Zusammenführung dieses Spektrums hin zur Forensischen Bildgebung wichtig. Daher der Impuls zur Gründung einer eigenen Arbeitsgemeinschaft.
Welches Thema liegt Ihnen besonders am Herzen?
Dr. Aissa: Wie ich es eben schon habe anklingen lassen, ist dies die postmortale Computertomografie. Diese ist noch sehr jung und hat in den letzten Jahren eine extrem spannende Entwicklung vollzogen. Mittlerweile ist sie auch im deutschsprachigen Raum flächendeckend vorhanden. Anders als in der Rechtsmedizin fehlt es aktuell in der Radiologie aber an einem Austausch der radiologischen Akteure untereinander. Daher ist mein primäres Ziel, ein Bindeglied zwischen diesen radiologischen Instituten zu schaffen, um die Diagnostik und Wissenschaft in der postmortalen CT auf das nächste Level zu bringen und die diagnostische Qualität zu stärken.
Auf welche Projekte richten Sie aktuell Ihr besonderes Augenmerk?
Dr. Aissa: Nach der Gründung liegt sicherlich erstmal die Priorität in der Sichtbarkeit der neuen Arbeitsgemeinschaft. Interessierte Kollegen sollten uns demnächst über die gängigen DRG-Kanäle wie zum Beispiel die Webseite finden können. Zudem werden wir am 10. September eine eigene Session „Forensische Bildgebung“ auf dem RÖKO DIGITAL anbieten. Hier wird der Fokus auf den Themen Battered Child und PMCT liegen. Unsere Kernaussagen sollen dann durch viele interessante und kurzweilige Fallbeispiele transportiert werden. Langfristige Anliegen der Arbeitsgemeinschaft sind Protokollempfehlungen Strukturierte Befundung bei PMCT, die Diagnostik bei der Kindesmisshandlung sowie die Förderung wissenschaftlicher Arbeiten.
Gibt es dabei besondere Herausforderungen?
Dr. Aissa: Die forensische Bildgebung funktioniert in der Regel in enger Zusammenarbeit mit der Rechtsmedizin. Die erhobenen radiologischen Befunde auf z. B. Tathergang oder Todesursache können nur mithilfe einer fundierten rechtsmedizinischen Ausbildung auch angewendet werden. Daher sind wir sehr glücklich darüber, dass die frisch gegründete Arbeitsgemeinschaft mit Frau Prof. Dr. Grabherr eine Kollegin in den Vorstand kooptieren konnte, die über ihre Rolle als 1. Vizepräsidentin der Deutschen Gesellschaft für Rechtsmedizin (DGRM) diese Brücke schlägt und nun unsere gemeinsame Arbeit verbindet.
Im Porträt: Der Vorstand der AG Forensisch-Radiologische Bildgebung
PD Dr. Joel Aissa – Universitätsklinik Düsseldorf
Dr. Aissa ist Oberarzt am Institut für Diagnostische und Interventionelle Radiologie an der Heinrich-Heine-Universität in Düsseldorf und dort auch Lehrbeauftragter. Er engagiert sich besonders auf dem Feld der postmortalen Computertomografie und hier wiederum im Bereich der CT-Angiografie. Hierauf spezialisierte er sich im Rahmen eines Traineeships am Institut für Rechtsmedizin in Lausanne.
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Dr. Sarah Heinze – Universitätsklinikum Heidelberg
Dr. Heinze ist leitende Oberärztin und stellvertretende Ärztliche Direktorin am Institut für Rechts- und Verkehrsmedizin des Universitätsklinikums Heidelberg. Dort werden Verfahren entwickelt und validiert, die zur Gewährleistung von Rechtssicherheit und Verkehrssicherheit beitragen können und die Optimierung von Systemen des Verletzungsschutzes fördern. Die in Forschung und Praxis gesammelten Erfahrungen stehen zur Aus- und Weiterbildung von Ärzten, Juristen, Rettungssanitätern und Polizeibeamten zur Verfügung. Dr. Heinze ist auch Mitglied der Deutschen Gesellschaft für Rechtsmedizin.
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PD Dr. Mark Born – Universitätsklinikum Bonn
Dr. Born ist Oberarzt am Universitätsklinikum Bonn, wo er den Schwerpunkt Kinderradiologie leitet. Er ist seit vielen Jahren im Kinderschutz aktiv und beschäftigt sich unter anderem als Gutachter mit forensischen Fragen zum Kinderschutz und der hier erforderlichen Bildgebung. Als Mandatsträger der Gesellschaft für Pädiatrische Radiologie e. V. (GPR) hat er an der umfangreichen S3 +-Kinderschutzleitlinie mitgearbeitet. Er wurde von der AG Pädiatrische Radiologie der DRG und von der GPR als Vorstandsmitglied der AG Forensisch-Radiologische Bildgebung vorgeschlagen.
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Dr. Dietrich Stoevesandt – Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg
Dr. Stoevesandt ist Oberarzt und Leiter der Medizinischen Fakultät der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg. Dort leitet er seit 2014 auch die Hochschuldidaktik und ist Lehrbeauftragter. Bei der Ärztekammer Sachsen-Anhalt ist er Prüfer für Deutsch-Sprachtests ausländischer Ärztinnen und Ärzte. Seine Forschungsgebiete sind u. a. die Bildgebung beim Morbus Hodgkin und die MRT-Bildgebung von Muskelerkrankungen. Seine engagierte Forschung findet auch in einer Vielzahl von Publikationen ihren Niederschlag, in der insbesondere Kinderradiologie und Forensik wiederkehrende Themen sind.
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Dr. Andreas Bucher – Universitätsklinikum Frankfurt
Dr. Bucher ist Facharzt am Institut für Diagnostische und Interventionelle Radiologie der Universitätsklinik Frankfurt. Im Rahmen des Forscher für die Zukunft-Programmes engagiert er sich als dessen Sprecher und ist auch Mitglied des Vorstands des Forums Junge Radiologie. Seine Forschungsschwerpunkt enthalten die Anwendung von Low-Dose Protokollen zur Dosisoptimierung in der Computertomografie, die Forensische Bildgebung und quantitative MRT-Verfahren.
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Prof. Dr. Silke Grabherr – Universitäten Lausanne und Genf
Prof. Grabherr ist die Direktorin des Instituts für Rechtsmedizin Lausanne-Genf (CURML) und ordentliche Professorin an den Universitäten in Lausanne und Genf und Lehrbeauftragte an der Universität des Kantons Freiburg. In diesen Funktionen ist sie für die rechtsmedizinische Lehre der Medizin- und Jurastudenten zuständig.
Sie ist Rechtsmedizinerin und hat sich in der Forensischen Bildgebung spezialisiert. Sie wurde insbesondere durch die Entwicklung der postmortalen multiphasischen Angiografie (MPMCTA) bekannt, welche derzeit als meist verbreitetste Methode der postmortalen Angiografie gilt.
Sie hat zahlreiche Spezialisten und Teams in der postmortalen Bildgebung und Angiografie auf allen Kontinenten unterrichtet und war die Haupteditorin des Atlas für postmortale Angiografie, weshalb sie heute als Referenz auf diesem Gebiet angesehen wird.
Zudem ist sie Vizepräsidentin der Deutschen Gesellschaft für Rechtsmedizin (DGRM) und Leiterin der Arbeitsgemeinschaft für Forensische Bildgebung der DGRM sowie der Arbeitsgruppe für Forensische Bildgebung der Schweizer Gesellschaft für Rechtsmedizin. Sie hat auch die internationale Arbeitsgruppe für postmortale Angiografie (TWGPAM) ins Leben gerufen.
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Publication History
Article published online:
02 July 2020
© Georg Thieme Verlag KG
Stuttgart · New York